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Autor Thema: Klage - Verwaltungsgericht Berlin - Begründung/Urteil /weiteres Vorgehen  (Gelesen 29675 mal)

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Eine fiktive überarbeitete Klagebegründung könnte z.B. so aussehen.
Diese wurde um einige Argumente und die Aspekte Zwangsvollstreckung, Datenschutz und Barzahlung erweitert.
Person R freut sich über Verbesserungsvorschläge aller Art. Themenbereiche, welche ganz neue Aspekte behandeln, werden aber wohl nicht Teil der fiktiven Klage, um zu verhindern, dass sich das Gericht die Rosinen rauspicken kann.

Zitat
Begründung meiner Klage vom 11.12.2019

Sehr geehrte Damen und Herren

Im Folgenden finden Sie meine angekündigte Klagebegründung.
Die großzügige Frist, welche mir das Gericht zur Ausarbeitung der Begründung zur Verfügung gestellt hat, kam mir sehr entgegen - dafür vielen Dank!
Aufgrund der Komplexität des Sachverhaltes behalte ich mir dennoch weiteren Sachvortrag ausdrücklich vor, um ggfs. einzelne Aspekte stärker auszuarbeiten oder weitere Punkte zu ergänzen.

Angesichts der anwaltlichen Vertretung der Gegenseite, scheint es mir zudem nötig, mich anwaltlich beraten und ggfs. selbst vertreten zu lassen.

Es ist jedoch äußerst schwierig in diesem Rechtsgebiet Anwälte zu finden, da die rechtliche Situation weit komplexer ist, als gewöhnlich von den Rundfunkanstalten dargestellt. Daher war es mir auch nicht möglich für meinen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung OVG 11 N 78.19 trotz umfangreicher Bemühungen, einen Anwalt in Berlin zu finden.
Entsprechend mutet es befremdlich an, dass sich der Rundfunk Berlin-Brandenburg (im folgenden rbb) als Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtsabteilung nun von einer externen Kanzlei vertreten lässt.

Dies insbesondere auch deshalb, da es sich bei der hinzugezogenen Anwaltskanzlei - XYZ Rechtsanwälte - wohl um eine in der Berichtserstattung des rbb bevorzugte Kanzlei handelt:
Screenshot-Beweis siehe Anhang: Sebastian Conrad erörtert Rechtsfragen des Berliner Mietendeckels in Deutschlandradio und rbb (www-XYZ-de abgerufen am 20.01.2020).

Ich mache daher vorsorglich geltend, dass der rbb gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt und die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nur dazu dient, der Gegenseite Kosten zu verursachen.
Das ist insbesondere hier deshalb der Fall, weil nach der Auffassung des den rbb vertretenden Anwaltes wohl eine offensichtlich aussichtslose Klage vorliegt und trotzdem mit anwaltlicher Hilfe reagiert wird (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.02.2017, Az. 3 K 99.16).
Der beauftragte Anwalt führt im Schreiben vom 10.01.2020 aus, dass "im Rahmen weiteren Vortrags durch den Kläger neue Aspekte eingeführt werden, die eine andere Bewertung der Sach- und Rechtslage zuließen" nicht zu erwarten ist.

Zudem verfügt der rbb über eine behördliche Datenschutzbeauftragte, die auch im Justitiariat tätig ist.

1   Der Festsetzungsbescheid
Der Festsetzungsbescheid vom 04.05.2018 ist rechtlich fehlerhaft, verletzt mich in meinen Rechten und ist damit nichtig. Dies gilt auch für sämtliche seit 2013 vorangegangen Gebühren-/Beitrags- und Festsetzungsbescheide.
 
Ich möchte betonen, dass sich meine Klage nicht gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags selbst, sondern gegen die mir zugestellten Bescheide richtet.
 
Das Argument, die Rundfunkbeitragspflicht entstünde – ohne dass ein Bescheid notwendig wäre – direkt aus dem Gesetz aufgrund des Innehabens einer Wohnung – steht in dieser Klage nicht zur Diskussion. 

1.1   Beitrags- und Festsetzungsbescheide sind maschinell erstellt
Der Festsetzungsbescheid endete mit dem Satz:
„Dieser Bescheid ist maschinell erstellt und ohne Unterschrift gültig.“

1.2   Beitrags- und Festsetzungsbescheide werden vollautomatisch erstellt
Die Festsetzungsbescheide werden laut Angaben der Rundfunkanstalten und des Beitragsservice vollautomatisch erstellt.

Einer kleinen Anfrage des Abgeordneten Stefan Räpple (Drucksache 16 / 7026 – siehe Anlage) und der Antwort des Staatsministeriums Baden-Württemberg
ist zu entnehmen:
Zitat
Frage: Werden Festsetzungsbescheide des Südwestrundfunks vollständig automatisiert erlassen?
Antwort: Der Südwestrundfunk hat mitgeteilt, dass alle Festsetzungsbescheide des Südwestrundfunks vollständig automatisiert erlassen werden, um möglichst ressourcensparend zu arbeiten.

In einem Widerspruchsbescheid des Südwestrundfunks wird vorgetragen (Anlage):
Zitat
"Die Erstellung von Festsetzungsbescheiden erfolgt in einem vollautomatisierten Verfahren, welches die Datenverarbeitungsanlage selbständig, ohne menschliches Mitwirken und ohne manuelle Eingaben abwickelt."

Amtsgericht Dresden, Beschluss vom 27.11.2014, Az.: 501 M 11711/14:
Zitat
„Mit über 42 Millionen Beitragskonten zählt der Rundfunkbeitragseinzug zweifelsfrei zu den Massenverfahren, die nur mithilfe automatisierter Verfahren bewältigt werden könnten.
In Anbetracht einer derartigen Vielzahl von Vorgängen ist es auszuschließen, dass die Landesrundfunkanstalten ihre millionenfachen Festsetzungsbescheide mit Schreibmaschine und Taschenrechner erstellen"

Widerspruchsbescheid des rbb an mich vom 11.11.2019 (Anlage):
Zitat
„Sie beanstanden, dass Sie den Festsetzungsbescheid vom 04.05.2018 verspätet erhalten haben. Dies hängt damit zusammen, dass die Bescheide im Massenverfahren zu einem bestimmten Stichtag erstellt werden.“

Auch wenn sich einige Angaben auf den Südwestrundfunk beziehen, lassen sie sich vollständig auf den rbb übertragen, da sämtliche Festsetzungsbescheide aller deutschen Rundfunkanstalten über den Beitragsservice in Köln erstellt werden.

2   Begriffsbestimmung Verwaltungsakt
Nach der Begriffsbestimmung in § 35 VwVfG ist ein Verwaltungsakt eine nach außen gerichteter Maßnahme einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls. Er wird deshalb auch als öffentlich-rechtliche Willenserklärung verstanden. Ein Verwaltungsakt verlangt danach eine Willensbetätigung, zu der aber nur natürliche Personen fähig sind. (Publicus-boorberg.de, Neuer Rechtsrahmen für die elektronische Verwaltung 2017/09)
Wird das Verwaltungsverfahren soweit automatisiert, dass der einzelnen regelnden Maßnahme keine individuelle Willensbildung mehr zugrunde liegt, lässt das Gesetz so produzierte Verwaltungsakte nur unter bestimmten Voraussetzungen zu.

2.1   Der Erlass eines Verwaltungsaktes mit Hilfe automatischer Einrichtungen gemäß § 37 VwVfG
Das VwVfG ermöglicht einen schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, gemäß § 37 Abs. 5 Satz 1 VwVfG:
Zitat
„Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen.“

2.2   Der vollautomatisierte Erlass eines Verwaltungsaktes gemäß § 35a VwVfG
Das VwVfG setzt voraus, dass ein vollautomatisierter Erlass eines Verwaltungsaktes durch eine Rechtsvorschrift gemäß § 35a zugelassen ist:
Zitat
„Ein Verwaltungsakt kann vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen werden, sofern dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist und weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht.“

§35a VwVfG gestattet vollautomatisierte Verwaltungsverfahren nicht vorbehaltlos. Voraussetzung ist, dass die Entscheidung der Verwaltung weder ein Ermessen noch einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Davon lässt der Gesetzgeber auch keine Ausnahmen zu.
Die Verwaltung darf Verfahren nicht aus eigenem Antrieb, sondern nur auf Grundlage einer weiteren Rechtsvorschrift vollständig automatisieren. Der Bundes- oder Landesgesetzgeber - bei Selbstverwaltungskörperschaften (in den Grenzen der Grundrechtswesentlichkeit) der Satzungsgeber - muss jeweils ergänzend tätig werden.

2.3 Unterscheidung des Grades der Automatisierung
Es ist klar zu unterscheiden zwischen einem Verwaltungsakt, welcher maschinell bzw. mithilfe automatischer Einrichtungen erlassen wurde (§ 37 VwVfG) und einem Verwaltungsakt, welcher vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen wurde (§ 35a VwVfG).

Dazu Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 35a Rn. 21
Zitat
3.   „Vollständig automatisiert erlassen“ im Gegensatz zu „mit Hilfe automatischer Einrichtungen“ erlassen
...

21
Den Gesetzesmaterialien zu § 35a (Rn. 1) und seiner Verbindung zu § 155 Abs. 4 AO (Rn. 5 ff.) lässt sich entnehmen, worin der qualitative Unterschied des voll gegenüber dem teilautomatisierten VwVf zu sehen ist. Das „Neue“ beim vollständig automatisierten VwVf liegt in der Automatisierung (auch) der Sammlung, Auswertung und Verifizierung der Sachverhaltsdaten, die auch die Willensbildung des menschl. Sachbearbeiters der Behörde hinsichtl. des „Ob“ des Auslösens der weiteren automatischen Bearbeitung ersetzt, so dass ein begonnenes (Rn. 25) VwVf nur durch gezieltes „Aussteuern“ (Rn. 3, 6, 24) der vollständigen automatischen Bearbeitung entzogen werden kann. Dies wurde als so problematisch angesehen, dass die Entscheidung darüber, ob sich bestimmte VwVf für eine derartige Vollautomatisierung eignen, nicht der für die Verfahrensdurchführung verantwortl. Behörde, sondern dem zuständigen (Fach-) Gesetzgeber überlassen bleiben sollte. Derartige Fälle könnten daher auch nicht mehr als mit der Einfügung der § 28 Abs. 2 Nr. 4, § 37 Abs. 5 und § 39 Abs. 2 Nr. 3 als generell vom Gesetzgeber als zulässig anerkannt angesehen werden, da diese Bestimmungen eben nur teilautomatisierte VA betreffen.

2.4   Nichtigkeit des Verwaltungsaktes (§44 VwVfG)
Zitat
„(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.“

BSG Urteil vom 07.09.2006 B 4 RA 43/05 R
Zitat
„Ein Verwaltungsakt leidet an einem besonders schweren Fehler, wenn der Verwaltungsträger Pflichten eines Bürgers einseitig begründet oder feststellt, ohne dass es dafür bei Erlass des Verwaltungsakts eine gültige und anwendbare Ermächtigungsgrundlage gibt.“

Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam. Er entfaltet von Anfang an keinerlei Rechtswirkungen gegenüber dem Adressaten des Verwaltungsaktes oder einem Dritten (Haufe SGB Office Professional).

3   Ergänzende Kommentare zu § 35a VwVfG
Auch entsprechende Kommentare zum Gesetz weisen auf die Notwendigkeit einer Rechtsvorschrift und die mögliche Rechtswidrigkeit hin.

