Nach der mündlichen Verhandlung von Kretschmann im Plenarsaal, die den vorgesehenen Zeitrahmen des Gerichtes überschritt, wurde mit zwei weiteren Verhandlungen im kleinen Saal in der dritten Etage fortgefahren. Einer der Kläger, Herr L., der ALG II bezog aber einen Befreiungsantrag erst verspätet gestellt hatte, machte auch allerlei verwaltungsrechtliche Verfahrensfragen geltend: wieso beispielsweise die Landesrundfunkanstalten nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz Vollstreckungen über die Finanzämter betreiben, obwohl es sich nicht um bundesunmittelbare Körperschaften handele, wie es sein kann, dass Satzungen von Landesrundfunkanstalten in ihrer Geltung über Bundesgsetze gestellt werden, wieso er als Bürger sich von der Beitragspflicht rechtzeitig befreien lassen müsse, auch wenn er gar nicht von diesen Zahlungsverpflichtungen wissen könne etc. Es war insgesamt eine etwas konfuse Verhandlung bei welcher der vorsitzende Richter Marti*** allerdings auch nicht den bestinformierten Eindruck hinterließ. So sprach er davon, dass die ÖR Rundfunkanstalten "Körperschaften des öffentlichen Rechts" seien, worauf der Kläger zutreffend nachfragte: "Anstalten" oder "Körperschaften"? Der Richter wiederholte fragend beide Alternativen und schaute etwas unschlüssig die Vertreterin der beklagten Anstalt an und gab dann "wohl doch Anstalten" von sich. Der Kläger sprach auch die Unzulässigkeit einer Zwangsmitgliedschaft als Beitragsschuldner an.
Ein anderer Punkt war die fehlende Unterschrift bei den Bescheiden, der Kläger vertrat die Auffassung, dass dies bei Bescheiden, die automatisch erstellt werden zulässig sein mag, insofern sie aber zugleich als vollstreckbarer Titel fungieren sollen, hingegen nicht. In einem solchen Falle sei eine Unterschrift zwingend notwendig. Bei diesem Thema wußte der Richter das Tübinger Urteil anzusprechen, welches kürzlich vom Bundesgerichtshof aufgehoben worden sei.
Insgesamt eine eher unerquickliche Verhandlung, einerseits weil die Argumente nicht konzise vorgetragen wurden, andererseits weil der Richter in keinen der genuin verwaltungsrechtlichen Fragen Bedenken erkennen wollte, vielmehr sagte, er könne den Kläger nicht folgen. Hinweise auf Unstimmigkeiten in der gesetzlichen Zuständigkeit von Bundesgesetzen, Landesgesetzen, Vollstreckungsregelungen und Satzungen entgegnete der Richter immer mit dem jeweiligen Paragraphen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages. So sei etwa die Frage der Vollstreckbarkeit im RBStV geregelt, ebenso dass Bescheide nur bei rückständigen Beitragen erlassen werden, zudem ergebe sich die Zahlungsverpflichtung kraft Gesetzes und bedürfe keines Bescheides. Auf die Gegenfrage, ob es denn eine andere öffentliche Abgabe gäbe, die ebenfalls kraft Gesetz entstehe ohne dass es eines Bescheides bedarf, antwortete der Richter ganz spontan, dass sei bei allen Steuern so.
Die Verhandlung ließ erkennen, wie schwer es ist, einen Richter eines Verwaltungsgerichtes auf den Gedanken kommen zu lassen, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag selbst rechtswidrig sein könnte. Vielmehr wird jegliches Bedenken immer mit dem Hinweis auf die Regelung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags abgebügelt, dabei liegt das Problem offenbar darin, dass es eben diese Regelungen sind, welche unzulässigerweise in die Rechte der Bürger eingreifen.