Zur Steuerfinanzierung: Eine Rundfunksteuer würde die Probleme nicht lösen und wäre genauso ungerecht und ineffizient. Wie Dörr richtig sagt, müsste dazu das Grundgesetz angefasst werden. Zudem wäre dann auch wieder der Anknüpfungspunkt problematisch (Gerätesteuer? Wohnungssteuer? Personensteuer? Nur für Empfangshaushalte?)
Dörr betrachtet nicht die naheliegenste Lösung: Finanzierung des ÖRR aus dem Steuerhaushalt. Das wird immer ausgeblendet, weil es angeblich nicht ginge. Es wäre dann Staatsfunk. Das dürfe nicht sein.
Es gibt jedoch keine Regelung, die diese Lösung verböte. Auch das BVerfG hat es nicht ausgeschlossen. Es ist lediglich die Unabhängigkeit von der Regierung sicherzustellen.
Wie bisher könnte die Kef den Finanzierungsbedarf verbindlich festlegen. Die Parlamente müssten die jährlich abzuführenden Beträge absegnen. Es würde sich an der Unabhängigkeit des ÖRR überhaupt nichts gegenüber dem jetzigen Zustand ändern. Einzig würde das Geld statt direkt von den Bürgern vom Staat kommen. Ansonsten gibt es genauso viel oder wenig Einfluss des Parlaments über den ÖRR. Auch jetzt könnte theoretisch das Parlament den Beitrag einfach auf 0 setzen, wenn den Politikern wieder mal irgendeine Talkshow nicht passt. Rechtspraktisch sind sie aber an die Empfehlung der Kef weitgehend gebunden.
Zur verschlüsselten Übertragung und Pay-per-Use:
Dörr weicht hier einfach aus, indem er die Lösung so umdefiniert, dass sie kompletter Unsinn wird. Er schwafelt von Registrierungspflicht, die nicht ginge. Heute hat jeder Wohnungsinhaber die Pflicht, sich zu registrieren. Das geht wohl problemlos. Mit einer Chip-Karte kann man das sogar komplett anonym gestalten: einfach an jeder Supermarktkasse in Bar zahlen und dann zu Hause in den Decoder stecken.
Dass die Verschlüsselung technisch und kostenmäßig unproblematisch ist, zeigt die DVB-T2-Verschlüsselung der Privatsender. Die machen ja gerade vor, wie es geht. Da man ohnehin sogar für den Antennenempfang einen Decoder braucht, ist die technische Hürde kein Argument mehr.
Wesentlich für das Konzept ist, dass sowohl der ÖRR als auch die Privaten verschlüsselt werden. Man kann also die Privaten nicht ohne den ÖRR empfangen. Man kriegt die im Paket, wobei man optional auch nur den ÖRR erwerben kann, wenn die Privaten extra bezahlt werden wollen. Man zahlt also dann tatsächlich für die Empfangsmöglichkeit des Dualen Rundfunks.
Damit ist auch das Quoten-Argument hin. Es spielt dann genauso wie bei der Gerätegebühr keine Rolle, wieviel ÖRR man sieht - man bezahlt den immer mit. Nur Schwarzsehen wäre technisch ausgeschlossen (wenn man nach heutigem Stand der Technik verschlüsselt). Damit kann man sich die Kosten für den Datenmoloch in Köln sparen. Wieder was gewonnen.
Bei den Gebühren (jetzt stimmt die Abgabenform auch) würden sich Verschiebungen ergeben, weil einerseits die Nichtnutzer nichts zahlen und andererseits Haushalte mit mehreren Geräten im Parallelbetrieb auch mehrere Karten brauchen. Auch kann man darüber nachdenken, das ÖRR-Radio mit TV-Einnahmen querzusubventionieren, oder eben werbezufinanzieren. Auch beim Internet muss man eben abwägen, ob man eine Registrierung verlangt oder quersubventioniert.
Alle Ungerechtigkeiten, Ineffizienzen, Datenschutzverstöße, Gerichtsverfahren, Zwangsvollstreckungen, Ausspionierungen wären damit hinfällig. Und es würden Anreize der Rundfunksender geben, wenigstens eine Grundmenge der Bevölkerung noch vom Qualitätsstandard des deutschen TV zu überzeugen.
Dörrs Argument, es dürfe gar nicht darauf ankommen, wieviele Nutzer es noch gibt, ist lächerlich. Wenn keiner mehr zusieht, muss der Strom abgeschaltet werden. Der ÖRR macht ja nur Sinn, wenn er möglichst viele indoktrinieren und auf Linie trimmen kann. Oder zumindest ruhig stellt und von der Straße wegbringt.