3.1   Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, 9. Aufl. 2018, § 35a VwVfG
Zur Notwendigkeit einer Zulassung durch Rechtsvorschrift:

Zitat
Rn 1:
„Schließl. stellt der „Rechtsvorschriftvorbehalt“ (Rn 30 ff.) des § 35a sicher, dass über den Einsatz vollständig automatisierter VwVf nicht im Rahmen des allgemeinen Organisations- und Verfahrensermessens (§ 10 Rn. 16 ff.) allein die Behörde, sondern der zuständige (Fach-)Gesetzgeber entscheidet, so dass der Vorschrift auch eine Regelung zur Kompetenz bzgl. dieser Entscheidung zu entnehmen ist (Kompetenzzuweisungsfunktion, Rn. 33).“

Rn 30:
„Ungeachtet dessen, dass in der Gesetzesbegründung von einem „Gesetzesvorbehalt“ gesprochen wird, umfasst der Begriff der Rechtsvorschrift in § 35a – wie sonst im VwVfG, s. § 1 Rn. 211 ff. – formelle Gesetze, VO (Rn. 35) und Satzungen (Rn. 36), nicht aber Verwaltungsvorschriften.“

Rn 31:
„§ 35a erklärt eine „Zulassung“ durch Rechtsvorschrift für erforderl., damit „ein“ VA vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen werden kann. Damit ist natürl. nicht gemeint, dass der vollautomatische Erlass jedes einzelnen VA gesondert durch Rechtsvorschrift zugelassen werden muss, sondern die Rechtsvorschrift muss konkret das zu vollziehende Fachgesetz und die VwVf beschreiben, für die innerhalb des Anwendungsbereichs des Fachgesetzes eine vollautomatisierte Bearbeitung ermöglicht werden soll, s. Rn. 4.“

Rn 33:
„Ergänzend ist insoweit noch auf das gesteigerte Staatshaftungsrisiko als Folge von Fehlprogrammierungen hinzuweisen, die ebenfalls als geboten erscheinen lassen, dass auch der zuständige Rechtsvorschriftengeber – und nicht allein die Behörde – die Verantwortung zumindest für das „Ob“ einer mögl. Vollautomatisierung des VwVf übernimmt.“

Rn 56:
„Wird ein vollautomatisiertes VwVf unter Nichtbeachtung des Rechtsvorschriftenvorbehalts und sonstiger Grenzen eingeführt, sind die so erlassenen VA jedoch allein deshalb rechtswidrig.“

4   Fehlende Rechtsvorschriften im RBStV und Satzungen des RBB
Es wurden betroffene Gesetze (RBStV) und Satzungen auf mögliche Rechtsvorschriften zum vollautomatischen Erlass von Verwaltungsakten untersucht, aber es wurden weder Vorschriften noch Hinweise zu einem automatischen Erlass von Verwaltungsakten gefunden.

4.1   Rundfunkbeitragsstaatsvertrag
Im aktuellen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag findet sich weder eine Rechtsvorschrift noch ein Hinweis zu einem vollautomatischen Erlass von Verwaltungsakten.

4.2   Hauptsatzung des Rundfunk Berlin-Brandenburg
In der Hauptsatzung des Rundfunk Berlin-Brandenburg findet sich weder eine Rechtsvorschrift noch ein Hinweis auf einen vollautomatischen Erlass von Verwaltungsakten.

4.3   Satzung des Rundfunk Berlin-Brandenburg über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge
In der Satzung des Rundfunk Berlin-Brandenburg über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge findet sich weder eine Rechtsvorschrift noch ein Hinweis auf einen vollautomatischen Erlass von Verwaltungsakten.

4.4   Dreiundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag
In der Ausgabe der Drucksache 18/2098 vom 20.08.2019 des Abgeordnetenhauses von Berlin wird der Entwurf des Dreiundzwanzigsten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vorgetragen (Anlage).

Zitat
„Unter Punkt 5. soll ein § 10a eingefügt werden:

„Nach § 10 wird folgender § 10a eingefügt:

                                                      § 10a
                     Vollständig automatisierter Erlass von Bescheiden
Die zuständige Landesrundfunkanstalt kann rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide vollständig automatisiert erlassen, sofern weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht.““

Der Entwurf für den Dreiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sieht vor, dass ein § 10a RBStV mit o.g. Inhalt eingefügt wird.
Hieraus ergibt sich auch, dass bislang offensichtlich keine Rechtsgrundlage für die Vorgehensweise des rbb besteht. An der Rechtswidrigkeit bereits erlassener Verwaltungsakte kann diese neue Regelung freilich nichts ändern.

Tatsächlich besteht derzeit keine Rechtsvorschrift, die den vollständig automatisierten Erlass von rundfunkbeitragsrechtlichen Bescheiden zulässt.

5.   Ermessen und Beurteilungsspielraum
Neben einer Rechtsvorschrift kann nach §35a VwVfG ein Verwaltungsakt nur dann vollständig automatisiert erlassen werden, sofern „weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht“.

Im Zuge des Meldedatenabgleichs gleichen die Rundfunkanstalten und der Beitragsservice Ihre Bestandsdaten mit den Daten der Einwohnermeldeämter zu allen volljährigen Bürgern ab (§ 14 Abs. 9a Rundfunkbeitragsstaatsvertrag).
Auf der Website des Beitragsservice (www.rundfunkbeitrag.de) steht dazu:
Zitat
„Die von den Meldeämtern übermittelten Daten lassen keinen Rückschluss auf eine konkrete Wohnsituation zu. So können beispielsweise in einem Haus auch mehrere Wohnungen sein. Es ist für den Beitragsservice nicht erkennbar, wer zusammen in einer Wohnung lebt.“

Der Rundfunkbeitrag wird pro Wohnung (nicht aber zwangsläufig für eine Zweitwohnung) erhoben. Zur Zahlung verpflichtet ist der Inhaber der Wohnung. Leben aber mehrere gleichberechtigte Personen beispielsweise in einer Wohngemeinschaft, ist nicht automatisch klar, welcher der Bewohner den Rundfunkbeitrag zahlen muss. Dennoch wird in der Regel einer der Bewohner angemeldet via vollautomatischer Direktanmeldung. Die Methode, nach welcher die zahlungspflichtige Person bestimmt wird, ist dem Kläger nicht bekannt, da der rbb hierzu keine Aussagen macht.
In jedem Fall bestehen hier jedoch ein Ermessen und ein Beurteilungsspielraum.

Auch ist festzustellen, dass die Bescheide in unregelmäßigen Abständen erlassen werden, so dass durch akkumulierte Säumniszuschläge Diskrepanzen bei Forderungen gegenüber zahlungssäumigen Kunden entstehen, und zwar auch dann, wenn die Umstände identisch sind. Daraus lässt sich schließen, dass es auch hier einen Beurteilungsspielraum geben muss und der Zeitpunkt des Bescheiderlasses im Ermessen der Rundfunkanstalt liegt.

Damit fehlt neben der Rechtsvorschrift auch die zweite Voraussetzung zur vollautomatischen Erstellung von Verwaltungsakten nach §35a VwVfG

6   Vollautomatische Zwangsvollstreckung
Der Feststellungsbescheid vom 04.05.2018 besagt:
Zitat
„Dieser Bescheid ist ein vollstreckbarer Titel. Damit ist einer der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung gegeben“

Der kleinen Anfrage des Abgeordneten Stefan Räpple (Drucksache 16 / 7026 – Anlage) und der Antwort des Staatsministeriums Baden-Württemberg
ist zu entnehmen:
Zitat
Frage: Werden Vollstreckungsersuchen des Südwestrundfunks vollständig automatisiert erlassen?
Antwort: Der Südwestrundfunk hat mitgeteilt, dass alle Vollstreckungsersuchen des Südwestrundfunks vollständig automatisiert erlassen werden. Auch hier gilt die Begründung, dass möglichst ressourcenschonend gearbeitet werden soll.

Auch diese Aussage lässt sich vollständig auf den rbb übertragen.

Da die Rundfunkanstalten nicht über eigene Verwaltungskapazitäten für Vollstreckungsmaßnahmen verfügen, werden Ersuchen um Vollstreckungshilfe gemäß Rundfunkstaatsvertrag §10 Abs. 6 im Fall des rbb an die Berliner Finanzämter gerichtet.
Die Finanzämter prüfen die vollautomatisch erstellten Vollstreckungsersuchen jedoch nicht, sondern leiten direkt die Zwangsvollstreckung ein.
Evtl. Fehler, die bereits bei der Datenerhebung auftraten, werden hierbei nicht erkannt und verhindern die Vollstreckung nicht.

Nicht nur werden die Verwaltungsakte ohne Rechtsgrundlage millionenfach vollautomatisch erstellt; eine auf dieser Basis eingeleitete Zwangsvollstreckung – vollständig ohne menschliches Mitwirken – ist ebenfalls gängige Praxis.

Im Jahre 2018 lag die Anzahl der Vollstreckungsersuchen der Rundfunkanstalten laut Jahresbericht bei 1,21 Millionen!
Die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Bevölkerung stellen einen volkswirtschaftlichen Schaden zu Lasten der öffentlichen Abgaben dar und gefährden das Vertrauen in den Rechtsstaat in erheblichem Maße. Warum die kommunalen Vollstreckungsbehörden diesen Ersuchen in der Regel dennoch nachkommen, ist mir unverständlich.   
 
7   Ablehnungsbescheid des rbb vom 19.11.2019 (siehe Anlage)
Ich habe bereits am 19.11.2019 aus oben dargelegten Gründen beim rbb einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG gestellt.
Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 08.01.2020 vom Rundfunk Berlin-Brandenburg abgelehnt. Dem Ablehnungsbescheid habe ich am 06.02.2020  widersprochen. Ein Widerspruchsbescheid steht derzeit noch aus.
Auch wenn dieser Antrag von diesem Gerichtsverfahren unabhängig ist, möchte ich dennoch aufgrund der gleichen Thematik einige der dort aufgeführten Argumente vorwegnehmen:

7.1.   §10 Abs. 5 RBStV
In seinem Ablehnungsbescheid führt der rbb aus, dass der neue §10a RBStV keine Auswirkungen auf die erlassenen Festsetzungsbescheide habe, da diese bereits jetzt auf Grundlage des §10 Abs. 5 RBStV vollständig automatisiert erlassen werden könnten. Die neue Regelung diene lediglich der Klarstellung, dass sich daran auch nach der Einführung des §35a VwVfG durch den Bundesgesetzgeber nichts geändert habe.“

Der Wortlaut von §10 Abs.5 RBStV ist Folgender:
Zitat
„(5) Rückständige Rundfunkbeiträge werden durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt. Festsetzungsbescheide können stattdessen auch von der Landesrundfunkanstalt im eigenen Namen erlassen werden, in deren Anstaltsbereich sich zur Zeit des Erlasses des Bescheides die Wohnung, die Betriebsstätte oder der Sitz (§ 17 der Zivilprozessordnung) des Beitragsschuldners befindet.“

Es fehlt jeder Hinweis auf eine Möglichkeit der vollautomatischen Erstellung der Bescheide. Es wird lediglich festgestellt, dass Landesrundfunkanstalten grundsätzlich befugt sind, Festsetzungsbeschiede im eigenen Namen zu erlassen. Dies ist nicht ausreichend, um ein vollautomatisches Erstellen von Verwaltungsakten nach §35a VwVfG zu legitimieren. Anders als behauptet enthält der RBStV derzeit keine zwingend benötigte Rechtsvorschrift, um eine vollständig automatisierte Bescheiderstellung zu ermöglichen.

In der Drucksache 18/2098 vom 20.08.2019 der Berliner Abgeordnetenhauses wird die Gesetzesänderung auf Seite 2 erläutert:
Zitat
„Daneben wird mit der Aufnahme der Regelung in § 10a RBStV eine eigenständige Rechtsvorschrift geschaffen, die es den Landesrundfunkanstalten generell gestattet, rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide (Festsetzungs- und Befreiungsbescheide) in einem automatisierten Verfahren zu erlassen. Solche Bescheide ergehen üblicherweise auf Grundlage einfach strukturierter Sachverhalte, bei denen weder Ermessens-noch Beurteilungsspielraum besteht.

