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Autor Thema: BVerwG 6 C 5.24 - Revision bzgl. Beitragspflicht/ individ. Vorteil/ Programm  (Gelesen 896 mal)

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BVerwG, Beschluss vom 23.05.2024 - 6 B 70.23 - (6 C 5.24)
https://www.bverwg.de/de/230524B6B70.23.0
Zitat von: BVerwG, Beschluss vom 23.05.2024 - 6 B 70.23 - (6 C 5.24)
In der Verwaltungsstreitsache

...

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 23. Mai 2024 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. K. sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht S. und Dr. G.

beschlossen:

Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 17. Juli 2023 wird aufgehoben.

Die Revision wird zugelassen.

G r ü n d e :

1
Die Revision der Klägerin ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. Das Revisionsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. April 2023 - 1 BvR 601/23 - NVwZ 2024, 55 Rn. 9).

2
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 3 GKG; die vorläufige Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3, § 63 Abs. 1 GKG.

Rechtsbehelfsbelehrung

Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 6 C 5.24 fortgesetzt.
Der Einlegung einer Revision durch die Beschwerdeführerin bedarf es nicht.

Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen.
Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einzureichen.

Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.

Vorinstanz:
VGH Bayern, 17.07.2023 - 7 BV 22.2642
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=VGH%20Bayern&Datum=17.07.2023&Aktenzeichen=7%20BV%2022.2642
Einwände gegen die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befreien nicht von der Zahlung des Rundfunkbeitrags


Gesammelte Link-Auswahl zu diesem Themenkomplex:
Pressemeldungen: Rundfunkbeitrag im Wesentlichen verfassungsgemäß
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28121.0
Urteil BVerfG 18.7.: RBeitr bis auf Zweitwohnungen verfassungsgemäß > Diskussion
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28119.0

BVerfG-Urteil vom 18.7.: Juristische Abhandlungen und Kommentare [Sammelthread]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28254.0
Widersprüche in den Urteilen des BVerfG (aus akt. Anlass)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28153.0
Begründung Widerspruch/ Klage nach BVerfG-Urteil vom 18.07.2018?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28123.0
Stolperfalle für den ÖRR: Die Zweitwohnungsbefreiung. Die Ungereimtheiten
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28203.0

BVerfG -1 BvR 1675/16 - Rn. 81 -> Mögl. d. Nutzung = individueller Vorteil?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=31947.0
Alte Gebühr -> neuer Beitrag -> jetzt Beitragsüberhebung?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=34721.0
"rundfunkbeitrags-rechtfertigender individ. Vorteil" gem. BVerfG 18.07.2018
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36340.0

BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 - Rn. (1-157),

http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html
RN 80, 81
Zitat von: BVerfG, Urteil vom 18.07.2018, 1 BvR 1675/16
80
Dies alles führt zu schwieriger werdender Trennbarkeit zwischen Fakten und Meinung, Inhalt und Werbung sowie zu neuen Unsicherheiten hinsichtlich Glaubwürdigkeit von Quellen und Wertungen. Der einzelne Nutzer muss die Verarbeitung und die massenmediale Bewertung übernehmen, die herkömmlich durch den Filter professioneller Selektionen und durch verantwortliches journalistisches Handeln erfolgt. Angesichts dieser Entwicklung wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltssicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden (vgl. dazu Brinkmann, ZUM 2013, S. 193 <195, 198>; Dörr/Holznagel/Picot, ZUM 2016, S. 920 <936 f., 940 f.>; Drexl, ZUM 2017, S. 529 <530 ff.>; Langbauer/Ripel, MMR 2015, S. 572 <573>; Milker, ZUM 2017, S. 216 <221>).

81
(2) In der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Funktion zu nutzen, liegt der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigende individuelle Vorteil (vgl. zur Rundfunkgebühr BVerfGE 90, 60 <106>; BVerfGK 20, 37 <41>). [...]

