Klagebegründung zu 2.2. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, da die in Begründung 1 angefochtene Zwangsmitgliedschaft bei ARD, ZDF und Deutschlandradio in massiver Weise gegen inländisches und europäisches Recht verstößt. Der RBStV verstößt gegen die Grundrechte des Klägers aus Art. 3 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1, Art. 7 Abs. 3 Satz 3 i. V. mit Art. 4 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie gegen das grundgesetzlich verankerte Recht aus Art. 140 GG (Artikel 137 Abs. 1 der Weimarer Verfassung) einem staatlich verordneten Kult nicht angehören zu müssen. Zudem wird gegen Rechtsvorschriften auf internationaler Ebene verstoßen, die dem Kläger ein Recht auf negative Religionsfreiheit und negative Informationsfreiheit gewähren.
2. 1. Ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen, da die in Begründung 1 angefochtene Zwangsanmeldung beim Beklagten in massiver Weise gegen Art. 3 Abs. 3, Art. 7 Abs. 3 Satz 3 i. V. mit Art. 4 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie in dem grundgesetzlich verankerten Recht aus Art. 140 GG (Artikel 137 Abs. 1 der Weimarer Verfassung) verstößt. Denn eine solche Zwangsmitgliedschaft verstößt gegen das Gebot der negativen Religionsfreiheit, das die Inhaber von Grundrechten vor dem Aufdrückung einer bestimmten Weltanschauung schützen soll. Damit wird auch gegen Art. 9 EMRK, Art. 10 der EU-Charta und Art. 18 AEMR im Rahmen des UN-Zivilpaktes verstoßen.
a) Die negative Religionsfreiheit ist im Grundgesetz an mehreren Stellen verankert, um die Bürger in diesem Land vor der Aufdrückung einer bestimmten Weltanschauung zu schützen. Die in Art. 4 Abs. 1 GG verankerte Bekenntnisfreiheit setzt bereits voraus, dass man andere weltanschauliche und religiöse Anschauungen, die nicht die eigenen sind, ablehnen darf und sich nicht zu eigen machen muss. Auch wenn der Religionsunterricht in Deutschland verfassungsrechtlich erwünscht ist, sieht der Art. 7 Abs. 3 Satz 3 des Grundgesetzes eine negative Komponente vor, die den Zwang zur Erteilung eines Religionsunterrichtes untersagt. Ebenso wird über Art. 140 GG sichergestellt, dass niemand zur Teilnahme an religiösen Übungen (Art. 136 Abs. 4 WRV), wozu das kulthafte An- und Ausschalten eines Empfangsgerätes gehören dürfte, gezwungen werden darf. Der über Art. 140 GG eingeflossene Art. 137 Abs. 1 der Weimarer Verfassung sieht sogar ein striktes Verbot einer Staatskirche vor, was auch ein Verbot für einen staatlich verordneten Rundfunkkult begründen dürfte, da durch Fernsehen und Radio ebenso weltanschauliche Vorstellungen vermittelt werden, wie es bei Religionsgemeinschaften der Fall ist.
b) Es ist zwar richtig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland nicht zu den anerkannten Religionsgemeinschaften im Sinne des Art. 140 GG und anderer Rechtsnormen gehört, dennoch betrachten viele Menschen den Konsum von Rundfunk und Fernsehen als eine Art Ersatzregion zum verlorengegangen Glauben in einer anerkannten Religionsgemeinschaft, was den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zwar nicht in den Rang einer Religion erhebt, jedoch dazu führt, dass er als Kult mit eigenen weltanschaulichen Ausrichtungen betrachtet werden muss. Dieses Kulthafte der Gemeinschaft der Rundfunkteilnehmer führt zu denselben Problemen, die auftreten, wenn die Weltanschauungen aus einer Religion in den Stand eines Staatsreligion erhoben werden würden. Die Ablehnung der Teilnahme an einem solchen Rundfunkkult sollte daher genauso abgelehnt werden können.
c) Dass die durch die Sendungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verbreiteten Weltanschauungen als eine Form von religiösen Kult angesehen werden können, kann durch viele Äußerungen ihrer Anhänger belegt werden. So bekennt sich der Erfinder des Rundfunkbeitrags Paul Kirchhof in seinem Gutachten zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum ÖRR-Kult, wenn er feststellt, dass angeblich jeder „durch die medienbedingte oder mediengestützte Informationskultur mit begünstigt“ (S. 61) sei, die vom öffentlichen-rechtlichen Rundfunk ausgehen soll. Damit wird die Teilnahme an den Programmen der ÖRR in den Bereich eines religiösen Kultes erhoben, was noch dadurch verstärkt wird, wenn Anhänger dieses Kultes meinen, verkünden zu müssen, dass manche Sendungen des ÖRR-Kultes sogar therapeutischen Funktionen hätten. Der Abgeordnete Oliver Keymis geht genau in diese Richtung, wenn er in seiner Landtagsrede vom 14.09.2017 behauptet, dass Sendungen aus dem ÖRR-Kult dazu dienen würden, Menschen, die nichts anderes zu tun hätten, als vor dem Fernseher zu sitzen, zu trösten (Landtag NRW, Plenatpro-tokoll 17/7, S. 85). Der bekannte Fernsehmoderator Thomas Gottschalk soll in der ARD-Talkshow „Maischberger“ vom 01.03.2018 sogar behauptete haben: „Für mich ist die Fernsehgebühr das gleiche wie die Kirchensteuer." Derartige Äußerungen belegen, dass es nicht nur innerhalb der Bevölkerung zu einer Dichotomie zwischen Kirchen und Medien gekommen ist, die das Sendungsbewusstsein einiger Medienmacher in den Rang eines religiösen Kultes erhebt, der in direktem Widerspruch zu anderen Weltanschauungen ihres Mainstream stehen. Dies wäre in einer pluralistischen Gesellschaft auch kein Probleme, wenn die Beitragspflicht für den Rundfunk nicht zu einer Situation führen würde, in der Nicht-Teilnehmer am Rundfunk-Kult zur Förderung einer anderen Weltanschauung gezwungen werden würden.
