Ablauf zweier mündlicher Verhandlungen am Montag, den 07.12.2015 am VG Berlin.
1. mündliche Verhandlung in der Streitsache spohr ./. RBB am 07.12.15 um 10.oo Uhr Im Flur im ersten Stock des Gerichtsgebäudes, gegenüber der optischen Anzeigetafel der mündlichen Verhandlungen, gibt es eine Sitzecke.
Dort warteten wir: eine Handvoll Interessierter und ich (Kläger). Pünktlich um 10.oo Uhr kam die Einzelrichterin in den Flur und bat uns zur Verhandlung in den Sitzungssaal.
Vor dem offiziellen Beginn ging ich zum Tisch der Beklagten, begrüßte sie und stellte mich vor. Die RBB-Vertreterin nannte daraufhin ebenfalls ihren Namen. Wir setzten uns.
Anwesend: die Einzelrichterin, die Vertreterin des Beklagten (RBB), der Kläger ("spohr") und fünf Zuhörer.
Sowohl die Einzelrichterin Dr.X, als auch die Beklagtenvertreterin Dr.Y - sie vertrat den Justitiar des RBB - sind promovierte Juristinnen und mit dem Sachverhalt bestens vertraut.
Das RBB-Justitiariat richtete am 28.07.2015 seine erste Klage-Erwiderung an mich. Frau Dr.Y hat diese unterschrieben - ich erinnerte mich an ihren Namen.
In der Vergangenheit habe ich - als Zuhörer - erlebt, dass der RBB eine Referendarin als Vertreterin des Justitiars in die mündliche Verhandlung schickte, die den Streitgegenstand nicht kannte. Dabei ging es um wesentlich mehr als in meinem einfachen Fall. Der damalige Kläger empörte sich zu Recht, die Zuhörer waren fassungslos.
Derlei blieb mir erspart, denn die Dr.X und Dr.Y waren in meiner Streitsache kompetent und gut vorbereitet.
Die Einzelrichterin Dr.X eröffnete die mündliche Verhandlung.
Sie fasste die vielen Kapitel aus meiner umfangreichen Klageschrift geschickt zusammen und hat auch kein Argument ausgelassen. Auch die scharf formulierten Argumente nannte sie.
Atmosphäre war entspannt und freundlich. Die Einzelrichterin wirkte ausgeglichen und sehr sympathisch. Nachdem sie meine Klagepunkte zusammenfassend zitiert hatte, gab sie mir ausreichend Gelegenheit, meine Sicht der Dinge darzustellen und meine Argumente zu begründen.
Wie gesagt: Freundliches Klima, aber hart in der Sache. Natürlich blieb sie bei der Auffassung, dass meine Klage unbegründet sei.
Aus aktuellem Anlass (Flüchtlinge) kam ich auf Kapitel 9. meiner Klageschrift zu sprechen: Die ÖRR liefern zwar unnötige Unterhaltung, verweigern aber ihren Bildungsauftrag. Ich argumentierte ähnlich wie Bernd Höcker:
http://www.gez-abschaffen.de/finanzierung.htmInsbesondere müssten jetzt die ÖRR neue Sendekanäle öffnen für Deutschkurse von morgens bis abends in Endlosschleife, angesichts der horrenden Flüchtlingszahlen. Soviel geeignete Lehrer wie nötig wären, gibt es nämlich garnicht. In diesem Punkt stimmte die Richterin meinem Argument zu.
Zur Flüchtlingspolitik, wie überhaupt zu politischen Themen äußerte ich mich nicht. Das ist vermintes Gelände und würde ins Uferlose führen. Also unbedingt vermeiden, es lenkt nur vom Kampf gegen den RBStV ab.
Ich fragte, ob mein Verfahren ruhend gestellt werden könne, bis die Streitsache in vergleichbaren Fällen, die bereits in höheren Instanzen anhängig sind, entschieden worden ist. Ich hatte gehört, dass im Verfahrensregister beim Bundesverfassungsgericht oder Bundesverwaltungsgericht ein Musterverfahren zum Streitgegenstand anhängig sei.
