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Autor Thema: Update zur REVISION vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Az. 6 C 7.15)  (Gelesen 30800 mal)

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03. Mai 2015 Update zur Revision

Das Bundesverwaltungsgericht, der 6. Senat in Leipzig hat uns das erwartete Aktenzeichen der Revision mitgeteilt:

BVerwG 6 C 7.15

Ein "Ruhestellen" der laufenden und der neu eingereichten Klagen mit dem Verweis auf das Revisionsverfahren könnte zu einer Entlastung der Gerichte und der Klagewilligen führen.

Damit könnten auch Fehl-Urteile zur Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitrags verhindert werden. Wie wir wissen, dürfen die Verwaltungsgerichte über die verfassungsrechtlichen Fragen nicht entscheiden und sagen deshalb sinngemäß: "Wir sehen keine Eingriffe in die Grundrechte und die Verfassung."

Die Verwaltungsgerichte sehen genauso die GRUPPE der NICHTNUTZER der ö.-r. Option und die ö.-r. Nötigung mit dem "Beitrag" für eine finanziell aufgedrängte redundante Möglichkeit unter zig Tausenden Informations- und Unterhaltungsquellen nicht. Damit ist das aufgestellte Typisierungsraster nicht mal in der Lage zwei Hauptgruppen, Nutzer und Nichtnutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die für die Finanzierung nur in Frage kommen, voneinander zu trennen. Die Typisierung hat sich in Luft aufgelöst und wurde zu einer Mogelpackung.

Die Gerichte übersehen auch die Auflösung des Sondervorteils durch Bebeitragung der Allgemeinheit statt der Nutzer und die relevanten Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu den Charakteristika eines Beitrags. Die nicht vorhandene Gegenleistung mit dem fehlenden Leistungsaustausch lt. dem zweiten Rundfunkurteil des BverfG wurde bis jetzt ebenfalls ignoriert.

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip mit der Prüfung der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Abgabe wurde missachtet, weil die Änderung der Abgabe "Gebühr" bei gleichzeitig fallender Akzeptanz der ö.-r. Programme nicht erforderlich war und damit die Angemessenheit nicht mehr geprüft werden darf. Auch das wurde bisher nicht beachtet.


Wir werden bald erfahren, ob das Bundesverwaltungsgericht auch wegen der mehrfach gutachterlich bestätigten Verfassungswidrigkeit das Verfahren an das Bundesverfassungsgericht von selbst weiterleitet oder das Verfahren erneut zu einer Farce mit der Ablenkung auf nicht relevante Aspekte mit dem gleichzeitigen Nichtbehandeln der vorgetragenen Argumente wird.

Meinen Kommentar zum Urteil des OVG Münster findet ihr unter

URTEIL des OVG Münster vom 12.03.2015 - Kommentare zum Urteil
http://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=13847.0

Willkürliche Typisierung anhand ausgewählter Urteile
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13166.0.html

Hammerurteil bezüglich der Typisierung/Pauschalierung
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,14068.msg94685.html#msg94685


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Ich halte es für problematisch, die Gerichte dazu zu bringen, die Nichtnutzer zu berücksichtigen. Sie können sich da ganz einfach damit herausreden, daß die Nichtnutzer nur einen geringen Prozentsatz der Bevölkerung ausmachen (unter 10 %) und die gegenwärtige Typisierung damit zulässig ist (weil ja auch der Beitrag gar nicht hoch ist).
Sinnvoller wäre vmtl. den Aspekt der "Haushaltsabgabe" anzugreifen, denn hier gibt es erhebliche Logikfehler. Kirchhof argumentiert für eine geräteunabhängige Gebühr, indem er die Rundfunkteilnahme nicht mehr an den Geräten festmacht (die für sich nicht Teilnehmer sind und aus praktischen Gründen natürlich auch nicht mehr überprüft werden können), sondern am Menschen selbst. Das heißt, die typische Nutzung ist eben nicht mehr in der Wohnung oder am Arbeitsplatz, sondern besonders aufgrund der mobilen Geräte überall, jederzeit und von Jedermann.
Das heißt, hier wird nicht angemessen typisiert, weil nur die Wohnungsinhaber als Beitragsschuldner diskriminiert werden, die übrigen potentiellen Rundfunkteilnehmer aber ignoriert und von der Beitragspflicht verschont werden. Es wird also ein Merkmal, das in keinerlei Bezug zur Rundfunknutzung steht (siehe Kirchhof), als Kriterium für die Beitragspflicht hergenommen, während die Unterstellung, jeder Bürger sei (direkt oder indirekt) Nutznießer des Angebotes der örR, nicht zu der logischen Schlußfolgerung führt, daß auch alle zahlen müssen.
Daraus folgt, daß Nicht-Nutzer zahlen müssen, potentielle Nutzer aber nicht.

