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Autor Thema: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft  (Gelesen 2443 mal)

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EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
Autor: 09. Oktober 2022, 12:28
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte bereits mehrfach Gelegenheit, sich mit Art 5 Abs 1 Buchstabe b EMRK zu befassen; dieser Buchstabe b erlaubt die Inhaftierung zur Erzwingung einer gesetzlich vorgesehenen Pflicht.

Der EGMR führt in seinen Entscheidungen dazu aus, daß die Realisierung dieser Erzwingungshaft nur das letzte Mittel sein darf, zu dem gegriffen wird, und vorher alle milderen Mittel nicht nur wahrgenommen werden müssen, sondern erfolglos geblieben sind.

Die nachstehenden Übersetzungen erfolgten via deepl.com

CASE OF J.N. v. THE UNITED KINGDOM
https://hudoc.echr.coe.int/fre?i=001-162855

Zitat
78.  Zusätzlich zum Erfordernis der "Rechtmäßigkeit" verlangt Artikel 5 § 1 auch, dass jede Freiheitsentziehung dem Zweck des Schutzes des Einzelnen vor Willkür entsprechen muss (siehe, neben vielen anderen Behörden, Saadi gegen das Vereinigte Königreich, oben zitiert, § 6; und Chahal gegen das Vereinigte Königreich, 15. November 1996, § 118, Reports of Judgments and Decisions 1996-V). Es ist ein grundlegendes Prinzip, dass eine willkürliche Inhaftierung nicht mit Artikel 5 § 1 vereinbar sein kann, und der Begriff der "Willkür" in Artikel 5 § 1 geht über die fehlende Übereinstimmung mit dem nationalen Recht hinaus, so dass eine Freiheitsentziehung im Sinne des innerstaatlichen Rechts rechtmäßig, aber dennoch willkürlich und somit konventionswidrig sein kann.

Zitat
80.  Ein allgemeiner Grundsatz, der sich in der Rechtsprechung herausgebildet hat, besagt, dass eine Inhaftierung "willkürlich" ist, wenn trotz der Einhaltung des Wortlauts des nationalen Rechts ein Element der Bösgläubigkeit oder der Täuschung seitens der Behörden vorliegt (siehe z. B. Bozano gegen Frankreich, 18. Dezember 1986, Serie A Nr. 111, und ?onka gegen Belgien, Nr. 51564/99, ECHR 2002-I). Darüber hinaus verlangt die Bedingung, dass keine Willkür vorliegt, dass sowohl die Anordnung der Inhaftierung als auch die Durchführung der Inhaftierung tatsächlich mit dem Zweck der nach dem entsprechenden Unterabsatz von Artikel 5 § 1 zulässigen Beschränkungen übereinstimmen (siehe Winterwerp gegen die Niederlande, 24. Oktober 1979, § 39, Serie A Nr. 33). Darüber hinaus muss ein gewisser Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Grund für eine zulässige Freiheitsentziehung und dem Ort und den Bedingungen der Inhaftierung bestehen (siehe Aerts gegen Belgien, 30. Juli 1998, § 46, Reports 1998-V; und Enhorn gegen Schweden, Nr. 56529/00, § 42, ECHR 2005-I).

CASE OF LAZARIU v. ROMANIA
https://hudoc.echr.coe.int/fre?i=001-147865

Zitat
103Ein allgemeiner Grundsatz in der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist, dass eine Inhaftierung "willkürlich" ist, wenn trotz der Einhaltung des Wortlauts des nationalen Rechts ein Element der Bösgläubigkeit oder Täuschung seitens der Behörden vorliegt (siehe z. B. Bozano gegen Frankreich, 18. Dezember 1986, § 60, Serie A Nr. 111, und ?onka gegen Belgien, Nr. 51564/99, § 41, ECHR 2002-I). Die Bedingung, dass keine Willkür vorliegen darf, verlangt ferner, dass sowohl die Anordnung der Inhaftierung als auch die Durchführung der Inhaftierung tatsächlich mit dem Zweck der nach dem einschlägigen Unterabsatz von Artikel 5 § 1 zulässigen Beschränkungen übereinstimmen muss (siehe Winterwerp, oben zitiert, § 39; Bouamar gegen Belgien, 29. Februar 1988, § 50, Serie A Nr. 129; und O'Hara gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 37555/97, § 34, ECHR 2001-X). Darüber hinaus muss ein gewisser Zusammenhang zwischen dem Grund für den zulässigen Freiheitsentzug, auf den man sich beruft, und dem Ort und den Bedingungen der Inhaftierung bestehen (siehe Bouamar, oben zitiert, § 50; Aerts gegen Belgien, 30. Juli 1998, § 46, Reports 1998-V; und Enhorn gegen Schweden, no. 56529/00, § 42, ECHR 2005-I).

