Da in NRW in der Regel keine Berufungen mehr zugelassen werden, sondern nur noch Anträge auf Zulassung der Berufung möglich sind, hat mich ein Bekannter darauf hingewiesen, dass er den Anwaltzwang, der am OVG praktiziert wird, nicht mit den Grundsätzen einer ordentlichen Gerichtsbarkeit vereinbar hält. Er beabsichtigt deswegen mittlerweile sogar beim europäischen Gerichtshof für Menschenrecht wegen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3c EMRK (= jede Person hat das Recht sich selbst zu verteidigen) zu klagen, was uns jedoch auch generell zu folgender Verfahrenswegüberlegung vor Verwaltungsgerichten gebracht hat.
Erste Instanz vor einem VG in NRW:
Klagen gegen Festsetzungsbescheide des Rundfunkbeitrages werden hier mit sehr fragwürdigen Methoden einer Art Fastfood Justiz von Einzelrichtern zurückgewiesen. Eine Anwaltspflicht gibt es vor der ersten Instanz der Verwaltungsgerichte nicht. Daher sollte man nach Erhalt des Urteils auch unverzüglich einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim noch zuständigen VG (siehe Rechtsbehelf der Urteile) einreichen. Ein formloses selbst verfasstes Schreiben, in dem man mitteilt, dass man diesen Antrag zur Fristwahrung stellt, reicht aus, damit das VG die Gerichtsakte zum OVG nach Münster weiterleitet. Diese Aktion kostet im Übrigen nur eine 1/3 Gerichtsgebühr, da eine volle Gebühr nur fällig wird, wenn die Berufung zugelassen wird.
Zweite Instanz vor dem OVG in Münster:
Danach sollte man ernsthaft nach einem Anwalt suchen. Sofern man keinen Rechtsanwalt gefunden hat, der bereit war, einen im Rahmen einer einfachen BRAGO - Gebühr zu vertreten, kann man einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwaltes gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 78b ZPO stellen. Diesen Antrag sollte man innerhalb einer Monatsfrist (!!! das ist wichtig !!!) nach Erhalts des Urteils beim OVG stellen, da man bei Anträgen auf Beiordnungen von Anwälten mit allen möglichen und unmöglichen Gründen der Zurückweisung rechnen sollte. Man sollte in der Lage sein, seine eigenen Bemühungen zur Anwaltssuche nachzuweisen. In der Regel wird erwartet, dass man die Kontaktaufnahme mit mindestens drei Rechtsanwälten nachweisen kann. Der einfachste und schnellste Weg, dies nachzuweisen, ist in der Tat die Kontaktaufnahme mit Rechtsanwaltskanzleien über E-Mail, da die meisten Kanzleien über diesen Weg dann auch die Übernahme eines Mandates ablehnen. In seinen Schreiben sollte man ganz klar und deutlich darauf hinweisen, dass man Klagen will und keine Rechtsberatung sucht. Es ist hier übrigens sehr interessant, wie viele Anwälte dann schon eine Mandatsübernahme ablehnen, weil sie sich für keinen Klageanwalt halten.
Nachdem man alldies beachtet hat, wird der Antrag auf Beiordnung eines Notanwaltes dennoch abgelehnt, da die Gerichte dann immer noch behaupten können, dass „die Rechtsverfolgung der Antragstellung auf Zulassung einer Berufung aussichtslos erscheint“, was natürlich auch stimmt, da es wohl noch nie vorgekommen ist, dass ein Antrag auf Zulassung einer Berufung stattgegeben wurde. (Was soll der Unsinn dann überhaupt für einen Zweck haben?).
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe:
Mit dem oben beschriebene Verfahrensweg hat man der Forderung nach einer Ausschöpfung des Rechtsweges vor den Fachgerichten (= Grundsatz der Subsidiarität) genüge getan, so dass dieser Punkt kein Hinderungsgrund für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde mehr darstellt. Vor dem Bundesverfassungsgericht besteht dann wieder kein Anwaltzwang, so dass man eine Beschwerde selber vortragen kann.