Der Punkt, der hier aber noch immer dem gesunden Menschenverstand ins Ohr schreit, ist natürlich der, daß Rundfunkteilnahme nicht mit Teilnahme am Angebot der örR gleichgesetzt werden kann. Von denen, die tatsächlich Rundfunkteilnehmer sind, nutzen weniger als 30 % (vgl. Marktanteile April 2015).
Das betrifft zudem die Internet-Nutzung. Denn einen internetfähigen PC als Rundfunkempfangsgerät zu bezeichnen, ist schierer Unfug. Das Angebot der örR macht, gemessen am WorldWideWeb nicht mal 1 % aus.
Solange jedoch dieses Märchen nicht endlich entkräftet wurde, können Nicht-Nutzer kaum nachweisen, daß sie tatsächlich keine Nutzer sind und sich deswegen auch nicht befreien lassen.

Ähm... was wollte ich eigentlich sagen? Ich wollte sagen, daß ich größere Chancen sehe, auf die Ungleichbehandlung von Wohnungsinhabern und Mitbewohnern zu erweisen, dann die Typisierung in diesem Fall ist definitiv nicht zulässig (60 % zu 40 %).


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Bayern

Widerspruchsverfahren: §§ 69-73 VwGO (Bundesrecht)

BVerfG zu Sonderbeiträgen: "Weinabgabe" - B. v. 4.2.1958 (2 BvL 31, 33/56); "Berufsausbildungsabgabe" - BVerfGE 55,274, U. v. 10.12.1980; "Kohlepfennig" - BVerfGE 91, 186, B. v. 11.10.1994; "Straßenbaubeiträge" - B. v. 25.6.2014, 1 BvR 668/10.

BVerwG zu VA: B. v. 30.8.2006, 10 B 38.06; U. v. 23.8.2011, 9 C 2.11.

K
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@Philosoph. Das sehe ich genauso. Ähnliches hatte ich mir auch schon mal gedacht,
ich habe statt dem Link den Text kopiert.

------------
Die Rundfunkbeitragspflicht ist personenbezogen.

Sagt der Bayerische Verfassungsgerichtshof.

Also muss eigentlich jeder zahlen.

Jetzt aber sagt der Gesetzgeber: Typisieren dürfen wir, also typisieren wir:
Die Personen befinden sich in Wohnungen. Also belegen wir die Raumeinheiten mit dem Beitrag.

Damit haben wir über die Typisierung den Zugriff auf Raumeinheiten und damit auch Betriebsstätten. Und so ändert sich nicht viel.

Fein ausgedacht.


Aber typisieren darf der Gesetzgeber nur, wenn er die Lage anders nicht in den Griff bekommen kann. Weil mit einer Typisierung eigentlich immer Art 3 GG verletzt wird.

An die Beitragspflichtigen heranzukommen, ist für die ÖRR einfach. Einfach einen Abgleich mit den Meldeämtern und gut ist es. Das machen die sowieso, und können damit nicht behaupten, das würde nicht gehen.

Um die beitragspflichtigen Personen zu erfassen, muss man nichts typisieren. Und deshalb darf man das in diesem Falle auch nicht.

Und deshalb verstößt der Rundfunkbeitrag gegen Art 3 GG.


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Zitat
Ich halte es für problematisch, die Gerichte dazu zu bringen, die Nichtnutzer zu berücksichtigen. Sie können sich da ganz einfach damit herausreden, daß die Nichtnutzer nur einen geringen Prozentsatz der Bevölkerung ausmachen (unter 10 %) und die gegenwärtige Typisierung damit zulässig ist (weil ja auch der Beitrag gar nicht hoch ist).