Zitat
104.  Der Begriff der Willkür im Zusammenhang mit den Buchstaben b), d) und e) schließt auch eine Bewertung ein, ob die Inhaftierung notwendig war, um das erklärte Ziel zu erreichen. Die Inhaftierung einer Person ist eine so schwerwiegende Maßnahme, dass sie nur als letztes Mittel gerechtfertigt ist, wenn andere, weniger schwerwiegende Maßnahmen in Betracht gezogen wurden und sich als unzureichend erwiesen haben, um das individuelle oder öffentliche Interesse zu schützen, das die Inhaftierung der betreffenden Person erfordern könnte (siehe Witold Litwa, siehe oben, § 78, und Enhorn, siehe oben, § 44). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besagt ferner, dass in Fällen, in denen der Zweck der Inhaftierung darin besteht, die Erfüllung einer gesetzlich vorgesehenen Verpflichtung sicherzustellen, ein Gleichgewicht zwischen der Bedeutung, die in einer demokratischen Gesellschaft der unmittelbaren Erfüllung der betreffenden Verpflichtung zukommt, und der Bedeutung des Rechts auf Freiheit gefunden werden muss (siehe Vasileva v. Denmark, Nr. 52792/99, § 37, 25. September 2003). Die Dauer der Inhaftierung ist ein relevanter Faktor bei der Herstellung eines solchen Gleichgewichts (ibid.).

Im Falle des im Forum diskutierten Bürgers polnischer Nationalität, wie auch in den anderen Fällen, hätte vermutlich die jeweilige Kontopfändung vorgehen müssen?

Darüberhinaus bleibt zu erkennen, daß dem real praktizierten Rundfunkbeitragssystem die Täuschung der Bürger*innen und Nicht-Medienunternehmen innewohnt, steht doch in Erwägungsgrund 82 der Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste,

Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (kodifizierte Fassung) (Text von Bedeutung für den EWR)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32010L0013

Zitat
(82)
Abgesehen von den Praktiken, die unter die vorliegende Richtlinie fallen, gilt die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (26) für unlautere Geschäftspraktiken, darunter auch für irreführende und aggressive Praktiken in audiovisuellen Mediendiensten. [...]

daß die Bestimmungen der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken zwischen Unternehmen und Verbraucher*innen gelten sollen und demnach auch im audio-visuellen Medienbereich keine Person zu einer Handlung gedrängt werden darf, die sie bei voller Kenntnis der Rechtslage nicht durchgeführt hätte.

Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (Text von Bedeutung für den EWR)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32005L0029&qid=1665310478419

Zitat
Artikel 5
Verbot unlauterer Geschäftspraktiken


(1)   Unlautere Geschäftspraktiken sind verboten.

(4)   Unlautere Geschäftspraktiken sind insbesondere solche, die

a)
irreführend im Sinne der Artikel 6 und 7

oder

b)
aggressiv im Sinne der Artikel 8 und 9 sind.

Artikel 8
Aggressive Geschäftspraktiken


Eine Geschäftspraxis gilt als aggressiv, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung, einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt, oder durch unzulässige Beeinflussung tatsächlich oder voraussichtlich erheblich beeinträchtigt und dieser dadurch tatsächlich oder voraussichtlich dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Zur Rechtslage gehört auch in Belangen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die zwingende Einhaltung des materiellen Unionsrechts, zu dem auch das Unionsgrundrecht zählt; siehe hierzu das bestehende Thema.

Das Gericht muß materiellem Unionsrecht entsprechen -> 1 BvR 1675/16
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30058.0

Das Unionsgrundrecht wiederum bestimmt bekanntermaßen mit Art 11 GrCh, daß niemand eine staatliche/behördliche Einflußnahme in seine Informations- und Meinungsfreiheit zu dulden braucht.

Charta der Grundrechte der Europäischen Union
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:12016P/TXT

Zitat
Artikel 11
Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit


(1)   Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.

(2)   Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.

Zur Rechtslage gehören ebenfalls, daß auch der Vertrieb der Informationen durch dieses Unionsgrundrecht geschützt ist; hierzu siehe EuGH C-401/19 im Thema

Ist die real praktizierte dt. Rundfunkbeitragsfinanzierung unionsrechtswidrig?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36104.0

und, daß auch öffentliche Medien im Unionsrecht kein der Teil der "öffentlichen Verwaltung" darstellen und insofern nicht über hoheitliche Befugnisse verfügen; hierzu siehe

EuGH C-34/02 - Begriff "öffentliche Verwaltung" ist unionsweit vereinheitlicht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36275.0


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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#1: 09. Oktober 2022, 16:58
Als Nachtrag auch hier der Hinweis auf eine Entscheidung des BVerfG:

BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019
- 2 BvR 517/19 -, Rn. 1-46,

http://www.bverfg.de/e/rk20191122_2bvr051719.html

Zitat
Rn. 34
[...] Gemäß Art. 25 GG sind bei der Auslegung und Anwendung von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts durch Verwaltungsbehörden und Gerichte die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu beachten. Hieraus folgt insbesondere, dass die Behörden und Gerichte grundsätzlich daran gehindert sind, innerstaatliches Recht in einer Weise auszulegen und anzuwenden, welche die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verletzt. Sie sind auch verpflichtet, alles zu unterlassen, was einer unter Verstoß gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts vorgenommenen Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger im Geltungsbereich des Grundgesetzes Wirksamkeit verschafft, und gehindert, an einer gegen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verstoßenden Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger bestimmend mitzuwirken (vgl. BVerfGE 75, 1 <18 f.>).

Weiterhin sei zusätzlich darauf hingewiesen, daß sich die im Eröffnungsbeitrag benannte EuGH-Entscheidung C-401/19 auf Aussagen des EGMR stützt, so daß auch im Rechtsbereich des Art 10 EMRK zur Informations- und Meinungsfreiheit davon ausgegangen werden darf, daß die staatliche Einflußnahme in den Vertrieb der Informationen auch bundesrechtlich unzulässig ist, denn die EMRK ist ja kraft Ratifizierung national im Range von Bundesrecht. 


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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#2: 10. Oktober 2022, 15:14
[...]
Der EGMR führt in seinen Entscheidungen dazu aus, daß die Realisierung dieser Erzwingungshaft nur das letzte Mittel sein darf, zu dem gegriffen wird, und vorher alle milderen Mittel nicht nur wahrgenommen werden müssen, sondern erfolglos geblieben sind.
[...]
Im Falle des im Forum diskutierten Bürgers polnischer Nationalität, wie auch in den anderen Fällen, hätte vermutlich die jeweilige Kontopfändung vorgehen müssen?
[...]
Genau das kann nicht das Thema sein, weil es dazu bereits eine abgeschlossene Rechtsprechung gibt, die nichts mit dem Rundfunkbeitrag zu tun hat. Darauf habe ich in einem anderem Thread bereits hingewiesen:

BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19.04.2021, 1 BvR 679/21 - Erzwingungshaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35235.msg215426.html#msg215426

Bei der Frage der Willkür kann es nur darum gehen, dass die Landesrundfunkanstalten das Vollstreckungsrecht dazu missbrauchen, um damit die Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinter Gitter zu bringen. Dies ist meiner Ansicht nach belegbar und nachweisbar, da Menschen, die sich gegen die Förderung des Konsums von Rundfunk und Fernsehen wenden, keine andere Wahl haben, als diesen Weg zu gehen. Die Alternative dazu wäre die Flucht ins Ausland, die dann ebenfalls als politische Verfolgung von Nicht-Nutzern und Gegnern des öffentlich-rechtlich Rundfunks betrachtet werden müsste. Nur diese beiden Möglichkeiten bleiben letztendlich, worauf ich in einem anderen Thema ebenfalls schon hingewiesen habe:

Muss für ein Baumhaus im Wald ein Rundfunkbeitrag nach § 2 RBStV bezahlt werden?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35697.msg216057.html#msg216057


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Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der nur finanzierbar ist, wenn Menschen ihre Grundrechte verlieren, gehört abgeschafft.

Volksbegehren in Nordrhein-Westfalen zum Demokratieförderungsgesetz
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30210.0
Anfechtungsklage zur Verletzung der Gedanken- und Meinungsfreiheit
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36923.0
Beschwerden bei Menschenrechtsorganisationen (AI-Vorlage)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28412.0.html#msg182044

  • Beiträge: 7.386
Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#3: 10. Oktober 2022, 18:35
@art18GG

Hast Du meinen Beitrag nicht gelesen und die Zitate der EGMR-Entscheidungen auch nicht? Es ist die Aussage des EGMR, daß alle milderen Mittel vorher ausgereizt sein müssen.