Dr.X und Dr.Y verneinten ein solches Verfahren.
Eine meiner Kritikpunkte am ÖRR : Mangelnde Transparenz. Vom Dorfbürgermeister bis hinauf zur Bundesbehörde unterliegt jede Körperschaft demokratischer Kontrolle und muss den Haushalt offenlegen. Demgegenüber verweigern die ÖRR sogar gewählten Rundfunkräten Auskunft.
Hier widersprach Dr.Y: Die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der ÖRR) prüfe gründlich. Als ich ihr ins Wort fallen wollte, protestierte sie: "Jetzt bin ich dran. Sie haben lange genug geredet !".
Anmerkung zur Klarheit: In der KEF sitzen Parteipolitiker und ehemalige Beamte aus den Landesregierungen. Diese "Kontrolle" ist ein schlechter Witz !
Nach Austausch aller Argumente gab Dr.X zu bedenken, dass meine Klage erfolglos bleiben werde, weil ich gesetzlich zur Zahlung des Rundfunkbeitrages verpflichtet sei, auch wenn einige meiner Kritikpunkte berechtigt seien.
Sie schlug mir vor, die Klage fallen zu lassen. Dann würden sich auch die Gerichtskosten verringern auf 1/3.
Das lehnte ich ab. Ich wollte ein Urteil mit schriftlicher Urteilsbegründung. Ende der Sitzung.
2. mündliche Verhandlung in der Streitsache "junge Frau" ./. RBB am 07.12.15 um 10.5o Uhr
Eine junge Frau klagte gegen den Rundfunkbeitrag des RBB. Ihr ging es im wesentlichen um folgende Punkte: Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip, gegen Art 4 GG (Gewissensfreiheit), gegen ein unerwünschtes Überangebot der ÖRR, die ihren angeblichen Auftrag zur "Grundversorgung" mißbräuchlich überdehnen.
Die Klägerin jobt halbtags, erzielt nur ein geringes Einkommen. Sie hört nur Radio, besitzt kein Fernsehgerät. Bis zum Ende des Jahres 2012 zahlte sie nur die Radio-Gebühr. Seit Einführung des Zwangsbeitrages pro Haushalt muss sie das Dreifache bezahlen, obwohl sie weiterhin kein TV-Gerät besitzt. Auch ihr Arbeitgeber zahlt im Betrieb den Rundfunkbeitrag.
Hinsichtlich des geringen Einkommens der Klägerin verweist die Richterin auf die Härterfallregelung im RBStV. Auch wenn die Klägerin die Grundversorgung der ÖRR als überladen und "ausufernd" empfinde, hätte der Gesetzgeber dem ÖRR weitreichenden Gestaltungsspielraum und Programmfreiheit eingeräumt. Auch die Pflicht zur Zahlung der Rundfunkbeiträge verstoße nicht gegen die Gewissens- und Religionsfreiheit der Klägerin.
Ein formaler Aspekt kam zur Sprache: Die Klägerin hatte nacheinander drei Beitragsbescheide erhalten. Sie hat aber nur ein einziges Mal widersprochen. Die Briefe hätten sich gekreuzt. Sie hat nicht gewusst, dass sie gegen jeden Beitragsbescheid einzeln Widerspruch einlegen muss. Sie hätte also drei Briefe - jeweils fristwahrend - abschicken und darin formal widersprechen müssen, auch wenn es dreimal derselbe Text gewesen wäre. Was für ein Aufwand. Schilda lässt grüssen !
Trotzdem: Ein wichtiger Hinweis für alle Klagewilligen !!
Die Richterin fragte dann, ob die Klägerin ihre Klage zurückziehen wolle. Das würde die Gerichtskosten auf ein Drittel reduzieren.
Das verneinte die Klägerin. Sie wolle ein schriftlich begründetes Urteil. Ende der Sitzung.