d) Grundlage für die in dieser Klage angefochtene Beitragspflicht zur Finanzierung von Landesrundfunkanstalten ist das ARD-Gutachten des erwähnten Anhänger des ÖRR-Kults Paul Kirchhof. Aus diesem Grunde ist die Unparteilichkeit des Gutachters schon fraglich, weshalb auch die wissenschaftliche Qualität des Gutachten in Frage gestellt werden kann. Denn Nicht-Nutzer der Rundfunkempfangsmöglichkeit und Gegner des Konsums von Rundfunk und Fernsehen müssen sich vor allem mit der folgenden Feststellung auseinandersetzen (Kirchhof-Gutachten S. 61):
Die Frage, ob eine Regelvermutung mit Ausnahmevorbehalt erforderlich ist, bestimmt sich nach den Konzepten einer anstaltsbezogenen Verteilungsgerechtigkeit oder einer nutzerbezogenen Tauschgerechtigkeit. An dem Vorzug eines funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems für die Kultur, die Demokratie, die Urteilskraft und die Erwerbsbedingungen in einem Gemeinwesen hat jeder Inländer teil, mag er auch das Angebot individuell nicht nutzen oder nicht nutzen können. Er ist durch die medienbedingte oder mediengestützte Informationskultur mit begünstigt [Hervorhebung vom Kläger].
Der hervorgehobene Satz wurde in der Verfassungsbeschwerde von Prof, Dr. Koblenzer in den Leitverfahren vom 18.07.2018 zur abgabenrechtlichen Betrachtung des Rundfunkbeitrages bereits sehr kritisch beäugt. Der hervorgehobene Satz ist letztendlich nichts anderes als eine persönliche Meinung des Gutachters, die nicht wissenschaftlich neutral begründet wird. Paul Kirchhof ist zudem kein Kulturwissenschaftler und kein Informationswissenschaftler, weshalb er in einem Gutachten zu diesen Bereichen der Wissenschaft auch nichts zu begutachten hat. Nach der erfolgten Annahme des Vorlagenverfahrens des Landgerichtes Tübingen durch den EuGH muss man zudem die Richtigkeit der Annahmen zum EU-Recht (S. 74-77) in Frage stellen, wonach angeblich „keine notifizierungspflichtige neue Beihilfe“ (S.77) vorgelegen hätte. Auch dieser Fehler spricht nicht für eine gute Qualität des Gutachtens.
e) Um den Zusammenhang zwischen der negative Religionsfreiheit als Ablehnung des ÖRR-Kults und dem Rundfunkbeitrag besser verstehen zu können, muss man sich nur mit anderen Äußerungen im Kirchhof-Gutachten kritisch auseinandersetzen, was nach Ansicht des Klägers viel zu wenig passiert ist. Besonders problematisch ist so denn die Ansicht von
Paul Kirchhof, dass der Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen in der Gemeinschaft eines Haushalts angeblich rechtlich erwünscht sei. Denn genau das behauptet er im
ARD-Gutachten DIE FINANZIERUNG DES ÖFFENTLICH-RECHTLICHEN RUNDFUNKS (ebenda S. 11):
Der Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen in der Gemeinschaft eines Haushalts ist rechtlich erwünscht, weil die Eltern im Rahmen ihrer Elternverantwortung (Art. 6 Abs. 2 GG) das Rundfunkangebot zusammen mit ihren Kindern annehmen,
In der Fußnote zu diesem Satz behauptet Kirchhof dann weiter, dass die Eltern ein Recht hätten, den Rundfunk als „Miterzieher“ zu bestimmen, wozu er auf die folgende Textstelle aus einem von ihm mitherausgegebenen „Handbuch des Staatsrechts“ (HStR) verweist (ebenda Band VI, §138, S. 270):
Daneben finden wir miterziehende Einrichtungen und Veranstaltungen des Gemeinwesens kraft rechtlicher Anordnung oder Zulassung oder - soweit dafür Raum ist - kraft politischer oder administrativer Selbstdefinition seiner Aufgaben. Dazwischen finden wir Phänomene des Übergangs: öffentlich-rechtlich organisierte Medien, die gesellschaftlichen Kräften Ausdruck geben (Art. 5 Abs. 1 GG); Kirchen und Religions-gemeinschaften, in denen die Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) zur öffentlich-rechtlichen Autonomie überhöht worden ist (Art. 140 GG, Art. 137 WRV);
Quellenangabe: Zacher, Hans Friedrich (1989): Elternrecht. In: HStR, Band VI, S. 265-328.