Bundesverfassungsgericht hebt Rundfunkbeitrag vorläufig auf 18,36 Euro an (08/2021)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35578.0
Wie lautet die Berechnungsformel der KEF für den monatl. "Rundfunkbeitrag"?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33390.0
Sammlung: Wo wird der Rundfunkbeitrag (rechtswidrig) ausgegeben?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=23623.0


Ergänzend siehe u.a. auch unter
BVerfG-Urteil vom 18.7.: Juristische Abhandlungen und Kommentare [Sammelthread]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28254.0
und daraus u.a. zu „konkret-individueller Vorteil“ vs. „abstrakt-genereller Nutzen“
Dr. Kay E. Winkler: Zurück ins Funkhaus - Anmerkung zum Urteil des BVerfG
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28430.0
Gegenleistung für einen „gesamtgesellschaft­lichen Vorteil“: Das BVerfG-Urteil..
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28175.0

Kritik an öffentlich-rechtlichem Rundfunk befreit nicht von Beitragspflicht (08/2023)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37426.0
Revisionszulassung bzgl. Beitrag/Programm: "große Sprengkraft f. ARD u. ZDF" (06/2024)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37976.0
BVerwG 6 C 5.24 - Revision bzgl. Beitragspflicht/ individ. Vorteil/ Programm
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37969.0


und weitere





...alles "gute" Gründe und Anlässe für
SEPA-Mandat/Lastschrift kündigen/rückbuchen, Zahlg. einstellen + Protestnote
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Außerdem...
An die Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und GEZ/Beitragsservice
Tippgeber werden - zu Missständen im ö.r. Rundfunksystem!

https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19977.msg218516.html#msg218516


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  • ZahlungsVERWEIGERER. GrundrechtsVERTEIDIGER.
    • Protest + Widerstand gegen ARD, ZDF, GEZ, KEF, ÖRR, Rundfunkgebühren, Rundfunkbeitrag, Rundfunkstaatsvertrag:
Dann könnte (sollte?) ggf. mit sofortiger Wirkung in so ziemlich jedem Widerspruch und jeder Klage, welche/r sich u.a. auch auf den Auftrag, die Auftragserfüllung, den "beitragsrechtfertigenden Vorteil" etc. bezieht, auf dieses noch offene Verfahren berufen und entsprechend Aussetzung/ Ruhendstellung bis zur abschließenden Entscheidung in diesem Verfahren BVerwG 6 C 5.24 beantragt werden... ;)
...z.B. in Verbindung mit einer
Zitat
Bitte um stillschweigende Fristgewährung von drei Monaten nachdem die abschließende Entscheidung in diesem Verfahren mir bekannt geworden sein wird, damit ich die für mich unter meinen persönlichen Umständen erforderliche Zeit habe, bzgl. der auf mein Verfahren übertragbaren Aspekte im Interesse meines persönlichen Rechtsschutzes noch vortragen zu können und entsprechend gehört werden kann.

;)

Dies hier aber bitte nicht weiter vertiefen - dazu sollte ggf. ein gut aufbereiteter eigenständiger Thread
mit aussagekräftigem Thread-Betreff erstellt werden - als aktuelle/r Aktion/ Aufruf.
Danke für allerseitiges Verständnis und die Berücksichtigung.

Aktuelle Meldungen zur Entscheidung des BVerwG über die Zulassung der Revision siehe u.a. unter
Revisionszulassung bzgl. Beitrag/Programm: "große Sprengkraft f. ARD u. ZDF" (06/2024)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37976.0

Siehe/ Beachte bitte auch nunmehr im Einstiegsbeitrag ergänzte Link-Sammlung zu dieses Thema tangierenden Threads im Forum.


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Zum Verfahren Vorinstanz VGH Bayern, Urteil vom 17.07.2023 - 7 BV 22.2642:

Achgut.com vom 12.07.2023
von Georg Etscheit
Rundfunkbeitrag: Die Bastion hält vor Gericht
https://www.achgut.com/artikel/rundfunkbeitrag_die_bastion_haelt_vor_gericht
Der Ausgang eines aktuellen Rechtsstreits über die Beitragspflicht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zeigt einmal mehr, dass der Kampf um den Zwangsbeitrag eher politisch als juristisch ausgetragen werden muss. Ein Prozessbericht aus München.
Zitat
Wer seinen Rundfunkbeitrag, vulgo Zwangsgebühr, nicht zahlen möchte, weil er oder sie der Auffassung ist, dafür keine adäquate Gegenleistung in Form eines zumindest halbwegs ausgewogenen Programms zu erhalten, wird irgendwann vor einem deutschen Verwaltungsgericht landen. Und die Chance, mit einem Widerspruch zu einem Beitragsbescheid des „Beitragsservice“ von ARD/ZDF und Deutschlandradio Erfolg zu haben, ist gleich null.

