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Autor Thema: Sind Vollstreckungen durch den MDR in Sachsen nach SächsVwVfG überhaupt möglich?  (Gelesen 15276 mal)

R
  • Beiträge: 1
Liebe Gemeinde

Ich bin hier neu eingestiegen und möchte nun mal meine Sichtweise darstellen,
da ich mich schon sehr lange mit dem Thema GEZ beschäftige.

Ich möchte dies am Beispiel des MDR mal darlegen.

Rechtliche Darstellung durch den MDR

-   Rundfunkstaatsvertrag
        Die Bundesländer haben einen Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien geschlossen

-   Bekanntmachung/ Zustimmungsgesetz
        Das Land Sachsen gibt die Fassung des Rundfunkstaatsvertrags/ desse Zustimmungsgesetz bekannt

-   MDR-Staatsvertrag
        Die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen schließen einen Staatsvertrag über den
        Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Der MDR wird als gemeinnützige rechtsfähige Anstalt des
        öffentlichen Rechts errichtet

-   Satzung des Mitteldeutschen Rundfunks
        Als Anstalt des öffentlichen Rechtes wird durch den MDR eine Satzung des Mitteldeutschen
        Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge erlassen. Darin werden der
        Geltungsbereich für alle Personen, Betriebsstätten und Kraftfahrzeuge und die Beiträge geregelt.

-   Verwaltungsakt / Beitragsbescheide
        Der MDR als Anstalt des öffentlichen Rechtes vertreten durch den Beitragsservice erlässt Beitrags-
        bescheide (Festsetzungsbescheide ...) nach Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) als Verwaltungsakt.
        Diese Bescheide sind vollstreckbar.

-   Vollstreckung
        Nach Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) bzw. Zivilprozessordnung (ZPO) werden diese
        Bescheide vollstreckt.

Ist diese Darstellung des MDR aber richtig und vollständig?

Wenn dies wirklich so wäre, gäbe es aus meiner Sicht keine Möglichkeit an den Beiträgen
der Satzung (Rundfunkbeitrag) etwas zu machen und dagegen zu steuern - oder doch?

Das obige stimmt meiner Ansicht nach alles bis auf eines, dass das
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) für die Tätigkeiten des MDR nicht anzuwenden ist.

Der §2 Abs. 3 SächsVwVfG schließt den MDR von der Anwendung des bundeseinheitlichen VwVfG aus.

§2 SächsVwVfG - Ausnahmen vom Anwendungsbereich
http://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/4014-SaechsVwVfG#p2
Zitat
[...]
(3) Für die Tätigkeit des Mitteldeutschen Rundfunks gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht.

Das heißt für mich:
Der MDR kann keine Verwaltungsakte vornehmen … und wenn er keine Verwaltungsakte
vornehmen kann, dann kann er auch keine vollstreckbaren Ausfertigungen erstellen.
Somit ist aus meiner Sicht jedes Vollstreckungsersuchen eines angeblichen Verwaltungsaktes nichtig, oder?

Viele Grüße aus dem schönen Städtchen Dresden von René


PS. Übrigens gilt dies auch für einige andere Bundesländer


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Leider ist es nicht so einfach, wie gedacht... ;)

Siehe bitte u.a. unter
Ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine Behörde?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg116281.html#msg116281

[...]
Die "Ausnahme" im VwVfG-NRW (wie auch in allen(?) anderen LANDes-VwVfG:
Zitat
§ 2 (Fn 14) Ausnahmen vom Anwendungsbereich
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=3120031009100236151#det307784

(1) Dieses Gesetz gilt NICHT für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen und des WESTDEUTSCHEN RUNDFUNKS Köln.
wird von den Gerichten regelmäßig dahingehend ausgelegt, dass sich diese Ausnahme NUR(!)
Zitat
[...] auf den KERNbereich der RUNDFUNKFREIHEIT bezieht, in dem Rundfunk in Unabhängigkeit und Staatsfeme gewährleistet ist, NICHT aber auf Bereiche, in denen die Rundfunkanstalt - wie hier bei der Beitragserhebung - typische VERWALTUNGstätigkeit ausübt [...]
siehe u.a. unter
Klage VG Leipzig (Einzelrichter) 1 K 2372/14 in Verbindung mit 1 K 1242/15
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17714.msg116143.html#msg116143
[...]

Ob dies jedoch so rechtlich korrekt ausgelegt und haltbar ist, ist Gegenstand der vielfältigen weiteren diesbezüglichen Diskussionen im Forum u.a. unter

Ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine Behörde?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg116281.html#msg116281

Beitragsservice ist keine Behörde
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,5506.msg116363.html#msg116363

sowie auch
Wer oder was ist eine zuständige Landesrundfunkanstalt und wo ist dies geregelt?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16037.msg116518.html#msg116518

Wer oder was ist der Beitragsservice und wo ist dies geregelt?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17801.0.html

und schließlich
Verwaltungsvereinbarung "Beitragseinzug" (14.11.2013, Volltext)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17447.0.html

sowie zwischenzeitlich auch
Rechtsprechung z. Ausnahme der Tätigkeit der Rundfunkanstalten v. Landes-VwVfG
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20633.0.html

LRA = "Tendenzbetrieb" > Art 5 GG verbietet "justizförm. Verw.-Verfahren"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27187.0.html

"Behörde" verwaltungsorganisationsrechtlich/ verwaltungsverfahrensrechtlich
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23426.0.html


Da Mehrfachdiskussionen bereits ausgiebig behandelter Themen aus Kapazitätsgründen und aus Gründen der Übersicht im Forum nicht vorgesehen sind, bleibt dieser Thread mindestens vorübergehend geschlossen.
Danke für das Verständnis und die zukünftige Berücksichtigung.