Der Autor des Aufsatzes, Hans F. Zacher, schränkt dazu in der Fußnote ein: „Ohne daß dies den Kirchen ein Erziehungsrecht gegen die Eltern gäbe“, was er als Hinweis für den Rundfunk nicht für nötig hielt, da er wahrscheinlich selbst nicht auf die Idee gekommen wäre, dass Paul Kirchhof im Jahre 2010 dazu übergehen würde, eine allgemeine Rundfunkpflicht in der Form eines Pflichtbeitrages für alle Haushalte in Deutschland einzuführen. Denn dadurch, dass der Rundfunkbeitrag im Unterschied zur Kirchensteuer für alle Menschen in Deutschland zur Pflicht geworden ist, werden die Eltern in diesem Kontext auch tatsächlich angehalten, ihre Kinder mit dem Konsum von Rundfunk- und Fernsehsendungen zu erziehen. Kirchhof behauptet tatsächlich, dass dies rechtlich sogar im Sinne des Art. 6 Abs. 2 GG
Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
geboten sei, was nach der Ansicht des Kläger selbst dann nicht der Fall sein sollte, wenn eine Vielzahl der Eltern dies so wollen würde. Die Abgabenpflicht für den Rundfunk wird so zu einer allgemeinen Rundfunkpflicht erhoben, auch für diejenigen Menschen, die den Konsum von Rundfunk und Fernsehen ablehnen. Dies kann rechtlich nicht wirklich erwünscht sein, wenn man das Grundgesetz nicht pervertiert will. Denn damit wird das Elternrecht im Grundgesetz durch das ARD-Gutachten tatsächlich in eine fast erzieherische Pflicht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfangen zu müssen umgewandelt, was eben durch das Recht, Unterhaltungssendungen und Informationen aus dem öffentlich-rechtlich Rundfunk ablehnen zu dürfen, eigentlich negiert werden dürfte. Diese unzulässige Umwandlung eines Rechtes in eine Pflicht ist verfassungsrechtlich nicht nur im Sinne der negativen Religionsfreiheit sondern auch im Sinne der negativen Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) weiterhin klärungsbedürftig.
f) Generell ist es natürlich schwer zu bestimmen, was Religion ist. Der Kläger muss sich in dieser Klage auch nicht mit allgemeinen Fragen der Religionswissenschaften beschäftigen, vielmehr kann er sich darauf beschränken, was der ARD-Gutachter unter Religion versteht. Denn nach Kirchhof hat Religion nichts mit Glauben oder Spiritualität zu tun, wenn er schreibt:
Bei dieser Einführung des Kindes in die Voraussetzungen seiner Freiheit ist selbstverständlich, dass jede Kultur zunächst ihr Lebensverständnis und ihre Lebenssicht vermittelt. An deutschen Schulen wird die deutsche Sprache gelehrt. Wir bringen unseren Kindern unsere Rechenarten bei, lehren sie, mit den bei uns verwendeten Computern umzugehen. In gleicher Weise sollten wir selbstbewusst genug sein, religiös in das Christentum einzuführen, weil dieses unsere Geschichte und unsere Gegenwart, unsere Kultur und unser Recht prägt. Dabei trifft allerdings die Familie und nicht den Staat die Erstverantwortung für die religiöse Entwicklung des Kindes. Die Eltern entscheiden, ob und an welchem Religionsunterricht ihr Kind teilnimmt.
Paul Kirchhof (2018): Religionsfreiheit. In: Peter Antes, Heinrich de Wall (Hrsg.):
Religions- und
Weltanschauungsfreiheit. Verfassungsrechtliche Grundlagen und konfessionelle Perspektiven, S. 16.
Damit ist der Begriff der Religion für den ARD-Gutachter lediglich ein historisches Konstrukt, das durch Kultur und Recht bestimmt wird. Durch diese Verknüpfung von Religion und Kultur ist es zudem nicht abwegig, dass Kirchhof in dem vom ihm geschaffenen Begriff „Informationskultur“ tatsächlich etwas Religiöses sieht. Auch wenn er den Bürgern noch das Recht der Religionsfreiheit gewährt, rückt er in seinem ARD-Gutachten von genau dieser Freiheitsvorstellung ab, wenn er nicht im selben Sinne die Informationsfreiheit der Bürger gewähren lassen will. Denn anders als bei der Kirchensteuer müssen alle Bürger in Deutschland den Rundfunkbeitrag bezahlen, wenn keine finanziellen Gründe für eine Befreiung vorliegen. Damit trifft der Staat und nicht die Familie eine Erstentscheidung, welche Information zu nutzen sind, womit verfassungsrechtlich weiterhin offen ist, ob die Landesregierungen in den Staatsverträgen zum Rundfunk tatsächlich eine derartige Bevormundung der Bürger auf der Basis des Kirchhofgutachtens vornehmen durften. Der Rundfunkbeitrag wird bei einer solch zugrunde gelegten Religionsauffassung tatsächlich zum Beitrag einer aufgezwungenen Kultur, da er den Bürgern bei der verantwortungsvollen Wahl seiner Informationsquelle nicht dieselbe Selbstbestimmungsfreiheit einräumt, die Kirchhof bei der Wahl der Religion noch gewähren will. Die neue Abgabendoktrin garantiert diese Wahl jedoch nicht wirklich, da der Rundfunkbeitrag den Weg frei macht, jegliche Form einer Zwangskultur durch eine Beitragspflicht zu fördern.
