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Autor Thema: Befreiungsantrag wegen fehlendem individuellen Vorteil  (Gelesen 581 mal)

  • Moderator
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  • Das Ende des Rundfunkzwangsbeitrags naht!
In Anlehnung an

BVerwG 6 C 5.24 - Revision bzgl. Beitragspflicht/ individ. Vorteil/ Programm
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37969.0

könnte Person A die Notwendigkeit sehen, wegen des fehlenden individuellen Vorteils eine Befreiung von der Beitragspflicht zu beantragen.

Edit "Markus KA":

Natürlich könnten rein fiktiv gleichzeitig eine ausfürliche Datenauskunft (Antrag auf Auskunft nach Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)) beantragt und, sollte Person A gerade einen Festsetzungsbescheid erhalten haben, auch Widerspruch eingelegt und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO gestellt werden.

Hierzu Querverweise zu themenverwandte Beiträge:

Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO (Sammelthread)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,34005.0.html

5eins2 - Bund der Rundfunkbeitragszahler (Verein)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,37996.0.html

 



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  • IP logged  »Letzte Änderung: 18. Juni 2024, 10:12 von Markus KA«
GANZ DEUTSCHLAND WIRD VON EINEM ZWANGSBEITRAG IN ANGST UND SCHRECKEN VERSETZT. GANZ DEUTSCHLAND? NEIN! EINE GROSSE ANZAHL VON UNBEUGSAMEN BÜRGERINNEN UND BÜRGERN IN DIESEM LAND HÖRT NICHT AUF DEM ZWANGSBEITRAG WIDERSTAND ZU LEISTEN.

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Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.08.2013, Az. 65/13, 1 VB 65/1
https://www.landesrecht-bw.de/perma?d=NJRE001154709

Zitat
10
Zwar spricht der Wortlaut von § 4 Abs. 6 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages nur von einer Befreiung und nicht von einer Ermäßigung, um die es der Beschwerdeführerin hier geht. In § 4 wird ausdrücklich zwischen einer Ermäßigung (§ 4 Abs. 2) und einer Befreiung (§ 4 Abs. 1 und 6) unterschieden. Allerdings kann eine Ermäßigung auch als eine teilweise Befreiung verstanden werden, so dass insoweit der Wortlaut dem Erfolg eines Härtefallantrags aus den oben genannten Gründen nicht zwingend entgegenstehen muss.

11
Auch der Umstand, dass in § 4 Abs. 1 und 2 sowie § 4 Abs. 6 Satz 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages nur soziale Gesichtspunkte einen Grund für eine Befreiung oder Ermäßigung sein können, spricht nicht zwingend gegen einen möglichen Erfolg eines Antrags der Beschwerdeführerin nach § 4 Abs. 6 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages. Denn die „besondere Härte“ ist - anders als möglicherweise bei der Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 des alten Rundfunkgebührenstaatsvertrages (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.10.2011 - 6 C 34/10 -, Juris Rn. 17; weiter Bay. VGH, Beschluss vom 1.8.2012 - 7 C 12.1014 -, Juris Rn. 3) - nach dem Willen des Normgebers nicht auf soziale Härtefälle beschränkt. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass das in § 4 Abs. 6 Satz 2 genannte Beispiel für einen Härtefall nicht abschließend gemeint ist („insbesondere“). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung kann ein besonderer Härtefall unter anderem dann anzunehmen sein, wenn es einem Rundfunkbeitragsschuldner objektiv unmöglich wäre, zumindest über einen Übertragungsweg (Terrestrik, Kabel, Satellit, Internet oder Mobilfunk) Rundfunk zu empfangen (vgl. LT-Drs. 15/197, S. 41). Gedacht wurde hier unter anderem an den Fall eines Bewohners einer Berghütte, die in einem Funkloch liegt (vgl. P. Kirchhof, Gutachten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, erstattet im Auftrag der ARD, des ZDF und D Radio, April 2010, S. 61).