...

Ein Prozess in München

Ein Dienstagvormittag in München. Draußen auf der Münchner Ludwigstraße brütet die Sonne, drinnen im vollklimatisierten Sitzungsaal 3 des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes wird über die Berufung einer säumigen Beitragszahlerin gegen ein erstinstanzliches Verwaltungsgerichtsurteil verhandelt, in dem die Klägerin bereits abgeblitzt war.

...

Doch beim 7. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, besetzt mit drei hauptamtlichen Richterinnen, beißt der Rechtsanwalt und Buchautor Friedemann Willemer („Vom Scheitern der repräsentativen Demokratie“) auf Granit.

...

Der Senat sieht auch keine eigene „gerichtliche Aufklärungspflicht“ zu dem von der Initiative und der von ihr unterstützten Beitragsverweigerin vorgebrachten Argumenten, wonach die Meinungsvielfalt in den Programmen der Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr gewährleistet sei. Entscheidend sei, so Klein, die „materiell-rechtliche“ Auffassung des Senats zur Konstruktion des Rundfunkbeitrags, die sich auf entsprechende Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts stütze.

Keine Beachtung für ein Gutachten

Ein eigens von der Initiative in Auftrag gegebenes Gutachten des Münchner Kommunikationswissenschaftlers Michael Meyen, der „die Unausgewogenheit des ÖRR untersucht“ habe und zu „eindeutigen Ergebnissen“ gelangt sei, spielte im Verfahren keine Rolle. Meyen selbst steht an seiner Alma mater, der Ludwig-Maximilians-Universität, derzeit wegen ihm vorgeworfener Sympathien zur „Querdenker-Bewegung“.

...


VGH München, Urteil v. 17.07.2023 – 7 BV 22.2642
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2023-N-21166?hl=true
Zitat
Titel:
Erfolglose Klage gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen

Leitsatz:
Die Überprüfung der Einhaltung der staatsvertraglichen Vorgaben durch die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten obliegt deren jeweils zuständigen plural besetzten Gremien. Der Rundfunkbeitragspflicht können daher weder Bedenken hinsichtlich mangelnder Programm- und Meinungsvielfalt noch ein gänzliches Verfehlen des verfassungsmäßigen Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entgegengehalten werden. Hierfür stehen den Rundfunkbeitragspflichtigen die Eingabe- und Beschwerdemöglichkeiten zu den normativ vorgesehenen Stellen der Rundfunkanstalten offen. (Rn. 22 und 16)


Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand


1
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich.

2
Mit Bescheid vom 1. April 2022 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin als Inhaberin der Wohnung … … …, … …, für den Zeitraum Oktober 2021 bis März 2022 Rundfunkbeiträge einschließlich eines Säumniszuschlags von 8 Euro abzüglich einer Zahlung von 54,63 Euro in Höhe von insgesamt 63,53 Euro fest. Die Klage auf Aufhebung des Bescheids in Gestalt des am 10. Juni 2022 erlassenen Widerspruchsbescheids wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 21. September 2022 ab. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, die Klägerin könne sich nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen der von ihr geltend gemachten „strukturellen Defizite“ der Programminhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks berufen. In der vorliegenden Konstellation sei der Anwendungsbereich des Zurückbehaltungsrechts schon nicht eröffnet, zudem bestehe kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine konkrete Programmgestaltung. Die Kontrolle der Beitragsverwendung und des Programmauftrags stehe den nach dem Rundfunkrecht zuständigen Gremien und Aufsichtsbehörden zu.

Entscheidungsgründe

9
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 1. April 2022, mit dem Rundfunkbeiträge im privaten Bereich für den Zeitraum Oktober 2021 bis März 2022 einschließlich eines Säumniszuschlags festgesetzt worden sind, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Berufung war daher zurückzuweisen.

10
I. Die Festsetzung der Rundfunkbeiträge für die Wohnung der Klägerin im angefochtenen Bescheid ist durch die Bestimmungen über die Erhebung des Rundfunkbeitrags gedeckt.