Die Behauptung, die neue Regelung diene lediglich der Klarstellung, dass es durch die Einführung des §35a VwVfG keine wesentliche Gesetzesänderung gegeben habe, ist damit widerlegt

Der Landesgesetzgeber führte seinerzeit in seiner Gesetzesbegründung zu § 10 Abs. 5 RBS TV (Drs. 16/3942) auf Seite 66 aus:
Zitat
„Absatz 5 bestimmt, dass rückständige Rundfunkbeiträge durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt werden können. Diese Vorschrift regelt die verfahrensrechtliche Zuständigkeit für das Festsetzungsverfahren. Die Regelung in Satz 2, der zufolge  Festsetzungsbescheide stattdessen auch von der Landesrundfunkanstalt  im eigenen Namen erlassen werden können, in deren Anstaltsbereich  sich zur Zeit des Erlasses des Bescheides die Wohnung, die  Betriebsstätte oder der Sitz (§ 17 der Zivilprozessordnung) des Beitragsschuldners befindet, ist eine Abweichung, die der Verwaltungsvereinfachung dient: Diese Regelung ermöglicht es unter  anderem, dass in dem Fall, dass ein Rundfunkteilnehmer umgezogen ist,  dann auch die örtlich neu zuständige Anstalt befugt sein soll, rückständige Gebühren festzusetzen.“

Unzweifelhaft hat der Landesgesetzgeber mit keinem Wort in der Gesetzbegründung Ausführungen zu vollautomatischen Einzelentscheidungen gemacht oder den Weg zum Erlass vollautomatischer Festsetzungsbescheide frei gemacht. Eigentlich regelt die Vorschrift nur die verfahrensrechtliche (örtliche) Zuständigkeit.

7.2.   Der rbb sei vom VwVfG BE ausgeschlossen
Weiterhin wird ausgeführt:
Zitat
„§35a (Bundes)VwVfG, der für den automatisierten Erlass von Verwaltungsakten eine Rechtsvorschrift voraussetzt, ist vorliegend im Übrigen nicht anwendbar. Zwar besteht eine entsprechende Landesrechtliche Regelung, allerdings ist deren Anwendung für die Landesrundfunkanstalt ausgeschlossen.“

In meiner ersten Klage VG 27 K 468.16 bestand eines meiner vorgebrachten Argumente aus der Nichtanwendbarkeit des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung in der jeweils geltenden Fassung auf die Tätigkeit des rbb.

Der Anwalt des rbb in der mündlichen Verhandlung, sowie das Verwaltungsgericht Berlin selbst in seinem Urteil vom 24.07.2019 (VG 27 K 469.16) vertraten jedoch die Meinung, dass sich der Ausschluss lediglich auf die inhaltliche Tätigkeit des rbb, nicht aber auf dessen Selbstverwaltungsrecht bezöge. Entsprechend sei das VwVfG BE anwendbar. (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 29.07.2017 – OVG 11 S 41.17 – S 5 f. des Abdrucks und vom 28.03.2017 – OVG 11 N 86.15 – juris Rn. 6 ff.)

Der vollständig automatische Erlass von Bescheiden zählt zweifellos nicht zu den inhaltlichen Tätigkeiten des rbb, sondern fällt unter dessen Selbstverwaltungsrecht.
Ich gehe davon aus, dass die Frage der An- bzw. Nichtanwendbarkeit eines Gesetzes nicht davon abhängig sein kann, ob es dem rbb je nach Situation gerade zum Vor- oder Nachteil verhelfe. Daher mutet diese Argumentation etwas bizarr an.

Im Falle der Nichtanwendbarkeit des VwVfG BE wäre der Festsetzungsbescheid aber dennoch rechtswidrig, da in diesem Fall für Berlin die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes

   § 35 Begriff des Verwaltungsaktes
   § 43 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes
   § 44 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes
 
in Bezug auf das Handeln des rbb nicht geregelt wären. Es würde die gesetzliche Grundlage und Normenklarheit fehlen.
Der Rundfunkstaatsvertrag als einzige Grundlage wäre nicht ausreichend, da hier die grundsätzlichen Formalien – was ein Verwaltungsakt ist, wann er wirksam wird und dann er nichtig ist - nicht geklärt werden.

7.3.   VG Freiburg (Urteil vom 24.09.2019, 8 K 5267/17)
Des Weiteren wird Bezug genommen auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24.09.2019.

VG Freiburg 8 K 5267/17:
Zitat
„Soweit der Kläger eine fehlende Rechtsgrundlage für die automatische Bearbeitung von Daten rügt und sich hierauf auf die Neuerungen in dem geplanten 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrags stützt, teilt das Gericht nicht dessen Auffassung, dass die gegenständlichen Beitragsbescheide deshalb Fehler aufweisen.
a.  Zunächst genügt der Beklagte den Anforderungen an eine maschinelle Bescheiderstellung. Eine Unterzeichnung der Bescheide war in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 35 Abs. 5 LVwVfG nicht erforderlich. Die streitgegenständlichen Bescheide enthalten den Hinweis, dass sie maschinell erstellt und ohne Unterschrift gültig sind.
Der Hinweis durfte auch angebracht werden, da der Bescheid tatsächlich mit Hilfe automatischer Einrichtungen im Sinne des § 37 Abs. 5 LVwVfG erlassen wurde.
Unabhängig davon ist Gegenstand des Klageverfahrens ohnehin der Ausgangsbescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); der Widerspruchsbescheid vom 25.07.2014 ist jedoch unterschrieben.“

Abgesehen davon, dass das die Meinung des VG Freiburg hier eigentlich nicht relevant ist, führt die Argumentation auch ins Leere:

Das VG Freiburg verkennt völlig den tiefgreifenden und fundamentalen Unterschied zwischen einer maschinellen oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen vollzogenen Datenverarbeitung, wie sie seit den 60er Jahren praktiziert wird (§ 37 VwVfG) und einem vollautomatischen Verwaltungsverfahren komplett ohne menschliche Eingriffe, wie es erst seit einigen Jahren dank moderner Computer- und Datenbanksysteme möglich ist (§ 35a VwVfG). Im Falle der vom rbb erlassenen Bescheide handelt es sich zweifellos (und nach eigenen Angaben) um das letztere Verfahren.

Dass der Widerspruchsbescheid letztendlich unterschrieben und nicht vollautomatisch erstellt wurde, genügt nicht, weil der Verwaltungsakt an sich ohne die Willensbildung eines Sachbearbeiters vollautomatisch erlassen wurde.
Andernfalls wäre es sonst grundsätzlich unmöglich, sich überhaupt gegen vollständig automatisierten Festsetzungsbescheide gerichtlich zur Wehr zu setzen – schließlich wird jeder Widerspruchsbescheid erst in Folge eines Widerspruchs gegen einen vollautomatisch erstellten Festsetzungsbescheid erlassen. Der abgeschlossene vollautomatische Verwaltungsakt kann jedoch nicht im Nachhinein durch eine Unterschrift in einen manuellen Verwaltungsakt umgewandelt werden.

8   Verstöße gegen Datenschutzrecht
Der angefochtene Festsetzungsbescheid verstößt gegen Datenschutzrecht auf EU- und Bundesebene.
Der Bescheid wurde am 04.05.2018 erstellt und steht im Widerspruch zur Datenschutz-Grundverordnung. Da die DSGVO aber erst seit dem 25.05.2018 anzuwenden ist, dürfte in diesem Fall noch die alte Richtlinie 95/46/EG anzuwenden sein:

8.1   Richtlinie 95/46/EG Artikel 15 - Automatisierte Einzelentscheidungen
Zitat
"(1) Die Mitgliedstaaten räumen jeder Person das Recht ein, keiner für sie rechtliche Folgen nach sich ziehenden und keiner sie erheblich beeinträchtigenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ausschließlich aufgrund einer automatisierten Verarbeitung von Daten zum Zwecke der Bewertung einzelner Aspekte ihrer Person ergeht, wie beispielsweise ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit, ihrer Kreditwürdigkeit, ihrer Zuverlässigkeit oder ihres Verhaltens.

(2) Die Mitgliedstaaten sehen unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieser Richtlinie vor, daß eine Person einer Entscheidung nach Absatz 1 unterworfen werden kann, sofern diese

a) im Rahmen des Abschlusses oder der Erfüllung eines Vertrags ergeht und dem Ersuchen der betroffenen Person auf Abschluß oder Erfüllung des Vertrags stattgegeben wurde oder die Wahrung ihrer berechtigten Interessen durch geeignete Maßnahmen - beispielsweise die Möglichkeit, ihren Standpunkt geltend zu machen - garantiert wird oder

b) durch ein Gesetz zugelassen ist, das Garantien zur Wahrung der berechtigten Interessen der betroffenen Person festlegt."

8.2   § 6a Bundesdatenschutzgesetz - Automatisierte Einzelentscheidung
Diese Richtlinie wurde in § 6a Bundesdatenschutzgesetz umgesetzt:
Zitat
"(1) Entscheidungen, die für den Betroffenen eine rechtliche Folge nach sich ziehen oder ihn erheblich beeinträchtigen, dürfen nicht ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gestützt werden, die der Bewertung einzelner Persönlichkeitsmerkmale dienen. Eine ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung gestützte Entscheidung liegt insbesondere dann vor, wenn keine inhaltliche Bewertung und darauf gestützte Entscheidung durch eine natürliche Person stattgefunden hat.

(2) Dies gilt nicht, wenn

1.    die Entscheidung im Rahmen des Abschlusses oder der Erfüllung eines Vertragsverhältnisses oder eines sonstigen Rechtsverhältnisses ergeht und dem Begehren des Betroffenen stattgegeben wurde oder
2.   die Wahrung der berechtigten Interessen des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen gewährleistet ist und die verantwortliche Stelle dem Betroffenen die Tatsache des Vorliegens einer Entscheidung im Sinne des Absatzes 1 mitteilt sowie auf Verlangen die wesentlichen Gründe dieser Entscheidung mitteilt und erläutert."

Sowohl die EG-Richtlinie, als auch das Bundesdatenschutzgesetz verbieten Entscheidungen, die auf der automatischen Verarbeitung von persönlichen Daten basieren und für den Betroffenen rechtliche Folgen nach sich ziehen.
Ausnahmen davon sind nur möglich, sofern die berechtigten Interessen des Betroffenen durch Maßnahmen gewährleitet sind.
Zu den berechtigten Interessen zählt unter anderen die Löschung der nicht benötigten Daten nach einem festgelegten Zeitraum (§6 Bundesdatenschutzgesetz)

8.3   Datenlöschung
Der 15. Tätigkeitsbericht der Beauftragten für Datenschutz für den Zeitraum 01. April 2018 – 31. März 2019 des rbb stellt auf Seite 74 (Anlage) fest, dass der nicht rechtsfähige Beitragsservice derzeit nicht über die technischen Möglichkeiten verfügt, alte Datensätze zu löschen.
Zitat
„Während es bislang nur ein Löschkonzept für die Historie zum Beitragskonto gibt, soll das neue Löschkonzept auch für die historisierten Datensätze gelten. Die historischen Daten sind zwar im Archiv vorhanden, jedoch ohne Kenntnis einer Beitragsnummer nicht mehr auffindbar. Wegen der auf unterschiedlichste Weise ausgestalteten technischen Abhängigkeiten der Daten untereinander, stellt sich die Erstellung des Löschkonzepts als äußerst komplexes Thema dar. Der ZBS hat angekündigt, dass das Konzept zum Anfang der zweiten Jahreshälfte 2019 vorliegen wird.“

Ob dies inzwischen geschehen ist, vermag ich nicht zu beurteilen. In jedem Fall aber waren die Voraussetzungen zum Erstellungszeitpunkt der angefochtenen Bescheide nicht gegeben. Demnach wurde offenbar die im Rundfunkstaatsvertrag gesetzlich vorgeschriebene Löschung von Daten aus den Meldedatenabgleichen zumindest bis zum 31. März 2019 nicht vorgenommen.

Dies hat weitreichende Konsequenzen. Nach allen vorliegenden Informationen wurden im Zuge des Meldedatenabgleichs die persönlichen Daten von  Millionen Bundesbürgern gesammelt, aber entgegen der gesetzlichen Bestimmungen nur zum Teil wieder gelöscht.
Damit verfügt der Beitragsservice höchstwahrscheinlich über die bundesweit umfassendste Datensammlung aller Bürger und Ihrer Betriebsstätten – einzig und allein mit der Begründung, Rundfunkbeiträge einzutreiben zu können. 