g) Kirchhof geht es in seiner Auffassung von Religion auch nicht um das Christentum, da dieses jederzeit durch andere Formen der Kultur ersetzbar ist, wenn er schreibt (a. a. O.: S. 17):
Keine Kultur wird ohne Religion auskommen. Goethe – eher ein Religionsskeptiker – sagt in seinem West-Östlichen Divan, dass alle Epochen, in denen der Glaube herrscht, fruchtbar für Mitwelt und Nachwelt sind, alle Epochen, in welchen der Unglaube herrscht, vor der Nachwelt verschwinden. Wir stehen nicht vor der Frage, ob wir unsere Hochkultur ohne Religion fortentwickeln können. Erheblich ist allein die Frage, mit welchen Religionen wir leben wollen.
Damit geht es aus der Perspektive eines solchen Religionsbegriff für Kirchhof lediglich um die Frage nach einer allgemeinen Kultur für alle, worunter er offensichtlich die Informationskultur des öffentlich-rechtlich Rundfunks versteht. Denn diese Auffassung einer religiösen Informationskultur für alle führt in der Tat dazu, dass die Weltanschauungen, die durch die Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbreitet werden, in den Stand einer Ersatzreligion erhoben werden, mit der alle Bürger in Deutschland nunmehr leben sollen. Dies kommt der Einführung einer Staatskirche gleich, die durch Art. 140 GG (Art. 137 Abs. 1 WV) eigentlich verfassungsrechtlich verboten ist, da die Landesrundfunkanstalten zu den neuen Trägern der weltanschaulichen Auffassungen erhoben werden, die zuvor in der Obhut der Kirchen lagen. Eine Trennung zwischen „Kirche“ und Staat ist in dieser neuen Form von Religion nicht mehr erkennbar; was durch die Problematik noch verstärkt wird, dass die Intendanten der Landesrundfunkanstalten politisch nicht unabhängig sind. Denn diese werden in der Regel durch die jeweilige Landesregierung eines Bundeslandes ins Amt gehoben.
h) Hintergrund der Schaffung der Religionsfreiheit im Grundgesetz ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass in einem demokratischen Rechtsstaat Kulturkämpfe gegen Religionsgemeinschaften vermieden werden sollen, wie sie beispielsweise vom Reichskanzlers Bismarck gegen die Katholische Kirche geführt wurden. Bei dem neuen Kulturkampf geht es jedoch nicht mehr im engeren Sinne um Religion, sondern um die Hoheitsfrage der Informationsverbreitung, die Kirchhof mit dem Begriff „Informationskultur“ umschreibt. Ausgetragen wird dieser neue Kulturkampf offensichtlich zwischen den alten Medien (Rundfunk, Zeitung) und den neuen Medien, die aus der Informationskultur des Internets entstanden sind. Darüber hinaus gibt es als dritte Gruppe noch diejenigen Menschen, die nichts mit den Medien und deren Weltanschauungen zu tun haben wollen, dennoch sich aber mit einer Rundfunkpflicht durch eine Zwangsabgabe auseinandersetzen müssen.
Demnach geht es bei diesem neuen Kulturkampf zur Hoheitsfrage der Informationsverbreitung offensichtlich um eine diffuse Angst vor der internetbasierten Globalisierung, die es schwer macht, Informationen innerhalb von staatlichen Grenzen zu kontrollieren. Bei Paul Kirchhof ist so denn ein Ansatz der Panikmache zu finden, der unreflektiert in die Grundsatzurteile zum Rundfunkbeitrag vom 18.07.2018 (Rn. 80 - 1 BvR 1675/16 u. a. - ) eingegangen ist, wenn er schreibt:
Technische Strukturen algorithmischer Steuerung machen den Menschen zudem zum Informationsträger, auf den die Organisatoren dieses Wissenssystems anonym zugreifen, den sie dann aber mit ihrem Wissen bewusst ansprechen oder in ihr Machtkonzept einbinden können. Der Computer bestimmt durch seine Vorauswahl die für uns erreichbaren Informationen und die uns zugänglichen Wissensspeicher. Er füllt unseren Kühlschrank mit Lebensmitteln, lenkt unser Auto, bietet für unsere Wahlentscheidung einen »Wahl-O-Mat« an und sucht bei der Wahl des Ehepartners Kandidaten und sortiert diese bis zur Empfehlung eines einzelnen Menschen vor. Gegen diese Entwicklung werden wir entschieden für den Erhalt persönlicher Freiheitsrechte kämpfen [Hervorhebungen vom Kläger].
