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Autor Thema: 23. RÄStV "vollständig automatisierter Erlass v. Bescheiden" > Rechtsfolgen?  (Gelesen 67677 mal)

K
  • Beiträge: 2.246
[..]
Tritt jetzt nicht u.U. der Fall ein, dass die Vollstreckungsorgane Ihrer Prüfungspflicht der Vollstreckungsvoraussetzungen nicht nachgekommen sind und dafür haftbar gemacht werden können?  >:D

Die Vollstreckungsorgane brauchen die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht zu prüfen: sie bekommen mit Vollstreckungsersuchen vom Gläubiger attestiert, dass diese vorliegen.


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"Deutschland, unendlich viele (ok: 16) Bundesländer. Wir schreiben das Jahr 2024. Dies sind die Abenteuer abertausender ÖRR-Nichtnutzer, die sich seit nunmehr 11 Jahren nach Beitragseinführung immer noch gezwungen sehen Gesetzestexte, Urteile usw. zu durchforsten, zu klagen, um die Verfassungswidrigkeit u. die Beitragsungerechtigkeit zu beweisen. Viele Lichtjahre von jeglichem gesunden Menschenverstand entfernt müssen sie sich Urteilen unterwerfen an die nie zuvor je ein Mensch geglaubt hätte."

  • Beiträge: 7.385
Die Vollstreckungsorgane brauchen die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht zu prüfen:
Falsch.

Vollstreckt die Kasse.Hamburg bei undefinierter Gesamtschuldnerlage "ins Blaue"?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33983.msg206931.html#msg206931
Zitat
hochinst. Urteile > Bestreiten/Nachweis Zustellung/Bekanntgabe (Zugangsfiktion)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13736.msg92306.html#msg92306
mit der Aussage
Zitat
Zitat
Rn. 8
[...] Daraus ergibt sich, daß die Rechtmäßigkeit einer Vollstreckung und damit auch einer in deren Rahmen getroffenen Vollstreckungsmaßnahme vom Erlaß eines Leistungsbescheids im vorgenannten Sinne abhängig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muß, da sie Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Vollstreckung ist, in jedem Stadium der Vollstreckung von Amts wegen geprüft werden. [...]
BFH
Az. VII B 151/85
Beschluss vom 04.07.1986

http://www.bfh.simons-moll.de/bfh_1986/XX860731.HTM


Edit "Bürger":
Die eigenständige Frage, ob und inwieweit die Vollstreckungsstellen die Vollstreckungsvoraussetzungen eigenständig prüfen müssen und ggf. haftbar sind, wenn sie dies unterlassen, bitte hier nicht weiter vertiefen, sondern wenn, dann bitte in gut aufbereitetem eigenständigen Thread mit aussagekräftigem Thread-Betreff - unter Berücksichtigung dazu bereits existierender Diskussionen (Forum-Suche).
Hier bitte nur zum eigentlichen Kern-Thema dieses Threads, welches da lautet
23. RÄStV "vollständig automatisierter Erlass v. Bescheiden" > Rechtsfolgen?
Danke für allerseitiges Verständnis und die Berücksichtigung.


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Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

s
  • Beiträge: 172
Zitat
§ 10 a Vollständig automatisierter Erlass von Bescheiden
Die zuständige Landesrundfunkanstalt kann rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide vollständig automatisiert erlassen, sofern weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht.

Muss die Landesrundfunkanstalt nicht VOR Erlass eines Bescheides prüfen, ob die Vorraussetzungen vorliegen?
- Wohnungsinhaberschaft wird vermutet - können Computer vermuten?
- Wird für diese Wohnung bereits gezahlt?
- Ist der vermutete Inhaber befreit/teilbefreit? bzw. gibt es Anhaltspunkte dafür, dass er es ist?
- bei mehreren Beitragsschuldnern muss ja jemand festlegen, welcher Inhaber namentlich angeschrieben wird, also wer Bescheidempfänger ist - spätestens hier muss ein Mensch die Auswahl nach Ermessen oder per Beurteilung treffen, oder?