Und: Unabhängigkeit meint Unabhängigkeit von der Regierung (und ggf. Parlament?), nicht jedoch Unabhängigkeit vom Volk! Art. 20 II 1 GG, verdammt nochmal!
Puhhh...
Zur Pro-Kopf-Abgabe:
Auch hier besteht das Problem, dass es sich um eine verkappte Steuer handelt (es wird nur noch deutlicher, aber es ist egal, ob man Personen, Wohnungen, Schlachtvieh etc. pp. bebeitragt: solange es voraussetzungslos (also ohne Nutzungsanknüfpung) geschieht, ist es eine Steuer.)
Es wäre jedoch im Hinblick auf Art. 3 GG die gerechtere Lösung.
Der Eingriff in Art. 3 muss (insb. bei einem solch starken Ausmaß!) verhältnismäßig sein, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen.
Wenn es mehrere Lösungen gibt, die gleich geeignet sind, muss nach dem Erforderlichkeitsprinzip diejenige gewählt werden, die dem Gleichheitsgebot am nächsten kommt. Da man davon ausgeht, dass der Nutzen (falsch: "Vorteil/Vorzugslast") im Vorhandensein des ÖRR in einer stürmischen Welt liegt (quasi wie der Leuchtturm im Nebel), hat auch jede Person prinzipiell ungefähr den gleichen anrechenbaren Nutzen (man kann das ja nicht individuell ausrechnen). Daher ist die Personenabgabe am nächsten dran an der Gleichbehandlung. Der Wohnungsbezug ist demgegenüber vollkommen von der Nutzen-Beziehung entrückt, geradezu zufälllig und daher willkürlich (Single-Haushalt v. WG v. Familie v. 2.-Wohnung, alles bekannt).
Hinzu käme die Eleganz, dass man nicht feststellen muss, wer wo wann mit wem in einer Wohnung haust.
Ist Art. 6 ein Problem? Nein. Familien werden dadurch in keinster Weise belastet, weil jede Person bei fehlendem Mind.-Einkommen befreit werden kann. Kinder und Jugendliche sowieso. Wenn in einem durchgegenderten Haushalt die Frau die Kohle ranschafft und der Mann als Hausmann kein Einkommen hat, kann er sich befreien lassen. Auch kann man soweit gehen, die Beitragspflicht generell erst ab 21 oder 25 starten zu lassen, wenn man statistisch feststellt, dass in dem Alter die meisten noch ohne eigenes Einkommen zuhause leben o.ä.
Heute hat man nach Art. 6 ein Problem, weil plötzlich das erwachsene Kind für den Papa haftet, der das Beitragsgeld versäuft. Da werden ganze Familien zerrüttet zugunsten der Funktionäre des Staatsfunks.
Generell zu Vorteil v. Vorzugslast
Was mir bei Dörr wieder sehr stark auffällt (und nicht ganz so deutlich bei Kirchhof war): er verwechselt die Begriffe "Nutzen" und "Vorteil".
Für eine nicht-steuerliche Abgabe verlangt das BVerfG eine Vorzugslast bzw. einen individuellen Vorteil der Abgabenzahler. Wenn es diesen Vorteil nicht gibt, ist es eine Steuer.
Vorteil ist semantisch nicht das gleiche wie Nutzen. Im umgangssprachlichen wird das gerne mal durcheinander gebracht. Da hat man einen Vorteil von einem Computer, weil man mit ihm ins Internet gehen kann. Gemeint ist: der Nutzen des Computers ist der Internetzugang. Ein Vorteil setzt immer einen Vergleich voraus. Der Vergleich ist hier: Vorteil gegenüber der Situation ohne den Computer.
Bei der nicht-steuerlichen Abgabe meint das BVerfG einen Vorteil der Abgabenschuldner im Vergleich zum Rest der Bevölkerung, der die Abgabe nicht zahlen muss. Das hat das BVerfG mehrfach wiederholt (jüngst zur Straßenbaulast). Daher kommt der Unterschied der Zahler gegenüber der Allgemeinheit, der ganz wesentlich ist. Wenn alle den gleichen Nutzen haben, besteht eben kein Vorteil.
Im Englischen wäre das richtige Wort "advantage", nicht "benefit" (auch wenn letzteres ggf. mit Vorteil oder Vergünstigung übersetzt werden kann, s.o.).