9   Bargeldzahlung der Rundfunkbeiträge
Im Schreiben vom 10.01.2020 der Anwaltskanzlei XYZ wird erklärt, dass von meiner Seite bisher keine Zahlungen eingingen.
Dies ist nicht korrekt.
Meine Klage VG 27 K 468.16 wurde mit Urteil vom 19.Juli 2019 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide wurden damit rechtskräftig. Zudem wurden dem Beklagten zu ersetzende 20,00€ per Beschluss festgesetzt.

Da ich ein Verfechter der Barzahlung bin und vermeiden möchte, dass die Rundfunkanstalten über meine Kontodaten verfügen (vermutlich ein naiver Gedanke), hatte ich daher angeboten, besagte 20€ in bar zu bezahlen. Um einer Zwangsvollstreckung zu entgehen, hatte ich zudem vor, die Rundfunkbeiträge, welche in den angefochtenen Bescheiden festgesetzt wurden, ebenfalls in bar zu begleichen. Zugegebenermaßen bestand diese Bereitschaft nur widerwillig, da ich eine staatliche Zwangsabgabe dieser Art nach wie vor für unrechtmäßig erachte, aber sie bestand nichtsdestotrotz. 

Während Ersteres an der Hauptkasse des rbb in der Masurenallee 8-13, 14057 Berlin ohne größere Probleme möglich war, wurde mein Zahlungsersuchen der Rundfunkbeiträge abgelehnt.

9.1   §14 Abs. 1 Satz 2 BBankG
Zitat
„Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel“

Im Anhang des Ablehnungsbescheides vom 19.11.2019 wird darauf hingewiesen, dass ich aus §14 Abs. 1 Satz 2 BBankG kein Recht auf Barzahlung ableiten könnte.
Zur Untermauerung wird auf ein veraltetes Gerichtsurteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 13.02.2018 verwiesen.

Allerdings gibt es bereits ein neueres Urteil des höherrangigen Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2019 (BVerwG 6 C 6.18).
Das Verfahren ist zwar derzeit ausgesetzt, da einige Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt wurden und dessen Entscheidung noch aussteht - dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass in Bezug auf deutsches Recht das Urteil recht eindeutig formuliert ist:
Zitat
„Am innerstaatlichen Recht gemessen hat die Revision Erfolg. Hiernach sind die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bescheide rechtswidrig, weil der in der Beitragssatzung des Beklagten geregelte Ausschluss der Möglichkeit, Rundfunkbeiträge mit Euro-Banknoten zu zahlen, gegen die bundesrechtliche Bestimmung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG verstößt, die öffentliche Stellen zur Annahme von Euro-Banknoten bei der Erfüllung hoheitlich auferlegter Geldleistungspflichten verpflichtet.“

„Die in § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG geregelte Verpflichtung zur Annahme von Euro-Banknoten gilt auch und gerade in Bezug auf sog. Massenverfahren wie die Erhebung des Rundfunkbeitrags. Anhaltspunkte dafür, dass die Möglichkeit, den Rundfunkbeitrag bar zu zahlen, die verfassungsrechtlich gebotene Finanzausstattung der Rundfunkanstalten gefährden könnte, sind nicht erkennbar. Dass die mit der Annahme von Bargeld verbundenen Kosten gegebenenfalls den Rundfunkbeitrag erhöhen und damit auch die Beitragspflichtigen belasten, die eine Möglichkeit zur Barzahlung nicht in Anspruch nehmen würden, ist nach innerstaatlicher Rechtslage hinzunehmen.“

Auch wenn das Verfahren derzeit noch ausgesetzt ist, spiegelt der Beschluss die Meinung des Bundesverwaltungsgerichts wider, an welchem sich niederrangige Gerichte orientieren. Es ist daher äußerst zweifelhaft, ob das Hessische Verwaltungsgericht auch heute so entscheiden würde wie 2018.

9.2   Rundfunkbeitragssatzung §10 Abs. 2
Zitat
"(2) Der Beitragsschuldner kann die Rundfunkbeiträge nur bargeldlos mittels folgender Zahlungsformen entrichten:
1. Ermächtigung zum Einzug mittels SEPA-Basislastschrift,
2. Einzelüberweisung,
3. Dauerüberweisung."

Im Schreiben vom 21.01.2020 wurde ich vom VG Berlin darauf aufmerksam gemacht, dass laut Rundfunkbeitragssatzung eine Barzahlung nicht möglich wäre und die Zahlung der Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss nur gestattet wurde, da es sich bei dieser nicht um Rundfunkbeiträge handelte.

Die Rundfunkanstalten legen Ihre Satzung selbst fest. Daher kann ich nicht erkennen, warum diese Selbstbeschränkung auf bargeldlose Zahlungsweisen unter bewusstem Ausschluss des „einzig unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittels“ mein Problem sein soll.

Das Argument der Kosteneinsparung durch den ansonsten hohen Verwaltungsaufwand ist nicht nachvollziehbar, da die Zahlung der vom VG Berlin festgesetzten Kosten ja auch möglich war. Eine weitere Zahlung hätte keinen nennenswerten zusätzlichen Aufwand verursacht (ganz im Gegensatz zu dieser Klage und den zahlreichen vorangegangen Briefwechseln).

Da die Rundfunkbeitragssatzung gegen das Bundesbankgesetz §14 verstößt, sind die Bescheide auch in dieser Hinsicht rechtswidrig.

9.3   Annahmeverzug
Es ist festzustellen:
-   Der rbb verfügt über eine Hauptkasse, über welche Zahlungen abgewickelt werden können.
-   Ich habe die Zahlung ausstehender Rundfunkbeiträge in Bar angeboten.
-   Mein Zahlungsersuchen wurde abgelehnt.

Entsprechend befindet sich der rbb derzeit in Annahmeverzug.

Mein Angebot, die ausstehenden Rundfunkbeiträge, welche in den durch Urteil rechtskräftig gewordenen Bescheiden festgesetzt wurden, in bar zu begleichen, halte ich aufrecht, sofern mir garantiert wird, dass in Anbetracht der nicht satzungskonformen Zahlungsweise, meiner Beitragspflicht damit dennoch genüge getan ist.
Eine Bareinzahlung über ein Bankinstitut auf eigenes Risiko und/oder eigene Kosten lehne ich jedoch ab.

10  Fazit der Klagebegründung
Es ist klar erkennbar, dass der Landesgesetzgeber mit der Einführung des §10a im 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrags erst jetzt die Voraussetzungen für einen vollständig automatisierten Erlass von Bescheiden zu schaffen gedenkt.
Allen bis zu dem Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes am 01.06.2020 vollautomatisch erstellten Bescheiden mangelt es somit aufgrund fehlender Rechtsvorschrift an der gesetzlichen Grundlage.
Außerdem werden sowohl EG-Datenschutzrichtlinien, als auch das Bundesdatenschutzgesetz verletzt.

Unabhängig davon sind die Bescheide aber auch deswegen rechtswidrig, weil die Beitragssatzung des rbb gegen § 14 Abs. 1 Satz 2 BbankG verstößt.

Entsprechend sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

11   Schlussbemerkung
Dies ist nun meine zweite Klage gegen den Rundfunk Berlin-Brandenburg. Leider bezweifele ich, dass es die letzte sein wird, auch wenn ich diese komplette Prozedur als äußerst müßig erachte und auch die Arbeit, welche ich mit meinen Klagen den Gerichten verursache, als wenig zielführend empfinde.
Leider ist mir keine andere legale Möglichkeit bekannt, mich gegen das Verhalten der Rundfunkanstalten zu Wehr zu setzen. Immerhin habe ich hierdurch eine Menge Dinge über den deutschen Rechtsstaat gelernt, die ich zuvor nicht für möglich gehalten hätte.
   
Es ist auch für juristische Laien offensichtlich, dass die Rundfunkanstalten auf zahlreichen Ebenen gegen Gesetze verstoßen. Mit Einführung des Rundfunkbeitrags 2013 wurde schlicht versäumt, die Rechtsgrundlagen entsprechend anzupassen und nun ist es zu spät diese Anpassungen nachzuholen ohne dabei dieses Versäumnis einzugestehen.
Die finanziellen Interessen eines solch gigantischen Apparates, wie ihn die Rundfunkanstalten mittlerweile darstellen, wiegen zu schwer, als dass man hier anders handeln könnte. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum nahezu alle deutschen Gerichte in Ihren Urteilen den Rundfunkanstalten wieder und wieder Freifahrtsscheine für rechtswidriges Handeln ausstellen und dies mit geradezu haarsträubenden Begründungen rechtfertigen.

Die grundsätzliche Problematik einer staatlichen Zwangsmitgliedschaft geknüpft alleine an das Grundrecht zu wohnen, um damit den teuersten Rundfunkapparat der Welt zu finanzieren, ist nur schwer vermittelbar. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht dieses Konstrukt trotz ganz offensichtlicher Mängel und Eingriffe in die Grundrechte durchgewunken hat, waren die Argumente nur wenig überzeugend. Aufgrund der rechtlichen Aussichtslosigkeit habe ich in meiner Klagebegründung darauf verzichtet, diese Grundrechtsverstöße aufs Neue zu thematisieren – vorhanden sind sie aber nach wie vor. Es geht mir hierbei nicht darum, 17,50€ im Monat zu sparen, sondern um einen nicht akzeptablen staatlichen Eingriff in die persönliche Freiheit und gegen den Willen von Millionen von Bürgern.

Bei meiner letzten Klage war das VG Berlin an Entscheidungen höherer Gerichte gebunden, da einige der Argumente dort bereits zu Gunsten der Rundfunkanstalten beurteilt worden waren.
Bei meiner aktuellen Klage ist dies meines Wissens nicht der Fall. Eine Entscheidung bzgl. der gängigen Praxis, Verwaltungsakte vollständig automatisch ohne Rechtsvorschrift zu erlassen, konnte ich von keinem höheren deutschen Gericht finden. Für die Thematik der Barzahlung gibt es sogar ein aktuelles Urteil eines höheren deutschen Gerichts zu Gunsten des Klägers.
Daher habe ich diesmal auch ein wenig Hoffnung auf ein faires Verfahren.

Sollte der angefochtene Festsetzungsbescheid vom VG Berlin aufgehoben werden, werde ich den dort festgesetzten Betrag an verschiedene wohltätige Organisationen spenden.   

12   Hinweise an das Gericht
Da die Klärung der Rechtslage durch den Europäischen Gerichtshof in der Frage der Bargeld-Annahmepflicht noch aussteht, bitte ich das Gericht zu prüfen, ob es sinnvoll wäre, dieses Verfahren evtl. in Anwendung des §94 VwGO ruhen zu lassen, bis ein Urteil vorliegt.

Ich möchte als juristischer Laie darauf hinweisen, dass ich in meiner Klage versucht habe, allen Anforderungen formell und inhaltlich gerecht zu werden. Ich bitte das Gericht mich auf mögliche formale Fehler hinzuweisen und es mir zu ermöglichen zu evtl. Unklarheiten innerhalb einer hinreichenden Frist Stellung zu beziehen.

Ich behalte mir weiteren Sachvortrag, sowie etwaige Berichtigungen meiner bisherigen Gründe ausdrücklich vor.

Außerdem möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich mit dieser Klage keinen Feststellungsantrag stelle. Auch möchte ich aus meiner Klageschrift keinen Feststellungsantrag abgeleitet haben.

Aufgrund der Komplexität des Sachverhaltes und der nicht abschließend geklärten Rechtslage bitte ich um eine Entscheidung durch die gesamte Kammer.

Mein Einverständnis zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung gebe ich ausdrücklich nicht.


