Person A hat nicht mitbekommen, dass sich die Gesetzte so geändert haben und dass GV ohne das bekannte Mahnverfahren wie Mahnbescheid, Widerspruch, Verhandlung, Urteil....... plötzlich einfach rechtskräftig tätig werden können, wenn man nicht jeden Brief widerspricht!!!
1) wegen fehlenden Widersprüchen ist aus den Schreiben der ÖR ein vollstreckbarer Titel geworden, ohne dass wie früher ein Mahnbescheid und ein Gerichtsurteil einen Titel erlassen
Hallo Robby,
naja, das was du beschreibst bezieht sich auf
zivilrechtliche Verfahren. In
verwaltungsrechtlichen Verfahren (Behörden sind involviert) läuft das alles
ohne Mahnbescheid oder Gerichtsurteil, sondern per sogenanntem
Vollstreckungsersuchen (s. u.):
Ein Verwaltungsakt wird erlassen mittels
Bescheid (z. B. Festsetzungsbescheid, oder besser: Grundlagenbescheid), den man erhält (oder eben nicht erhält...) mittels einfachem Brief - manchmal/selten auch mittels Einschreiben/Postzustellungsurkunde/Empfangsbekennntnis...
Ein einfacher Brief gilt 3 Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt
(Art. 41 Bayerisches VerwaltungsZustellungs- und Vollstreckungsgesetz, BayVwZVG) - wenn die
Zustellung nicht bezweifelt wird (Art. 41, Abs. 2).
Art. 41
Bekanntgabe des Verwaltungsakts
(1) 1 Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. 2 Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) 1 Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. 2 Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. 3 Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.Dann beginnt die Rechtsbelehrungs- bzw. Rechtsmittelfrist zu laufen. Wenn man dann nicht rechtzeitig den Rechtsbehelf/das Rechtsmittel nachweisbar eingelegt hat (Fax, per Einschreiben) und die Frist abgelaufen ist, gilt so ein Bescheid als
rechtskräftig.
Damit haben viele Behörde (laut Verwaltungszustellungs- und vollstreckungsgesetz) oft direkt die Möglichkeit, ein
Vollstreckungsersuchen an einen Gerichtsvollzieher oder an eine anderes Vollstreckungsorgan zu schicken. Dafür versehen sie dieses Ersuchen mit einer bestimmte
Klausel "diese Ausfertigung ist vollstreckbar". Damit gilt das Vollstreckungsersuchen - glaube ich - als
vollstreckbarer Titel. Die Behörde übernimmt (in Bayern) anscheinend die Verantwortung dafür, dass alle
Vollstreckungsvoraussetzungen ordnungsgemäß gegeben sind.
Art. 24 BayVwZVG
Vollstreckungsanordnung
(1) Die Anordnungsbehörde oder die für sie zuständige Kasse oder Zahlstelle ordnet die Vollstreckung dadurch an, daß sie
1. in den Fällen des Art. 25 das Finanzamt oder die nach dem Recht eines anderen Landes der Bundesrepublik Deutschland oder die nach einer völkerrechtlichen Vereinbarung zuständige Stelle um Beitreibung ersucht und auf das Beitreibungsersuchen die Erklärung setzt, daß der beizutreibende Anspruch vollstreckbar ist;
2. in den Fällen der Art. 26 und 27 auf eine Ausfertigung des Leistungsbescheids oder eines Ausstandsverzeichnisses die Klausel setzt: "Diese Ausfertigung ist vollstreckbar".
(2) Mit der Vollstreckungsanordnung übernimmt die Anordnungsbehörde oder die für sie zuständige Kasse oder Zahlstelle die Verantwortung dafür, daß die in den Art. 19 und 23 bezeichneten Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gegeben sind.
(3) Bei einer Vollstreckungsanordnung, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können Unterschrift und Dienstsiegel fehlen.
Ob diese Vollstreckungsvoraussetzungen tatsächlich gegeben sind, müsste man dann schon offensiv bezweifeln mittels Rechtsbehelfen, die bei Gerichten einzulegen sind.
mögliche Ansatzpunkte gäbe es vielleicht:
- ist eine Zustellung erfolgt?
