Wenn es keinen Kreis der Nichtempfänger gibt dann ist es auch kein Beitrag. Dann wäre es eine Steuer.
Ich hatte ja bereits früher in dieser Diskussion
eine Argumentationsweise darstellt, wie begründet werden könnte, dass es sich um eine Steuer handele. Es macht meiner Ansicht nach jedoch keinen Sinn mehr, vor Gericht Argumente für eine Steuer hervorzubringen, weil die Gerichte diese Argumente gar nicht erst hören, sondern einem reflexartig eine lange Liste mit Urteilen präsentieren und dazu sagen: "Dieser Ansicht schließe ich mich an."
Für weitaus erfolgversprechender halte ich die Argumentation, dass sich die Abgabe nicht deutlich genug von einer Steuer unterscheide. Die deutliche Unterscheidung ist ein Erfordernis, welches das Bundesverfassungsgericht fordert:
"Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben – über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle – einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden." (Vgl. BVerfG, Urteil vom 06.07.2005 - 2 BvR 2335/95 u. 2391/95, Tz. 115)
Meine Argumentation wäre dann folgende:
Der sog. Rundfunkbeitrag unterscheidet sich seiner Art nach
nicht deutlich von der Abgabenart der Steuer, denn:
1. a) Steuern als Instrument zur Finanzierung einer öffentlichen Infrastruktur
Steuern dienen zur Finanzierung einer öffentlichen Infrastruktur. Die Gesamtheit staatlicher Aufgaben bildet ebendiese öffentliche Infrastruktur. Sei es die innere Sicherheit, sei es die äußere Sicherheit, sei es das öffentliche Bildungswesen, sei es das Justizwesen, sei es das Sozialwesen – all dies sind nur einzelne Beispiele für staatliche Aufgaben, die die öffentlichen Infrastruktur bilden.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ungeachtet des Grundsatzes der Staatsferne Teil dieser öffentlichen Infrastruktur, denn er dient der „Integration und Teilhabe an demokratischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozessen“ (Bayerischer Verfassungsgerichtshof v. 15.05.2014). Der Rundfunkbeitrag entgilt nicht eine bestimmte Fernseh- oder Radiosendung bzw. das Programm eines bestimmten Fernseh- oder Radiokanals, d.h. er ist nicht die Gegenleistung für eine besondere Leistung (§ 3 Absatz 1 AO), sondern er dient der Finanzierung der „Gesamtveranstaltung Rundfunk“, d.h. der „funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ gemäß § 1 RBStV und damit der Finanzierung einer öffentlichen Infrastruktur, die sich aus den Runkfunkanstalten als Medienveranstalter, den Landesmedienanstalten als Medienaufsicht und dem Beitragsservice als Abgabenverwaltung zusammensetzt.
b) Die Verteilung des Abgabenaufkommens
Das Steueraufkommen wird auf die einzelnen Haushalte der Gebietskörperschaften, und damit auf die einzelnen Teile der öffentlichen Infrastruktur, verteilt. Die Verteilung des Steueraufkommens ist im Finanzverfassungsrecht des Grundgesetzes geregelt.
Ebenfalls wird das Rundfunkbeitragsaufkommen auf die einzelnen Teile der Infrastruktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, also auf die Rundfunkanstalten, die Landesmedienanstalten und den Beitragsservice, verteilt. Die Verteilung des Rundfunkbeitragsaufkommens wird durch den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) geregelt.
c) Das Vorhandensein eines strukturellen Vorteils
Aus dem Vorhandensein einer durch Steuern finanzierten, öffentlichen Infrastruktur zieht grundsätzlich jede Person einen strukturellen Vorteil, den die Bürger als Mitglieder eines öffentlichen Gemeinwesens aus deren Vorhandensein haben, da sie die Möglichkeit haben, diese vorhandene Infrastruktur zu nutzen.
Aus dem Vorhandensein des durch den Rundfunk“beitrag“ finanzierten, öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat grundsätzlich jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen strukturellen Vorteil (Bayerischer Verfassungsgerichtshof v. 15.05.2014), weil sie die Möglichkeit hat, diesen zu nutzen.
d) Träger der Finanzierungsverantwortung
Der Träger der Finanzierungsverantwortung einer öffentlichen Infrastruktur ist die Allgemeinheit.
Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach § 2 Absatz 1 RStV für die Allgemeinheit bestimmt ist, trägt grundsätzlich jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (mithin die Allgemeinheit) die Finanzierungsverantwortung für diesen.
d) Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Haushalt eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens
Die Haushalte des öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens sind in erster Linie die Haushalte der Gebietskörperschaften. Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk allerdings Bestandteil der öffentlichen Infrastruktur und damit Teil des öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens ist, können die Haushalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Haushalte eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens (§ 3 Absatz 1 AO) betrachtet werden.
e) Finanzierung von Beamtenpensionen im Vergleich zur Finanzierung von „Betriebsrenten“ ehemaliger Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunkstaatsvertrag
Beamtenpensionen, also Ruhegehälter ehemaliger Staatsbediensteter, werden aus dem Steueraufkommen der allgemeinen Staatshaushalte gezahlt. Unstreitig ist, dass die Ruhegehälter ehemaliger Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus dem Rundfunkbeitragsaufkommens gezahlt werden. Die Funktion, die Steuern eines allgemeinen Staatshaushaltes in dieser Hinsicht erfüllen, erfüllt der Rundfunkbeitrag im besonderen Staatshaushalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ungeachtet seiner Besonderheit ist der Haushalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Haushalt eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen (vgl. schon Buchstabe d).
2. Der Vergleich des Rundfunkbeitrags mit einzelnen Steuerarten
a) Vergleich des Rundfunkbeitrages mit der Einkommensteuer
Die Rundfunkbeitragspflicht für den privaten Bereich knüpft gemäß § 2 Absatz 1 RBStV an das Innehaben einer Wohnung an. In der gleichen Weise knüpft die persönliche Einkommenssteuerpflicht gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG an einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland an. Da das EStG keine Legaldefinition des Begriffes „Wohnsitz“ enthält, ist auf die Legaldefinition in der AO zurückzugreifen (Blümich/Rauch, § 1 EStG [124. Auflage, 2014] Rz. 145). Gemäß § 8 AO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Mit der Anknüpfung des § 2 Absatz 1 RBStV ist der Kreis der Rundfunkbeitragspflichtigen somit nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der (Einkommen-) Steuerpflichtigen auf.
b) Vergleich des Rundfunkbeitrags mit der Grundsteuer
Armin Herb, Rundfunkbeauftragter für den Datenschutz des Südwestfunks, spricht von einer „Tatsache, dass der Rundfunkbeitrag vergleichbar der Grundsteuer auf der Immobilie lastet.“ (Vgl. Herb, Armin: Neue Rundfunkfinanzierung – neue Datenschutzprobleme?, MMR 4/2011, 232 ff.) Auch er als Repräsentant des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sieht also, dass sich der Rundfunkbeitrag nicht deutlich genug von einer Steuer unterscheidet, wenn er ihn für mit der Grundsteuer vergleichbar betrachtet.
Hieraus folgt eindrucksvoll, dass der Rundfunkbeitrag, sofern man ihn als „Beitrag“ im finanzverfassungsrechtlichen Sinne betrachtet, sich nicht deutlich von einer Steuer abhebt.