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g
  • Beiträge: 31
Ich möchte an dieser Stelle noch folgenden Hinweis ergänzen:

Der MDR bezeichnet sich auf seiner Webseite als zumindest indirekt als Unternehmen. Diese Information ist im "Servicebereich" des MDR versteckt und nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Eine einfache Suche mit einer Suchmaschine unserer Wahl nach MDR + Unternehmen genügt. Man landet bei:

https://www.mdr.de/unternehmen/index.html

Dass es sich hierbei nicht um einen Service für Unternehmen handelt wird spätestens klar, wenn man sich die Organsation und die Struktur des MDR anschaut:

https://www.mdr.de/unternehmen/organisation/index.html
https://www.mdr.de/unternehmen/organisation/struktur/index.html

Dieser Hinweis lässt zumindest etwas an der Behördeneigenschaft des MDR zweifeln.


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g
  • Beiträge: 31
Ich denke, der MDR hat sich äußerst geschickt abgesichert  :(

Ich habe gerade nochmals in den Beschluss des LG Leipzigs geschaut, denn ich hatte die Nichtanwendbarkeit des SächsVwVG letztes Jahr vorgebracht.

Das LG-Leipzig hat den Einwand mit Hinweis auf §37 Abs. 1 S. 1 des MDR-Staatsvertrages hinweggefegt. Nach diesem steht der MDR als Anstalt des öffentlichen Rechtes unter der Aufsicht der Landesregierungen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringens:
§37 Abs. 1 S. 1 MDR-Staatsvertrag "Rechtsaufsicht"
https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/2509-StV-MDR#p37
Zitat
(1) Die Regierungen der Länder führen die Aufsicht über die Einhaltung der Bestimmungen dieses Staatsvertrages und der allgemeinen Rechtsvorschriften. Sie nehmen diese Aufgaben durch die Regierung eines der Länder in zweijährigem Wechsel wahr; der Wechsel, beginnend mit dem Inkrafttreten dieses Staatsvertrages, erfolgt in der Reihenfolge Sachsen – Sachsen-Anhalt – Thüringen. Die jeweils aufsichtführende Regierung beteiligt die beiden anderen Regierungen vor der Einleitung von Maßnahmen und bemüht sich um ein Einvernehmen.

Mit dieser Begründung hält das LG-Leipzig das SächsVwVG ausdrücklich für anwendbar, da
§ 1 SächsVwVG "Geltungsbereich"
https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/2655-SaechsVwVG#p1
Zitat
(1) Dieses Gesetz gilt für die Vollstreckung von Verwaltungsakten
1. der Behörden des Freistaates Sachsen und der seiner Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2. sonstiger Behörden durch die in Nummer 1 genannten Behörden im Wege der Vollstreckungshilfe.

Ich befürchte, dass selbst der Einwand, dass die Rechtsaufsicht zwischen den Bundesländern wechselt, nicht zielführend ist...


Edit "Bürger":
Auszüge/ Verlinkung der erwähnten Rechtsgrundlage ergänzt.
Bitte in solchen Fällen der schnelleren Nachprüfbarkeit und effektiveren Diskussion immer auch die erwähnten Auszüge/ Verlinkungen der betreffenden Rechtsgrundlagen mit beifügen.
Danke für das Verständnis und die Berückichtigung.


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n
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Dieser Hinweis lässt zumindest etwas an der Behördeneigenschaft des MDR zweifeln.
Selbst wenn der MDR eine Behörde sein sollte, hat er als Behörde im Wettbewerb nicht das Recht zur Selbsttitulierung, siehe BVerfG zur Selbsttitulierung der Sparkassen.
Dass der Rundfunk im Wettbewerb steht, ist gerichtlich festgestellt, wie User Pinguin geschrieben hat.


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(nur meine Meinung, keine Rechtsberatung)   

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Ich denke, der MDR hat sich äußerst geschickt abgesichert  :(.
Da ist nichts gut "abgesichert", sondern es wird - auch seitens der Gerichte - nach Lust und Laune ausgelegt, so dass es am Ende gegen den konkreten Wortlaut des Gesetzes lautet und grundlegendsten Denkgesetzen widerspricht.
Da wird einem selbstverständlich nichts "geschenkt", sondern es muss bitterst verteidigt bzw. erkämpft werden.
Nur so kann die Maske von diesem pseudo-staatsfremden-Behörden-Grundrechtsträger-Pensionskassen-Rundfunksender-System heruntergerissen werden.
Da ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen.

Selbst wenn MDR gem. MDR-Staatsvertrag der "Rechtsaufsicht" des Freistaates untersteht, steht der Totalausschluss des MDR vom "VwVfG" im Widerspruch zur Anwendbarkeit des SächsVwVG.

MDR kann nicht
einerseits
- kategorisch vom "justizförmig ausgeprägten Verwaltungsverfahren" ausgeschlossen werden,
um dann aber
andererseits
- "Verwaltungsakte", die demgemäß keine Verwaltungsakte gem. § 35 VwVfG sein können
via
- "Amts-/Vollstreckungshilfe", die eigentlich keine Amts-/Vollstreckungshilfe gem. § 5 VwVfG sein kann
vollstrecken zu wollen.

Zudem fehlt es den "Festsetzungsbescheiden" ja an weiteren Voraussetzungen nach SächsVwVG - z.B. einem überhaupt erst einmal vollstreckungsfähigem Inhalt im Sinne einer "Aufforderung zu einer Leistung/ Zahlung", d.h. einem Leistungsgebot.

Weitermachen - und veröffentlichen ;)


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