Mit freundlichen Grüßen


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Update der Klagebegründung:
- Kleine Ergänzungen zu Punkt 5 Ermessen und Beurteilungsspielraum
- Deutliche Ausweitung der Punkte Datenschutz (jetzt Punkt 7) und Zwangsvollstreckung (jetzt Punkt 8 ) basierend auf den Argumenten aus Olaf Kretschmanns letztem offenen Brief (https://rundfunkbeitrag.blogspot.com/2020/02/fandungsabwehr-antrag-aussetzung-des.html) und dem "Evaluierungsbericht der Länder gem. § 14 Abs. 9a RBStV" (im separaten Thread veröffentlicht: https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33314.0.html).
- Überarbeitetes Fazit

Zitat
5   Ermessen und Beurteilungsspielraum
Neben einer Rechtsvorschrift kann nach §35a VwVfG ein Verwaltungsakt nur dann vollständig automatisiert erlassen werden, sofern „weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht“.
Im Zuge des Meldedatenabgleichs (siehe auch Punkt 7.1) gleichen die Rundfunkanstalten und der Beitragsservice Ihre Bestandsdaten mit den Daten der Einwohnermeldeämter zu allen volljährigen Bürgern ab (§ 14 Abs. 9a Rundfunkbeitragsstaatsvertrag).
Auf der Website des Beitragsservice (www.rundfunkbeitrag.de) steht dazu:
Zitat
„Die von den Meldeämtern übermittelten Daten lassen keinen Rückschluss auf eine konkrete Wohnsituation zu. So können beispielsweise in einem Haus auch mehrere Wohnungen sein. Es ist für den Beitragsservice nicht erkennbar, wer zusammen in einer Wohnung lebt.“
Der Rundfunkbeitrag wird pro Wohnung (nicht aber zwangsläufig für eine Zweitwohnung) erhoben. Zur Zahlung verpflichtet ist der Inhaber der Wohnung. Leben aber mehrere gleichberechtigte Personen beispielsweise in einer Wohngemeinschaft, ist nicht automatisch klar, welcher der Bewohner den Rundfunkbeitrag zahlen muss.

Laut dem Evaluierungsbericht der Länder gem. § 14 Abs. 9a RBStV (Anlage) Punkt 2 Abs. 3 erfolgt nach erfolglosen Anschreiben wegen klärungsbedürftiger Sachverhalte bei „ausbleibender bzw. nicht verwertbarer Rückmeldung“ die automatische Anmeldung.
Die Methode, nach welcher die zahlungspflichtige Person bestimmt wird, ist dem Kläger nicht bekannt, da der rbb hierzu keine Aussagen macht.
Offenbar erfolgt die Anmeldung aber auch ohne Klärung und ohne verwertbare Rückmeldung – also ohne die benötigten Informationen.
In diesen Fällen entsteht also zwangsläufig ein Beurteilungsspielraum, welcher ohne menschliches Eingreifen von einer Datenverarbeitungsanlage ausgeschöpft wird.

Auch ist festzustellen, dass die Bescheide in unregelmäßigen Abständen erlassen werden, so dass durch akkumulierte Säumniszuschläge Diskrepanzen bei Forderungen gegenüber zahlungssäumigen Kunden entstehen, und zwar auch dann, wenn die Umstände identisch sind. Daraus lässt sich schließen, dass es auch hier einen Beurteilungsspielraum geben muss und der Zeitpunkt des Bescheiderlasses im Ermessen der Rundfunkanstalt liegt.

Dazu aus dem Fachaufsatz von Prof. Dr. Mario Martini und David Nink, Speyer
„Subsumtionsautomaten Ante Portas? Zu den Grenzen der Automatisierung in Verwaltungsrechtlichen (Rechtsbehelfs-)Verfahren (DVBl 2018, S. 1128 – 1138 - Anlage)

Zitat
Fehlerfolgen – § 35a VwVfG als Verfahrensnorm:

„Automatisiert die Verwaltung demgegenüber unter Missachtung des § 35a VwVfG Ermessensentscheidungen, ist der Verwaltungsakt nicht nur regelmäßig aufhebbar. Er kann im Einzelfall auch an einem besonders schweren und für Außenstehende offensichtlichen Fehler leiden, der seine Nichtigkeit auslöst.“
Damit fehlt neben der Rechtsvorschrift auch die zweite Voraussetzung zur vollautomatischen Erstellung von Verwaltungsakten nach §35a VwVfG. Die angefochtenen Bescheide sind dadurch nicht nur rechtswidrig, sondern auch nichtig und entsprechend aufzuheben.

Zitat
7   Verstöße gegen Datenschutzrecht
Vollautomatisch erlassene Festsetzungsbescheide, sowie das Verfahren der Datenerhebung durch die Rundfunkanstalten verstoßen gegen altes und neues Datenschutzrecht auf EU- und Bundesebene.

7.1 Meldedatenabgleich
Laut Evaluierungsbericht der Länder gem. § 14 Abs. 9a RBStV (Anlage, siehe auch Punkt 8.3) wurden im Zuge des zweiten Meldedatenabgleichs die persönlichen Daten von rund 72,9 Millionen Bundesbürgern gesammelt. Der Bericht enthält auch die Bewertung der DSK in Bezug auf den Meldedatenabgleich:

Zitat
„Die DSK hat bereits im Jahr 2013 datenschutzrechtliche Bedenken gegen das Instrument eines Meldedatenabgleichs erhoben. (vgl. Entschließung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) vom 11. Oktober 2010). Die damals vorgetragenen Bedenken wurden auch im Rahmen des aktuellen Evaluierungsverfahrens geäußert und gelten fort:
Bei einem vollständigen Meldedatenabgleich würden in großem Umfang personenbezogene Daten von Betroffenen, die überhaupt nicht beitragspflichtig sind, weil sie entweder in einer Wohnung leben, für die bereits durch andere Personen Beiträge gezahlt werden oder weil sie von der Beitragspflicht befreit sind, an die Rundfunkanstalten übermittelt und von diesen verarbeitet. Zudem würden auch Daten von all denjenigen Einwohnerinnen und Einwohnern erhoben und verarbeitet, die sich bereits bei der Landesrundfunkanstalt angemeldet haben und regelmäßig ihre Beiträge zahlen. Zudem betreffe der Meldedatenabgleich mehr personenbezogene Daten, als die Beitragszahlerinnen und -zahler bei der Anmeldung mitteilen müssen, z.B. Doktorgrad und Familienstand (vgl. § 8 Abs. 4 RBStV). Die Übermittlung dieser Daten ist nach Auffassung der DSK nicht zur Beitragserhebung notwendig.“

Damit verfügt der Beitragsservice höchstwahrscheinlich über die bundesweit umfassendste Datensammlung personenbezogener Daten nahezu aller Bürger und ggf. ihrer Betriebsstätten – einzig und allein mit der Begründung, Rundfunkbeiträge eintreiben zu können. Weder Polizei noch beliebige andere deutsche Ämter verfügen (zum Glück) über vergleichbare zentral gespeicherte Datenbestände.

Es ist mit dem Prinzip der Datensparsamkeit nicht zu vereinbaren, dass Daten von über 70 Millionen Volljährigen von den Meldebehörden übermittelt und den Landesrundfunkanstalten zur Verarbeitung überlassen werden.  Der Bürger hat zudem keine Möglichkeit sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung auszuüben, denn er wird weder über den Abgleich informiert noch hat er ein Recht zu widersprechen.

In Anbetracht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.04.2006 – Az.: 1 BvR 518/02 eine Rasterfahndung zur Strafverfolgung nur bei „konkreter Gefahr“ für hochrangige Rechtsgüter zu erlauben, bleibt es völlig unverständlich, dass eine Rasterfahndung zur Verfolgung von Beitragsschuldnern offenbar nicht ausgeschlossen ist.

7.2   § 6a Bundesdatenschutzgesetz - Automatisierte Einzelentscheidung (alte Fassung)
Der angefochtene Festsetzungsbescheid wurde am 04.05.2018 erstellt. Da die DSGVO aber erst am 25.05.2018 in Kraft getreten ist, dürften in diesem Fall noch die alte Richtlinie 95/46/EG und das Bundesdatenschutzgesetz in der alten Fassung zuletzt geändert am 30.10.2017 anzuwenden sein.

Basierend auf der „Richtlinie 95/46/EG Artikel 15 - Automatisierte Einzelentscheidungen“ galt laut §6a BDSG:

Zitat
„(1) Entscheidungen, die für den Betroffenen eine rechtliche Folge nach sich ziehen oder ihn erheblich beeinträchtigen, dürfen nicht ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gestützt werden, die der Bewertung einzelner Persönlichkeitsmerkmale dienen. Eine ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung gestützte Entscheidung liegt insbesondere dann vor, wenn keine inhaltliche Bewertung und darauf gestützte Entscheidung durch eine natürliche Person stattgefunden hat.

(2) Dies gilt nicht, wenn

1.    die Entscheidung im Rahmen des Abschlusses oder der Erfüllung eines Vertragsverhältnisses oder eines sonstigen Rechtsverhältnisses ergeht und dem Begehren des Betroffenen stattgegeben wurde oder
2.   die Wahrung der berechtigten Interessen des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen gewährleistet ist und die verantwortliche Stelle dem Betroffenen die Tatsache des Vorliegens einer Entscheidung im Sinne des Absatzes 1 mitteilt sowie auf Verlangen die wesentlichen Gründe dieser Entscheidung mitteilt und erläutert.“
Sowohl die EG-Richtlinie, als auch das Bundesdatenschutzgesetz verboten Entscheidungen, die auf der automatischen Verarbeitung von persönlichen Daten basierten und für den Betroffenen rechtliche Folgen nach sich zogen.
Ausnahmen davon waren nur möglich, sofern die berechtigten Interessen des Betroffenen durch Maßnahmen gewährleistet worden sind.
Zu den berechtigten Interessen zählten unter anderen die Löschung der nicht benötigten Daten nach einem festgelegten Zeitraum (§6 Bundesdatenschutzgesetz a.F.).

7.3   Datenlöschung
§ 6 BDSG a.F. - Rechte des Betroffenen
Zitat
„(1) Die Rechte des Betroffenen auf Auskunft (§§ 19, 34) und auf Berichtigung, Löschung oder Sperrung (§§ 20, 35) können nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.“

Der 15. Tätigkeitsbericht der Beauftragten für Datenschutz für den Zeitraum 01. April 2018 – 31. März 2019 des rbb stellt auf Seite 74 (Anlage) fest, dass der nicht rechtsfähige Beitragsservice derzeit nicht über die technischen Möglichkeiten verfügt, alte Datensätze zu löschen.
Zitat
„Während es bislang nur ein Löschkonzept für die Historie zum Beitragskonto gibt, soll das neue Löschkonzept auch für die historisierten Datensätze gelten. Die historischen Daten sind zwar im Archiv vorhanden, jedoch ohne Kenntnis einer Beitragsnummer nicht mehr auffindbar. Wegen der auf unterschiedlichste Weise ausgestalteten technischen Abhängigkeiten der Daten untereinander, stellt sich die Erstellung des Löschkonzepts als äußerst komplexes Thema dar. Der ZBS hat angekündigt, dass das Konzept zum Anfang der zweiten Jahreshälfte 2019 vorliegen wird.“
Ob dies inzwischen geschehen ist, vermag ich nicht zu beurteilen. In jedem Fall aber waren die Voraussetzungen zum Erstellungszeitpunkt der angefochtenen Bescheide nicht gegeben. Demnach wurde offenbar die im Rundfunkstaatsvertrag gesetzlich vorgeschriebene Löschung von Daten aus den Meldedatenabgleichen zumindest bis zum 31. März 2019 nicht vorgenommen.
Zitat
8   Vollautomatische Zwangsvollstreckung
Der Feststellungsbescheid vom 04.05.2018 besagt:
Zitat
„Dieser Bescheid ist ein vollstreckbarer Titel. Damit ist einer der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung gegeben“

Der kleinen Anfrage des Abgeordneten Stefan Räpple (Drucksache 16 / 7026 – Anlage) und der Antwort des Staatsministeriums Baden-Württemberg
ist zu entnehmen:
Zitat
„Frage: Werden Vollstreckungsersuchen des Südwestrundfunks vollständig automatisiert erlassen?
Antwort: Der Südwestrundfunk hat mitgeteilt, dass alle Vollstreckungsersuchen des Südwestrundfunks vollständig automatisiert erlassen werden. Auch hier gilt die Begründung, dass möglichst ressourcenschonend gearbeitet werden soll.“
Auch diese Aussage lässt sich vollständig auf den rbb übertragen.
Es werde also nicht nur Verwaltungsakte ohne Rechtsgrundlage millionenfach vollautomatisch erstellt; eine auf dieser Basis eingeleitete Zwangsvollstreckung – vollständig ohne menschliches Mitwirken – ist ebenfalls gängige Praxis.