CASE OF LAZARIU v. ROMANIA
https://hudoc.echr.coe.int/fre?i=001-147865

Zitat
104.  Der Begriff der Willkür im Zusammenhang mit den Buchstaben b), d) und e) schließt auch eine Bewertung ein, ob die Inhaftierung notwendig war, um das erklärte Ziel zu erreichen. Die Inhaftierung einer Person ist eine so schwerwiegende Maßnahme, dass sie nur als letztes Mittel gerechtfertigt ist, wenn andere, weniger schwerwiegende Maßnahmen in Betracht gezogen wurden und sich als unzureichend erwiesen haben, um das individuelle oder öffentliche Interesse zu schützen, das die Inhaftierung der betreffenden Person erfordern könnte (siehe Witold Litwa, siehe oben, § 78, und Enhorn, siehe oben, § 44). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besagt ferner, dass in Fällen, in denen der Zweck der Inhaftierung darin besteht, die Erfüllung einer gesetzlich vorgesehenen Verpflichtung sicherzustellen, ein Gleichgewicht zwischen der Bedeutung, die in einer demokratischen Gesellschaft der unmittelbaren Erfüllung der betreffenden Verpflichtung zukommt, und der Bedeutung des Rechts auf Freiheit gefunden werden muss (siehe Vasileva v. Denmark, Nr. 52792/99, § 37, 25. September 2003). Die Dauer der Inhaftierung ist ein relevanter Faktor bei der Herstellung eines solchen Gleichgewichts (ibid.).


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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#4: 10. Oktober 2022, 20:06
@pinguin
Genau das habe ich gelesen, weshalb ich auf die bekannte Problematik noch einmal hingewiesen habe. Es sollte eben nicht um die Verweigerung der Vermögensauskunft gehen, sondern um den berechtigten Widerstand gegen den Unrechtsbeitrag. Denn bei der Erzwingungshaft geht es nicht um die Pfändung eines Bankkontos, sondern um die Verweigerung der Vermögensauskunft an Eides statt und deren Verweigerung muss eben begründet werden.

Das ist durchaus begründbar, wenn man bedenkt, dass jeder, der den Rundfunkbeitrag zahlt, damit ein Unrechtssystem unterstützt, in dem alten Witwen die Rente gepfändet werden, alleinerziehende Mütter mit Haftbefehlen eingeschüchtert werden und Geringverdiener für 6 Monate in Haft landen können. Das System der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist in vielfältiger Weise  ein unhaltbares Unrechtssystem. Darum sollte es gehen.

Die Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist zudem im Kontext des Rundfunkbeitrages nicht verhältnismäßig, da das Bundesverfassungsgericht in einem vergleichbaren Fall dies gerade so bestimmt hat. Hierzu nochmal mein Kommentar in:

BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19.04.2021, 1 BvR 679/21 - Erzwingungshaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35235.msg215426.html#msg215426


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Volksbegehren in Nordrhein-Westfalen zum Demokratieförderungsgesetz
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Anfechtungsklage zur Verletzung der Gedanken- und Meinungsfreiheit
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Beschwerden bei Menschenrechtsorganisationen (AI-Vorlage)
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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#5: 11. Oktober 2022, 06:03
Es sollte eben nicht um die Verweigerung der Vermögensauskunft gehen, sondern um den berechtigten Widerstand gegen den Unrechtsbeitrag. Denn bei der Erzwingungshaft geht es nicht um die Pfändung eines Bankkontos, sondern um die Verweigerung der Vermögensauskunft an Eides statt und deren Verweigerung muss eben begründet werden.
Sowohl Vermögenauskunft, als auch Kontopfändung, als auch Erzwingungshaft sind ihrerseits bereits Strafmaßnahmen, die ihrerseits aus dem Gesetz selbst hervorgehen müssen, gegen das angeblich verstoßen wird.


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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#6: 11. Oktober 2022, 08:47
Das sind keine "Strafmaßnahmen", sondern irgendwas anderes. Für die Erzwingungshaft (um die es jetzt geht) sagt Wikipedia, dass sie ein "Beugemittel" sei (für mich Schönsprech für weiße Folter). Zu Beugemittel finde ich nichts Genaueres, außer dass es wohl von Zwangsmittel unscharf unterschieden wird.


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K
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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#7: 11. Oktober 2022, 09:44
Mag es sein, dass hier Strafrecht und Verwaltungsrecht durchmischt wird?

Die "Beugehaft" zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft gehört zum Verwaltungsrecht; zur Verwaltungsvollstreckung.

Bildquelle: https://www.lcs-kanzlei.de/images/rechtsgebiete.png


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"Deutschland, unendlich viele (ok: 16) Bundesländer. Wir schreiben das Jahr 2024. Dies sind die Abenteuer abertausender ÖRR-Nichtnutzer, die sich seit nunmehr 11 Jahren nach Beitragseinführung immer noch gezwungen sehen Gesetzestexte, Urteile usw. zu durchforsten, zu klagen, um die Verfassungswidrigkeit u. die Beitragsungerechtigkeit zu beweisen. Viele Lichtjahre von jeglichem gesunden Menschenverstand entfernt müssen sie sich Urteilen unterwerfen an die nie zuvor je ein Mensch geglaubt hätte."

q
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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#8: 11. Oktober 2022, 11:40
@Kurt:
Diese Differenzierung spielt hier nach meiner Auffassung keine Rolle. Denn der EGMR hat über die Zulässigkeit von Freiheitsentzug in den Fällen, in denen der Zweck der Inhaftierung darin besteht, die Erfüllung einer gesetzlich vorgesehenen Verpflichtung sicherzustellen, geurteilt.