Wo ist diese Statistik und wie wird Nichtnutzer definiert? Jemand der brav seinen Rundfunkbeitrag bezahlt, allerdings Rundfunk nicht nutzt, da kein Interesse daran besteht, ist für mich auch ein Nichtnutzer. Wird aber wahrscheinlich in irgendeiner Statistik als Nutzer geführt. Jemand der nur die privaten Sender schaut, aber nicht die ÖRR ist für mich ein Nichtnutzer. Jemand der im Internet surft, aber nicht auf den Seiten des ÖRR ist für mich ein Nichtnutzer.

Die 10% beziehen sich nur auf die Bürger, die die Zahlung verweigern.
Bedeutet: Zahlungsverweigerer = Nichtnutzer und Zahler der Rundfunkbeiträge = Nutzer, dass ist völliger Schwachsinn. Nur weil manche Bürger zahlen, um ihre Ruhe zu haben, nutzen sie nicht automatisch den Rundfunk.

Um festzustellen, wie viele Leute Nutzer und Nichtnutzer sind, müsste man die ÖRR verschlüsseln und nur gegen den Rundfunkbeitrag freigeben. Dann kann ich eine Statistik erstellen. Ansonsten funktioniert das 10% Argument nicht, weil es überhaupt nicht feststellbar ist. Von daher kann dieses Argument seitens des Gerichts oder der Rundfunkanstalten nicht aufgeführt werden.


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@Philosoph,

wo gibt es denn konkrete Zahlen dafür, dass die Haushalte ohne Rundfunkgeräte UND die Haushalte, die öffentlich-rechtliche Programme nicht nutzen und sich über andere Möglichkeiten und Quellen (priv. Radio, Presse, Internet, priv. Internetradio, priv. TV, ...) informieren und unterhalten unter 10% liegen?

Als Beispiel:
Alleine beim Radio in bevölkerungsreichsten Ländern (NRW+BY = ca. 30%) erreichte der private Senderverbund radio NRW (5,9 %) und der private Hörfunksender Antenne Bayern (5,6 %) die höchsten Nutzeranteile VOR den öffentlich-rechtlichen Radios:
http://www.vprt.de/sites/default/files/MedienVielfaltsMonitor_2014-II_Nutzeranteile_Radio.jpg


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Und hier noch meine paar Cent: Dass mit der angeblich bei der Typisierung verwendeten Nutzerstatistik kann sich auch nur um die Fernsehnutzer handeln. Davon gehe ich aus und habe auch die Grundlagen (Statistikquelle und Inhalt) der gesetzlichen Pauschalisierung in der Klage angefragt. Weil eine Betrachtung von TV+Radio+Internet gaaanz andere Zahlen von ÖRR Nutzer und Nichtnutzer offenbart... Und diese Summierung der verschiedenen Sendearten ist verpflichtend wegen der Medienkonvergenz (was ja auch andeblich Grund für den aktuellen RBStV war) und kann nicht ignoriert werden...


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Am Thema Typisierung zeigt sich, dass es der Gesetzgeber mit dem Grundgesetz nicht so genau nimmt.

Der eigentliche Knackpunkt scheint mir jedoch die Frage nach der Notwendigkeit eines ÖRR im Internetzeitalter zu sein.

Der ÖRR trägt bei der Meinungsbildung nur noch einen Bruchteil der bereitgestellten Informationen bei.

Zugegeben, bei den Statements der Politiker haben die ÖRR die Nase weit vorn, was aber die eigentlich wichtigen Informationen etwa zur Frage der Vorratsdatenspeicherung anbelangt, ist der Anteil der ÖRR irrelevant, weil im nicht messbaren Bereich.

Die Länder als Gesetzgeber müssten im Zweifelsfalle das Gegenteil beweisen, weil sie es sind, die in die Grundrechte Art. 5 GG eingreifen.

Art. 5 GG ist ein Grundrecht des Einzelnen, nicht das Recht des Gesetzgebers, dem Einzelnen etwas aufzudrängen. Wer das Recht hat etwas zu tun, hat damit auch das Recht es zu lassen.

Art 5 GG ist deshalb ein Grundrecht des Einzelnen, weil kein Begünstigter genannt wird. Wenn dem Parlament oder den Ländern Rechte zugesprochen werden, wird das im Grundgesetz ausdrücklich genannt.

