Hallöle,
ich möchte auch meinen Senf dazu geben, um das Thema "Volksbegehren" und "Volksentscheid" in NRW ein wenig verständlicher zu machen.
Nach Artikel 3 Absatz 1 der Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen (LV NRW) steht die Gesetzgebung dem Volk und der Volksvertretung zu. In der Praxis werden im Regelfall die Gesetze vom Parlament beschlossen. Der Dritte Abschnitt des Dritten Teils der Verfassung beginnt in Artikel 65 f. LV NRW mit der „Regelform“ der Gesetzgebung. Erst im Anschluss werden Volksbegehren und Volksentscheid im Einzelnen geregelt.
Als erstes müssen die eigentlichen Initianten des Volksbegehrens aktiv werden und
einen ausformulierten Gesetzesentwurf mit Begründung vorlegen. Auf der 2. Stufe wird die Landesregierung, die mit umfangreichen Prüfpflichten (Art. 68 Absatz 1 LV NRW) betraut ist, beauftragt, den so zustande gekommenen Gesetzentwurf dem Landtag „zu unterbreiten“ (Art. 68 Absatz 2 Satz 1 LV NRW).
Der Ablauf im Einzelnen:
1. Das Volksbegehren ist darauf gerichtet, dem Landtag einen Gesetzentwurf zu unterbreiten, damit dieser ihn beschließe. Lehnt der Landtag den Gesetzesentwurf ab, so kommt es gemäß Artikel 68 Absatz 2 Satz 2 LV NRW zwingend zu einem Volksentscheid.
2. Nach Art. 68 Absatz 1 Satz 5 LV NRW entscheidet die Landesregierung über die Zulässigkeit des Volksbegehrens.
Zur Antragstellung sind nur 3.000 Unterschriften erforderlich. Es folgt ein 2-stufige Prüfung, zum Einem über die
Zulassung des Volksbegehrens (§ 8 VIVBVEG), und zum Zweiten
nach der Durchführung des Volksbegehrens
über dessen rechtswirksames Zustandekommen (§ 19 Absatz 2 VIVBVEG). Der Prüfungsumfang ergibt sich aus § 8 Satz 2 und 3 VIVBVEG („Die Zulassung ist zu versagen, wenn einem sachlich gleichen Antrag innerhalb der letzten zwei Jahre stattgegeben worden ist oder wenn der Gesetzentwurf ein Rechtsgebiet betrifft, das nach den Bestimmungen des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland nicht zur gesetzgeberischen Zuständigkeit der Länder gehört. Über Finanzfragen, Abgabengesetze und Besoldungsordnungen ist ein Volksbegehren nicht zulässig.“).
[Einschub: Beim Rundfunkbeitrag handelt es sich
nicht um Finanzfragen, Abgabengesetze und Besoldungsordnungen des Landes NRW.]
3. Für ein rechtswirksames Volksbegehren schreibt Art. 68 Absatz 1 Satz 7 ein Quorum von 8 % der Stimmberechtigten vor. § 7 Absatz 1 VIVBVEG sieht vor, daß zunächst 3.000 Unterschriften mit dem Antrag vorzulegen unterstützt wird.
4. Bei positiver Zulassungsentscheidung sind sodann die Gemeinden zur Unterstützung, insbesondere zur
Auslegung von Eintragungslisten, verpflichtet (§ 12 Absatz 2 VIVBVEG). Jetzt müssen die Unterschriften von 8 % der Stimmberechtigten gesammelt werden.
5. Entspricht der Landtag dem Volksbegehren ist das dem Volksbegehren zugrunde liegende Gesetz damit zustande gekommen.
6. Entspricht der Landtag dem Volksbegehren nicht, so ist
binnen 10 Wochen ein Volksentscheid herbeizuführen. Der Landtag entspricht dem Volksbegehren dann nicht, wenn er es ablehnt, wenn er es nur in veränderter Form annimmt und wenn er sich nicht innerhalb einer angemessenen Frist (2 Monate ab Zuleitung durch die Landesregierung) mit ihm befasst.
7. Beim Volksentscheid entscheidet das Volk im Rahmen eines Referendums selbst über das zur Abstimmung gestellte Gesetz.
8. Gemäß Art. 68 Absatz 3 Satz 2 ist eine
Mindestzustimmung von 15% der Stimmberechtigten erforderlich.
9. Rechtsschutz im Rahmen des Volksbegehrens ist durch den VerfGH gewährt.
Quellen:
1. Landesverfassung NRW
2. Gesetz über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (VIVBVEG)
3. Heusch/Schönenbroicher, Die Landesverfassung des Landes Nordrhein-Westfalen - Kommentar, Verlag W. Reckinger, 2. Auflage 2020
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