Abgeordnetenhaus Berlin
Vorlage – zur Kenntnisnahme –
(gemäß Art. 50 Abs. 1 Satz 3)
Drucksache 18/2098 vom 20.08.2019
https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/vorgang/d18-2098.pdfDer Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus gemäß Artikel 50 Abs. 1 Satz 3 der Ver- fassung von Berlin über den beabsichtigten Abschluss eines Dreiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages (im Folgenden: 23. Rundfunkänderungsstaatsver- trag) und übersendet anbei den Entwurf des Änderungsstaatsvertrages (Stand: 5. Juni 2019). Redaktionelle Änderungen sind noch möglich. Die Begründung liegt noch nicht vor.
Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben am 6. Juni 2019 dem Entwurf eines 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrages zugestimmt und in Aussicht ge- nommen, den Staatsvertrag nach den notwendigen Vorunterrichtungen der Landespar- lamente bis zu ihrer Konferenz vom 23. bis 25. Oktober 2019 (Jahres-MPK) zu unter- zeichnen.
Schwerpunkte des 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrages sind zum einen die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Rundfunkbei- tragspflicht für Zweitwohnungsinhaberinnen und -inhaber sowie zum anderen die Um- stellung des bislang bereits zweimal gesondert angeordneten (einmaligen) Meldeda- tenabgleichs auf einen regelmäßigen alle vier Jahre – beginnend ab dem Jahr 2022 – stattfindenden Meldedatenabgleich.
Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 18. Juli 2018 festgestellt, dass die Zu- stimmungsgesetze – sofern sie § 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV) in Landesrecht überführen – mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes insoweit un- vereinbar sind, als Inhaber mehrerer Wohnungen über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen werden (Grundsatz der Belastungsgleichheit). Zweitwohnungsinhaberinnen und -inhaber würden für den
gleichen Vorteil (Möglichkeit der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks) mehr- fach herangezogen. Daher hat das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 30. Juni 2020 eine Neuregelung zu treffen, und dazu Vorgaben gemacht.
Mit dieser Entscheidung des BVerfG wird in dem an sich wohnungsbezogenen Rund- funkbeitrag nun erstmals ein personenbezogenes Element eingeführt. Die Neurege- lung des § 4a RBStV orientiert sich in Terminologie und Systematik an der bereits exis- tierenden Befreiungsregelung des § 4 RBStV. Sie enthält ein Antrags- und Nachweis- erfordernis und berücksichtigt den melderechtlichen Status der Wohnung. Mithin kommt die Befreiung nur für solche Wohnungen in Betracht, die von der antragstellen- den Person melderechtlich als Zweit-/Nebenwohnung geführt werden. Von der Befrei- ung wird grundsätzlich abgesehen, wenn die antragstellende Person nicht nachweisen kann, dass sie für die Erst-/Hauptwohnung bereits den Rundfunkbeitrag selbst entrich- tet (Ausnahme: die antragstellende Person hat mehrere Zweit-/Nebenwohnungen inne und entrichtet den Rundfunkbeitrag für eine dieser Zweit-/Nebenwohnungen). Ferner erstreckt sich die Befreiung auf Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner. Damit erübrigt sich nicht bloß ein aufwendiges Verfahren der Umschreibung von Bei- tragskonten, sondern es lassen sich auch der Verwaltungs- und Datenaufwand in der Bearbeitung insgesamt reduzieren und etwaige Umgehungen durch Gesamtschuld- nerschaften weitgehend vermeiden.
Mit der Erweiterung des Datenkatalogs in § 8 Abs. 4 Nr. 4 RBStV auf Fälle, in denen tatsächlich Befreiungssachverhalte zu prüfen sind, wird den Landesrundfunkanstalten die Verifikation der getätigten Angaben ermöglicht. Sie sind insbesondere dazu befugt, über § 9 Abs. 1 RBStV Auskunft über diese Daten zu verlangen.
Daneben wird mit der Aufnahme der Regelung in § 10a RBStV eine eigenständige Rechtsvorschrift geschaffen, die es den Landesrundfunkanstalten generell gestattet, rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide (Festsetzungs- und Befreiungsbescheide) in einem automatisierten Verfahren zu erlassen. Solche Bescheide ergehen üblicher- weise auf Grundlage einfach strukturierter Sachverhalte, bei denen weder Ermessens- noch Beurteilungsspielraum besteht.