11
Nach § 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vom 7. Juni 2011 – RBStV – ist seit dem 1. Januar 2013 im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Inhaber einer Wohnung ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV wird als Inhaber jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin im Zeitraum Oktober 2021 bis März 2022. Sie bewohnte im maßgeblichen Zeitraum unstreitig die Wohnung … … … … … … …, für die sie beim Beklagten mit der Beitragsnummer Anmerkung Nummer entfernt geführt wurde. Da die Rundfunkbeiträge zudem unstreitig in der festgesetzten Höhe rückständig waren (vgl. § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV) und die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung auch nicht von der Beitragspflicht befreit war, ist sie zur Zahlung des festgesetzten Beitrags verpflichtet. Auch die Festsetzung des Säumniszuschlags in Höhe von 8 Euro ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil die Klägerin den Rundfunkbeitrag unstreitig nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet hat (vgl. § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – Rundfunkbeitragssatzung – vom 5.12.2016 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV).

12
II. Der streitgegenständlichen Festsetzung steht das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren nicht entgegen.

13
1. Soweit die Klägerin die Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitrags mit der Begründung rügt, der Rundfunkbeitrag sei finanzverfassungsrechtlich als Steuer einzuordnen und damit wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz der Länder verfassungswidrig, kann sie keine erneute Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags verlangen, weil das Bundesverfassungsgericht deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz bereits mit bindender Wirkung auch für dieses Verfahren festgestellt hat (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – BVerfGE 149, 222 Rn. 50 ff.).

14
Nach § 31 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – BVerfGG – binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG soll eine verbindliche einheitliche Auslegung des Grundgesetzes sicherstellen. Sie erfasst nicht nur die Fälle, in denen das Bundesverfassungsgericht eine Rechtsnorm für mit dem Grundgesetz unvereinbar oder vereinbar erklärt, sondern auch die Fallkonstellation, in der das Bundesverfassungsgericht nur oder auch eine bestimmte Auslegung des einfachen Rechts für verfassungskonform erklärt. Die Bindungswirkung setzt voraus, dass der Fall, welcher der Bindungswirkung auslösenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde liegt, und der Fall, welcher vom Fachgericht als Adressat der Bindungswirkung zu entscheiden ist, ein hohes Maß an Deckungsgleichheit aufweisen. Es muss sich um einen in jeder wesentlichen Beziehung gleichgelagerten Parallel- oder Wiederholungsfall handeln, den die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts präjudiziert. Bei unveränderter Sach- und Rechtslage sind danach die Gerichte gehindert, die auf die jeweilige Rechtsnorm bezogene verfassungsrechtliche Frage dem Bundesverfassungsgericht erneut vorzulegen; vielmehr ist die bereits erfolgte verfassungsrechtliche Bewertung bei der anstehenden fachgerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen. Auf diese Weise dient § 31 Abs. 1 BVerfGG der Entlastung des Bundesverfassungsgerichts von der Befassung mit zahllosen Wiederholungsfällen und sichert zugleich dessen Autorität als des maßgeblichen Interpreten des Grundgesetzes. Zur Bestimmung der Reichweite der Bindungswirkung ist auf die Entscheidungsformel und die sie tragenden Entscheidungsgründe zurückzugreifen (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2020 – 6 C 9.19 – juris Rn. 11 f. m.w.N.; von Ungern-Sternberg in Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, Stand 1.6.2020, § 31 Rn. 25, 29, 32).