Paul Kirchhof (2018):
Beherzte Freiheit. Herder-Verlag, Freiburg im Breisgau, S. 42.
Wen Kirchhof da mit
wir meint, ist nicht bekannt. Da der Kläger keine der genannten Einrichtungen nutzen würde, muss er sich vor solchen Algorithmen zumindest direkt nicht fürchten. Vielmehr muss er wegen des Rundfunkbeitragszwang damit rechnen, dass er nicht nur seine Selbstbestimmungsfreiheit der Information verliert, sondern sogar inhaftiert werden kann, wenn er sich diesem Zwang nicht beugt. Dass man mit dem neu geschaffenen Beitragsservice sogar den Bock zum Gärtner gemacht hat, wenn es um die Einführung einer problematischen Automatisierung geht, belegt die Einführung des § 10a RBStV, wonach es dem Beklagten seit Juli 2020 erlaubt ist, Bescheide in einem vollständig automatisierten Verfahren zu erlassen. Ungeklärt dürfte in diesem Zusammenhang sein, ob der Beklagte auch Vollstreckungsverfahren über diesen Paragraphen einleiten darf. Schließlich geht es bei der Einleitung von solchen Vollstreckungsmaßnahmen im vollständig automatisierten Verfahren darum, dass amtliche Anweisungen ohne jegliches Zutun von Menschen eingeleitet werden. In diesem Zusammenhang weist der Kläger auf die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens hin, das der Beklagte gegen den Kläger wohl tatsächlich an einem Feiertag (1. November) bei einer Stadtkasse eingeleitet hat (vgl.
Anlage D04).
i) Auf all diese zuvor geschilderten Sachverhalte geht der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid vom 29.12.2022 (
Anlage D03) überhaupt nicht ein, obwohl der Kläger in seinem Widerspruch vom 20.11.2022 (
Anlage D02) die wesentlichen Sachverhalte dieser Klage dort bereits vorgetragen hat.
Auch wenn der Kläger sich auf keine religiösen Ablehnungsgründe beruft, wie andere Kläger gegen den Rundfunkbeitrag es tun, kann der folgende Verweis im Widerspruchsbescheid des Beklagten auf ein Urteil zu einer Anfechtungsklage eines Pastors einer freikirchlichen Gemeinde vielleicht als mögliche Stellungnahme zu der vom Kläger geäußerten Ablehnung der durch die Medien verbreiteten Weltansichten gewertet werden (a. a. O. Seite 1):
Die Erhebung des Rundfunkbeitrags verstößt auch nicht gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG, weil die Zahlung des Rundfunkbeitrags nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses verbunden ist (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.11.2015, Az. 7 A 10455/17).
Unabhängig davon, ob der Beschluss des OVG Koblenz vom 16.11.2015 überhaupt relevant für dieses Verfahren ist, wäre eine solche Behauptung schon deshalb falsch, weil der Kläger über die Anmeldepflicht aus §8 RBStV sehr wohl dazu verpflichtet wird, sich zum WDR als der Landesrundfunkanstalt für Nordrhein-Westfalen zu bekennen. Ein solches Bekenntnis zu den Medien ist dem Kläger schon deshalb nicht zuzumuten, weil die beruflich geprägten Weltanschauungen von Journalisten nicht mit dem wissenschaftlich geprägten Weltbild des Klägers im Einklang stehen. Dass der Beitragsservice die Anmeldung des Klägers im Rahmen eines vollständig automatisierten Verfahrens nach einem Meldedatenabgleich ohne jegliche Gesetzesgrundlage vorgenommen hat, ist einer der Gründe, weshalb der Kläger von einer bisher nicht erfolgten Anmeldung ausgeht. Denn der Kläger ist nicht bereit, sich seinen Willen durch eine Maschine nehmen zu lassen, und auch nicht dazu bereit, sich dem WDR als Rundfunkteilnehmer, weder in passiver noch in aktiver Form, anzuschließen. Der Akt der freiwilligen Zahlung des Rundfunkbeitrages wäre in diesem Sinne sehr wohl ein Bekenntnis zum WDR und zu seiner weltanschaulichen Ausrichtung, die nach Ansicht des Kläger nicht auf dem Grundgesetz basiert, weil der WDR offensichtlich meint, alle Grundrechte des Kläger und anderer Gegner des Rundfunkbeitrages einfach ignorieren zu können.