§ 4 Befreiungen von der Beitragspflicht, Ermäßigung RBStV
https://www.landesrecht-bw.de/perma?d=jlr-RdFunkBeitrStVtrBWV2P4

Zitat
(6) Unbeschadet der Beitragsbefreiung nach Absatz 1 hat die Landesrundfunkanstalt in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien. Ein Härtefall liegt insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach Absatz 1 Nr. 1 bis 10 in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. In den Fällen von Satz 1 gilt Absatz 4 entsprechend. In den Fällen von Satz 2 beginnt die Befreiung mit dem Ersten des Monats, in dem der ablehnende Bescheid ergangen ist, frühestens jedoch drei Jahre vor dem Ersten des Monats, in dem die Befreiung beantragt wird; die Befreiung wird für die Dauer eines Jahres gewährt.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 15. Juni 2024, 11:22 von DumbTV«

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Landtag Baden-Württemberg, Drucksache 15 / 197 vom 05. 07. 2011, Gesetzentwurf der Landesregierung,
Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung medienrechtlicher Vorschriften

https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP15/Drucksachen/0000/15_0197_D.pdf

Zitat
I.
Begründung zu Artikel 1
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag

B. Zu den einzelnen Bestimmungen

...

Zu § 4 (Anm. ab Seite 39

§ 4 regelt für natürliche Personen im privaten Bereich die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht und die Ermäßigung der Rundfunkbeitragspflicht. Eine Ermäßigung der Rundfunkbeitragspflicht auf ein Drittel des Beitrags kann von bestimmten Menschen mit Behinderung in Anspruch genommen werden. Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag sah die Möglichkeit der Ermäßigung von Rundfunkgebühren noch nicht vor. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ist weiterhin an den Bezug bestimmter staatlicher Sozialleistungen gebunden. § 4 knüpft insofern an die Regelungsgrundsätze von § 6 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages an. Dies gilt sowohl für den Katalog der Befreiungstatbestände, die Nachweisführung als auch für das Verfahren. Diese Regelung hat sich in der Praxis bewährt. Damit leistet die Neuregelung des § 4 einen Beitrag zur Fortsetzung einer sicheren Rechtsanwendung, sowohl für die Antragsteller als auch für andere Verfahrensbeteiligte. Der Katalog der Befreiungstatbestände wird hinsichtlich des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und 9 bis 11 des Rundfunkgebühren-
staatsvertrages in zum Teil modifizierter Form durch § 4 übernommen. Der Nachweis eines Rundfunkbefreiungstatbestandes im Sinne von § 4 Abs. 1 erfolgt entsprechend der bisherigen Rechtslage durch Vorlage amtlicher Bescheinigungen bestimmter staatlicher Stellen. Ausgenommen davon ist der Befreiungstatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 10 Alt. 1, für dessen Vorliegen nach Absatz 7 Satz 2 eine erleichterte Nachweismöglichkeit besteht.

...

Absatz 6 sieht weiterhin eine Beitragsbefreiung in besonderen Härtefällen vor. Abweichend zur bisherigen Regelung der Rundfunkgebührenbefreiung in besonderen Härtefällen in § 6 Abs. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages handelt es sich bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Rundfunkbeitragsbefreiung um eine gebundene Entscheidung der zuständigen Landesrundfunkanstalt. Absatz 6 weicht auch insoweit von der Regelung des § 6 Abs. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages ab, als aus Gründen der Rechtsklarheit ausdrücklich geregelt wird, dass eine Rundfunkbeitragsbefreiung das Stellen eines „gesonderten“ Antrages voraussetzt. Der Begriff des besonderen Härtefalles wird nicht definiert. Ein besonderer Härtefall liegt insbesondere vor, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vorliegen, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann. Mit der Regelung des Satzes 2 ist ein besonderer Härtefall insbesondere auch in dem Fall gegeben, dass eine Sozialleistung nach Absatz 1 Nr. 1 bis 10 in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Für den Nachweis ist die Vorlage eines ablehnenden Bescheids dieses Inhalts erforderlich. Darüber hinaus ist ein besonderer Härtefall unter anderem dann anzunehmen, wenn es einem Rundfunkbeitragsschuldner objektiv unmöglich wäre, zumindest über einen Übertragungsweg (Terrestrik, Kabel, Satellit, Internet oder Mobilfunk) Rundfunk zu empfangen. Satz 3 sieht schließlich vor, dass die Regelung in Absatz 4 auf das Verfahren zur Bescheidung von Anträgen auf Rundfunkbeitragsbefreiung nach Absatz 6 entsprechende Anwendung findet.

Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 15 / 7847 vom 08.12.2015, Gesetzentwurf der Landesregierung
Gesetz zum Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP15/Drucksachen/7000/15_7847_D.pdf

Zitat

IV.
Begründung zu Artikel 4
Änderung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages

...

Zu Nummer 2

...