15
Hiervon ausgehend ist die verfassungsrechtliche Bewertung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – (BVerfGE 149, 222 Rn. 50 ff. und 58 ff.), dass die Bestimmungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags über die Erhebung des Rundfunkbeitrags von dem Inhaber einer Wohnung – mit Ausnahme der hier nicht in Rede stehenden Beitragspflicht für Zweitwohnungen – mit dem Grundgesetz vereinbar sind, der Entscheidung des erkennenden Senats zugrunde zu legen. Aus den tragenden Gründen des Urteils ergibt sich, dass die Länder für die Erhebung des Rundfunkbeitrags gemäß Art. 70 Abs. 1 GG die Gesetzgebungskompetenz besitzen, weil es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe, nämlich um eine Vorzugslast in Gestalt eines Beitrags handelt, und damit der Rundfunkbeitrag insbesondere formell verfassungsgemäß ist. Streitgegenständlich im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht war gerade auch die Rundfunkbeitragspflicht für Wohnungsinhaber gemäß § 2 RBStV. Die Beschwerdeführer wandten sich gegen Beitragsbescheide, durch welche die jeweils beklagte Rundfunkanstalt gegen sie als Wohnungsinhaber rückständige Rundfunkbeiträge im privaten Bereich festgesetzt hatte. Anhaltspunkte dafür, dass es sich vorliegend nicht um einen vergleichbaren Parallelfall handelt bzw. eine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten wäre, hat die Klägerin weder mit ihrem Hinweis auf neuere von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abweichende Meinungen in der Literatur vorgetragen noch sind diese ersichtlich. Vielmehr besteht ein hohes Maß an Deckungsgleichheit zwischen der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fallkonstellation und der vorliegenden.

16
2. Der Einwand der Klägerin, es bestehe ein „generelles strukturelles Versagen“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Beitragspflicht müsse daher solange entfallen, wie der verfassungswidrige Umstand andauere, kann der Rundfunkbeitragspflicht nicht entgegengehalten werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigende Vorteil alleine in der individuellen Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können. Auf die Frage, ob mangels Programmvielfalt und Programmausgewogenheit ein „generelles strukturelles Versagen“ vorliegt, kommt es damit nicht an.

17
a. Nach der – den Senat auch insoweit nach § 31 Abs. 1 BVerfGG bindenden – Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – (BVerfGE 149, 222) ist der Rundfunkbeitrag wegen der rechtlichen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung als Vorzugslast ausgestaltet. Die Erhebung einer Vorzugslast ist dann sachlich gerechtfertigt, wenn die Abgabepflichtigen aus der staatlichen Leistung einen besonderen Nutzen ziehen oder ziehen können. Dieser Vorteil liegt beim Rundfunkbeitrag in der individuellen Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 a.a.O. Rn. 57, 75 f., 81). Der Rundfunkbeitrag wird für die konkrete Gegenleistung der Rundfunkempfangsmöglichkeit erhoben, um die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Mithin stellt die Rundfunkempfangsmöglichkeit einen personenbezogenen Vorteil dar, der durch den Beitrag abgegolten wird, ohne dass es auf die tatsächliche Nutzung und die Nutzungsgewohnheiten der Empfänger oder darauf ankommt, ob die Beitragspflichtigen von der Nutzungsmöglichkeit nahezu geschlossen Gebrauch machen (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 a.a.O.). Die Möglichkeit der Rundfunknutzung ist für alle Beitragspflichtigen auch realistisch, weil das flächendeckende Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei Vorhandensein geeigneter Empfangsgeräte jederzeit abgerufen werden kann (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 a.a.O. Rn. 63 ff., 74 ff.).

18
Besteht damit der ausgleichspflichtige individuelle Vorteil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Möglichkeit, das Programm des öffentlichrechtlichen Rundfunks empfangen zu können, kann die Zahlung des Rundfunkbeitrags erst dann verweigert werden, wenn die zur Rundfunkbeitragspflicht herangezogene Person nachweislich über keine Möglichkeit verfügt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen, weil beispielsweise aufgrund der Lage der Wohnung jede Empfangsmöglichkeit objektiv ausgeschlossen ist, oder Gründe in ihrer Person liegen, die eine Empfangsmöglichkeit – wie etwa bei taubblinden Menschen – unmöglich machen (so bereits in BVerwG, U.v. 17.3.2016 – 6 C 16.15 – juris Rn. 45 m.w.N.). Dies ist bei der Klägerin unstreitig nicht der Fall. Soweit sie ein „generelles strukturelles Versagen“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks rügt, bezieht die Klägerin dies ausdrücklich nicht auf eine fehlende Rundfunkempfangsmöglichkeit, sondern auf dessen Programmgestaltung.

19
b. Die Behauptung, dass „strukturelle Defizite“ bei der Erfüllung des Funktionsauftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bestünden, ist von vornherein nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Rundfunkbeitragsbescheids in Zweifel zu ziehen bzw. die Zahlung des Rundfunkbeitrags zu verweigern oder zu mindern. Anders als die Klägerin meint, kann der Rundfunkbeitragspflicht nicht entgegengehalten werden, das Programmangebot sei nach seiner Gesamtstruktur nicht auf Ausgewogenheit und Vielfalt ausgerichtet.