In der Verwaltungsvollstreckung besteht die gesetzlich vorgesehene Verpflichtung darin, die Vermögensauskunft abzugeben. Zweck der Erzwingungshaft ist, den Schuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft zu zwingen und damit die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung durchzusetzen.

Die Entscheidung des EGMR ist insofern von großer Bedeutung, als in den Fällen, in denen der Gläubiger / der Staat die Erzwingungshaft bewirkt und auch vollstreckt hat, ohne daß zuvor alle milderen Mittel, also z. B. die Einholung von Drittschuldnerauskünften und die Vollstreckung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen (bis hin zur Zwangsversteigerung), erfolglos angewendet wurden, hierin der unwiderlegbare Nachweis der Rechtswidrigkeit und damit des Anspruchs auf Schadensersatz aus Amtshaftung besteht. Dies ist nicht auf Fälle aus dem öffentlichen Recht beschränkt, sondern betrifft genauso Fälle aus dem Zivilrecht, bei denen ein Richter die Erzwingungshaft angeordnet hat.

Allerdings muß ein Betroffener zunächst einen Rechtsanwalt finden und dessen (wegen des im Raume stehenden hohen Streitwertes nicht geringen) Kosten vorstrecken, um dies auch bei Gericht — und möglicherweise über den gesamten Instanzenweg — durchzusetzen.


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Ich bin ein unangenehmer Bürger — ich erlaube mir nämlich, selbst zu denken

K
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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#9: 11. Oktober 2022, 11:54
Dann mal Danke @pinguin für dieses Fund und Dankeschön @querkopf für die verständliche Erläuterung

Gruß
Kurt


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"Deutschland, unendlich viele (ok: 16) Bundesländer. Wir schreiben das Jahr 2024. Dies sind die Abenteuer abertausender ÖRR-Nichtnutzer, die sich seit nunmehr 11 Jahren nach Beitragseinführung immer noch gezwungen sehen Gesetzestexte, Urteile usw. zu durchforsten, zu klagen, um die Verfassungswidrigkeit u. die Beitragsungerechtigkeit zu beweisen. Viele Lichtjahre von jeglichem gesunden Menschenverstand entfernt müssen sie sich Urteilen unterwerfen an die nie zuvor je ein Mensch geglaubt hätte."

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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#10: 12. Oktober 2022, 17:42
Allerdings muß ein Betroffener zunächst einen Rechtsanwalt finden und dessen (wegen des im Raume stehenden hohen Streitwertes nicht geringen) Kosten vorstrecken, um dies auch bei Gericht — und möglicherweise über den gesamten Instanzenweg — durchzusetzen.
Dies ist natürlich richtig, wobei ich jedoch immer noch der Auffassung bin, dass es ein öffentliches Interesse gibt, die Umstände der Erzwingungshaft in dem bekannten Präzedenzfall zu klären. Dies kann beispielsweise im Rahmen einer Haftentschädigungsklage erfolgen. Hierzu verweise ich beispielhaft mal auf:

Ein Rückschritt im Dialog der Gerichte: Der BGH übergeht den EGMR
https://verfassungsblog.de/ein-rueckschritt-im-dialog-der-gerichte-der-bgh-uebergeht-den-egmr/ 

Bei einer solchen Haftentschädigungsklage kann dann beispielsweise nicht unberücksichtigt bleiben, dass von den 37 fast gleichzeitig ausgestellten Haftbefehlen lediglich einer vollstreckt wurde, soweit das bekannt ist. Hierzu im Detail die Übersicht in:

[IFG] Kommunalverwalt. Borken - Vollstreckungsersuchen d. WDR Köln 2018-2020
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35392.0

Damit ist es fraglich, ob es tatsächlich nur um das legitime Recht einer Regierung ging, die „Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung“ zu erzwingen. Es gibt in der EGMR-Rechtsprechung durchaus viele vergleichbare Fälle, wo die Verhaftung eines Aktivisten lediglich aus Gründen der Einschüchterung erfolgt ist, um ein Exempel zu statuieren. Beim bekannten Präzedenzfall handelt es sich ohne Zweifel um einen bekannten Aktivisten in diesem Sinne, da er zu den Menschen gehört, die ihr Gesicht auf der Webseite von Rundfunk-frei zeigen:

Rundfunk-frei: JETZT DEIN GESICHT ZEIGEN
https://rundfunk-frei.de/rundfunk-frei_gesicht-zeigen.html