Sprich, muss die Rundfunkanstalt nicht ohnehin VOR Bescheiderlass eine Beurteilung der Sachlage vornehmen? Bei jeder Beurteilung gibt es einen Spielraum, der kann eng oder weit sein, das tut nichts zur Sache. 35a kann somit doch für den Erlass eines Rundfunkbescheids überhaupt nicht gelten, da in jedem Fall eine Beurteilung erfolgen muss oder?
Mal abgesehen davon, dass die Rundfunkanstalten von der Anwendung des VwVfG ausgenommen sind...


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 27. Juli 2020, 18:01 von Bürger«

  • Beiträge: 7.385
Muss die Landesrundfunkanstalt nicht VOR Erlass eines Bescheides prüfen,
Die Landesrundfunkanstalt erläßt keine Bescheide, denn sie ist ein "Unternehmen im Sinne des Kartellrechts", siehe

BGH KZR 31/14 - Dt. ÖRR = Unternehmen im Sinne des Kartellrechts
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33155.msg203052.html#msg203052

, dem das gar wegen bundesrechtlich fehlendem Selbsttitulierungsrecht nicht zusteht, siehe

BVerfG - 1 BvL 8/11 - Selbsttitulierungsrecht mit dem GG unvereinbar
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33718.msg205325.html#msg205325


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  • Ersatzmaßstab Wohnung: das BVerfG erklärt die Welt
Die Landesrundfunkanstalt erläßt keine Bescheide, denn sie ist ein "Unternehmen im Sinne des Kartellrechts", ...

Ja, aber dennoch ist die Aussage so reiner Quark! Die Realität sieht nämlich leider nicht so aus, wie man sich das in Brandenburg wohl ausmalt. Die Realität ist, dass Landesrundfunkanstalten nicht vor den Amtsgerichten sondern vor den Verwaltungsgerichten verklagt werden müssen, was bei Unternehmen bekanntlich nicht der Fall ist. Die Realität zeigt, dass Richter die Landesrundfunkanstalten in "Beitragsfragen" als Behörden ansehen, nicht als Unternehmen. Die Realität kommt in Form von Vollstreckungen auf Nichtzahler zu, wobei die Gerichtsvollzieher etc. diese Forderungen ohne Gerichtsbeschluss umsetzen, ganz so, als handle es sich bei den Landesrundfunkanstalten um Behörden. Das alles ist zweifellos fragwürdig und beklagenswert, wird aber zigtausendfach so gehandhabt; eindeutig zum Nachteil der Bürger, deren Interessen kaum interessieren. Dagegen wie Rumplsteilzchen mit dem Fuss aufzustampfen und immer wieder die gleiche, durchaus zutreffenden aber letztlich folgenlosen Feststellungen ins Netz zu pusten, ist keine Aktivität, die die Verantwortlichen pieren könnte oder irgendetwas am Status Quo ändert. Nicht zuletzt hilft die ständige Wiederholung keinem Teilnehmer des Forums wirklich weiter, da sie an der gelebten Realität vorbei geht. Frage also: wo ist der Weg, der den geltenden Regeln auch für den ÖR-Rundfunk zum Durchbruch verhilft? Wie geht man praktisch vor und wo bleibt die diesbezüglich Attacke aus Brandenburg? Warum liest man rein gar nichts vom Erfolg einer Strategie "ÖR-Rundfunkanstalten sind Unternehmen im Sinne des Kartellrechts"?

M. Boettcher


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Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.

  • Moderator
  • Beiträge: 11.744
  • ZahlungsVERWEIGERER. GrundrechtsVERTEIDIGER.
    • Protest + Widerstand gegen ARD, ZDF, GEZ, KEF, ÖRR, Rundfunkgebühren, Rundfunkbeitrag, Rundfunkstaatsvertrag:
@alle:
Hier bitte keine weitere Vertiefung des "Kartellrechts" oder der Frage, inwiefern "Rundfunkanstalten" überhaupt (nach außen gerichtete "verwaltungsrechtliche" und/oder "rundfunkbeitragsrechtliche") Bescheide erlassen dürfen.