20
aa. Gemäß § 1 RBStV dient der Rundfunkbeitrag der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne von § 34 Abs. 1 des Medienstaatsvertrags sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 112 des Medienstaatsvertrags. Mit ihm soll sichergestellt werden, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seiner besonderen Aufgabenstellung im Rahmen der dualen Rundfunkordnung gerecht wird. Dieser hat die Aufgabe, als Gegengewicht zu den privaten Rundfunkanbietern ein Leistungsangebot hervorzubringen, das einer anderen Entscheidungsrationalität als der der ökonomischen Anreize folgt, und soll so zur inhaltlichen Vielfalt beitragen, wie sie allein über den freien Markt nicht gewährleistet werden kann (vgl. BVerfG, U.v. 25.3.2014 – 1 BvF 1/11 u.a. – BVerfGE 136, 9 Rn. 36 m.w.N.). Als Träger der Rundfunkfreiheit sind die Rundfunkanstalten berechtigt und verpflichtet, die sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebenden Anforderungen an die Erfüllung des Rundfunkauftrags eigenverantwortlich zu gewährleisten. Es obliegt ihnen zu entscheiden, wie sie ihre Programme gestalten, d.h. welche Sendungen sie zu welcher Zeit und auf welchem Verbreitungsweg ausstrahlen (Programmfreiheit; vgl. BVerwG, U.v. 25.1.2017 – 6 C 15.16 – juris Rn. 19 m.w.N.). Die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte Programmfreiheit, insbesondere die Sicherung der Programmvielfalt, setzt die institutionelle Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegenüber politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen voraus und schützt zudem vor unmittelbarer und mittelbarer Einflussnahme Außenstehender. Dies müssen die für das Rundfunkrecht zuständigen Landesgesetzgeber sicherstellen (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.2017 a.a.O.).

21
Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinem Beschluss vom 4. Dezember 2017 – 6 B 70.17 – (juris Rn. 7) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkgebühr ausgeführt, der Rundfunkbeitrag dürfe nicht zum Zwecke der Programmlenkung oder der Medienpolitik eingesetzt werden. Ersichtlich bezieht das Bundesverwaltungsgericht diese Feststellung nicht nur auf die Vermeidung staatlicher Einflussnahme zur Wahrung einer hinreichenden Staatsferne, sondern auch darauf, dass der Einzelne den Rundfunkbeitrag nicht als Druckmittel einsetzen und ihn verweigern darf, wenn er der Auffassung ist, die Programminhalte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verstießen gegen die Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Denn das Bundesverwaltungsgericht führt unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich aus, dass diese Möglichkeit offensichtlich nicht bestehe (vgl. BVerwG, B.v. 4.12.2017 a.a.O. Rn. 10).

22
bb. Der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen verfassungsmäßigen Funktionsauftrag verfehle, braucht der Senat im vorliegenden Verfahren nicht nachzugehen. Die Überprüfung der Einhaltung der staatsvertraglichen Vorgaben durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten obliegt vielmehr den jeweils zuständigen Gremien (vgl. Hartstein/Dörr in Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner/Cole/Wagner, HK-MStV, Stand November 2022, § 104 MStV S. 3), deren Zusammensetzung am Gebot der Vielfaltsicherung auszurichten ist und dem Gebot der Staatsferne genügen muss. So wacht beispielsweise nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayRG der – plural besetzte – Rundfunkrat darüber, dass der beklagte Bayerische Rundfunk seine Aufgaben gemäß dem Gesetz erfüllt und übt das hierzu nötige Kontrollrecht aus. Seine Mitglieder sind verpflichtet, sich in ihrer Tätigkeit für die Gesamtinteressen des Rundfunks und der Rundfunkteilnehmer einzusetzen (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayRG). Denn Aufsichtsgremien wie der Rundfunkrat sind Sachwalter des Interesses der Allgemeinheit (vgl. BVerfG, U.v. 25.3.2014 – 1 BvF 1/11 u.a. – BVerfGE 136, Rn. 40; BVerwG, B.v. 4.12.2017 a.a.O. Rn. 7). Zudem können Verstöße gegen die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, zu der die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von Verfassungs wegen bei der Erfüllung ihres Auftrags verpflichtet sind, von jedem Rundfunkempfänger im Wege der Programmbeschwerde gegenüber dem jeweiligen Aufsichtsgremium geltend gemacht werden. Dass inhaltliche Programmkritik, wie sie von der Klägerin angeführt wird, die durch die Beitragserhebung gewährleistete Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht in Frage stellen kann, sondern Einwände im Wege der Eingabe- und Beschwerdemöglichkeiten gegenüber den hierzu normativ vorgesehenen Stellen der Rundfunkanstalten vorzubringen sind, entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2017 – 7 ZB 17.60 – juris Rn. 9 m.w.N.; so auch in stRspr. zuletzt OVG NW, B.v. 27.4.2023 – 2 A 383/23 – juris Rn. 9 ff. m.w.N.; OVG Berlin-Bbg, B.v. 15.2.2021 – OVG 11 N 95.19 – juris Rn. 12). Daher ist die Klägerin – anders als sie meint – nicht rechtlos gestellt. Die Frage, ob und inwieweit dem Rundfunkbeitragspflichtigen in diesem Zusammenhang der Weg zu den Gerichten offensteht, ist im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich.