Es gibt dazu noch viele andere Indizien, die belegen, dass es bei der Inhaftierung des Präzedenzfalls nicht tatsächlich um die Durchsetzung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu einer Vermögensauskunft ging, sondern darum ging, ein Exempel zu statuieren. In einigen Artikeln von Markus Mähler findet man dazu durchaus noch andere Belege, denen seitens des WDR bis heute nicht widersprochen wurden (z. B.):

Junge Freiheit, 24.08.2021
Gerichtsakten belasten Sender
Vom Nichtzahler zum Staatsfeind: Wie der WDR Georg Thiel hinter Gitter brachte
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2021/wie-der-wdr-georg-thiel-hinter-gitter-brachte1/
Die Inhalte dieser und weiterer Veröffentlichungen sowie auch die Grundhaltungen des Verfassers/ Veröffentlichungsmediums spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung des gez-boykott-Forums, dessen Moderatoren und dessen Mitglieder wider und werden hiermit auch nicht zu eigen gemacht. Die Erwähnung/ Verlinkung/ Zitierung/ Diskussion erfolgt unter Berufung auf die Meinungsfreiheit gem. Artikel 5 Grundgesetz und zur Ermöglichung einer weitestgehend ungefilterten öffentlichen Meinungsbildung sowie zur Dokumentation.

Die Ablehnung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu einer Vermögensauskunft sollte also durchaus im Vorfeld begründet werden, damit die Umstände nachvollziehbar werden. In diesem Kontext glaube ich beispielsweise nicht, dass die Begründung ausreicht, dass man dem Gerichtsvollzieher lediglich mitteilt, dass er sich an das Finanzamt zur Bestimmung des Vermögens wenden möge und deshalb den Termin zur Vermögensauskunft absagt.


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Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der nur finanzierbar ist, wenn Menschen ihre Grundrechte verlieren, gehört abgeschafft.

Volksbegehren in Nordrhein-Westfalen zum Demokratieförderungsgesetz
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Anfechtungsklage zur Verletzung der Gedanken- und Meinungsfreiheit
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36923.0
Beschwerden bei Menschenrechtsorganisationen (AI-Vorlage)
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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#11: 12. Oktober 2022, 18:18
Gemäß den Ausführungen des EGMR ist die Vorhersehbarkeit von Belang, denn ist diese nicht gegeben, ist die staatliche Maßnahme unzulässig. Nachstehend hier in diesem Thema deshalb eine Entscheidung des EGMR, mit der eine Verletzung des Art 10 EMRK festgestellt wurde.

EGMR, 18.12.2012 (FINAL 18.03.2013)
CASE OF AHMET YILDIRIM v. TURKEY
(Application no. 3111/10)
https://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-115705
Zitat von: EGMR, 18.12.2012 (FINAL 18.03.2013), CASE OF AHMET YILDIRIM v. TURKEY (Application no. 3111/10)
59. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss das innerstaatliche Recht, um diesen Anforderungen zu genügen, ein gewisses Maß an Rechtsschutz gegen willkürliche Eingriffe der öffentlichen Hand in die durch die Konvention garantierten Rechte bieten. In Angelegenheiten, die die Grundrechte berühren, wäre es mit der Rechtsstaatlichkeit, einem der in der Konvention verankerten Grundprinzipien einer demokratischen Gesellschaft, unvereinbar, wenn ein der Exekutive eingeräumter rechtlicher Ermessensspielraum in Form einer uneingeschränkten Befugnis zum Ausdruck käme. Folglich muss das Gesetz mit ausreichender Klarheit den Umfang eines solchen Ermessens und die Art und Weise seiner Ausübung angeben (siehe, neben vielen anderen Autoritäten, The Sunday Times, oben zitiert, § 49, und Maestri gegen Italien [GC], Nr.. 39748/98, § 30, ECHR 2004-I).

67.  In Anbetracht dieser Erwägungen und seiner Prüfung der fraglichen Rechtsvorschriften, wie sie im vorliegenden Fall angewandt wurden, kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass der Eingriff, der sich aus der Anwendung von Abschnitt 8 des Gesetzes Nr. 5651 ergab, das Erfordernis der Vorhersehbarkeit nach der Konvention nicht erfüllte und dem Beschwerdeführer nicht das Maß an Schutz gewährte, auf das er nach dem Rechtsstaatsprinzip in einer demokratischen Gesellschaft Anspruch hat. Darüber hinaus scheint die fragliche Bestimmung in direktem Widerspruch zum eigentlichen Wortlaut von Artikel 10 Absatz 1 der Konvention zu stehen, wonach die in diesem Artikel genannten Rechte "ohne Rücksicht auf die Grenzen" gewährleistet sind (siehe in diesem Sinne auch Association Ekin, a.a.O., § 62).
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Da auch öffentliche Medien im Unionsrecht kein Teil der "öffentlichen Verwaltung" darstellen,

EuGH C-34/02 - Begriff "öffentliche Verwaltung" ist unionsweit vereinheitlicht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36275.0

könnte fraglich sein, ob die Rundfunkstaatsverträge überhaupt Teil des Verwaltungsrechts sind, da sie ja nicht die Belange der "öffentlichen Verwaltung" regeln, sondern jene von "öffentlichen Unternehmen", die eben kein Teil der "öffentlichen Verwaltung" darstellen?