Dem zweiten Schwerpunkt des 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrages – die staatsver- tragliche Verankerung eines dauerhaften automatischen Meldedatenabgleichs in § 11 Abs. 5 RBStV – ist eine Evaluierung gemäß § 14 Abs. 9a RBStV vorausgegangen. Diese hat ergeben, dass ein regelmäßiger Meldedatenabgleich als ein geeignetes, er- forderliches und auch im Übrigen verhältnismäßiges Mittel zu bewerten ist, welches maßgeblich zum Erreichen von Beitragsgerechtigkeit und -stabilität beiträgt. Eine nur anlassbezogene Datenübermittlung durch die Meldebehörden hat sich nicht als gleichwertige Alternative erwiesen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zwischen Bei- tragsgerechtigkeit und dem Schutz persönlicher Daten wird der Meldedatenabgleich bloß dann nicht erfolgen, wenn die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) in ihrem Bericht nach § 3 Abs. 8 des Rundfunkfinanzierungs- staatsvertrages (RFinStV) feststellt, dass der Datenbestand hinreichend aktuell ist.
Die weiteren Anpassungen in § 11 RBStV sind Folgeänderungen aufgrund der EU- Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die seit dem 25. Mai 2018 unmittelbar gilt. Hierbei geht es demnach um den Gebrauch von nach der DSGVO eingeräumten Ge- staltungsmöglichkeiten für das nationale Recht. So dienen etwa die nach § 11 Abs. 7 Satz 4 RBStV angefügten Sätze primär der Klarstellung, die im Übrigen auch den Wer- tungen des Art. 23 Abs. 1 lit. e DSGVO entspricht. Eine proaktive und individuelle In- formation der Beitragsverpflichteten brächte angesichts des Massenverwaltungsverfah- rens mit etwa 44 Mio. Beitragskonten einen unverhältnismäßigen Aufwand mit sich. Dem berechtigten Informationsinteresse der Beitragsverpflichteten kann nur in allgemeiner Form (etwa auf der Homepage des Beitragsservice) Rechnung getragen werden. Wer darüber hinaus eine konkrete Auskunft über die zu seiner Person gespei- cherten Daten wünscht, kann seinen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch gemäß § 11 Abs. 8 RBStV geltend machen. Dabei entspricht der Auskunftsanspruch des Beitragsverpflichteten konsequent seinen Anzeigepflichten nach § 8 Abs. 4 RBStV. Der abschließend definierte Datenkatalog trägt hierbei nicht nur zur Rechtsklarheit und -sicherheit für den Beitragsverpflichteten bei, sondern gewährleistet auch, dass die Landesrundfunkanstalten und der Beitragsservice den Auskunftsanspruch noch mit verhältnismäßigem Verwaltungs- und Kostenaufwand erfüllen können.
Im Hinblick auf die Kostenauswirkungen auf Privathaushalte bleibt die Höhe des Rund- funkbeitrages im Grundsatz unverändert, da auch zukünftig die Wohnung der Anknüp- fungspunkt für die Beitragspflicht ist. Lediglich solche Beitragsverpflichteten, die auf- grund ihrer Zweit-/Nebenwohnung(en) bislang mehr als einen Rundfunkbeitrag entrich- tet haben, können von der Privilegierung profitieren. Die sich hieraus sowie aus der Einführung des regelmäßigen Meldedatenabgleiches resultierenden finanziellen Aus- wirkungen werden durch die KEF im Rahmen ihrer laufenden Berichte geprüft werden.
Da höchstens individuelle Veränderungen der Rundfunkbeitragslast im Privatbereich – und nicht im Bereich der öffentlichen Hand – denkbar sind, ergeben sich hier keine Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung.
Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg – namentlich hin- sichtlich des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg (sog. rbb-Staatsvertrag) sowie des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich der Medien (sog. MStV BE-BB) – sind nicht ersichtlich.
Berlin, den 20. August 2019
Michael Müller Regierender Bürgermeister
Der Senat von Berlin
Diskussion zum Thema 23. RÄStV bitte unter
Landesregierung Niedersachsen gibt grünes Licht für 23. RÄStV
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31733.0.html
Dieser Thread bleibt der Übersicht halber für die Diskussion geschlossen.