Hinweis: Die neu geschaffene (Un-)"Rechtsgrundlage" für den "vollautomatisierten Erlass" betrifft ausweislich des Gesetzentwurfs/ Gesetzes "rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide" - was auch immer das sein will oder soll:
Vorunterrichtung Länderparlamente: Vorunterrichtung zu Entwurf 23. RÄStV
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=31736.0

Zitat
5. Nach § 10 wird folgender § 10 a eingefügt:
“§ 10 a Vollständig automatisierter Erlass von Bescheiden
Die zuständige Landesrundfunkanstalt kann rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide vollständig automatisiert erlassen, sofern weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht.”

Hier bitte nur zum eigentlichen Kern-Thema dieses Threads, welches da lautet
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  • Beiträge: 1.665
  • This is the way!
Guten TagX,

rein fiktiv natürlich, zu Antwort #96
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,31934.msg206796.html#msg206796

Liste § 35 a Landesverwaltungsgesetze; Stand 20.07.2020.

Für Baden-Württemberg:
Beabsichtigte Einführung § 35 a LVwVfG

Beteiligungsportal Baden-Württemberg
https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/mitmachen/lp-16/landesverwaltungsverfahrensgesetz/

Zitat
Änderung des Landes­verwaltungsverfahrens­gesetzes und anderer Gesetze

Mit den Änderungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes können Erlasse von Verwaltungsakten künftig vollständig automatisiert umgesetzt und durch Datenabruf bekanntgegeben werden.

Stand: Gesetzentwurf Kabinettsbefassung 21.07.2020 – Freigabe zur Anhörung
Gesetz zur Änderung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes und anderer Gesetze

https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/beteiligungsportal/IM/200721_Gesetzentwurf_Aenderung_Landesverwaltungsverfahrengesetz_und_anderer_Gesetze.pdf
Zitat
Zu Nummer 3
(§ 35a Vollständig automatisierter Erlass eines Verwaltungsaktes)

Seit langem setzt die Verwaltung in vielfältiger Weise automatische Einrichtungen als Hilfsmittel auch beim Erlass von Verwaltungsakten ein. Die Verwendung moderner Informationstechnik nimmt stetig zu. Zugleich werden die verfügbaren Systeme immer leistungsfähiger, so dass inzwischen auch ein vollständig automatisierter Erlass von Verwaltungsakten technisch möglich und rechtlich vertretbar ist. Die Vorschrift stellt klar, dass es sich auch hierbei um Verwaltungsakte handelt, so dass die Vorschriften über Verwaltungsakte anwendbar sind. Daran könnten sonst Zweifel bestehen, da die den Verwaltungsakt charakterisierende Entscheidung oder Feststellung regelmäßig die Willensbetätigung eines Menschen voraussetzt. Beim Einsatz vollautomatischer Systeme fehlt es aber an einer Willensbetätigung im jeweiligen Einzelfall, diese wird vielmehr bei der Programmierung des Systems gleichsam vorweggenommen. Trotz fortgeschrittener Technik kommt der vollautomatische Erlass von Verwaltungsakten nur in Frage, wenn das anzuwendende materielle Recht nach Subsumtion des jeweiligen Sachverhalts eine Entscheidung ohne Ausübung von Ermessen und keine Beurteilungsspielräume vorsieht. Die Ausübung von Ermessen setzt ebenso eine menschliche Willensbetätigung voraus wie die individuelle Beurteilung eines Sachverhalts. Der Gesetzesvorbehalt in § 35a soll angesichts des weiten Anwendungsbereiches des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes sicherstellen, dass nur geeignete Verfahren für eine vollständig automatisierte Bearbeitung zugelassen werden.

Bei der Zulassung des vollständig automatisierten Erlasses eines Verwaltungsakts durch ein Fachgesetz ist insbesondere die Vereinbarkeit mit Artikel 22 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Daten-schutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1, ber. ABl. L 314 vom 22.11.2016, S. 72) zu beachten.