8.1   Amtshilfe durch Berliner Finanzämter
Da die Rundfunkanstalten nicht über eigene Verwaltungskapazitäten für Vollstreckungsmaßnahmen verfügen, werden Ersuchen um Vollstreckungshilfe gemäß Rundfunkstaatsvertrag §10 Abs. 6 im Fall des rbb an die Berliner Finanzämter gerichtet.
Die Finanzämter prüfen die vollautomatisch erstellten Vollstreckungsersuchen jedoch nicht, sondern leiten direkt die Zwangsvollstreckung ein.
Bei der Datenerhebung aufgetretene Fehler werden hierbei nicht erkannt, weswegen sie die Vollstreckung auch nicht verhindern.

Im Jahre 2018 lag die Anzahl der Vollstreckungsersuchen der Rundfunkanstalten laut Jahresbericht bei 1,21 Millionen!
 
8.2   Subventionierung von Vollstreckungen
Laut einer kleinen Anfrage der Fraktion der FDP vom 28. Juni 2017 (Anlage) an den Senat der Stadtgemeinde Bremens (Drucksache 19/547 S) wird den Vollstreckungsbehörden seit 01. Januar 2018 für jede Vollstreckung 28,50€ von den Rundfunkanstalten erstattet. Davor waren es in der Praxis im Schnitt lediglich 12,27€. Die tatsächliche durchschnittliche Kostenbelastung lag allerdings bei 54,50€ pro Fall.
Die Kosten, welche also von der Stadtgemeinde Bremen zu tragen waren, beliefen sich bis Ende 2017 auf 42,23€ und danach immer noch auf ca. 26€ pro Fall.

Für Berlin liegen mir derzeit keine Zahlen vor, es ist aber davon auszugehen, dass auch hier die tatsächlichen Kosten der Vollstreckung deutlich über der vom rbb erstatteten Pauschale liegen.
Demnach subventioniert das Bundesland Berlin die Vollstreckungsersuchen des rbb (im Jahr 2016 waren es 67.342) aus dem Berliner Haushalt – also durch den Steuerzahler.


8.3 Evaluierungsbericht der Länder gem. § 14 Abs. 9a RBStV (Anlage)
Dem Evaluierungsbericht der Länder gem. § 14 Abs. 9a RBStV kann man auf Seite 7 entnehmen:
Zitat
„3. Ergebnisse aus den Klärungen:

Bisher (Stand 28. Februar 2019) wurden
- rund 906 Tsd. Anmeldungen vorgenommen,
- davon bereits 222 Tsd. wieder zurückgenommen, 
- rund. 40 Tsd. Personen von der Beitragspflicht befreit oder diese ermäßigt.
Insgesamt sind damit rd. 644 Tsd. beitragspflichtige Wohnungen neu im Bestand.
Unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte des Beitragsservice aus dem letzten Meldedatenabgleich (2013/2014) sowie den bisherigen Erkenntnissen aus dem Meldedatenabgleich 2018 ist laut Zulieferung der Landesrundfunkanstalten damit zu rechnen, dass ca. 55 % der Anmeldungen wieder abgemeldet werden müssen. Aus den Zwischenergebnissen des Meldedatenabgleichs 2018 würden somit rechnerisch rund 408 Tsd. Anmeldungen resultieren, die im Datenbestand des Beitragsservice verbleiben.“

8.4   Subventionierung von Falsch-Vollstreckungen
Es ist stark davon auszugehen, dass es bei einer Fehlerquote von ca. 55% bei der automatischen Anmeldung auch zu Folgefehlern bei der vollautomatischen Vollstreckung kommt, welche den Vollstreckungsbehörden hohe Kosten verursachen.

Für die Subventionierung von Behördenfehlern dürfte es keine legale Rechtsgrundlage im Bundes- oder Landesrecht geben. Ausgaben aus dem Landeshaushalt dürfen nur für Zwecke erfolgen, die eine verfassungsrechtliche Rechtsgrundlage haben.

Es ist also festzustellen, dass die Rundfunkanstalten nicht nur eine enorme Menge von jährlich über einer Million Vollstreckungsersuchen an die kommunalen Vollstreckungsbehörden richten. Ein nicht unerheblicher Teil davon ist auch noch ungerechtfertigt aufgrund von Fehlern bei der automatisierten Datenerhebung. Die dadurch entstandenen Kosten, werden in großem Umfang aus Steuermitteln gedeckt.
Dies stellt einen großen volkswirtschaftlichen Schaden zu Lasten der öffentlichen Abgaben dar und gefährdet das Vertrauen in den Rechtsstaat in erheblichem Maße. Warum die Vollstreckungsbehörden diesen Ersuchen in aller Regel dennoch nachkommen, ist mir unverständlich.   
Zitat
10   Fazit der Klagebegründung
Alle vollständig automatisch erstellten Bescheide verstoßen derzeit gegen §35a VwVfG, da es an der zwingend benötigten Rechtsvorschrift mangelt und es zudem ein Ermessen und Beurteilungsspielraum gibt.
§10 Abs. 5 RBStV ist als Regelung nicht ausreichend.
Es ist klar erkennbar, dass der Landesgesetzgeber mit der Einführung des §10a im 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrags erst jetzt die Voraussetzungen für einen vollständig automatisierten Erlass von Bescheiden zu schaffen gedenkt.
Die angefochtenen Bescheide sind daher sowohl rechtswidrig, als auch nichtig.

Des Weiteren wurden und werden mit dem bereits automatisierten Meldedatenabgleich, der daraus folgenden automatischen Anmeldung und der ebenfalls vollautomatischen Erstellung der Bescheide sowohl EG/EU-Datenschutzrichtlinien, als auch das Bundesdatenschutzgesetz verletzt, insbesondere auch deswegen, weil die Rundfunkanstalten und der Beitragsservice Ihrer gesetzlichen Verpflichtung der Datenlöschung nicht nachkommen.

Die automatische und oftmals fehlerhafte Praxis der Zwangsvollstreckung verursacht zudem enorme Kosten zu Lasten der öffentlichen Abgaben. Der staatlichen Subventionierung aus Steuergeldern von fehlerhaften Vollstreckungsersuchen fehlt jede Rechtsgrundlage.

Unabhängig davon sind die angefochtenen Bescheide aber auch deswegen rechtswidrig, weil die Beitragssatzung des rbb gegen § 14 Abs. 1 Satz 2 BbankG verstößt.

Entsprechend sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben.


Edit "Bürger" @alle vorsorglich nochmals obiger Hinweis:
Bitte thematische Einzelaspekte wie "Ausnahme aus VwVfG", "vollautomatisierter Erlass", "Ermessen/Beurteilungsspielraum" usw. immer thematisch eigenständig in bereits vorhandenen, oder - falls nicht vorhanden - in gut aufbereiteten eigenständigen Threads mit aussagekräftigem Thread-Betreff vertiefen - jedenfalls nicht hier im Thread als nicht auffindbares Sammelsurium unter einem beliebigen Thread-Betreff.
Die Ergebnisse der Einzeldiskussionen können dann hier im finalen Klagetext zusammengefasst werden.
Es können Anregungen und Querverweise gegeben werden - bitte aber keine Vertiefung einzelner Themen hier im Thread.
Weitere mögliche Anregung für aktuelle Klagebegründung in Berlin siehe ggf. auch unter
Vollstr. in Berlin stoppen, bis RBB Voraussetz. f. Eigentitulierung erfüllt?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33276.0.html
Thread vorerst wieder geöffnet - unter Vorbehalt der Schließung bei Nichtbeachtung vorgenannter Hinweise.
Danke für allerseitiges Verständnis und die Berücksichtigung.


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Mal ne andere Frage: Ist es eigentlich besser, alles was man hat an Anlagen dazuzupacken oder das Ganze eher auf die nötigsten Sachen zu beschränken? R will das Gericht nicht mit Unmengen an Akten nerven, gleichzeitig aber auch sichergehen, dass es am Ende nicht heißt, man hätte die nötigen Beweise nicht erbracht (R geht davon aus, dass diese Frage keinen eigenen Thread verdient).

Die Liste der Anlagen sieht derzeit so aus:
-   Screenshot des Internetauftritts der Rechtsanwälte
-   kleinen Anfrage des Abgeordneten Stefan Räpple (Drucksache 16 / 7026)
-   Widerspruchsbescheid des Süd-West Rundfunks
-   Widerspruchsbescheid des rbb
-   Evaluierungsbericht der Länder gem. § 14 Abs. 9a RBStV
-   Fachaufsatz von Prof. Dr. Mario Martini und David Nink, Speyer
-   Ablehnungsbescheid des rbb vom 19.11.2019
-   Der 15. Tätigkeitsbericht der Beauftragten für Datenschutz für den Zeitraum 01. April 2018 – 31. März 2019 des rbb
-   kleine Anfrage der Fraktion der FDP vom 28. Juni 2017 an den Senat der Stadtgemeinde Bremens (Drucksache 19/547 S)


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Wenn der Kläger will, dass der Richter es zumindest lesen soll, dann alle "Anlagen" also die Inhalte, auf welche der Kläger wert legt, in den Klagetext einarbeiten, also vor die Unterschrift.


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Folgende fiktive Stellungnahme als Antwort auf obige Klagebegründung könnte heute morgen im Briefkasten gelegen haben.
Besonders viel Mühe haben sich die vermutlich gut bezahlten Anwälte nicht gegeben.

Zu den einzelnen Punkten:

Zitat
1. Soweit der Kläger die Rechtmäßigkeit der Festsetzungsbescheide bestreitet, steht seine Rechtsauffassung gegen die hier vorliegende Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte. Insbesondere ist seitens der Verwaltungsgerichtbarkeit hinreichend geklärt, dass die Bescheide sowohl maschinell als auch vollautomatisch erstellt werden dürfen. Insofern bedarf es keiner weiteren Erörterung.
Hinreichend geklärt dürfte lediglich die fehlende Unterschrift bei maschineller Erstellung gemäß §37 VwVfG sein. Anders sieht es aus bei vollautomatischen Bescheiden gemäß §35a VwVfG.
Dass diese überhaupt (ohne Rechtsvorschrift) vollautomatisch erstellt werden und wurden, ist ja erst völlig klar, seitdem geplant ist, die fehlende Rechtsvorschrift nun im 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag einzuführen.

Zitat
2. Soweit sich der Kläger auf datenschutzrechtliche Belange stützt, ist auch hier auf die entsprechende Rechtsprechung zu verweisen. Soweit der Kläger auf einen Löschungsanspruch abstellt, sei darauf verwiesen, dass eine Speicherung von Daten grundsätzlich so lange möglich ist, solange ein berechtiges Interesse an der Speicherung der Daten besteht. Da dies im Rahmen der Geltendmachung von Rundfunkbeiträgen zu bejahen ist, besteht hinsichtlich der Daten des Klägers kein Löschungsanspruch.
Das Argument in der Klagebegründung bezog sich auf technische Mängel, welche die Löschung von historischen Daten zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung unmöglich machten. Es ist davon auszugehen, dass historische Daten für die Geltendmachung von Rundfunkbeiträgen nicht nötig sind. Ob für Person R diese Daten konkret vorliegen, ist aber nicht bekannt, da auch eine automatisierte Auskunft darüber nicht möglich ist. Ein Antrag auf manuelle Überprüfung, ob solche Daten vorliegen, wurde gestellt.
Darüberhinaus werden beim Meldedatenabgleich auch Daten wie Doktorgrad und Familienstand übermittelt. Auch diese sind für die Eintreibung von Rundfunkbeiträgen unnötig. Daher besteht auch kein berechtigtes Interesse.