Immerhin darf zudem nicht übersehen werden, daß "öffentliche Stellen in Wettbewerb" nicht als "öffentliche Stellen" zu behandeln sind, da für diese die Regeln für "nicht-öffentliche Stellen" gelten, also die Regeln des Privatrechts? Und dieses in jedem Falle, wenn personen-bezogene Daten verarbeitet werden, was immer der Fall ist, wenn ein Dokument einer "öffentlichen Stelle in Wettbewerb" personen-bezogene Daten enthält.

Keine hoheitl. Befugnis f. j.P.ö.R in Wettbewerb; gefestigte Rechtspr. des BFH
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30952.0

Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
§ 2 Begriffsbestimmungen

https://www.gesetze-im-internet.de/bdsg_2018/__2.html
Zitat von: § 2 BDSG - Begriffsbestimmungen
[...]
(5) Öffentliche Stellen des Bundes gelten als nichtöffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes, soweit sie als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen. Als nichtöffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes gelten auch öffentliche Stellen der Länder, soweit sie als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, Bundesrecht ausführen und der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

Für Brandenburg auch:

Verwaltungs-/Vollstreckungsrecht Brandenburg > geht Datenschutzrecht vor?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36495.0
Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten im Land Brandenburg (Brandenburgisches Datenschutzgesetz - BbgDSG)
https://bravors.brandenburg.de/gesetze/bbgdsg
Zitat von: Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten im Land Brandenburg (Brandenburgisches Datenschutzgesetz - BbgDSG)
§ 2 Anwendungsbereich
[...]
(4) Öffentliche Stellen des Landes, die als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, gelten als nicht-öffentliche Stellen.
[...]

Zum Erfordernis der Vorhersehbarkeit:

Meint wirklich jemand hier im Forum allen ernstes, daß es für die Bürger*innen unseres Landes vorhersehbar ist, daß sie, wenn sie ihr von Europa zugestandenes Grundrecht der Informationsfreiheit wahrnehmen und Informationen nicht finanzieren, die sie weder konsumieren, noch zur Leistungserbringung an sich bestellt haben, mit Kontopfändung, Vermögensauskunft bzw. Erzwingungshaft zu rechnen haben?

Die eingangs dieses Beitrages verlinkte EGMR-Entscheidung enthält noch weiter interessante Aussagen, denn insbesondere Gerichte sind verpflichtet, die Nebenwirkungen ihrer Entscheidung vorab mit zu berücksichtigen:
EGMR, 18.12.2012 (FINAL 18.03.2013)
CASE OF AHMET YILDIRIM v. TURKEY
(Application no. 3111/10)
https://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-115705
Zitat von: EGMR, 18.12.2012 (FINAL 18.03.2013), CASE OF AHMET YILDIRIM v. TURKEY (Application no. 3111/10)
66.  Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Antrag befassten Richter eine Abwägung der verschiedenen auf dem Spiel stehenden Interessen vorgenommen haben, indem sie insbesondere die Notwendigkeit einer Sperrung des gesamten Zugangs zu Google Sites geprüft haben. Nach Ansicht des Gerichtshofs ist dieser Mangel einfach eine Folge des Wortlauts von Abschnitt 8 des Gesetzes Nr. 5651 selbst, der den nationalen Gerichten keine Verpflichtung auferlegt, zu prüfen, ob die umfassende Sperrung der Google-Sites unter Berücksichtigung der vom Gerichtshof gemäß Artikel 10 der Konvention aufgestellten und angewandten Kriterien erforderlich ist. Eine solche Verpflichtung ergibt sich jedoch unmittelbar aus der Konvention und aus der Rechtsprechung der Konventionsorgane. Die Gerichte haben sich bei ihrer Entscheidung darauf beschränkt, festzustellen, dass die einzige Möglichkeit, den Zugang zu der rechtsverletzenden Website gemäß der entsprechenden Anordnung zu sperren, darin bestand, den gesamten Zugang zu Google Sites zu sperren (siehe oben, Randnrn. 8, 10 und 13). Nach Ansicht des Gerichtshofs hätten sie jedoch u. a. berücksichtigen müssen, dass eine solche Maßnahme durch die Unzugänglichkeit großer Informationsmengen die Rechte der Internetnutzer erheblich einschränkt und eine erhebliche Nebenwirkung hat.
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Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)

Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#12: 12. Oktober 2022, 19:33
Meint wirklich jemand hier im Forum allen ernstes, daß es für die Bürger*innen unseres Landes vorhersehbar ist, daß sie, wenn sie ihr von Europa zugestandenes Grundrecht der Informationsfreiheit wahrnehmen und Informationen nicht finanzieren, die sie weder konsumieren, noch zur Leistungserbringung an sich bestellt haben, mit Kontopfändung, Vermögensauskunft bzw. Erzwingungshaft zu rechnen haben?
Was wir meinen ist egal. Es ist Fakt, dass die Stadt das abbrechen wollte. Es ist Fakt, dass andere Verhaftungen nicht durchgeführt werden. Also ist es Tatsache, dass es unvorhersehbar ist, ob man 0, 3 oder 150 Tage einwandert. Allerdings gibt es auch kein Recht auf Gleichbehandlung im Rechtsbruch. Allerdings ist hier die Frage, ob ein Rechtsbruch von Seiten Thiels überhaupt vorliegt: Wo keine Beitragspflicht, da können auch Vollstreckungsmaßnahmen und dergleichen nur nichtig sein. Eine Beitragspflicht hat der WDR mit Sicherheit nicht bewiesen. Die raten nur.


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Ersetze "Jones" durch Adolf, Patriarchat, Meeresspiegel oder irgendwas und Du hast eine woke "Debatte", die ohne Argumente reichlich Raum in den Medien einnehmen darf.

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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#13: 12. Oktober 2022, 20:53
dass es ein öffentliches Interesse gibt, die Umstände der Erzwingungshaft in dem bekannten Präzedenzfall zu klären. Dies kann beispielsweise im Rahmen einer Haftentschädigungsklage erfolgen.

Das ist ja im Prinzip richtig, aber auch hier sind die Voraussetzungen ein Rechtsanwalt, der bereit ist, diese Sache zu vertreten (die Klage muß vor dem LG erhoben werden und da herrscht Anwaltszwang), die notwendige finanzielle Ausstattung des Klägers (die in dem angesprochenen Fall wie öffentlich bekannt nicht gegeben ist) und nicht zuletzt der Wille und die Bereitschaft des Betroffenen, sich einem weiteren belastenden und sicher auch nervenaufreibenden Prozeß (der möglicherweise einige Jahre bis zu einer letztlichen Entscheidung dauern wird) mit ungewissem Ausgang auszusetzen. Denn auch wenn der EGMR die oben zitierten Entscheidungen gefällt hat, bedeutet dies nicht, daß eine weitere Beschwerde dort zum Erfolg führt. Es werden beim EGMR nämlich nur ca. 4 % der eingereichten Beschwerden überhaupt zur Entscheidung angenommen.


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Ich bin ein unangenehmer Bürger — ich erlaube mir nämlich, selbst zu denken

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Re: EGMR -> Voraussetzung der Erzwingungshaft
#14: 14. Oktober 2022, 06:58
Aus einer anderen EGMR-Entscheidung, die nicht separat thematisiert wurde, aber auch für hier eine bedeutsame Aussage enthält.

CASE OF OOO MEMO v. RUSSIA
https://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-216179
Zitat
(i)  The need to take account of the overall background

162.  The Court reiterates that, in the context of Article 10 of the Convention, it must take account of the circumstances and overall background against which the statements in question were made (see, among many other authorities, Lingens, cited above, § 40, and Bladet Tromsø and Stensaas v. Norway [GC], no. 21980/93, § 62, ECHR 1999-III). [...]
Zitat
(i) Die Notwendigkeit, den allgemeinen Hintergrund zu berücksichtigen

162Der Gerichtshof weist erneut darauf hin, dass er im Zusammenhang mit Artikel 10 der Konvention die Umstände und den Gesamthintergrund berücksichtigen muss, vor dem die fraglichen Aussagen gemacht wurden (siehe, neben vielen anderen Autoritäten, Lingens, a.a.O., Rdnr. 40, und Bladet Tromsø und Stensaas v. Norway [GC], Nr. 21980/93, Rdnr. 62, ECHR 1999-III). [...]

Denn selbstverständlich ist der Zusammenhang dieses Themas mit dem Art 10 EMRK gegeben, wenn jemand nur deswegen mit dem Staat in Konflikt gerät, wenn er Informationsmedien nur deswegen nicht finanziert, da er sie weder konsumiert, noch bestellt hat.


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