Für das Saarland:

Drucksache 16/1349 vom 17.06.2020;  Gesetzentwurf der Regierung des Saarlandes; betr.: Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften
https://www.landtag-saar.de/File.ashx?FileId=13132&FileName=Gs16_1349.pdf&directDL=false

Seite 8:

Zitat
Bei  der  Einrichtung  von  Verfahren  zum  Erlass  automatisierter  Verwaltungsakte  sind Erwägungsgrund 71 sowie Artikel 22 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments  und  des  Rates  vom  27.  April  2016  zum  Schutz  natürlicher  Personen  bei der Verarbeitung personenbezogenerDaten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhe-bung der Richtlinie 95/46/EG (Verordnung (EU) 2016/679) zu beachten.


Erwägungsgrund 71 Profiling1
https://dsgvo-gesetz.de/erwaegungsgruende/nr-71/
Zitat
Die betroffene Person sollte das Recht haben, keiner Entscheidung – was eine Maßnahme einschließen kann – zur Bewertung von sie betreffenden persönlichen Aspekten unterworfen zu werden, die ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruht und die rechtliche Wirkung für die betroffene Person entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt, wie die automatische Ablehnung eines Online-Kreditantrags oder Online-Einstellungsverfahren ohne jegliches menschliche Eingreifen.
Zu einer derartigen Verarbeitung zählt auch das „Profiling“, das in jeglicher Form automatisierter Verarbeitung personenbezogener Daten unter Bewertung der persönlichen Aspekte in Bezug auf eine natürliche Person besteht, insbesondere zur Analyse oder Prognose von Aspekten bezüglich Arbeitsleistung, wirtschaftliche Lage, Gesundheit, persönliche Vorlieben oder Interessen, Zuverlässigkeit oder Verhalten, Aufenthaltsort oder Ortswechsel der betroffenen Person, soweit dies rechtliche Wirkung für die betroffene Person entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt.
...
In jedem Fall sollte eine solche Verarbeitung mit angemessenen Garantien verbunden sein, einschließlich der spezifischen Unterrichtung der betroffenen Person und des Anspruchs auf direktes Eingreifen einer Person, auf Darlegung des eigenen Standpunkts, auf Erläuterung der nach einer entsprechenden Bewertung getroffenen Entscheidung sowie des Rechts auf Anfechtung der Entscheidung.
...

1Dieser Titel ist eine inoffizielle Beschreibung des Erwägungsgrundes



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  • IP logged  »Letzte Änderung: 05. August 2020, 15:27 von Bürger«

S
  • Beiträge: 25
...
Für die vollautomatischen Festsetzungsbescheide heißt das im KlarteXt:

Alle vor dem 01.06.2020 abgewickelten vollautomatischen Festsetzungsbescheide sind keine Verwaltungsakte, da eine Rechtsvorschrift im "Fachgesetz Rundfunkbeitragsstaatsvertrag" fehlte.
Sie sind also nicht im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckbar.
...

Wie paßt diese Aussage mit den ebenfalls vom Profäten erstellten untenstehenden Post zusammen?

...
Der geniale Prof. Dr. Stelkens führt unter Rn. 55 - 57 zu § 35 a aus: 

Zitat
2.   Rechtsfolgen unzulässiger Vollautomatisierung des Verwaltungsverfahrens

55
Auch wenn nach dem Wortlaut des § 35a die Behörde nur bei Beachtung des Rechtsvorschriftenvorbehalts einen VA vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen „kann“, heißt dies nicht, dass bei Nichtbeachtung des Rechtsvorschriftenvorbehalts ein dennoch vollständig durch automatische Einrichtungen erlassener VA mangels Zurechenbarkeit zu einer Behörde als Schein-VA zu behandeln wäre (zum Vorliegen eines Schein-VA bei fehlender Zurechnungsmöglichkeit zu einer Behörde s. § 35 Rn. 62, § 44 Rn. 5). Da der Gesetzgeber mit Einfügung des § 35a auch klarstellen wollte, dass der „vollständig durch automatische Einrichtungen erlassene VA“ in jeder Hinsicht ein VA i. S. des § 35 ist (Rn. 1, 28), ist das „kann“ in § 35a als „darf“ zu lesen.85 Daher sind auch unter Verstoß gegen § 35a „vollständig durch automatische Einrichtungen erlassene VA“ als VA i. S. des Verwaltungsprozessrechts mit Widerspruch und Anfechtungsklage anfechtbar, s. Rn. 48, 63.