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Da die Klägerin der Erhebung von Rundfunkbeiträgen durch den Beklagten weder ihre Einschätzung zur Qualität der öffentlich-rechtlichen Programminhalte noch andere Fragen der Programm- und Meinungsvielfalt mit Erfolg entgegenhalten kann, bestand nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Senats keine Veranlassung, im Wege der Amtsermittlung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO der Frage nachzugehen, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen verfassungsrechtlichen Funktionsauftrag verfehlt und damit – wie die Klägerin meint – ein „strukturelles Versagen“ gegeben ist.

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c. Nichts anderes folgt aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2023 – 1 BvR 601/23 – (juris), mit dem dieses eine Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfung nicht zur Entscheidung angenommen hat. Mit der Verfassungsbeschwerde hatte sich der Beschwerdeführer gegen die Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich mit der Begründung gewandt, der Rundfunkbeitrag sei nicht mehr gerechtfertigt, weil Mängel hinsichtlich der Ausgewogenheit und Vielfalt des Programmangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorlägen. Die von der Klägerin zitierte Aussage unter Randnummer 9 des Beschlusses, „damit ist jedoch die vom Beschwerdeführer aufgeworfene und mit Blick auf die aus Art. 19 Abs. 4 GG erwachsene Verpflichtung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes naheliegende Frage nicht beantwortet, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen vor Gericht gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfalt dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle“, ist (allein) im Hinblick auf die Prozessvoraussetzung der fehlenden Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) zu sehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere die Verwendung der Formulierung „naheliegende Frage“ nicht als Feststellung zu werten, dass dieses eine verwaltungsgerichtliche Klärung der aufgeworfenen Frage für angezeigt hielte.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

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IV. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klärungsbedürftigkeit einer aufgeworfenen Frage fehlt auch dann, wenn die Frage zwar nicht ausdrücklich entschieden ist, bereits ergangene Entscheidungen aber ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der Frage geben (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 38 m.w.N.). Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, „ob die Verwaltungsgerichte im Rahmen einer Klage gegen die Rundfunkbeitragspflicht im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflichten zur Prüfung verpflichtet sind, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten generell den verfassungsrechtlichen Auftrag verfehlen und damit ein strukturelles Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegeben ist“, kann mittels der vom Senat zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden. Die vom Verwaltungsgericht „für den Bestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ angenommene „existentielle Bedeutung“ dieser Frage über den vorliegenden Fall hinaus liegt nicht vor.

BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. April 2023
- 1 BvR 601/23 -, Rn. 1-10,

https://www.bverfg.de/e/rk20230424_1bvr060123.html
Nichtannahmebeschluss: Mangels Rechtswegerschöpfung unzulässige Verfassungsbeschwerde bzgl der Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen - zur Frage der Möglichkeit einer Geltendmachung etwaiger Mängel hinsichtlich Ausgewogenheit und Vielfalt des Programmangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vor den Fachgerichten

Vielen Dank an den Hinweisgeber!
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