j) Darüber hinaus ist das Oberverwaltungsgericht für das Land Rheinland-Pfalz durchaus dafür bekannt, dass seine Rechtsprechung nicht nur irreführend ist, sondern eine fehlende Distanz zu den Wünschen und Vorstellungen der Landesrundfunkanstalten aufzeigt, die die Unparteilichkeit diese Gerichtes in Frage stellt. Denn das OVG Koblenz in Rheinland-Pfalz ist mit seinem Urteil vom 12.03.2009 - 7 A 10959/08 - nach den Recherchen des Klägers dafür verantwortlich, dass die so genannte PC-Gebühr, die von vielen Menschen zu Recht als ungerecht empfunden wurde, nicht gestoppt wurde. Damit hat dieses OVG die Reform der Rundfunkgebühr eingeleitet, die zu dem noch größerem Unrecht des Rundfunkbeitrages geführt hat. Denn die PC-Gebühr war maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Gesetzgeber in verfassungswidriger Weise annehmen konnte, dass er eine neue Abgabe erfinden darf, die alle Haushalte in Deutschland umfasst. Auch wenn die fragwürdige Beitragsreglung die verfassungsrechtlichen Probleme aus formaller Sicht umgeht, ist es immer noch ungeklärt, ob der Rundfunkbeitrag aus materieller Sicht dazu geeignet ist, Menschen, die den Konsum und die Förderung von Rundfunk und Fernsehen ablehnen, zu einer direkten Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch eine konkrete Zweckabgabe zu verpflichten. Denn niemand würde auf die Idee kommen, eine Kirchensteuer für alle oder eine Beitragspflicht zur Finanzierung der Bundeswehr einzuführen, weshalb auch die PC-Gebühr als Abgabe für den Rundfunk fraglich bleibt.
k) Weder bei der Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG noch bei der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 EMRK geht es darum, dass die Finanzierung einer abgelehnten Weltanschauung durch eine für diesen Zweck bestimmte Abgabe zu einer rechtlichen Auseinandersetzung mit weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnissen führt, so wie es vom Beklagten WDR unterstellt wird. Die gängige Rechtsprechung beschäftigt sich in solchen Verfahren eher mit der Frage, inwieweit der Staat seine Bürger indoktrinieren darf. Gerade in Deutschland sollte ein solides Bewusstsein darüber bestehen, dass Rundfunk und Fernsehen einen indoktrinierenden Einfluss ausüben, weshalb die Weigerung der Gerichte sich mit diesem Thema zu beschäftigen, einer Geschichtsklitterung gleichkommt. Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird in diesem Sinne nach allgemeiner Rechtsprechung sogar als Vorzugslast angeboten, damit alle Bürger dieses Programmangebot ohne Zugangseinschränkungen wahrnehmen können. Die Schutzbehauptung, dass die Bürger nicht direkt dazu gezwungen seien, dieses Angebot tatsächlich zu nutzen, um den Vorwurf der staatlichen Indoktrination zu entgehen, greift hier nicht, da es in vergleichbaren Fällen um die Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs geht. Mit Bezug auf die Rechtsprechung zu Kruzifixen in Klassenräumen nicht konfessionell gebundener Schulen (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 -, EGMR: GRAND CHAMBER CASE OF LAUTSI AND OTHERS v. ITALY – Nr. 30814/06, Urteil vom 18.03.2011) geht es beispielsweise, um die Frage, ob die Anbringung eines Kreuzes in einem Klassenraum eine Form der staatlichen Indoktrination sei. Bei der rechtlichen Auseinandersetzung um Fragen zu Art. 4 Abs. 1 GG und Art. 9 Abs. 1 EMRK geht es demnach nicht um die Frage, ob jemand die freie zur Schaustellung von Kreuzen erdulden muss oder nicht, sondern um die Frage, inwieweit ein Mensch andere Bekenntnisse in einer pluralistischen Gesellschaft erdulden muss.
Mit Bezug auf den Rundfunkbeitrag geht es also um die Frage, ob es verfassungsrechtlich erlaubt wäre, eine Abgabenpflicht für die Möglichkeit der Anschauung eines Kreuzes in einem Klassenzimmer einzuführen. Denn genau dies geschieht beim Rundfunkbeitrag, wenn Menschen, die den Konsum und die Förderung des öffentliche-rechtlichen Rundfunks ablehnen, gesagt bekommen, dass sie die Vorzugslast der Bereitstellung des Programmangebotes über einen Beitrag zahlen sollen, auch wenn sie die Weltanschauungen, die über Rundfunk und Fernsehen verbreitet werden, ablehnen. Damit dürfte das hinzunehmende Maß der Toleranz in einem demokratischen Rechtsstaat überschritten sein, das nicht medienorientierte Bürger dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegenüber aufbringen müssen. Der Maßstab, den das Bundesverfassungsgericht bei solchen Entscheidung im Beschluss zum Kruzifix in Schulklassen setzt, ist der folgende (a. a. O. Rn. 55):
Das Bundesverfassungsgericht hat daraus den Schluß gezogen, daß dem Landesgesetzgeber die Einführung christlicher Bezüge bei der Gestaltung der öffentlichen Volksschulen nicht schlechthin verboten ist, mögen auch Erziehungsberechtigte, die bei der Erziehung ihrer Kinder dieser Schule nicht ausweichen können, keine religiöse Erziehung wünschen. Voraussetzung ist jedoch, daß damit nur das unerläßliche Minimum an Zwangselementen verbunden ist. Das bedeutet insbesondere, daß die Schule ihre Aufgabe im religiös-weltanschaulichen Bereich nicht missionarisch auffassen und keine Verbindlichkeit für christliche Glaubensinhalte beanspruchen darf. Die Bejahung des Christentums bezieht sich insofern auf die Anerkennung des prägenden Kultur- und Bildungsfaktors, nicht auf bestimmte Glaubenswahrheiten. Zum Christentum als Kulturfaktor gehört gerade auch der Gedanke der Toleranz für Andersdenkende. Deren Konfrontation mit einem christlich geprägten Weltbild führt jedenfalls so lange nicht zu einer diskriminierenden Abwertung nichtchristlicher Weltanschauungen, als es nicht um Glaubensvermittlung, sondern um das Bestreben nach Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit im religiösweltanschaulichen Bereich gemäß der Grundentscheidung des Art. 4 GG geht (vgl. BVerfGE 41, 29 <51 f.>; 41, 65 <85 f.>).