Zitat
3. Soweit der Kläger auf eine vollautomatische Zwangsvollstreckung abstellt, ist dies nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens. Die Verwaltungsvollstrekcung wird vorliegend durch das Finanzamt durchgeführt und ist insofern mit der Situation des Südwestrundfunk, wie vom Kläger vorgetragen, nicht zu vergleichen.
Der Kläger sei jedoch darauf hingewiesen, dass im Rahmen einer Vollstreckung durch die Behörden - wie auch durch Gerichtsvollzieher - grundsätzlich nur die Aussetzungen der Vollstreckung, nicht jedoch der Inhalt geprüft wird. So er Beanstandungen im Vollstreckungsverfahren sieht, ist er gehalten, sich hier entsprechende Rechtshilfe durch Erinnerung oder Vollstreckungsabwehrklagen beizuholen. Die liegt nicht in der Sphäre des Beklagten.
Dies betrifft auch die damit verbundenen Kosten.
Das Beispiel des Südwestrundfunks diente nur stellvertretend für alle Rundfunkanstalten, da nur hier eine offizielle Aussage zu der vollautomatischen Einleitung aller Vollstreckungsersuchen vorlag. Die Prozedur dürfte überall die gleiche sein (Hat jemand evtl. dafür entsprechende Belege?)
Korrekt ist, dass Vollstreckung eigentlich kein Thema der Klage ist. Person R wollte das Gericht jedoch auf diese Praxis aufmerksam machen. Außerdem ist nicht unwahrscheinlich, dass noch während des Verfahrens eine Zwangsvollstreckung eingeleitet wird.

Zitat
4. Soweit der Kläger auf eine fehlerhafte Subventionierung von Falschvollstreckungen abstellt, würde es sich hierbei im einen im Wege der Amtshaftung zu klärenden Anspruch handeln, der ebenfalls nicht von der Klage des Klägers gedeckt ist, so dass es hierzu keines weiteren Vortrags bedarf.
Hier dürfte der Anwalt wohl richtig liegen. Subventionierung von Falschvollstreckungen ist zwar ein enormer Missstand, hat aber nicht wirklich was mit dem angefochtenen Festsetzungsbescheid zu tun. Es ist allerdings eine Konsequenz aus der Vollautomatisierung und daher womöglich dennoch relevant. Es stellt sich die Frage, ob es sinnvoll  ist, solche Dinge im Verfahren zu erwähnen oder stellt man sich damit nur selbst ein Bein? Person R denkt sich, dass auch ein Richter am Verwaltungsgericht eine solche Vorgehensweise nicht einfach gutheißen kann, auch wenn es mit der eigentlichen Klage nur am Rande was zu tun hat.

Zitat
5. Soweit der Kläger darauf abstellt, dass es ihm möglich sein muss, seinen Rundfunkbeitrag bar zu entrichten, sei auch darauf verwiesen, dass dem Beklagten durchaus die Möglichkeit zusteht ausschließlich auf Banküberweisungen abzustellen und er nicht verpflichtet ist, Barzahlungen entgegenzunehmen. Der diesbezügliche Vortrag hinsichtlich etwaigen Annahmeverzuges wäre auch unsubstantiiert und daher auch schon aus diesen Gründen abzuweisen.
Hmm, hier fehlt ja alles. Kein Argument, keine Begründung, nur eine Behauptung.


Ist es angebracht, auf das Schreiben schnellstmöglich zu reagieren oder sollte Person R lieber erstmal ein paar Wochen verstreichen lassen oder womöglich gar nicht reagieren?


Edit "Bürger":
Anhang entfernt, da für die Diskussion nicht erforderlich und zudem fraglich, ob Veröffentlichung ohne Zustimmung problematisch wäre.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.


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  • ZahlungsVERWEIGERER. GrundrechtsVERTEIDIGER.
    • Protest + Widerstand gegen ARD, ZDF, GEZ, KEF, ÖRR, Rundfunkgebühren, Rundfunkbeitrag, Rundfunkstaatsvertrag:
Besonders viel Mühe haben sich die vermutlich gut bezahlten Anwälte nicht gegeben.
Das wäre - ggf. bei RBB direkt - zu hinterfragen, denn:
a) Über den Gebührensatz hinausgehende Kosten sind nicht erstattungsfähig, d.h. RBB würde bei gesonderter Honorarvereinbarung überbezahlen und die Kosten selbst im Erfolgsfalle nicht von der unterlegenen Partei erstattet erhalten. Das könnte ggf. die Frage einer möglichen Veruntreuung von Beitragsgeldern aufwerfen.
b) Für den Regelsatz wird sich die Kanzlei nicht "ins Zeug legen". Da sie bereits jetzt alle Einwände als quasi unerheblich abbügelt und dem Verfahren quasi Einfachheit attestiert (besonders würde dies durch Zustimmung zur Entscheidung durch den Einzelrichter deutlich werden), würde sich ebenfalls die Frage stellen, weshalb RBB mit eigener Rechtsabteilung und Volljuristen hier in einem Verfahren ohne Vertretungszwang - für den bislang nicht anwaltlich vertretenen Kläger lediglich kostenerhöhend - anwaltlich vertreten lässt, wenn nicht aus reinen "Abschreckungsgründen" - siehe dazu u.a. auch unter
Neue Masche des BR: externe Rechtsanwälte beauftragt
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22911.0.html

Person A könnte solchen oder ähnlichen Fragen vertiefend nachgehen.

Darüberhinaus könnte Person A ggf. ggü. dem Gericht anzeigen, dass sie sich unter diesen Umständen schon zur Wahrung des
Grundsatzes der Waffengleichheit
https://de.wikipedia.org/wiki/Grundsatz_der_Waffengleichheit
veranlasst sieht, sich ebenfalls vertreten zu lassen und sich nunmehr vorerst "auf die Suche nach einem qualifizierten Rechtsbeistand begeben" wird, "welcher dann die Stellungnahme analysieren und alle weiteren Schritte wie u.a. auch Akteneinsicht etc. veranlassen" würde.

Hinweis: Die Suche könnte schwierig werden ;)
Die vmtl. eintreffenden Absagen würde Person A dem Gericht gegenüber regelmäßig dokumentieren und dabei jeweils davon ausgehen, dass das "Gericht die Suche nicht verkürzen und das Verfahren offengehalten wird, bis die Suche erfolgreich abgeschlossen ist"... weitere ansatzweise Hinweise zur Anwaltssuch bzgl. OVG, welche entsprechend auf VG angepasst werden müssten, siehe nochmals weiter oben in hiesigem Thread unter
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31813.msg197176.html#msg197176


Zur Barzahlung könnte Person A auf den - die Ausführungen des RBB gänzlich widerlegenden - einschlägigen Beschluss des BVerwG verweisen
Barzahlung > BVerwG Beschluss 6 C 6.18, 27.03.19 Aussetzung/ EuGH-Vorlage
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31372.0.html
und bis zu dessen abschließender Entscheidung bereits jetzt die Ruhendstellung/ Aussetzung des Verfahrens anregen.


Bitte hier im Thread keine vertiefende inhaltliche Diskussion von Einzelgründen, da diese eigenständig zielgerichteter/ vertiefender behandelt werden können und besser auffindbar sind - siehe bitte Forum-Suche für bereits vorhandene Diskussionen. Im Weiteren siehe u.a. auch unter
Begründung Widerspruch/ Klage nach BVerfG-Urteil vom 18.07.2018?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28123.0.html
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28123.msg204204.html#msg204204
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.


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g
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...
Das könnte ggf. die Frage einer möglichen Veruntreuung von Beitragsgeldern aufwerfen.
...
Person A könnte solchen oder ähnlichen Fragen vertiefend nachgehen.
Es wurde in der Klagebegründung darauf hingewiesen, dass der rbb durch Hinzuziehung einer externen Kanzlei gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.
Bereits im ersten Schreiben 6 Wochen vor Einreichen der Begründung, wurde das Einverständnis der Anwaltskanzlei auf Übertragung auf einen Einzelrichter kundgetan.
Person R wird diesen Punkt noch einmal deutlicher ausarbeiten. Das mit der Veruntreuung von Beitragsgeldern gefällt :D

Zur Barzahlung könnte Person A auf den - die Ausführungen des RBB gänzlich widerlegenden - einschlägigen Beschluss des BVerwG verweisen
Barzahlung > BVerwG Beschluss 6 C 6.18, 27.03.19 Aussetzung/ EuGH-Vorlage
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31372.0.html
und bis zu dessen abschließender Entscheidung bereits jetzt die Ruhendstellung/ Aussetzung des Verfahrens anregen.
Dies wurde bereits in der Klagebegründung getan - siehe weiter oben
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31813.msg203460.html#msg203460
Punkt 9 Bargeldzahlung und Punkt 12 Hinweise an das Gericht.
Daher überrascht die lapidare Antwort ohne jedes Gegenargument.


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Zitat
Während Ersteres an der Hauptkasse des rbb in der Masurenallee 8-13, 14057 Berlin ohne größere Probleme möglich war, wurde mein Zahlungsersuchen der Rundfunkbeiträge abgelehnt.
Um den Vorwurf, der Vortrag sei bezüglich Annahmeverzug unsubstantiiert, zu entkräften, könnte dieser fiktive Fall dahingehend präzisiert werden, dass explizit geschrieben wird, zu welchem Zeitpunkt (Datum und Uhrzeit) das Bargeld angeboten wurde, welche Scheine und Münzen angeboten wurden, ggf. wie die Person hieß oder wie sie aussah, die die Annahme des Bargeldes verweigert hat etc.


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g
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Zitat
Während Ersteres an der Hauptkasse des rbb in der Masurenallee 8-13, 14057 Berlin ohne größere Probleme möglich war, wurde mein Zahlungsersuchen der Rundfunkbeiträge abgelehnt.
Um den Vorwurf, der Vortrag sei bezüglich Annahmeverzug unsubstantiiert, zu entkräften, könnte dieser fiktive Fall dahingehend präzisiert werden, dass explizit geschrieben wird, zu welchem Zeitpunkt (Datum und Uhrzeit) das Bargeld angeboten wurde, welche Scheine und Münzen angeboten wurden, ggf. wie die Person hieß oder wie sie aussah, die die Annahme des Bargeldes verweigert hat etc.
Schon im ersten Schreiben an das Gericht 6 Wochen vor Einreichen der Klagebegründung wurde dies etwas konkreter behandelt. Der entsprechende Beleg der Barzahlung liegt dem Gericht vor. Weitere Informationen (Name der Person, etc. bzw. stichfeste Beweise, dass tatsächlich eine Zahlung der Rundfunkbeiträge angeboten und verweigert wurde, kann Person R leider nicht liefern. Dass dies der Wahrheit entspricht, ist jedoch aus dem Zusammenhang schlüssig.).

Zitat aus dem ersten Schreiben:
Zitat
Anders als dargestellt, ging sehr wohl eine Zahlung ein. Die besagten 20,00€ habe ich 02.01.2020 in bar bei der Hauptkasse des Rundfunk Berlin-Brandenburg in der Masurenallee 8-14, 14057 Berlin entrichtet (Beleg siehe Anlage). Mein Angebot, die Rundfunkbeiträge, welche ich durch die Gerichtsentscheidung des VG Berlin vom 19.07.2019 nun schuldig bin, ebenfalls direkt zu bezahlen, wurde mit den Worten „Das geht hier nicht.“ abgelehnt.
Ich stelle also fest, dass der Rundfunk Berlin-Brandenburg über eine Kasse verfügt, über welche generell auch Zahlungen angenommen werden können, mein Angebot, ausstehende Rundfunkbeiträge zu begleichen, aber dennoch ausgeschlagen wurde. Mit der obigen Aussage wird offenbar versucht, eine Zahlungsunwilligkeit meinerseits vorzutäuschen.