- ist der Beitragsservice eine rechtsfähige juristische Person, die Vollstreckungsersuchen erlassen darf (Art. 27 BayVwZVG)?
- liegen Formfehler vor? (s. Beschluss Tübingen)
- wurde zur Leistung aufgefordert (siehe Beitrag Knax)?
- fehlerhafte Säumniszuschläge?
- fehlender Grundlagenbescheid??
- ...?
- ...?
Ich frage mich allerdings im Moment,
welches Gericht tatsächlich für solche Einwendungen
zuständig wäre. Ob es nicht vielleicht möglich oder sogar sinnvoll wäre, in einem fiktiven Fall, wie dem von dir geschilderten, per "einstweiliger Anordnung"
Eilrechtsschutz / Vollstreckungsschutz beim
Verwaltungsgericht (VG) zu bekommen und dort auch
Klage einzureichen gegen die Vollstreckung (auch: Haft).
So was müsste man eigentlich beim zuständigen VG erfragen können. Verwaltungsbehörden und -gerichte dürfen und müssen einem Bürger Auskunft geben und auch helfen, auch beim Formulieren von Anträgen u. ä. (Amtsermittlungspflicht) So eine Klage zum Verwaltungsgericht plus Antrag auf Vollstreckungsschutz (gem. § 123 VwGO oder gem. § 80
Abs. 5 VwGO ??) müsste allerdings inhaltlich möglichst
umfassend begründet werden (Hinweise auf Grundgesetz, ausstehende höchstrichterliche Entscheidungen etc...., siehe andere Beiträge im Forum), um die Chancen zu verbessern,.. und sei es nur die Chance darauf, die
Verfahren ruhend zu stellen, bis auf höherer Ebene (Bundesverwaltungs- oder -verfassungsgericht), in anderen bereits anhängigen Verfahren entschieden werden wird.
Was man so hört, erklärt sich so ein bayerisches
Amtsgericht (AG) - als Vollstreckungsgericht eigentlich zuständig für Erinnerungsverfahren (Art. 26, 27 ByVwZVG) - mit dem Hinweis auf
Art. 24, Abs. 2 BayVwZVG (s.o.) ohnehin schon mal für nicht zuständig. Warum also nicht gleich zum VG gehen?
Ich frage mich auch, ob verlorene (Erinnerungs)Verfahren vor dem Amtsgericht vielleicht z. T. darauf zurückgeführt werden könnten, dass die schriftichen Begründungen der Antragsteller nicht sauber genug, d.h. mit
Hinweis auf berührte §§, begründet worden sind?? Das Amtsgericht hat keine Amtsermittlungspflicht und tut sich dann vielleicht um so leichter, Anträge abzulehnen??
Ein paar Kosten (Gerichtskosten o.ä.) entstehen vermutlich so oder so zusätzlich, die man (nur) erstattet bekommt, wenn man am Ende gewinnt.
Ich würde mich jedenfalls auch fragen, ob es nicht sinnvoll wäre,
zeitgleich noch fehlende Widersprüche einzulegen gegen alle angeblich existierenden Festsetzungsbescheide, von denen mir bislang vielleicht nichts bekannt gewesen wäre. Natürlich auch
unter gleichzeitger Beantragung von Vollstreckungsschutz (diesmal gem. § 80
Abs. 4 VwGO). Diese 80 IV-Anträge sind kostengünstiger und möglicherweise leichter durchsetzbar? (s. Gesetz
http://dejure.org/gesetze/VwGO/80.html ). Alle Schreiben per Fax/Einschreiben. Eine Kopie dieser Schreiben würde ich dem GV übermitteln.
Man könnte sich in so einem fiktiven Fall natürlich
überlegen, den Teil der geforderten Beträge zu bezahlen, der bereits per Widerspruchsbescheid rechtwirksam geworden sein soll (Ratenzahlung anbieten? Diese ist in § 68 GVGA geregelt.) Das käme ein bisschen darauf an, wie so ein Bescheid konkret aussehen würde... und zu wieviel Risiko ich bezüglich Anordnung von Haft oder Eintragung ins Schuldnerverzeichnis einzugehen bereit wäre...