In diesem Kontext sei daran erinnert, dass die allgemeine Beitragspflicht für alle Haushalte in Deutschland gerade mit dem Argument begründet worden ist, dass es keine Möglichkeit gäbe, der Möglichkeit des Rundfunkempfangs in Deutschland zu entfliehen, womit für die Nicht-Rundfunkteilnehmer dieselbe Zwangslage besteht, die es für Schüler nichtchristlicher Weltanschauungen in Bayern gab. Der Anstaltscharakter des öffentlich-rechtlichen Rundfunk führt zudem dazu, dass man die Beitragspflicht für den Rundfunk als eine Rundfunkpflicht ansehen muss, die mit der Schulpflicht für Kinder vergleichbar ist. Denn die Schulpflicht zwingt Kinder nur zur Teilnahme am Unterricht und nicht zur tatsächlichen Nutzung des Bildungsangebotes.
Auf einen Nutzungswillen kommt es dort also auch nicht an. Demnach muss die Zahlungspflicht aus §2 RBStV mit einer unzulässigen Rundfunkpflicht gleichgesetzt werden, da alle Wohnungsinhaber sich über §8 RBStV (gleichwie wie kleine Schulkinder) bei der Landesrundfunkanstalten als Rundfunkteilnehmer anmelden müssen.
l) Es ist zudem nicht richtig, dass jeder Kläger, der sich auf den Art. 4 GG beruft, automatisch aus religiösen Gründen die Zahlung des Rundfunkbeitrags verweigert, so wie es der Beklagte WDR in seinen Schreiben immer wieder in irreführender Weise darzustellen versucht.
Daher sei an dieser Stelle ausdrücklich klargestellt, dass der Kläger die Zahlung des Rundfunkbeitrages nicht aus religiösen, sondern aus rein rechtlichen Gründen ablehnt, da der Kläger den Rundfunkbeitrag immer noch für verfassungswidrig hält. Aus wissenschaftlicher Sicht hat die Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 GG auch nichts mit Religion zu tun. Es geht bei diesem Artikel aus dem Grundgesetz, zusammen mit dem Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Abs. 3, im Kern um das Recht auf Gedankenfreiheit im Sinne einer Überzeugungsfreiheit. Ein religiöses Gewissen geht in der Regel über eine solche Überzeugungsfreiheit hinaus, weshalb in Verfahren um den Art. 4 GG auch keine religiösen Bekenntnisse offenbar werden müssen, obwohl dies vom Beklagten und teilweise von den Gerichten immer wieder eingefordert wird. Der Rechtswissenschaftler Paul Tiedemann stellt hierzu richtigerweise fest:
Zunächst kann es keinem Zweifel unterliegen, dass in eine menschenunwürdige Lage gerät, wer gezwungen werden soll, sich zu einem religiösen Glauben zu bekennen, den er tatsächlich nicht hat. Dabei ist es gleichgültig, ob er stattdessen einen anderen oder ob er überhaupt keinen religiösen Glauben hat. Insofern geht es um die religiöse Gedankenfreiheit, die, wie im Kap. 4.1 herausgearbeitet worden ist, nur einen Fall der allgemeinen Gedankenfreiheit darstellt und sich von dieser in keiner relevanten Hinsicht unterscheidet. Die Gedankenfreiheit verbürgt das Recht, jeden beliebigen Gedanken haben und ausdrücken zu dürfen. Jeder konkrete Gedanke besteht aber nicht nur aus einem positiven Inhalt, sondern zugleich immer auch aus negierenden Inhalten.
Paul Tiedemann (2012):
Religionsfreiheit – Menschenrecht oder Toleranzgebot?, S. 160
Damit geht es bei dem Recht der negativen Religionsfreiheit nicht nur um das Recht der Gedankenfreiheit, sondern auch um das Recht der freien Meinungsäußerung. Denn das „Recht, sich nicht zu einer Meinung oder Überzeugung bekennen zu müssen, die man nicht hat, ist nichts weiter als die logische Kehrseite des Rechts, eine Meinung oder Überzeugung haben und bekennen zu dürfen“ (ebenda). In diesem Sinne verstoßen der Zwang aus Art. 2 RBStV, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit Beiträgen fördern zu müssen, und die Bekenntnispflicht aus Art. 8 RBStV gegen grundlegende Prinzipien eines demokratischen Rechtsstaates, wenn Gegner und Nicht-Nutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Bekenntnis zu solchen meinungsbildenden Anstalten des öffentlichen Rechts gezwungen werden.
