@pinguin
Naja, ich glaube so leicht lässt sich der EGMR dann doch nicht überzeugen. Vielleicht schau wir uns mal Artikel 14 EMRK mal genauer an:
„Diskriminierungsverbot:
Der Genuss der in dieser Konvention
anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne
Diskriminierung insbesondere wegen des
Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der
Sprache, der Religion, der politischen oder
sonstigen Anschauung, der nationalen oder
sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer
nationalen Minderheit, des Vermögens,
der Geburt oder eines sonstigen Status zu
gewährleisten.“
Eine Diskriminierung auf Grund von politischen oder sonstigen Anschauungen und auf Grund einer Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit (Nicht-Nutzer von Rundfunk und Fernsehen) sind wohl die beiden nächstliegendsten Anknüpfungspunkte dieses Gesetzes. Ohne große Umschweife sehe ich auch eine Diskriminierung dadurch gegeben, dass tatsächliche Nutzer von Rundfunk und Fernsehen durch die Umstellung auf den Beitrag entlastet wurden, da vorher nach §5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV zahlungspflichtige Rundfunkteilnehmer nicht mehr beitragspflichtig sind, wie z. B. bei den Eltern lebende Kinder mit eigenem Einkommen, die durch die Umstellung auf den Zahlungsmodus für eine einzige Wohnung entlastet werden. Damit dürfte die Ungleichbehandlung von Nicht-Nutzern zu Nutzern von Rundfunk und Fernsehen eigentlich schon bewiesen sein.
Es ist offensichtlich aber üblich Artikel 14 mit anderen Artikeln (wie Artikel 10) zu verknüpfen, so dass dies auch zu begründen wäre. Hier muss man sich dann fragen, was die Rundfunkanstalten und, nach einer negativen Entscheidung der Bundesverfassungsgerichtes, die Bundesregierung zur Meinung eines Individuums vorbringen können, das die Auffassung vertritt, dass Rundfunk und Fernsehen nicht notwendig sein, auch nicht gebraucht werden und auch nicht förderungswürdig seien. Eine klare Position der Befürworter des Rundfunkbeitrages habe ich hierzu bisher nicht gefunden.
Daher muss man zu diesem Punkt etwas hypothetisch vorgehen. Es ist wahrscheinlich, dass gesagt wird, dass die Landesrundfunkanstalten durch Art. 5 Abs. 1 so etwas wie einen Verfassungsrang genießen würden. Da dies für die Kirchen (Art. 4 Abs. 1 GG, Art. 140 GG) und die Universitäten (Art. 5 Abs. 3 GG) auch gilt, erklärt dieses Argument noch nicht, weshalb alle Wohnungsinhaber dieses Landes zu einer Abgabe verpflichtet sein sollen, da nicht jeder Wohnungsinhaber dazu verpflichtet ist, Kirchensteuern oder Studiengebühren zu zahlen.
Welche Argumente kann es also noch geben, dass die Meinung, auf Rundfunk und Fernsehen verzichten zu können, nicht mit dem Grundgesetz in Vereinbarung stehen könnte?
Mir fallen hier gerade keine Argumente ein. Für gewöhnlich kommt an dieser Stelle lediglich die Feststellung, dass der Rundfunkbeitrag eine funktionsgerechte Sache sei, was aber kein tatsächliches Argument für eine Zwangszahlung sein dürfte. Auch das Sinnieren über Funklöscher und exterrestrische Radiowellen, denen keiner entfliehen kann, wie einige Gerichte argumentieren, dürfte eigentlich keine Einschränkung der Meinungsfreiheit begründen. Es kann auch nicht ernsthaft behauptet werden, dass Informationsfreiheit und Meinungsfreiheit im 21. Jahrhundert nur durch den Konsum von Rundfunk und Fernsehen gewährleistet wären. Es ist zwar nachvollziehbar, dass gesagt wird, dass jemand, der spezielle Geräte für Rundfunk und Fernsehen kauft, diese auch für diese Zwecke verwendet, aber nicht logisch zu behaupten, dass Geräte, die für andere Zwecke bestimmt sind, nur deshalb dem Rundfunkempfang dienen, weil dies irgendwie technisch möglich sein soll.
Hier stelle ich mir gerade die Frage, weshalb nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Einführung der Gebühr auf internetfähige PCs nicht schon vor dem EGMR geklagt worden ist. Hat da wirklich niemand geklagt? Wenn ja, würde mich die Klage und natürlich auch die Entscheidung interessieren?