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Autor Thema: Artikel 10 EMRK: Bruno Antonio Faccio gegen Italien, Beschwerde 33/04  (Gelesen 5279 mal)

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Dieses Thema musste zur Vertiefung aus dem folgenden Thread ausgelagert werden:

Über den Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=22126.0

Die Frage der Vereinbarkeit des Rundfunkbeitrages mit der Informationsfreiheit aus Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonventionen bleibt auch nach den ersten Verfahren, die alle den Artikel 6 (Recht auf ein faires Verfahren) zum Gegenstand hatten, vor dem Europäischen Gerichtshof in Straßburg weiterhin ungeklärt.

Es verwundert in diesem Zusammenhang, dass der EGMR sich bisher noch nicht eingehend mit der Frage der staatlichen Kontrolle von Rundfunkanstalten auseinandergesetzt hat, obwohl es eigentlich evident ist, dass es hier einen grundsätzlichen Konflikt zwischen der Meinungsfreiheit und der Pressfreiheit aus Artikel 10 der Konventionen einerseits und der staatlichen Steuerung der freien Meinungsäußerung anderseits gibt. Die Recherchen führen letztendlich immer wieder zu dem dürftigen Verfahren des Herrn Bruno Antonio Faccio gegen Italien aus dem Jahre 2004, in dem es um die Frage ging, ob ein Rundfunkteilnehmer, der nur Sendungen des Privatfernsehens sehen wollte, die Zahlung einer Rundfunkgebühr für die RAI (ö.r. Rundfunk in Italien) verweigern darf.

Da wir uns vor dem erneuten Gang nach Straßburg mit der Entscheidung der 2. Sektion des EGMR vom 31. März 2009 zur Individualbeschwerde Faccio vs. Italien beschäftigen müssen, schlage ich vor, dass wir uns mit dieser Kammerentscheidung detailliert in diesem Thread beschäftigen. 

Leider gibt es keine offizielle deutsche Übersetzung zum Verfahren, weshalb wir uns vor allem mit der Entscheidung in französischer Sprache und eigenen Übersetzung auseinandersetzen müssen. 
Auf der Webseite des EUROPEAN COURT OF HUMAN RIGHTS findet man nur die französische Version der Entscheidung und eine zusammenfassende Version in englischer Sprache. Siehe hierzu:

FACCIO c. ITALIE (offizielle Entscheidung)
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-92184

Englische Übersetzung in der Zusammenfassung:
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=002-1577

Darüber hinaus habe ich eine italienische Übersetzung von Rechtsgelehrten der Universität Bologna und eine zusammenfassende Darstellung im IRIS Merlin von Dirk Voorhoof in deutscher Sprache gefunden, die ich teilweise etwas irreführend finde. Siehe hierzu:

Italienische Übersetzung: Università di Bologna
http://campus.unibo.it/20714/1/FACCIO_contro_ITALIA[1].doc
https://kurzelinks.de/vigu

IRIS 2009-6:2/1 – Artikel von Dirk Voorhoof
http://merlin.obs.coe.int/iris/2009/6/article1.de.html
Siehe auch (Seite 221 in der Broschüre):
https://core.ac.uk/download/pdf/55862386.pdf

Die bisherigen Verfahren zum Rundfunkbeitrag sind vom EGMR nicht in den Kammerbereich aufgenommen worden, weil keine dieser Beschwerden zum Zeitpunkt der Einreichung einen konkreten Schaden nachweisen konnte. Siehe hierzu:

EGMR Beschwerde 4598/19 - Entscheidung vom 21.03.2019
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30723.msg197351.html#msg197351
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30723.msg192361.html#msg192361

Klage vor EGMR gegen Direktanmeldung wegen Verstoß gegen Art. 6 und 13 EMRK
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=27528.0

Anders sieht dies eben bei dem Verfahren von Bruno Antonio Faccio gegen Italien aus, das es trotz seiner vielen Unzulänglichkeiten in den Kammerbereich geschafft hat, wo diese Beschwerde dann nach einer Stellungnahme der italienischen Regierung vor einem Ausschuss aus sieben Richtern für unzulässig erklärt wurde. Die Zulassung zum Kammerbereich dürfte wohl deshalb zustand gekommen sein, weil der Kläger einen erheblichen Schaden nachweisen konnte, der aus der folgenden Sequenz der Entscheidung zu entnehmen ist:

Le 29 août 2003, la police fiscale de Valdagno (Vicence) mit sous scellés le poste de télévision du requérant, l'emballant dans un sac de nylon afin de le rendre inutilisable, conformément à l'article 10 du décret-loi royal n o 246 de 1938 (vgl. Orginal: Seite 2).