Und wenn etwas für die Gemeinschaft notwendig sein sollte (was in diesem Fall offensichtlich nicht der Fall ist), dann hat das nicht der Einzelne zu tragen, sondern die Gemeinschaft, zu der jeder nach seiner individuellen Leistungsfähigkeit beizutragen hat - weil er ja auch unterschiedlich davon profitiert. Ein Vorstandsvorsitzender mehr als ein Arbeitsloser.



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Weil eine Betrachtung von TV+Radio+Internet gaaanz andere Zahlen von ÖRR Nutzer und Nichtnutzer offenbart...

Genau hier bekomme ich Bauchschmerzen und zwar gewaltige. Um mal das Internet zu typisieren: (Weit) Weniger als 10% des dort bereitgestellten Inhalts kommen von Rundfunkanstalten (ganz gleich ob privat oder öffentlich). Ergo hat das Internet bei der Betrachtung rein gar nichts verloren! Zeitungsverlage finden sich dort nämlich auch wieder.

PS: Merk grad das sich meine Antwort seltsam liest, sie sollte aber nicht im Widerspruch zu dir stehen, sondern es nur noch einmal aus einem anderen Blickwinkel darstellen :)


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Das Problem ist: Der Gesetzgeber darf tatsächlich typisieren, allerdings nur, solange nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung (unter 10 %) betroffen ist und die Härten noch gebilligt werden können (was bei 17,98 € angeblich der Fall ist) bzw. die Intensität des Eingriffs noch "zu verschmerzen" wäre (wobei sich natürlich die Frage stellt, wie irgendeine Einschränkung der Grundrechte verschmerzbar wäre).
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln ( BVerfGE 74, 9 <24>), und verpflichtet die Grundrechtsadressaten, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln (vgl. bereits BVerfGE 1, 14 <52>; stRspr). Er ist verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt, kurzum, wenn die Maßnahme als willkürlich bezeichnet werden muss (vgl. BVerfGE 1, 14 <52>; 83, 89 <107 f.> m.w.N.).
Trifft bei uns wie die Faust aufs Auge... *seufz*

Woher kommen die 10 %?
Ich finde jetzt natürlich nicht mehr die Urteile, aus denen ich das habe, dafür verweise ich auf das Gutachten von Degenhart: Verfassungsfragen des Rundfunkbeitrags nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder.
Zitat von: RN 33
Gesetzgeberische Typisierung ist nur verfassungsmäßig, wenn sie eine verhältnismäßig kleine Anzahl untypischer Fälle erfasst.91 Selbst wenn statistische Angaben zutreffen sollten, wonach 97% der Haushalte über ein Fernsehgerät verfügen,92 dürfen einige Millionen verbleibender Nicht-Fernseher nicht als atypische, zu vernachlässigende Sonderfälle behandelt werden, zumal die Entscheidung, bewusst auf Fernsehen zu verzichten, in einer freiheitlichen Kommunikationsverfassung von der Rechtsordnung zu akzeptieren ist. Keinesfalls kann in der Frage des Belastungsgrundes dem Gesetzgeber die Befugnis zuerkannt werden, bis zu 10% nicht typgerechte Fälle undifferenziert der Geltung der pauschalierenden Regelung zu unterwerfen.93


Zu den Rundfunkgeräten: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Unterhaltungselektronik_D.html
Nach dieser Statistik sieht es tatsächlich so aus, als wären 2012 in 96,4 Haushalten Fernseher gewesen, also weniger als 10 % Haushalte ohne Fernseher. Wenn man sich also an der Statistik orientiert, dann liegt der Gesetzgeber innerhalb der zulässigen Typisierung. So Z.B. VG Osnabrück 1.4.2014, RN 36; hier geht man von 4,9 % Nichtnutzern aus.
Das ändert natürlich nichts an dem Problem, daß nicht jeder Fernsehzuschauer auch ein Interesse an den örR hat.

