Wenn es keinen Kreis der Nichtempfänger gibt dann ist es auch kein Beitrag. Dann wäre es eine Steuer.
§ 2 Absatz 1 Satz 1 RStV lautet:
"Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen."
Dort steht also: "Rundfunk ist die
für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung."
Eine Leistung des Staates ist entweder für einen einzelnen Nutznießer bestimmt (individualnützige Leistung) oder für einen bestimmten Personenkreis als Nutznießer bestimmt (gruppennützige Leistung) oder für die Allgemeinheit als Nutznießer bestimmt (gemeinnützige Leistung).
Im vorliegenden Fall braucht man nicht lange darüber zu diskutieren, für wen die Leistung bestimmt ist, denn dies steht klar und unmissverständlich in § 2 Absatz 1 Satz 1 RStV. Leistungsdestinatär ist die Allgemeinheit. Weil die Allgemeinheit Leistungsdestinatär ist, hat niemand aus dieser Allgemeinheit einen besonderen Vorteil (§ 3 AO) gegenüber einem anderen. Die Besonderheit einer Leistung kann nur dann in Erscheinung treten, wenn nicht die Allgemeinheit Leistungsdestinatär ist, sondern nur ein bestimmter Personenkreis oder nur ein Einzelner. Denn der Staat erbringt dann dieser Gruppe oder diesem Einzelnen gegenüber eine Leistung, die er gegenüber der Allgemeinheit nicht erbringt. Mit anderen Worten: Eine "besondere" Leistung kann der Staat nur dann erbringen, wenn er die Möglichkeit hat, einzelne als Leistungsdestinatäre vom Bezug der Leistung auszuschließen. Dies ist im Falle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht möglich, weil es sich um eine allgemein verfügbare, technische Gegebenheit handelt. Ein Einzelner oder eine Personengruppe kann sich gegen die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht wehren, da er für die Allgemeinheit bestimmt ist.
Weil er für die Allgemeinheit bestimmt ist, und eben gerade nicht nur für einen Einzelnen oder einen bestimmten Personenkreis, zählt der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Infrastruktur eines öffentlichen Gemeinwesens (§ 3 AO). Der Einzelne hat aus dem Vorhandensein dieser Infrastruktur lediglich einen
strukturellen (d.h. aus dem Vorhandensein der Infra
struktur resultierenden) Vorteil (dies ist die Wortwahl des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs), jedoch keinen konkret individualisierbaren Vorteil. Individualisierbar wäre der Vorteil nur dann, wenn er lediglich einem Einzelnen oder einem bestimmten (d.h. objektiv abgrenzbaren) Personenkreis zugute käme, d.h. wenn bestimmte Einzelne einen Vorteil haben, den andere gerade nicht haben. Die Allgemeinheit besteht weder aus einem Einzelnen noch aus einem nach objektiven Kriterien abgrenzbaren Personenkreis. Der konkret individualisierbare Vorteil, der einem Einzelnen oder einer Personengruppe zukommt, weil er einem anderen gerade nicht zukommt, verflüchtigt sich zu einem lediglich strukturellen Vorteil, sobald er der Allgemeinheit zuteil wird.
Diese Überlegungen betrafen die Frage, ob der Rundfunkempfang eine besondere Leistung des Staates darstellt.
Von diesen Überlegungen zu trennen ist die Frage, ob der Rundfunkbeitrag die Gegenleistung (anderes Wort für "Gegenleistung" ist "Entgelt") hierfür ist. Dies muss verneint werden, denn in § 1 RBStV heißt es:
"Der Rundfunkbeitrag dient der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne von § 12 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrages."
Dort steht also, dass der Rundfunkbeitrag der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dient. Mit anderen Worten: Der Rundfunkbeitrag dient der Finanzierung der Infrastruktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Er soll so bemessen sein, dass die Funktionsfähigkeit dieser Infrastruktur gewährleistet ist. Hierin kommt die sog. "Bestandsgarantie" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Ausdruck. Die "Gesamtveranstaltung Rundfunk" bezeichnet nicht das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (dies wollen sie uns jedoch weis machen!), sondern die Infrastruktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die mit dem Rundfunkbeitrag finanziert werden soll. Die Infrastruktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht aus den Sendeanstalten, den Produktionsgesellschaften, die die Tochtergesellschaften der Sendeanstalten sind, den Medienaufsichtsanstalten und dem Beitragsservice, der das Beitragsaufkommen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seiner Gesamtheit verwalten soll. Der Rundfunkbeitrag hat also -wie es ganz klar durch das Gesetz zum Ausdruck gebraucht wird- keine Entgeltfunktion, sondern Finanzierungsfunktion. Der Rechtsgrund des Rundfunkbeitrages ist also die Abgeltung einer öffentlichen Last, die in der Finanzierung der Infrastruktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Bestandteil der Infrastruktur eines öffentlichen Gemeinwesens besteht. Damit ist unerheblich, dass der Rundfunkbeitrag nicht in den allgemeinen Landeshaushalt fließt, sondern in einen Sonderhaushalt, da dieser Sonderhaushalt ebenfalls Teil eines öffentlichen Gemeinwesens ist (§ 3 AO). Steuern haben als öffentliche Abgabe die Funktion, die Infrastruktur eines öffentlichen Gemeinwesens zu finanzieren, sie haben also Finanzierungsfunktion, jedoch keine Entgeltfunktion.
Zu guter Letzt: Sofern der Bayerische Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis kommt, dass jede Person (also die Allgemeinheit) im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Finanzierungsverantwortung für diesen trägt, so liegt er mit dieser Überlegung richtig, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach § 2 Absatz 1 Satz 1 RStV die
für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung ist und der öffentlich-rechtliche Rundfunk deshalb Teil der Infrastruktur des öffentlichen Gemeinwesens ist. Das Mittel zur Finanzierung der Infrastruktur eines öffentlichen Gemeinwesens ist die Steuer.