56   
Wird ein vollautomatisiertes VwVf unter Nichtbeachtung des Rechtsvorschriftenvorbehalts und sonstiger Grenzen eingeführt, sind die so erlassenen VA jedoch allein deshalb rechtswidrig. Wegen der fließenden Grenzen zwischen der nicht dem Rechtsvorschriftvorbehalt des § 35a unterfallenden Teilautomatisierung des VwVf und seiner Vollautomatisierung dürfte dagegen Nichtigkeit i. S. des § 44 Abs. 1 kaum anzunehmen sein86 (vgl. § 44 Rn. 103 ff.). Auch insoweit sind die Rechtsfolgen rechtswidrig vollständig durch automatische Einrichtungen erlassener VA mit den Rechtsfolgen des Erlasses eines VA unter Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft vergleichbar, s. § 35 Rn. 60.

57   
Die rechtswidrige Vollautomatisierung eines VwVf kann für sich allein keine Verletzung einer drittschützenden Amtspflicht sein, die Amtshaftungsansprüche begründet. Drittschützende Amtspflicht ist jedoch etwa die Pflicht des Unterlassens rechtswidriger Verfahrensverzögerungen; sofern diese durch rechtswidrige Verwaltungsautomation eintreten (etwa auf Grund einer Verweigerung einer „Aussteuerung“), sind die hierdurch entstehenden Schäden bei Verschulden zu ersetzen.87 Hinsichtl. des Verschuldens ist auf die Vorwerfbarkeit der Entscheidung der Behördenleitung abzustellen, ein ungeeignetes VwVf vollautomatisiert durchzuführen.88

85   So i. E. auch Luthe SGb 2017, 250, 251; Schmitz/Prell NVwZ 2016, 1273, 1276.
86   Luthe SGb 2017, 250, 252 ff.; Schmitz/Prell NVwZ 2016, 1273, 1276.
87   Vgl. U. Stelkens DVBl 2010, 1078, 1082.
88   U. Stelkens in Hill/Schliesky (Hrsg.), Auf dem Weg zum digitalen Staat – auch ein besserer Staat?, 2015, 191, 212 ff. (dort auch zur Frage der Passivlegitimation und des internen Ausgleichs bei mehreren verantwortl. Behörden).
...

Wenn ich das richtig verstehe, dann sind die Verwaltungsakte zwar rechtswidrig, aber dennoch nicht nichtig. Also sind die Festsetzungsbescheide immer noch Verwaltungsakte. Sofern man dagegen nicht via Widerspruch und evtl. anschließender Klage erfolgreich vorgeht, wirken die Bescheide fort und somit auch die Zahlungspflicht. Und dann sind sie auch im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckbar. Oder wo liegt mein Denkfehler?


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PersonX sieht keinen Denkfehler.

"Wird ein vollautomatisiertes VwVf unter Nichtbeachtung des Rechtsvorschriftenvorbehalts und sonstiger Grenzen eingeführt, sind die so erlassenen VA jedoch allein deshalb rechtswidrig."
Es kommt so gesehen nur auf das an.
Es muss lediglich geprüft werden ob ein vollautomatisiertes Verwaltungs Verfahren ausgeführt wurde ohne, dass es dafür zu dem Zeitpunkt eine Rechtsvorschrift gab, welche das zulässig machte.
So zumindest würde PersonX das verstehen. Die Folge wäre gleich.

Wie würde mit rechtswidrigen Bescheiden verfahren? Am besten aufheben lassen. Fertig.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 22. September 2020, 07:36 von PersonX«

g
  • Beiträge: 133
Die Argumentation der Gegenseite dürfte allerdings lauten, dass - sofern die automatisch erlassenen Bescheide denn als rechtswidrige Verwaltungsakte behandelt werden sollten - dennoch eben keine Nichtigkeit vorläge, da das Ergebnis bei einem manuellen Verwaltungsakt das gleiche wäre.
Ob eine Behörde mit Vorsatz millionenfach rechtswidrige Verwaltungsakte erlassen darf, die dann aber trotzdem nicht nichtig sind, ist natürlich fragwürdig, aber in der Praxis durchaus vorstellbar.