Wir müssen uns Folgendes klar machen: Die Gerichte haben "Besseres" zu tun, als sich mit fundierten Grundlagen auseinander zu setzen. Das kommt den LRA sehr gelegen, weil sie dann die Möglichkeit haben, die Gerichte mit Informationen zu versorgen. Die Statistiken sind natürlich insofern ungenügend, als sie nicht jede einzelne Person erfassen können. Aber der Gesetzgeber kann auch nicht jede einzelne Person berücksichtigen.
Solange also die Anzahl derer, die nachweislich keinerlei Rundfunkempfangsgerät besitzen, zu gering ist, als daß der Gesetzgeber oder die Gerichte sich genötigt sehen, diese Minderheit zu berücksichtigen, solange wird man mit dem Argument auch nicht wirklich vorwärts kommen.
Ganz besonders, wenn man bedenkt, daß "Rundfunknutzung" nicht gleichzusetzen ist mit "Nutzung des öffentlich-rechtlichen Angebots", daß internetfähige PCs keine "Rundfunkempfangsgeräte" sind (Übergeneralisierung).

Und auch hier zeigt sich wieder das Problem, daß der RBStV sich ständig so auslegen lässt, wie die den örR zugeneigte Person ihn auszulegen gedenkt.
Wenn einer Nicht-Nutzer ist, wird ihm unterstellt, daß das unerheblich sei, weil er dennoch einen Vorteil aus dem reinen Vorhandensein der örR ziehen würde. Wenn jemand aber aufgrund von Wahrnehmungsdefiziten rein physiologisch den Rundfunk nicht nutzen kann, dann wird ihm durchaus das Recht (zurecht natürlich) zugestanden, daß er die Beiträge nicht zahlen muß, auch wenn man sich fragt, wieso diese Person nicht trotzdem einen "indirekten Nutzen" von dem Angebot haben sollte, so wie man es dem bewußten Nicht-Nutzer auch unterstellt. Die drehen es genauso hin, wie sie es gerade brauchen, und deswegen denke ich, daß es sinnvoller ist, sie über eindeutige Rechtsverstöße "dranzukriegen", denn hier muß nicht großartig interpretiert werden und der gesunde Menschenverstand darf sich auch ausruhen.


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Widerspruchsverfahren: §§ 69-73 VwGO (Bundesrecht)

BVerfG zu Sonderbeiträgen: "Weinabgabe" - B. v. 4.2.1958 (2 BvL 31, 33/56); "Berufsausbildungsabgabe" - BVerfGE 55,274, U. v. 10.12.1980; "Kohlepfennig" - BVerfGE 91, 186, B. v. 11.10.1994; "Straßenbaubeiträge" - B. v. 25.6.2014, 1 BvR 668/10.

BVerwG zu VA: B. v. 30.8.2006, 10 B 38.06; U. v. 23.8.2011, 9 C 2.11.

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Ich denke jeder kennt das Problem der Statistiken.

@Philosoph: Bei dem Link von Destatis muss man auch sehen, wie viele von den Bürgern wurden befragt. Mich z.B. hat noch nie jemand bei einer Umfrage gefragt, ob ich einen Fernseher habe.

Zitat
Nach dieser Statistik sieht es tatsächlich so aus, als wären 2012 in 96,4 Haushalten Fernseher gewesen, also weniger als 10 % Haushalte ohne Fernseher.

Diese Statistik ist von LWR, die befragen lt. Destatis 8000 Personen pro Jahr. Bedeutet das 8000 Personen aufzeigen, wie es in ca. 39,93 Millionen Privathaushalten zugeht (siehe http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1240/umfrage/anzahl-der-privathaushalte-deutschland-nach-bundeslaendern/). Selbst wenn die 8000 Personen Haushalte wären, die befragt wurden, wären das 0,02 % von den Gesamthaushalten. Es werden also von 0,02 % der befragten Haushalte, auf 99,98% der nichtbefragten Haushalte geschlossen.

Würde heißen, wenn von den 8000 Personen, die Hälfte gehörlos und blind wären, würde die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland blind oder gehörlos sein. Ich will hier nur aufzeigen, wie schwachsinnig eine Statistik sein kann, wenn die Anzahl der Befragten, in keinem Verhältnis zur Gesamtzahl steht.


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Die Betrachtung nach Rundfunkempfangsgeräten ist veraltet und stammt aus Zeiten mit nur öffentlich-rechtlichen Radio/TV Programmen. Diese Betrachtungsweise nach vorhandenen Geräten spiegelt heute nicht mehr die Nutzung der öffentlich-rechtlichen Programme wieder und darf nicht mehr als Differenzierungskriterium für eine mehrfach redundante Option und Quellenform angewendet werden.