Anm. Seite 42
Der bisherige Absatz 6 Satz 3 verweist hinsichtlich der Dauer der Befreiung für besondere Härtefälle nach Satz 1 und 2 auf Absatz 4. Maßgeblich ist hiernach der Gültigkeitszeitraum des Bescheids. Der neue Satz 3 beschränkt die Verweisung auf Satz 1. Im speziellen Härtefall der geringfügigen Einkommensüberschreitung nach Satz 2 wird dem Antragsteller regelmäßig ein Ablehnungsbescheid erteilt, der keinen Gültigkeitszeitraum hat. Eine Änderung der der Befreiung zugrundliegenden Umstände im Sinne einer Veränderung der Einkommenssituation, die zum Wegfall der geringfügigen Einkommensüberschreitung führt, ist hier jederzeit denkbar. Im neuen Satz 4 wird der Befreiungszeitraum für diesen speziellen Härtefall daher gesondert geregelt. Er beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der ablehnende Bescheid ergangen ist, frühestens jedoch drei Jahre vor dem Ersten des Monats, in dem die Befreiung beantragt wird. Die Befreiung wird für die Dauer eines Jahres gewährt. Bei Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen verkürzt sich der Zeitraum nach Absatz 5 Satz 2.


Thema: 5eins2 - Bund der Rundfunkbeitragszahler (Verein)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,37996.msg226209.html#msg226209

Bund der Rundfunkbeitragszahler - Linksammlung
https://www.buendnis-beitragszahler.de/links
Die Linksammlung taugt sicherlich als gute Begründung für einen Befreiungsantrag aufgrund der Nicht-Erfüllung des Programmauftrags, welcher lt. BVerfG ja unabdingbar mit dem Zwangsbeitrag verbunden ist...  ;D


Edit "Bürger": Siehe dazu bitte u.a. auch unter
Revisionszulassung bzgl. Beitrag/Programm: "große Sprengkraft f. ARD u. ZDF" (06/2024)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37976.0
BVerwG 6 C 5.24 - Revision bzgl. Beitragspflicht/ individ. Vorteil/ Programm
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37969.0

und dortigen weiteren Querverweisen.


Dem kann ick nur voll zustimmen! 

:)


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 18. Juni 2024, 00:51 von Profät Di Abolo«

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VG Berlin 27. Kammer, Urteil vom 22.04.2015, Az. 27 K 310.14
https://gesetze.berlin.de/perma?d=NJRE001221451
Zitat von: VG Berlin 27. Kammer, Urteil vom 22.04.2015, Az. 27 K 310.14
...

33
a) Nach Auffassung der Kammer ist gleichwohl fraglich, kann aber im vorliegenden Fall im Ergebnis offen bleiben, ob der Rahmen zulässiger Typisierung dadurch überschritten wird, dass die Möglichkeit der Rundfunknutzung für Inhaber einer Wohnung nach § 2 Abs. 1 RBStV unwiderlegbar vermutet wird.

34
Von der herrschenden Rechtsprechung wird dies verneint. Die Ungleichbehandlung zwischen Haushalten mit und ohne Rundfunkempfangsgeräte ist danach sachlich gerechtfertigt. Die pauschalierende Regelung in § 2 Abs. 1 RBStV dient der Verwaltungsvereinfachung und der Beseitigung von Vollzugsdefiziten. Ein Betreten der Wohnung zur Feststellung der Abgabenpflicht ist nicht mehr erforderlich (vgl. VG Hamburg, Urt. vom 17.7.2014 - 3 K 5371/13 -, Rn. 38 m. w. N.).

35
Die Härten, die durch die Heranziehung von Haushalten entstehen, die über kein Empfangsgerät verfügen, wären wohl nur unter Schwierigkeiten vermeidbar. Würde eine Widerlegung der Vermutung der Möglichkeit der Nutzung des Rundfunks zugelassen, wäre dies mit einigem Verwaltungsaufwand verbunden. Anders als nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag müssten aber die Personen, in deren Haushalt sich kein Empfangsgerät befindet, von sich aus beim Beklagten vorstellig werden. Die Beweislast wäre im Vergleich zur früheren Rechtslage umgekehrt. Die Betreffenden müssten gegebenenfalls durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und die Duldung einer Überprüfung ihrer Wohnung durch den Beitragsservice den Nachweis erbringen, dass keine Empfangsgeräte bereit gehalten werden. Dieser Verwaltungsaufwand ist jedoch insgesamt geringer, als er es nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag war, der zu einem Vollzugsdefizit bei Rundfunkteilnehmern geführt hatte, die ihr Rundfunkempfangsgerät nicht angemeldet hatten.