Es wäre daher vermutlich sinnvoll die zweite Bedingung für die Zulässigkeit von §35a, nämlich das Fehlen eines Ermessens und Beurteilungsspielraums, ebenfalls zu thematisieren. In diesem Fall läge womöglich ein schwerwiegender Fehler vor, der Nichtigkeit des Verwaltungsaktes zur Folge hätte.

Person R hat in seiner Klagebegründung argumentiert, dass bereits bei der automatischen Direktanmeldung die Wahl des Gesamtschuldners (bei mehreren Bewohnern einer Wohnung) nicht nach klar erkennbaren Regeln stattfindet, sondern hier ein Ermessen vorliegt. Auch liegt der Zeitpunkt, wann ein Bescheid erlasen wird, im Ermessen der Behörde (bzw. automatischen Datenverarbeitungsanlage). Durch unterschiedliche Zeitpunkte werden auch (insgesamt) unterschiedlich hohe Säumniszuschläge angesetzt. Die Automatisierung hat also auch ganz konkrete Auswirkungen auf den festgesetzten Betrag.


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  • Beiträge: 691
Ich kann die Frage von Sunny47 gut nachvollziehen, weil sie sich mir auch stellte.

kurze Erklärung:
Unklarheit besteht lediglich nur darin, ob die rechtswidrigen vollautomatischen Verwaltungsakte auch nichtig sind, weil es eben aufgrund des fehlenden menschlichen Entscheidungswillens keinen Verwaltungsakt gegeben hat. Trotzdem sind sogenannte Scheinverwaltungsakte (Festsetzungsbescheide) von der Maschine geschaffen worden, die rein äußerlich die Form eines Verwaltungsaktes angenommen haben. Für die Nichtigkeit ist es notwendig, dass diese offensichtlich ist. Wenn die Nichtigkeit allerdings hinter einem Scheinverwaltungsakt verborgen wurde, ist sie nicht von vornherein gegeben - also nicht offensichtlich.
Sind jedoch die Begleitumstände der vollautomatischen Festsetzungsbescheide offiziell bekannt, so könnte deren Nichtigkeit offensichtlich sein.

Der wichtige Unterschied zwischen der Nichtigkeit und der Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten liegt in der Praxis darin, dass rechtswidrige Verwaltungsakte unanfechtbar werden, wenn ihnen nicht widersprochen oder dagegen geklagt wurde. Nichtige Verwaltungsakte sind von Anfang an unwirksam, auch wenn ihnen nicht widersprochen wurde.


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s
  • Beiträge: 172
Zitat
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
§ 35a Vollständig automatisierter Erlass eines Verwaltungsaktes
Ein Verwaltungsakt kann vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen werden, sofern dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist und weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht.

Meine Denke dazu:
Wenn es an der entsprechenden Rechtsvorschrift fehlt, dann kann der VA eben nicht erlassen werden. Bei einem rechtswidrigen VA handelt die Behörde auf eine Art, die ihr verboten ist, oder die ihr nicht erlaubt ist.
Hier wird aber das Verb können benutzt, d.h. in dem Moment, wo die Voraussetzungen für das "können" nicht vorliegen, ist es unmöglich. Ein VA der nicht erlassen werden kann, ist kein VA denn, es ist unmöglich, dass es überhaupt zu einem VA kommt, denn er wird ja nicht wirksam erlassen.

Die Frage der Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit stellt sich hier nicht, denn dazu müsste überhaupt erstmal ein VA vorliegen. Wegen der Unmöglichkeit des Erlasses, gibt es aber gerade keinen VA.

Anmerkung: der Gesetzgeber hätte statt "kann" auch "darf" benutzen können, dann würde sich tatsächlich die Frage der Rechtswidrigkeit (weil "nicht erlaubniskonform") stellen - hat er aber nicht getan, sondern das Verb "können" benutzt.