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@ InesgegenGEZ: Ich kann Dir nur zustimmen. Das Problem ist aber, daß sich Gesetzgeber und Gerichte an irgendetwas orientieren müssen und da bieten sich Statistiken eben an.
Ich versuche nur die Problematik klar zu machen.

@ Viktor: Der aktuelle RBStV richtet sich ja gerade gegen die alte "Geräteabhängigkeit". Allerdings scheinen die Gerichte dieses Prinzip irgendwie auch nicht ganz zu verstehen, da es dazwischen Urteile gibt, in denen steht, daß bei einem Nachweis des Nicht-Bereithaltens von Rundfunkempfangsgeräten der "Beitragsschuldner" von der Beitragspflicht befreit werden müßte (z.B. VG Freiburg Az. 2 k 1446/13 [RN 33]).
Gerade wegen des "Befundes", daß quasi jeder Bürger ein Gerät hat, mit dem er Rundfunk empfangen kann, wird ja auch jedem Bürger die Nutzung unterstellt. Ohne Gerät kann man natürlich nicht empfangen. Das Gerät läßt sich also nicht völlig negieren, denn nur durch die Geräte hat der Bürger ja überhaupt die Möglichkeit zu nutzen.
Ich denke, das liegt daran, daß die Haushaltsabgabe in sich völlig unlogisch ist. Eine Pro-Kopf-Pauschale wäre noch näher an der Realität, eine "Pay-per-view"-Abgabe, wie es auch das Gutachten des Bundesministeriums für Finanzen vorschlägt, wäre für alle die fairste Finanzierungsmöglichkeit, aber damit würden die örR natürlich zu wenig einnehmen. Aber das ist uns ja schon allen klar.


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Es werden also von 0,02 % der befragten Haushalte, auf 99,98% der nichtbefragten Haushalte geschlossen.

Man könnte - sarkastischerweise - einer solchen Statistik die Relevanz schon allein deswegen absprechen, weil diese nicht die 10%-Typisierungshürde nimmt... ;)

Eine Typisierungsregelung basierend auf einer "Statistik", die höchstpersönlich eine "untypisierbare Irrelevanz" schlechthin repräsentiert, ist ein mehrfacher Widerspruch in sich.


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@ InesgegenGEZ: Ich kann Dir nur zustimmen. Das Problem ist aber, daß sich Gesetzgeber und Gerichte an irgendetwas orientieren müssen und da bieten sich Statistiken eben an.
Ich versuche nur die Problematik klar zu machen.

Das sich der Gesetzgeber an Statistiken hält, damit habe ich kein Problem, aber diese müssen bei einen so großen Einschnitt in die Grundrechte des Bürgers auch repräsentativ sein. Wenn 8000 Bürger befragt werden (wahrscheinlich nicht mal 8000 Haushalte) im Vergleich mit fast 40 Mio Haushalten auf die geschlossen wird damit, ist das eine Statistik die ein Gericht niemals heranziehen darf, weil sie keinerlei Aussagekraft hat. Bei 5 Mio befragten Haushalten würde ich ja noch von Aussagekraft sprechen, aber 8000 Personen...............


Ich denke, das liegt daran, daß die Haushaltsabgabe in sich völlig unlogisch ist. Eine Pro-Kopf-Pauschale wäre noch näher an der Realität, ...

Da bin ich ganz deiner Meinung. Da jeder mit allen möglichen Geräten heutzutage überall Rundfunk empfangen kann, bleibt nur die Möglichkeit das jeder Bürger über 18 bezahlt oder das System verschlüsselt wird, für befreite Bürger komplett frei ist und der zahlende Bürger sich daran beteiligen kann, wenn er das möchte.


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@InesgegenGEZ: Aus Marktforschungssicht, genügen schon 1000 Personen, um daraus Rückschlüsse auf die Gesamtbevölkerung ziehen zu können. Voraussetzung ist eine bevölkerungsrepräsentative Verteilung und genau hier kann man schnell schummeln. Die Zielgruppe sollen Fernsehbesitzer sein? Dann befragt man über Alter, Geschlecht und Region verteilt (damit keiner an der Verteilung zweifeln kann), befragt aber nur Leute mit hohem Einkommen, wo die Wahrscheinlichkeit des Innehabens eh hoch ist. Es heißt ja nicht umsonst "vertraue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast".


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