36
Die mit der Typisierung verbundenen Härten betreffen nur eine im Verhältnis zur Gesamtzahl der Haushalte verhältnismäßig kleine Zahl von Personen. Dabei ist der Grundsatz der Typengerechtigkeit regelmäßig geeignet, die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte zu rechtfertigen, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem Typ widersprechen, also wenigsten 90 % dem Typ entsprechen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. September 1983 - 8 N 1/83 -, juris Rn. 9 - zur Bemessung von Entwässerungsbeiträgen), wobei es sich nicht um eine starre Grenze handelt und die Art und Bemessung des jeweils maßgeblichen Beitrags zu berücksichtigen sind. Allerdings dürfte das Bundesverfassungsgericht insoweit im Einzelfall strengere Maßstäbe anlegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2011 - 1 BvR 3269/08 u.a. -, juris Rn. 19 in Bezug auf Rundfunkgebühren). Vorliegend ist nach den oben angeführten statistischen Angaben davon auszugehen, dass der Anteil der Haushalte, die über keine Rundfunkempfangsgeräte verfügen, im unteren einstelligen Prozentbereich liegt. Gleichwohl ist ihre absolute Zahl beachtlich, wenn man berücksichtigt, dass 1 % der Haushalte etwa 400.000 Betroffene darstellen.

37
Die Kammer hat Zweifel daran, dass typisierende Gleichbehandlung in § 2 Abs. 1 RBStV nicht zu intensiven, unzumutbaren Beeinträchtigungen führt. Für Normalverdiener mag die Belastung durch den monatlichen Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,98 Euro, seit April 2015 von 17,50 Euro, wirtschaftlich zumutbar sein (so BayVerfGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. -, juris Rn. 110). Für Personen mit geringeren Einkommen, die über keinerlei Empfangsgeräte verfügen, stellt eine finanzielle Belastung in Höhe von 210 Euro jährlich ohne entsprechenden individuellen Nutzen dagegen eine spürbare Belastung dar. Das Bundesverfassungsgericht hat die Schwelle für die Unzumutbarkeit bei Rundfunkgebühren im Bezug auf Personen mit geringem Einkommen sehr niedrig angesetzt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2011 - 1 BvR 3269/08 u.a. -, juris Rn. 19). Auch die Möglichkeit der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht beim Bezug bestimmter Sozialleistungen nach § 4 Abs. 1 RBStV löst diese Problematik nur unvollständig. Die Kammer ist mit zahlreichen Fällen befasst, in denen Personen über ein Einkommen unterhalb des Existenzminimums verfügen, aber gleichwohl keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen können oder wollen. Nach der Rechtsprechung haben diese Personen keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht (BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 6 C 34.10 -, juris Rn. 21; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Januar 2014 - OVG 11 N 23.13 -, juris Rn. 4). Auch für andere, deren Einkommen nur wenig über dem Existenzminimum liegt, stellt der Rundfunkbeitrag eine spürbare finanzielle Belastung dar. Für diejenigen, die keine Rundfunkempfangsgeräte bereit halten, mag sie unzumutbar sein.

38
Geht man davon aus, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG für Personen, die keine Empfangsgeräte in ihrer Wohnung (oder gegebenenfalls in ihrem PKW) bereithalten, eine Widerlegung der Vermutung der potentiellen Rundfunknutzung geschaffen werden muss, so käme eine verfassungskonforme Auslegung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV in Betracht. Für eine Widerlegbarkeit der Vermutung der potentiellen Rundfunknutzung haben sich auch die Gutachten ausgesprochen, die die Reform der Rundfunkfinanzierung für die Rundfunkanstalten vorbereitet haben (Jarass, Verfassungsrechtliche Fragen einer Reform der Rundfunkgebühr, Mai 2007, S. 22 f.; Kirchhof, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, April 2010, S. 61 f.). Auf die Möglichkeit einer diesbezüglichen verfassungskonformen Auslegung des Art. 4 Abs. 6 Satz 1 EBStV weist das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hin (Beschluss vom 12. Dezember 2012 - 1 BvR 2550/12 -, juris Rn. 5; ebenso Baden-Württembergischer Staatsgerichtshof, Beschluss vom 19. August 2013 - 1 VB 65/13 -, juris Rn. 15 sowie - allgemein - OVG Münster, Urteil vom 12. März 2015 - 2 A 2423/14 -, juris Rn. 55). Die Kammer teilt die Ansicht des Verwaltungsgerichts Osnabrück, das zu dieser Frage ausführt (Urt. v. 1.4.2014 - 1 A 182/13 -, juris Rn. 25 ff.):