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Grundsätzlich kann man zur Einschaltung externer Anwälte der Rundfunkanstalt bei Verlieren der Klage gegen die Kostenfestsetzung Einspruch einlegen mit dem Argument, daß es sich ja um eine Klage mit geringer Aussicht auf Erfolg gehandelt hätte (Zitat aus dem RBB-Anwaltschreiben) und der Sachverhalt angeblich einfach wäre, weshalb es ja auch auf den Einzelrichter übertragen wurde, deshalb hätte die interne Rechtsabteilung der Rundfunkanstalt die Sache locker selbst in die Hand nehmen können und eine Geltendmachung einer externen Kanzlei rechtsmißbräuchlich wäre.

Ich gehe mal davon aus, daß die Kanzlei einen Pauschalvertrag mit dem RBB abgeschlossen hat, dann verschleiert man die wirklich pro Fall bezahlten Kosten und macht sich auch nicht der Untreue schuldig, da man mit der Kanzlei noch andere Projekte durchführt.

Ich hätte da noch einen Tipp für alle, die noch keine Klage mit dieser Kanzlei am Hals haben:
In irgendeiner Angelegenheit sich von denen beraten lassen, wenn es irgendwann zu einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht kommt, so darf diese Kanzlei den Fall nicht (mehr) übernehmen, weil das Mandantenverrat wäre...


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... weiteren Schritte wie u.a. auch Akteneinsicht etc. veranlassen"...
Wäre für eine fiktive Akteneinsicht ein Anwalt notwendig? Falls nicht, könnte Person R diese ja direkt beantragen. Wäre dieser Antrag direkt beim rbb oder mittels Umweg über das Gericht zu stellen?
Gäbe es hierbei irgendwelche Fallstricke?


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Folgendes fiktives Antwortschreiben auf die Stellungnahme der Gegenseite zur Klagebegründung könnte in den nächsten Tagen rausgehen. Kritik und konkrete Verbesserungsvorschläge erwünscht. Diskussionen bitte nur in den entsprechenden Threads.

Zitat
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich nehme Stellung zum Schriftsatz des Beklagten vom 03.03.2020

In Anbetracht der anwaltlichen Vertretung der Gegenseite, sehe ich mich veranlasst, mich ebenfalls vertreten zu lassen und mich auf die Suche nach einem qualifizierten Rechtsbeistand zu geben.
Ich behalte mir daher vor, ggf. einen berichtigten Sachvortrag nachzureichen.

1. Dem Schreiben zu Folge wäre seitens der Verwaltungsgerichtbarkeit hinreichend geklärt, dass Bescheide sowohl maschinell als auch vollautomatisch erstellt werden dürfen. Dies ist nicht der Fall. Hinreichend geklärt ist lediglich, dass Bescheide gemäß §37 VwVfG mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen werden können und daher keiner Unterschrift bedürfen.
Das stelle ich auch nicht in Frage. Wie in meiner Klagebegründung eigentlich unmissverständlich dargestellt, geht es mir um die Vollautomatisierung von Verwaltungsakten ohne menschliche Eingriffe gemäß §35a VwVfG.
Dass dies vom Rundfunk Berlin Brandenburg überhaupt so praktiziert wird, war bis vor kurzem nicht bekannt und entsprechend auch nicht Gegenstand von Klagen.
Erst der Entwurf des Dreiundzwanzigsten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Drucksache 18/2098 vom 20.08.2019 des Abgeordnetenhauses von Berlin), welcher vorsieht eine Rechtsvorschrift einzufügen, um eben jene derzeit rechtswidrige Vollautomatisierung zukünftig zu legitimieren, brachte dies an die Öffentlichkeit. 
Dass die Vollautomatisierung bereits seit Jahren gängige Praxis ist und nicht erst mit voraussichtlichem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.06.2020 beginnt, wird durch Angaben Rundfunkanstalten selbst bestätigt.


2. Es wird vorgetragen, dass ich keinen Löschungsanspruch meiner personenbezogenen Daten geltend machen könnte, solange ein Berechtigtes Interesse an der Speicherung der Daten bestünde.
Unabhängig davon, dass beim Meldedatenabgleich auch personenbezogene Daten übermittelt und gespeichert werden, welche für die Geltendmachung der Rundfunkbeiträge eben gerade nicht nötig sind (z.B. Familienstand und Doktorgrad), geht es in meiner Klage nicht um benötigte Daten, sondern um historische, welche (mindestens bis zum 31.03.2019, aber vermutlich nach wie vor) zwar nicht mehr benötigt werden, aber aufgrund von technischen Unzulänglichkeiten (siehe 15. Tätigkeitsbericht der Beauftragten für Datenschutz Seite 74) nicht gelöscht werden können. Dies ist ein eklatanter Mangel und erheblicher Verstoß gegen altes und neues Datenschutzrecht. Ob in meinem Fall solche historischen Daten vorliegen, ist mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt, da eine automatische Auskunft über ältere gespeicherten Daten gemäß Art. 15 DSGVO (aus vermutlich ähnlichen technischen Problemen) laut Beitragsservice nicht möglich ist. Ein entsprechender Antrag über eine vollständige (ggf. manuelle) Auskunft der über mich gespeicherten Daten wurde gestellt. Die Antwort steht noch aus.


3. Es wird argumentiert, dass die Praxis der vollautomatischen Zwangsvollstreckung nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens sei. Es ist korrekt, dass für den angefochtenen Bescheid bisher keine Zwangsvollstreckung eingeleitet wurde. Allerdings gibt es auch keine Zusage seitens des rbb, dass für die Dauer des Verfahrens die Vollziehung ausgesetzt werde.
Mein im Widerspruch vom 01.06.2018 gegen den Festsetzungsbescheid vom 04.05.2018 gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß §80 VwGO wurde im Widerspruchsbescheid des rbb vom 11.11.2019 ignoriert.
Daher muss ich jederzeit mit einer Vollstreckung rechnen.

Des Weiteren wird behauptet, die Situation des Südwestrundfunks sei mit der hier vorliegenden nicht zu vergleichen. Das von mir erbrachte Beispiel des Südwestrundfunks ist stellvertretend für alle Rundfunkanstalten, da mir von dort eine offizielle Aussage zur vollautomatischen Einleitung von Vollstreckungsersuchen vorlag. Diese Prozedur dürfte – da alle Ersuchen sämtlicher Rundfunkanstalten zentral vom Beitragsservice in Köln gesteuert werden – überall die gleiche sein. Die Vollstreckung selbst wird sowohl für den Südwestrundfunk, als auch für den rbb von den kommunalen Vollstreckungsbehörden (in Berlin das Finanzamt) durchgeführt. Die Situation ist also sehr wohl vergleichbar.


4. Mein Argument der fehlerhaften Subventionierung von Falschvollstreckungen aus Steuergeldern sei nach Aussage des Beklagten ebenfalls nicht von meiner Klage gedeckt.
Auch wenn für meinen konkreten Fall derzeit keine Zwangsvollstreckung eingeleitet wurde, handelt es sich hierbei um einen erheblichen Missstand, auf welchen ich das Gericht aufmerksam machen wollte. Als direkte Konsequenz aus der rechtswidrigen Kette von vollautomatischen Verwaltungsvorgängen (Direktanmeldung -> Festsetzungsbescheid -> Zwangsvollstreckung) bleibt das Argument für diese Klage relevant.   


5. Es wird darauf verwiesen, dass der Beklagte nicht verpflichtet ist Barzahlungen entgegenzunehmen. Beweise dafür werden nicht angeführt.
Sollte der Beklagte darauf abstellen, dass die Rundfunkbeitragssatzung §10 Abs. 2 dies ermöglicht, weise ich nochmals darauf hin, dass diese im Widerspruch zum höherrangigen Bundesbankgesetz §14 Abs. 1 steht und dies auch die Auffassung des BVerwG darstellt (Beschluss 6 C 6.18, 27.03.19).
Im Übrigen wäre das Schaffen von geltendem Recht durch Satzung verfassungswidrig, da dies der Gewaltenteilung entgegenstünde. Rundfunkanstalten können nicht gleichzeitig Exekutive und Legislative verkörpern.


Ich rege an das Verfahren bis zur abschließenden Entscheidung des BVerwG und der Klärung der Rechtslage durch den Europäischen Gerichtshof in der Frage der Bargeld-Annahmepflicht ruhen zu lassen.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 22. März 2020, 12:59 von guyincognito«

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Zur Frage "Akteneinsicht": Darf der Bürger bei öffentlich-rechtlichen Stellen - auch beim Verwaltungsgericht - kostenlos für seine Akten. Keine Anwaltspflicht. 


Einfach hingehen und Einsicht beantragen.
---------------------------------------------------------------------
(Es ist wie bei Gerichtsbesuch empfehlenswert, aus den Taschen zuvor alle Waffen - Taschenmesser, Corona-Viren usw. - zu entfernen.)
Wer einfach hingeht, hat das Risiko, vertröstet zu werden, aber die ziemliche Gewissheit, dass alles drin ist in der Akte, was er gerne in Vollständigkeit wissen möchte.

Aber in Maßen, liebe Streiter, bleibt fair! Wenn 1000 Bürger im gleichen Monat Akteneinsicht beantragen, kommen die paar vielleicht 7 Personen der Abteilung nicht mehr dazu, Vollstreckungen usw. zu bearbeiten.


Wenn angeboten wird, stattdessen mit einem kostenlosen Ausdruck - Papier oder .pdf -
----------------------------------------------------------
- E-Mail oder CD - bedient zu werden: "Dein Wort sei ja-ja und Amen - es möge geschehen".
Denn das Recht der "Ablichtung" bei Akteneinsicht darf auch mit dem eigenen Fotoapparat ausgeübt werden und wäre also kostenlos.


Bei dieser Gelegenheit darf man den Blick schweifen lassen rundum
----------------------------------------------------------
und genussvoll sagen: "Endlich besichtige ich mal mein Eigentum."
Die überraschten Gesprächspartner kann man dann hinweisen auf Aussage von Dr. Hahn, jahrelang Leiter der NDR-Rechtsabteilung (und der muss es ja wohl wissen): Die Sender gehören den Bürgern, nicht die Bürger den Sendern.

Es tut dem Gegner richtig gut, dass sich das dann als Story im Haus herumspricht. Wer lachen macht, hat halb gewonnen.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 22. März 2020, 15:52 von Bürger«
"Glücklich das Land, das Rechtsstaatsverteidiger hat. Traurig das Land, das sie nötig hat."   (Pedro Rosso)
Deine Worte weht der Wind ins Nirvana des ewigen Vergessens. Willst du die Welt wandeln, so musst du handeln. Um Böses abzuschaffen, Paragrafen sind deine Waffen.

g
  • Beiträge: 125
Einfach hingehen und Einsicht beantragen.
Danke! War R nicht klar, dass es doch so einfach ist.
Da ja nun vermutlich bald Ausgangssperre etc ansteht, wird dies persönlich wohl eher nicht funktionieren. Aber ein schriftlicher Antrag kann ja erstmal nicht schaden.


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S
  • Beiträge: 221
Der Gang zum Verwaltungsgericht Berlin dürfte aktuell vergebens sein.

Siehe: Anordnung der Pandemiestufe 1 sowie Änderung der Anordnung der Pandemiestufe 1

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/

Zitat
Der Publikumsverkehr für das Dienstgebäude Verwaltungsgericht, Kirchstraße 7 wird ab dem 23. März 2020 komplett eingestellt.

Das heißt dann wohl auch man kommt nicht einmal mehr zur Poststelle. Klagen und weitere Schriftsätze also erstmal nur noch per Fax / postalisch einreichen ...


Edit "Bürger" - siehe auch unter
Ausnahmezustand/Epidemie: Gerichte > eingeschränkte Tätigkeit [Übersicht]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33505.0


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 23. März 2020, 02:18 von Bürger«

 
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