o) Nach den Recherchen des Klägers besteht nicht einmal ein demokratische Legitimierung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Staatsbezug des Beklagten WDR ist (historisch gesehen) erst durch die Verstaatlichung der Rundfunkunternehmen durch die Nazianalsozialisten entstanden, womit der WDR nichts anderes ist als die Nachfolgeorganisation des Reichssender Köln. Denn der WDR wurde
vor seiner Verstaatlichung durch die Nazianalsozialisten im Jahre 1923 ursprünglich mal als Westdeutsche Funkstunde AG (WEFAG), also als eine
Aktiengesellschaft, gegründet. 1927 wurde diese Aktiengesellschaft bereits in Westdeutsche Rundfunk AG (WERAG) umbenannt, bevor sie im Jahre 1934 Teil der Reichsrundfunkgesellschaft (der heutigen ARD) wurde, womit die WERAG dem Reichspropagandaministerium unterstellt wurde. Sie verlor damit ihre Eigenständigkeit und stand von nun an als Reichssender Köln unter staatlicher Kontrolle. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus fungierte der Reichssender Köln zusammen mit dem Reichssender Hamburg unter den Namen NWDR zunächst als Militärsender in der britischen Zone. Der NWDR wurde am 30. Dezember 1947 von der britischen Militärregierung zwar wieder in die Obhut der neuen Regierungen übergeben, was jedoch nicht wieder zur staatlichen Unabhängigkeit der Rundfunksender führte. Im Jahre 1955 wurde der NWDR auf Veranlassung der Regierungen der Länder in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in die beiden Rundfunkanstalten NDR und WDR aufgeteilt, womit der Zustand von 1934 wieder hergestellt wurde. Denn der NDR erhielt wieder den Sitz des Reichssenders Hamburg und der WDR erhielt wieder den Sitz des Reichssender Köln. Eine demokratische Legitimierung, beispielsweise durch Volksabstimmung, der geschaffenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als parteipolitisch gesteuerte Landesrundfunkanstalten hat nie stattgefunden, weshalb der WDR und der NDR als undemokratische Reliquien aus der Zeit des Nationalsozialismus betrachtet werden können.
p) Der Legende, dass der WDR angeblich nach dem Vorbild der Britischen BBC geschaffen worden sei, muss man schon jetzt entgegenhalten, dass es in Großbritannien Gesetze gibt, die die BBC vor jeglichen politischen Einflussnahme durch Parteien schützen. Es gibt zum Schutz der BBC dort sogar ein klares Verbot der politischen Werbung jeglicher Art (vgl. hierzu z. B. EGMR 48876/08: Grand Chamber on 22 April 2013 , Animal Defenders International v. The United Kingdom). Eine vergleichbare Gesetzgebung gibt es in Deutschland nicht. Vielmehr muss man annehmen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland lediglich ein Spielball der politischen Parteien sind, wenn der bekannte Verteidiger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Oliver Keymis, in einer NRW-Landtagsrede vom 19. Mai 2021 Folgendes feststellt (vgl. Landtag Plenarprotokoll Nordrhein-Westfalen 17/128, S. 55):
Das Spannende daran ist ja, dass Sie versuchen, das alles im Rahmen dessen zu tun, was Ihnen an Möglichkeiten gegeben ist. Aber ganz offensichtlich haben Sie noch nicht genügend erkannt, welches enorme Instrument zur Verfügung steht, wenn man sich in diesem Land anständig aufführt und auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Wort kommt.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMP17-128.pdfDiese Worte richtet der Abgeordnete Keymis in Richtung einer Oppositionspartei, die offensichtlich keinen besonders guten Ruf hat, wobei aus der Rede nicht hervor geht, wie man sich zu verhalten hat, damit man dem WDR gefällt. Im Unterschied zu dieser Partei tritt der Kläger politisch tatsächlich für die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein, da der WDR für den Kläger nur eine unnütze und ungenutzte Reliquie aus der Zeit des Nationalsozialismus ist, womit hoffentlich klar ist, was der Kläger unter seiner politische Ablehnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks versteht. Nach seiner Ansicht sollten diese Rundfunksender wieder in Aktiengesellschaften umgewandelt werden, damit der Zustand von vor 1934 wieder hergestellt wird.
q) Nach den Recherchen des Kläger besteht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk faktisch bereits ein privatrechtlicher Zustand schon seit geraumer Zeit, da diese Sender kaum noch selbst irgendetwas produzieren, sondern ihr Programmangebot bei externen Firmen ankaufen. So gilt beispielsweise für die wahrscheinlich bei Politikern sehr beliebten Polit-Talk-Shows des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dass diese Sendungen alle von privatrechtlichen Unternehmen produziert werden, wozu der Kläger auf die folgenden Beispiele verweist:
Ein duales Rundfunksystem besteht nach den Recherchen des Klägers damit nicht mehr wirklich in Deutschland, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in anderer Hinsicht sehr unternehmerisch tätig ist, obwohl er eigentlich kein Unternehmen sein darf. Damit basiert die ganze Rechtsprechung zum Rundfunkbeitrag nur auf Lug und Trug, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk von seiner Struktur heraus schon gar kein Gegengewicht zum werbefinanzierten Rundfunk anbieten kann.
(Fortsetzung folgt)