39
„Aus der grundsätzlichen Vermutung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes ergibt sich das Gebot, ein Gesetz im Zweifel verfassungskonform auszulegen. Das gilt jedoch nur, soweit unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen der betreffenden Bestimmung möglich sind, von denen zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeszweck werden der verfassungskonformen Auslegung Grenzen gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers steht, kann auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden. Im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden. Die zur Vermeidung eines Nichtigkeitsausspruchs gefundene Interpretation muss daher eine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige Auslegung sein, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird, dass also gleichsam der Gesetzgeber die von ihm getroffene Regelung nach der verfassungskonformen Auslegung "inhaltlich nicht wieder erkennt" (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 -, juris; Beschlüsse vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 -,, vom 21. Juni 2006 - 2 BvL 2/99 -, vom 9. Januar 1991 - 1 BvR 929/89 - und vom 10. Juli 1958 - 1 BvF 1/58 -, alle bei juris).

40
Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen kann - soweit man für die Qualifizierung der Rundfunkabgabe als Beitrag eine Entlastungsmöglichkeit fordert - § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV dahingehend verfassungskonform ausgelegt werden, dass der Wohnungsinhaber bei Nachweis des Nichtbereithaltens eines Rundfunkempfangsgeräts von der Rundfunkgebührenpflicht auf Antrag zu befreien ist. Nach dieser Vorschrift hat die Landesrundfunkanstalt - unbeschadet der Beitragsbefreiung nach Absatz 1 - in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien.

41
Der Wortlaut der Vorschrift steht einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen. Der gewählte Begriff des „besonderen Härtefalls“ stellt vielmehr eine sehr weite sowie offene Formulierung dar und ist daher der verfassungskonformen Auslegung in besonderer Weise zugänglich. Dabei wirkt § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV insoweit nicht einschränkend, weil er lediglich einen Beispielsfall („insbesondere“) in deklaratorischer Weise benennt.

42
Eine entsprechende Auslegung widerspricht auch nicht dem gesetzgeberischen Zweck des RBStV. Dabei hat die Kammer auch in den Blick genommen, dass der Gesetzgeber durch die Einführung eines neuen Abgabenmodells - ausweislich seiner Begründung zum neuen RBStV - einem zunehmend drohenden, strukturellen Erhebungs- und Vollzugsdefizit entgegenwirken und daher von dem Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes als Anknüpfungspunktes für die Zahlungspflicht grundsätzlich abkehren und den Schutz der Privatsphäre der Bürger - durch den Wegfall der Ermittlung von Art und Zahl der Empfangsgeräte in Wohnungen oder Betriebsstätten - verbessern wollte (vgl. LT-Drucks. 16/3437, S. 22, 23). Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber den Beginn der Abgabepflicht gem. §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 1 RBStV allein von der Inhaberschaft einer Wohnung und nicht mehr vom Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes abhängig gemacht. Die Rundfunkanstalten müssen aufgrund des neuen Anknüpfungspunktes für die Abgabenpflicht nicht mehr feststellen, ob ein Rundfunkgerät vorhanden ist. Diese Nachweispflicht war gerade der Grund für das strukturelle Erhebungsdefizit. Die Rundfunkanstalten waren aufgrund der Vielzahl der Rundfunkteilnehmer rein faktisch auf die Anmeldung durch den Bürger angewiesen, weil sie aufgrund mangelnder personeller Ressourcen und rechtlich begrenzter Zutrittsrechte kaum in der Lage waren, bei jedem Bürger zu überprüfen, ob er Rundfunkempfangsgeräte bereithält. Aus diesem Grund kam der Anmeldung des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgerätes enorme Bedeutung zu. Diese Vollzugsprobleme sind mit der Änderung des Anknüpfungspunktes für die Abgabenpflicht beseitigt, da das Vorhandensein eines Rundfunkempfangsgerätes gerade nicht mehr nachgewiesen werden muss und die Wohnungsinhaberschaft leicht durch einen Abgleich mit den Einwohnermeldeämter - dessen Zulässigkeit sich aus § 11 Abs. 4 RBStV ergibt - feststellbar ist.

