Ist die Bezeichung "Justiziar" eigentlich genau so hohl wie "Experte" in der Medien-Welt? Also jeder, der mal ein §-Zeichen gesehen hat, darf sich somit Justiziar nennen? Oder wie ist das jetzt genau geregelt?
Theoretisch ja. Justiziar ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Ohne juristische Ausbildung wird man diese Tätigkeit allerdings in der Regel nicht ausüben können. Frau Michel ist ausweislich ihrer
Kurzbiographiehttp://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/profil/organisation/lebenslauf_michel100.htmlDiplom-Verwaltungswirtin und hat zudem mindestens das Erste juristische Staatsexamen (heute: Erste juristische Prüfung) bestanden. Wahrscheinlich auch das Zweite juristische Staatsexamen (geht aus dem Text nicht zweifelsfrei hervor), womit sie Rechtsassessorin wäre, also den gleichen Ausbildungsstand hätte wie Richter und Rechtsanwälte.
Trotz dieser Kenntnisse stellt sie es falsch dar, dass der WDR die Erzwingungshaft nicht verhindern könnte. Das kann man ihr nicht durchgehen lassen.
Nochmals, seit wann darf ein Verwaltungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit entscheiden?
Nochmal: Jedes Gericht muss die entscheidungserheblichen Normen auf Verfassungsmäßigkeit prüfen (wenn sich die Frage der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Norm nicht stellt, das ist in den meisten Gerichtsverfahren der Fall, findet das Thema keine Erwähnung, die Rundfunkbeitragsverfahren sind eine Ausnahme).
Zu beachten ist dabei, dass es Normen von unterschiedlichem Rang gibt.
Zum einen gibt es die sogenannten formellen Gesetze. Formelle Gesetze werden durch die Legislative verabschiedet. Also z. B. das BGB und das StGB auf Bundesebene, z. B. die Landeswahlgesetze und die Gemeindeordnungen auf Landesebene (aus historischen Gründen tragen manche formellen Gesetze die Bezeichnung Ordnung, beispielsweise auch die dem Steuerzahler bekannte Abgabenordnung, davon darf man sich nicht verwirren lassen). Auch der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag steht durch die Verabschiedung von Tranformationsgesetzen in den einzelnen Ländern dort jeweils im Rang eines formellen Landesgesetzes.
Dann gibt es Normen unterhalb des Ranges der formellen Gesetze, sogenannte untergesetzliche Normen. Typisches Beispiel sind Rechtsverordnungen, zu deren Erlass häufig Ministerien in formellen Gesetzen ermächtigt werden. Auch die Satzung des WDR ist untergesetzlicher Natur.
Wenn ein Gericht eine entscheidungserhebliche untergesetzliche Norm für verfassungswidrig hält, wendet es diese nicht an und entscheidet unmittelbar selbst in der Sache.
Anders ist es bei formellen Gesetzen. Hält ein Gericht eine entscheidungserhebliche Norm eines formellen Gesetzes für verfassungswidrig, kann es diese nicht einfach unangewandt lassen. Vielmehr muss es eine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG machen. Nur die Verfassungsgerichte haben hinsichtlich formeller Gesetze die Verwerfungskompetenz. (Praktisches, hier im Forum auch schon diskutiertes Problem: So eine Vorlage macht viel Arbeit, Richter schrecken davor in der Regel zurück.)
Wie schein oben gesagt: Insofern sich die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidungserheblicher Nomen stellt, muss sich ein Gericht damit auseinandersetzen. Das haben die Verwaltungsgerichte und insbesondere das Bundesverwaltungsgericht in den Rundfunkbeitragsverfahren, insoweit zurecht, auch getan. Sie sind dabei nach meiner Überzeugung bislang allerdings allesamt zu falschen Schlüssen gekommen.