Ich frage mich gerade, ob das BVerwG in Leipzig sich mit dem Schaffen einer Übergangsregelung nicht Kompetenzen anmaßt, die dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorbehalten sind:
Es geht in dem Verfahren ja nicht um die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes (bzw. Staatsvertrages) mit übergeordnetem Recht (Grundgesetz, Europarecht, Bundesbankgesetz), sondern um die Vereinbarkeit einer untergesetzlichen Norm (Satzung des HR als einer Anstalt öffentlichen Rechts) mit übergeordnetem Recht. Während bei Gesetzen das Bundesverfassungsgericht das Prüfungsmonopol hat und im Falle der Unvereinbarkeit Übergangsregelungen schaffen kann, wie es das bei der Regelung zu Nebenwohnungen ja auch getan hat, kann die Unvereinbarkeit einer untergesetzlichen Norm jedes Verwaltungsgericht im Einzelfall feststellen, d.h. die Sache muss nicht einmal in die zweite oder dritte (BVerwG) Instanz gebracht werden. Das Schaffen von Übergangsregelungen ist den Verwaltungsgerichten aber nach meinem Kenntnisstand verwehrt: ist z.B. eine kommunale Beitrags- oder Gebührensatzung rechtsfehlerhaft, so ist die entsprechende Bestimmung ungültig. Der Satzungsgeber kann dann aber rückwirkend eine neue Satzung beschließen und so ein Finanzloch doch noch vermeiden. Das scheint mir ständige Praxis im Wechselspiel zwischen Verwaltungsgerichtsbarkeit und Satzungsgebern zu sein. Bis zum Beschluss einer neuen Satzung muss die Verwaltung dann aber den Ball flachhalten und sollte keine unnötigen Kosten bei der Beitragserhebung verursachen.
Es würde ja auch zu einer völligen Zersplitterung des Rechts führen, wenn z.B. bei einer fehlerhaften Landesverordnung jedes erstinstanzliche Verwaltungsgericht (oder gar jede von mehreren in Frage kommenden Kammern) seine eigenen Übergangsregelungen beschließen und verkünden dürfte.
Insofern erscheint mir die Abweisung der Klage einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz darzustellen: wenn die Satzungsbestimmung mit höherrangigem Recht unvereinbar ist, ist es vollkommen willkürlich, sie bei Inhabern eines Girokontos doch anzuwenden.
Insofern könnte eine Verfassungsbeschwerde durchaus Erfolg haben: die Richter in Karlsruhe sollten denen in Leipzig durchaus mal klarmachen, dass man in KA Kompetenzen hat, die man in L nicht hat!!
Schließlich: wenn das BVerfG eine Übergangsregelung trifft, ist diese im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Dass in kommunalen Verkündungsblättern Übergangsregelungen eines Verwaltungsgerichts veröffentlicht werden, habe ich aber noch nie gesehen.
Insofern kann es sinnvoll sein, sich in Auseinandersetzungen mit den Rundfunkanstalten auf die Unvereinbarkeit der Satzungsbestimmung zu berufen, die Übergangsregelung aber als verfahrensrechtlich unzulässig zu brandmarken.
Der vollständige Text des Urteils sollte natürlich abgewartet werden.