Ich wollte gerade mit dem Schreiben einer Antwort beginnen. Da kam plötzlich die Antwort Nr. 7 von seppl dazwischen.
Ich sehe es ähnlich wie seppl.
Über die Fälligkeit muss selbstverständlich eine Regelung im Rahmen des Gesetzes getroffen werden. Bloß: Die Regelung in § 7 Absatz 3 Satz 2 RBStV ist meiner Ansicht nach so nicht haltbar, weil sie mit elementaren Grundgedanken des Rechtsschutzes kollidiert. So wie § 7 Absatz 3 Satz 2 RBStV formuliert ist, tritt die Fälligkeit nämlich unabhängig von der Beitragsfestsetzung ein. Eine der zentralen Fragen, die durch die Tübinger Beschlüsse aufgeworfen werden, ist eben genau die Frage, um die es auch in dieser Diskussion geht, nämlich, ob öffentliche Abgaben fällig sein können, bevor überhaupt eine Beitragsfestsetzung stattgefunden hat. Meiner Ansicht nach lautet die Antwort auf diese Frage: "Nein." Die Fälligkeit kann meiner Ansicht nach aus dem Rechtsschutzinteresse des Bürgers nicht vor der Festsetzung öffentlicher Abgaben eintreten, weil ein ganz bestimmter Ablauf eben aus Gründen des Rechtsschutzes (letztlich gründend auf dem Rechtsstaatsgebot) eingehalten werden muss:
1. Schritt: Der Anspruch auf die öffentliche Abgabe muss erst entstanden sein.
2. Schritt: Dann erfolgt die Festsetzung des Anspruchsumfangs, in diesem Fall die Festsetzung der Rundfunkbeiträge.
3. Schritt: Erst wenn die Festsetzung des Beitrages (also des Anspruchs auf die öffentliche Abgabe) erfolgt ist, wird der betreffende Bürger aufgefordert, den festgesetzten Betrag zu entrichten, d.h. den Anspruch zu erfüllen. Und diese Aufforderung (das sog. Leistungsgebot) hat aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes zum Inhalt
a) in welcher Höhe der Geldbetrag zu entrichten ist,
b) an wen (d.h. an welchen Beitragsgläubiger) dieser zu entrichten ist, sofern sich dies nicht schon eindeutig aus den Umständen ergibt,
c) bis zu welchem Zeitpunkt er zu entrichten ist,
d) wie er zu entrichten ist, d.h. in aller Regel unbar auf ein bestimmtes Konto.
Ein Bespiel für die konkrete und korrekte Umsetzung des Rechtsstaatsgebotes ist diesbezüglich meiner Meinung nach § 36 Absatz 4 Satz 1 EStG, der lautet:
"Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zuungunsten des Steuerpflichtigen ergibt, hat der Steuerpflichtige (Steuerschuldner) diesen Betrag, soweit er den fällig gewordenen, aber nicht entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen entspricht, sofort, im Übrigen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten (Abschlusszahlung)."
In § 36 Absatz 4 Satz 1 EStG wird die Fälligkeit der Einkiommensteuernachzahlung von dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Steuerbescheids abhängig gemacht.
Meiner Ansicht nach ist aber auch in diesem Falle ein Leistungsgebot nicht entbehrlich, nur weil die Fälligkeit abstrakt in einem Gesetz geregelt ist. Denn eine abstrakte Regelung der Fälligkeit in einem Gesetz ist weder eine konkrete Anordnung gegenüber dem betroffenen Bürger innerhalb eines Verwaltungsaktes noch kann sie eine konkrete Anordnung im Einzelfal ersetzen.
Würden abstrakte Regelungen in einem Gesetz die konkrete Anordnung im Einzelfall ersetzen können, so bedürfte es keiner Verwaltungsakte mehr, weil ein Verwaltungsakt definitionsgemäß eine Entscheidung bzw. Anordnung im (konkreten) Einzelfall ist. Daher hätte die Festsetzung -wie ich schon vorher erläutert hatte- nicht mehr die Qualität eines Verwaltungsaktes, sondern nur die Qualität eines Realaktes, weil es sich um eine schlichte Vorbereitungshandlung der Verwaltung handeln würde.
Allerdings muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass der Beitragsservice sehr wohl der Ansicht ist, dass abstrakte Regelungen in einem Gesetz konkrete Entscheidungen im Einzelfall ersetzen zu können. Denn es sind durchaus Fälle bekannt, in denen der Beitragsservice versucht hat, Beiträge ohne jegliche Verwaltungsakte zu vollstrecken. Diese Diskussion zieht sich eben durch bis zum hier diskutierten Thema der Fälligkeit.