Ich habe nun selbst nochmal in der Gesetzesbegründung zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Hessen (HESSISCHER LANDTAG, Drucksache 18/3887, 30.03.2011) zur Frage recherchiert, warum Bewohner von Altenheimen von der Beitragspflicht ausgenommen sind.
Es ging bei den Ausnahmen nach §3 RBStV Abs.2 offenbar insbesondere um die (Nicht-)Qualifikation dieser Raumeinheiten als Wohnung und um die mögliche Überschneidung des privaten und nicht privaten Bereichs.
Damals waren interessanterweise die Bewohner von Altenheimen in § 3 Abs. 2 RBStV noch nicht explizit ausgenommen, aber dafür bereits Raumeinheiten, die der nicht dauerhaften heim- oder anstaltsmäßigen Unterbringung dienen, insbesondere in Behinderten- und Pflegeheimen.
In der damaligen Liste in
§ 3 Abs. 2 RBStV gab es nur 5 und nicht wie aktuell 7 Einträge:
1. Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften, insbesondere Kasernen, Unterkünfte für Asylbewerber, Internate,
2. Raumeinheiten, die der nicht dauerhaften heim- oder anstaltsmäßigen Unterbringung dienen, insbesondere in Behinderten- und Pflegeheimen,
3. Patientenzimmer in Krankenhäusern,
4. Hafträume in Justizvollzugsanstalten und
5. Raumeinheiten, die der vorübergehenden Unterbringung in Beherbergungsstätten dienen, insbesondere Hotel- und Gästezimmer, Ferienwohnungen, Unterkünfte in Seminar- und Schulungszentren.
Die u.g. Erläuterungen könnte man eigentlich sinngemäß auch auf die Bewohner von Altenheimen anwenden. Bemerkenswert allerdings, dass im damaligen Gesetzentwurf Altenheime, deren Raumeinheiten zur dauerhaften Bewohnung vorgesehen waren, für die Bewohner noch beitragspflichtig waren. Wäre interessant, in welchem Rundfunkänderungsstaatsvertrag das mit welcher Gesetzesbegründung geändert wurde. Vielleicht hatten ja die Regierungsparteien Angst, ihr hochbetagtes und für die Wiederwahl wichtiges Klientel zu verprellen.
HESSISCHER LANDTAG, Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes, Drucksache 18/3887, 30.03.2011, Begründung zu §3 RBStV, S.7 ff.https://starweb.hessen.de/cache/DRS/18/7/03887.pdfDer zitierte Teil geht auf S.8 der Begründungen los.[...] Absatz 2 nimmt bestimmte Raumeinheiten in Betriebsstätten aus dem Begriff der Wohnung aus. Als Ausnahme vom Grundtatbestand des Absatzes 1 ist die Aufzählung des Absatzes 2 abschließend. Auch wenn die dort genannten Raumeinheiten im Einzelfall den Tatbestand des Absatzes 1 erfüllen, gelten sie nicht als Wohnung. Die Ausnahme dient der Vermeidung von tatbestandlichen Überschneidungen mit dem nicht privaten Bereich und damit der Abgrenzung von der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich (§§ 5 und 6). Aus diesem Grund sind lediglich Raumeinheiten ausgenommen, die entsprechenden Betriebsstätten zuzuordnen, insbesondere in diesen Betriebsstätten gelegen oder selbst als Betriebsstätte zu qualifizieren sind. In diesen Fällen ist nicht der Bewohner der betreffenden Raumeinheit aufgrund der §§ 2 und 3, sondern gegebenenfalls der Inhaber der jeweiligen Betriebsstätte oder Raumeinheit nach Maßgabe der §§ ,5 und 6 beitragspflichtig.
Absatz 2 Nummer 1 nimmt Raumeinheiten in Gemeinschaftsunterkünften aus dem Wohnungsbegriff aus. Beispielhaft genannt werden Kasernen, Unterkünfte für Asylbewerber und Internate. Studenten- und Schwesternwohnheime sind demgegenüber keine Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne der Ausnahme nach Nummer 1. Eine Beitragspflicht kann insoweit also im Hinblick auf die bewohnten Raumeinheiten für deren Bewohner nach Maßgabe der §§ 2 und 3 bestehen, wobei es zur individuellen Abgrenzung auf die räumliche Gestaltung ankommt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, s. o.). Daneben kann der Inhaber der entsprechenden Betriebsstätte nach Maßgabe der §§ 5 und 6 beitragspflichtig sein. Im Rahmen der Nummer 2 ist für die Abgrenzung maßgeblich, dass die jeweilige Raumeinheit ihrem Hauptzweck nach der nicht dauerhaften Unterbringung der betreffenden Personen dient. Ist dagegen ein grundsätzlich unbefristetes Bewohnen der Raumeinheiten vorgesehen, begründen die Menschen dort also – wie in Behinderten- oder Altenwohnheimen – regelmäßig ihren Wohnsitz, werden sie damit beitragspflichtig. Unberührt bleibt auch insoweit die Möglichkeit einer Beitragspflicht des jeweiligen Betriebsstätteninhabers nach Maßgabe der §§ 5 und 6. In einigen der im Katalog des Absatzes 2 angesprochenen Betriebsstätten kommt darüber hinaus die Anwendung von Sonderregelungen in Betracht, in den Fällen der Nummern 1 bis 3 etwa die Anwendung des § 5 Abs. 3. Für einige der in Nummer 5 genannten Raumeinheiten sieht § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 für den gewerblichen Bereich einen gesonderten Anknüpfungstatbestand vor. [...]
Inwieweit das alles -insbesondere im Zusammenhang mit der hier diskutierten Beitragspflicht für die Nebenwohnung - logisch sein soll, mag jeder selbst beurteilen. Denn die mögliche Überschneidung des privaten und nicht privaten Bereichs hat man doch bei jeder Betriebsstätte?
Wir halten also fest: Der Senior, der 99,999% seiner Zeit im Altenheim verbringt, ausschließlich dort übernachtet und dort regelmäßig fernsieht, ist dort nicht beitragspflichtig, wohl jedoch in seiner Nebenwohnung, der er in Begleitung von Pflegepersonal z.B. einmal pro Monat einen Besuch abstattet. Dort ist also die Möglichkeit zum Rundfunkempfang offenbar ungleich höher als die im Altenheim tatsächlich realisierte Rundfunkempfangsmöglichkeit?