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@sky-gucker:

Die Formulierung "kann [...] erlassen werden, sofern" bedeutet nicht nur, dass besondere Voraussetzungen für den Erlass von vollautomatischen VA erfüllt sein müssen, sondern auch, dass die genauen Umstände dahingehend beurteilt werden müssen. Das heißt, es muss bei der Entscheidung über die Anwendbarkeit des vollautomatischen Verfahrens ein Ermessen ausgeübt werden.

Wer darf eigentlich darüber entscheiden, ob ein vollautomatisches Verfahren beim Rundfunk durchgeführt werden soll?


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Ok, Eure Antworten zeigen mir, daß ich das doch ganz gut verstanden habe. Ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, daß ein rechtswidriger Verwaltungsakt trotzdem Bestand haben kann.

Mich hatte nur gewundert, daß der Profät hier im Thread auf Basis der Rand-Nr. 56 von Prof. Stelkens die  Rechtswidrigkeit betont und (in Beitrag Nr. 103) den Eindruck erweckt, als wäre es sichere Rechtslage, daß alle vor dem 01.06.2020 abgewickelten vollautomatischen Festsetzungsbescheide keine Verwaltungsakte Akte sind. Gleich im zweiten Satz zur Rand-Nr. 56 steht doch "... dürfte dagegen Nichtigkeit i. S. des § 44 Abs. 1 kaum anzunehmen sein".

Bei aller Wertschätzung für die Arbeit des Profäten hier, halte ich es (vornehm ausgedrückt) für ziemlich bedenklich, wenn auf die Frage (Beitrag Nr. 102 hier im Thread) des "nur Bahnhof verstehenden" Users Zaubernuss wider besseren Wissens eine sichere Rechtslage suggeriert wird, die (leider) nicht existiert. Er hätte hier doch wenigstens darauf hinweisen müssen, daß es seine Einschätzung ist und daß diese vom Experten Prof. Stelkens abweicht.


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Bitte nicht anfangen rumzuwurschteln.  ???

Es gibt zwei Rechtslagen, die beide für uns aktuell sind: eine bis 31.5.2020 und eine ab 1.6.2020.

Hier der von Stelkens et al. zitierte Absatz §44 (1) VwVfG:
Zitat
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__44.html

Stelkens et al. sagt nur - hier mit meinen Worten - dass ein Verstoß gegen §35a nicht schon eine Nichtigkeit zur Folge hat, sondern nur die Rechtswidrigkeit.

Zur Systematik von rechtmäßig/rechtswidrig, bestandskräftig, rechtswirksam, rechtsunwirksam (=nichtig) war für mich dieses PDF hilfreich:

https://www.uni-bamberg.de/fileadmin/uni/fakultaeten/sowi_professuren/oeffentliches_recht/LV_WS_08_09/OER_II_Bamberg_19.12.08_Teil_8.pdf

In diesem PDF werden Gründe diskutiert, die zu einer Nichtigkeit oder nicht führen können - hauptsächlich eine Diskussion des ganzen §44 VwVfG.

Die hiesige Diskussion um Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit betrifft Festsetzungsbescheide, die nach dem 31.5.2020 erlassen werden.

Andererseits gibt es auch die "alte" Rechtslage vor dem 1.6.2020. Da "gab" es für den Rundfunk noch keine vollautomatisierten Verwaltungsakte, auch wenn er sie millionenfach hat drucken lassen.

Der Mann B. aus Q. sagt nun (wie auch der Profät), dass diese alten inkriminierten Festsetzungsbescheide nicht einmal Verwaltungsakte sind. Es fehlen ein Organwalter und ein Willen dieses Organwalters, den Festsetzungsbescheid zu erlassen.

Das ist aber die alte Rechtslage vor dem 1.6.2020, also vor dem Inkraftreten des 23. RÄStV. Diese alte Rechtslage gehört auch nicht hier in den Thread 23. RÄStV "vollständig automatisierter Erlass v. Bescheiden" > Rechtsfolgen? hinein.


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