43
Diese gesetzgeberische Intention einer vereinfachten Abgabenerhebung würde durch die Einräumung einer Entlastungsmöglichkeit nicht konterkariert. Denn auch dann würden die bisherigen strukturellen Erhebungsdefizite weitgehend beseitigt. Die Abkehr von der Anknüpfung der Rundfunkabgabenpflicht an das Vorhandensein eines Empfangsgerätes entbindet die Rundfunkgebührenanstalten von einem entsprechenden Nachweis. Die Entlastungsmöglichkeit würde daran nichts ändern. Vielmehr müsste nun umgekehrt der Bürger nachweisen, dass er kein Empfangsgerät bereithält. Die Beweislastumkehr würde dazu führen, dass nunmehr den Bürger die Obliegenheit trifft, das fehlende Bereithalten von Rundfunkempfangsgeräten offen zu legen, was die bisherigen Erhebungsprobleme ebenfalls weitgehend lösen würden. Es ist daher damit zu rechnen, dass durch die Neuregelung auch bei einer Entlastungsmöglichkeit des Bürgers das drohende Erhebungs- und Vollzugsdefizit weitgehend beseitigt bliebe.

44
Die Einräumung einer Entlastungsmöglichkeit für den Bürger widerspricht der gesetzgeberischen Zielsetzung auch aus einem anderen Grund nicht. So war mit dem neuen RBStV gleichsam die Zielsetzung verbunden, die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz zu fördern (vgl. LT-Drucks. 16/3437, S. 22). Dieses Ziel lässt sich nicht nur durch eine flächendeckende Abgabenerhebung erreichen, sondern gerade auch durch die Einräumung einer Entlastungsmöglichkeit bei tatsächlichem Nichtvorhandensein eines Rundfunkempfangsgerätes.


45
Unschädlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich in der Gesetzesbegründung zwar Beispiele für eine unbillige Härte befinden, die Konstellation des Nichtbereithaltens eines Empfangsgerätes aber nicht genannt ist (vgl. LT- Drucks. 16/3437, S. 30). Zum einen ist die Aufzählung nicht abschließend und zum anderen macht bereits die Nennung der objektiven Unmöglichkeit des Rundfunkempfangs als Beispiel für einen Härtefall deutlich, dass der Gesetzgeber letztlich doch noch der tatsächlichen Möglichkeit des Rundfunkempfangs Bedeutung beimisst. Von der vorgenannten Konstellation, ist der Fall, in dem keinerlei Rundfunkempfangsgeräte bereitgehalten werden, nicht weit entfernt. Ohne Rundfunkgerät kann der Bürger - zwar aufgrund eines bewussten Entschlusses, ein solches nicht bereit zu halten, aber - rein tatsächlich aus objektiven Umständen keinen Rundfunk empfangen.

46
Nach alledem ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV dahingehend, dass ein Härtefall beim Nachweis des fehlenden Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgerätes vorliegt, möglich.“

47
Die Einwände, die der Beklagte gegen eine verfassungskonforme Auslegung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV geltend macht, vermögen im Ergebnis nicht zu überzeugen. Der Rundfunkbeitrag soll keine Abgabe auf den Besitz von Wohnungen darstellen, sondern typisiert die Möglichkeit des Rundfunkempfangs. Insofern wäre es nicht völlig systemwidrig, wenn eine Widerlegung der vermuteten potentiellen Nutzung des Rundfunks zugelassen würde. Dass es sich beim Nichtbesitz von Rundfunkempfangsgeräten um die Momentaufnahme einer negativen Tatsache handelt, wirft rechtlich keine unlösbaren Probleme auf. Für die Abmeldung des Bereithaltens von Rundfunkempfangsgeräten nach § 4 Abs. 2 RGebStV galt nichts anderes. Die Notwendigkeit, Angaben gegebenenfalls vor Ort nachzuprüfen, wäre für den Beitragsservice mit einer geringeren Belastung verbunden als nach alter Rechtslage. Denn die Weigerung des Betroffenen, eine solche Nachprüfung zuzulassen, würde entsprechend der Beweislast ohne weiteres zu einem fehlenden Nachweis der Voraussetzungen der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht führen.

...

VG Osnabrück, 01.04.2014 - 1 A 182/13
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=VG%20Osnabr%FCck&Datum=01.04.2014&Aktenzeichen=1%20A%20182/13
Art 105 GG; Art 3 Abs 1 GG; § 2 Abs 1 RdFunkBeitrStVtr ND; § 4 Abs 6 RdFunkBeitrStVtr ND
Beitrag; Gesetzgebungskompetenz; Gleichbehandlungsgrundsatz; Härtefall; RBStV; Rundfunkbeitrag; Rundfunkbeitragsstaatsvertrag; Steuer; verfassungskonforme Auslegung; Verfassungsmäßigkeit


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