Dies hat eine tiefgehende, grundrechtsverletzende Bewandnis, die für oder vom Beitragsservice ausgearbeitet wurde: Beteiligte Mitbewohner sollen aus dem Rechtsgeschäft auf Teufel komm raus herausgehalten werden. Rechtliches Gehör könnten sie aber vor Gericht fordern. Sie werden aber nicht darauf hingewiesen. Eine Gesamtschuldnerschaft hat immer mindestens 2 beteiligte Schuldner. Es wurde meines Erachtens noch nie in Erwägung gezogen, diese Beteiligten in ein Klageverfahren mit aufzunehmen. Ich kann nur empfehlen, dies zu beantragen. Besonders, je mehr Personen mit möglichen Befreiungs- und/ oder Ermäßigungstatbeständen zusammen wohnen.
Hier scheinen sich, m.A.n., das Prinzip der "Verwaltungsvereinfachung / Datenschutz" und das Prinzip des "Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG" zu beißen.
Ich glaube gar nicht mal, daß die Mitbewohner aus dem "Rechtsgeschäft" herausgehalten werden sollen. Man will die Verwaltung vereinfachen -> Gesamtschuldnerschaft
Man muß die Daten der mitwohnenden Personen löschen, wenn ein "Beitragsschuldner" festgestellt wurde -> Gesamtschuldnerschaft
Insgesamt eine Vereinfachung
Da § 2 RBStV jedoch ausdrücklich auf § 44 AO verweist, sollte man sich diesen mal näher ansehen:
§ 44 AO
(1) 1Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. 2Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.
(2) 1Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. 2Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. 3Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. 4Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.
https://dejure.org/gesetze/AO/44.html
Also kucken wir uns doch mal diese §§ an. Gleich bei § 268 AO werden wir fündig:
§ 268 AO
Sind Personen Gesamtschuldner, weil sie zusammen zu einer Steuer vom Einkommen oder zur Vermögensteuer veranlagt worden sind, so kann jeder von ihnen beantragen, dass die Vollstreckung wegen dieser Steuern jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach Maßgabe der §§ 269 bis 278 bei einer Aufteilung der Steuern ergibt.
https://dejure.org/gesetze/AO/268.html
Dieser Antrag wird in § 269 AO näher erläutert:
§ 269 AO
(1) Der Antrag ist bei dem im Zeitpunkt der Antragstellung für die Besteuerung nach dem Einkommen oder dem Vermögen zuständigen Finanzamt schriftlich oder elektronisch zu stellen oder zur Niederschrift zu erklären.
(2) 1Der Antrag kann frühestens nach Bekanntgabe des Leistungsgebots gestellt werden. 2Nach vollständiger Tilgung der rückständigen Steuer ist der Antrag nicht mehr zulässig. 3Der Antrag muss alle Angaben enthalten, die zur Aufteilung der Steuer erforderlich sind, soweit sich diese Angaben nicht aus der Steuererklärung ergeben.
https://dejure.org/gesetze/AO/269.html
Daraus folgt:
1. Den Gesamtschuldnern muß zuallererst einmal ein grundsätzlicher Leistungsbescheid zugestellt werden, damit diese nach § 269 AO i.V.m. § 2 Abs. 3 RBStV die Möglichkeit haben, die Gesamtschuldnerschaft gleichmäßig unter sich aufzuteilen.
2. Alle Gesamtschuldner müssen die Möglichkeit haben, die "Schuld" unter einander aufzuteilen. Das wäre jetzt wieder der Punkt, daß VA inhaltlich bestimmt sein müssen.
3. Der BS müßte dann in einer z.B. WG mit 4 Mitbewohnern, 4 Personen jeweils einen Bescheid zukommen lassen.
-> Enorme Verwaltungsverkomplizierung, aber eine direkte Folge aus § 2 RBStVUnd jetzt schlagen wir den Bogen zurück zum Rechtsgeschäft, aus dem die Mitbewohner rausgehalten werden (sollen).
Wenn ein Mitbewohner einen "Bescheid" erhält, dann müßten alle Mitbewohner jeweils einen Antrag bei der zuständigen LRA auf Aufteilung der Gesamtschuld nach AO stellen. Diese würden aller Wahrscheinlichkeit nach je mit Widerspruchsbescheid abgelehnt werden. Bei 4 WGlern hätte das 4 Anfechtungsklagen zur Folge, obwohl ursprünglich nur 1 "Bescheid" erlassen wurde.
Der Mitbewohner kann sich durchaus selbst in das Rechtsgeschäft einmischen. Aber seien wir doch ehrlich, die wenigsten wollen das. Sie sind froh, daß es den anderen erwischt hat. Diesen unterstützen sie vielleicht bei seinem Widerstand, aber eben nur aus der Deckung heraus.
Solange die anderen Mitbewohner nicht im "Bescheid" genannt sind, ist der "Bescheid" auch nicht an sie adressiert, d.h. er wird für sie nicht wirksam. (Vgl. Ausführung Seppl
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28945.msg181998.html#msg181998)
2. liest man Punkt 3 (Befreiung oder Ermäßigung auf Kinder), dann sind Kinder auch Beitragsschuldner und müssen dementsprechend in die Gesamtschuldnerschaft. Das ist nicht alles. Ermäßigung auf Kinder deutet darauf hin, dass Kinder auch zahlen müssen.
Jein. Wenn in einem Haushalt ein (nicht-volljähriges) Kind lebt, das Sozialhilfe oder eine andere in § 4 RBStV genannte Befreiung erhält, dann wird das auf den "Beitragsschuldner" angewendet. Hier, soweit man überhaupt nachgedacht hat, geht man wohl davon aus, daß wenn einem eine soziale Hilfe gewährt wird, das entsprechende Amt vorher alle Unterlagen aller ansonsten Verpflichtbaren (Eltern) überprüft und festgestellt haben, daß sie bettelarm sind. Die Kinder sind keine "Beitragsschulder", da sie nicht volljährig sind.
"Witzigerweise" entfällt die Beitrags-Befreiung in dem Moment wieder, in dem das Kind (aus rein gesetzlichen Gründen ohne tatsächliche Änderung der Finanzlage) keine Sozialhilfe / Arbeitslosengeld mehr erhält, die Eltern aber weiter bettelarm sind.
Dies mag wohl auch darauf beruhen, daß sich bei der Sozialgesetzgebung ständig Änderungen ergeben, die in den anderen Gesetzen nicht schnell genug umgesetzt wurden. Das Problem bestände nicht mehr, wenn man die Befreiungsanträge vereinfachen würde: Einkommensnachweis bei einer Behörde (Finanzamt, Gemeinde, Sozialamt etc.) vorzeigen und sich abstempeln lassen, daß man unter dem Existenzminimum lebt bzw. das Existenzminimum unterschritten würde, wenn man den "Beitrag" zahlen würde.
Ganz einfach. Ganz fair. Aber nicht gewollt.