Eigene Übersetzung zum französischen Text:
Am 29. August 2003 versiegelte die Steuerpolizei von Valdagno (Vicenza) den Fernseher des Beschwerdeführers (= Kläger) und wickelte ihn gemäß Artikel 10 des Gesetzesdekrets Nr. 246 von 1938 in eine Nylontasche, um ihn unbrauchbar zu machen.

Dieser Gewaltakt erscheint mir im Verhältnis zu Inhaftierung von Frau Sieglinde Baumert eigentlich harmlos, weshalb wir uns die Frage stellen können, ob der Rundfunkbeitrag überhaupt mit dem italienischen Fall vergleichbar ist, da es in diesem Fall lediglich um die Unbrauchbarmachung des Fernsehempfanges ging. Da der Rundfunkbeitrag keine Abgabe auf Geräte ist, sondern eine Abgabe auf Wohnung, ergibt sich hieraus folgendes Verhältnis:

Zitat
Italienische Rundfunkgebühr => Gesetz zur Unbrauchbarmachung des Fernsehgerätes
<=>
Deutscher Rundfunkbeitrag => Gesetz zur Unbrauchbarmachung der Wohnung ?

Es stellt sich also die konkrete Frage, ob der §2 RBStV, der zur Verfolgung von Menschen in Deutschland dient, dieselbe Gewalt ausübt, wie das italienische Gesetz aus der Zeit des Faschismus (1938) es im Fall Faccio getan hat. Generell ist es natürlich nicht so einfach eine Wohnung unbrauchbar zu machen, so wie es bei einem Fernsehapparat möglich ist. Der §2 RBStV kann aber dadurch, dass er alle Bürger in Deutschland zu Schuldnern erklärt, dazu führen, dass die Wohnung eines solchen Schuldners im Rahmen von Vollstreckungsmaßnahmen aufgebrochen und durchsucht wird, weshalb der §2 RBStV aus meiner Sicht durchaus mit dem italienischen Gesetzestext zu vergleichen ist. Denn in einem solchen Fall käme es nicht nur zu einer Verletzung des Rechts der Achtung der Informationsfreiheit (Art. 10 EMRK) sondern auch zu einer Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK).
 
Daher sollten wir uns hier mit dem Fall Faccio gegen Italien mal ausführlicher beschäftigen, da es in der Entscheidung zu diesem Fall gerade um die Verhältnismäßigkeit solcher Gewaltakte geht.


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Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der nur finanzierbar ist, wenn Menschen ihre Grundrechte verlieren, gehört abgeschafft.

Volksbegehren in Nordrhein-Westfalen zum Demokratieförderungsgesetz
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30210.0
Anfechtungsklage zur Verletzung der Gedanken- und Meinungsfreiheit
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36923.0
Beschwerden bei Menschenrechtsorganisationen (AI-Vorlage)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28412.0.html#msg182044

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Da die Entscheidung des EGMR nur 4 Seiten lang ist, können wir auch zum französischen Originaltext eine eigene Übersetzung  anfertigen. Die deutsche Übersetzung werde ich dann rot markieren, während ich den französischen Originaltext zum Vergleich blau markieren werde. Die italienischen Texte werde ich grün markieren. Darüber hinaus werden einige Abschnitte von mir mit Anmerkungen versehen. Die ersten allgemeinen Information der Entscheidung werde ich nur in der deutschen Übersetzung angeben.

EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE
ZWEITER SEKTION
ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE ZULÄSSIGKEIT
der Beschwerde Nr 33/04 präsentiert von Bruno Antonio FACCIO gegen Italien

Sitzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (zweite Sektion): 31. März 2009 in einem Raum bestehend aus:
Françoise Tulkens, Präsidentin, Ireneu Cabral Barreto, Vladimiro Zagrebelsky, Danuté Jociené, András Sajó, Nona Tsotsoria, Isil Karakas, Richter, und Françoise Elens-Passos, stellvertretende Sektionsangestellte. Auf den vorgenannten Antrag vom 26. November 2003, unter Hinweis auf die von der befragten Regierung abgegebenen und von der Antragstellerin eingereichten Stellungnahmen, trifft der Gerichtshof folgende Entscheidung:

In der Sache:
Der Beschwerdeführer, Herr Bruno Antonio Faccio, ist ein italienischer Staatsbürger, geboren 1947 und wohnhaft in Vicenza. Er wird vor dem Gerichtshof von Giovanni Bertacche, Rechtsanwalt in Vicenza, vertreten. Die italienische Regierung ("die Regierung") wurde nacheinander durch ihre Bevollmächtigten vertreten - MM. I.M. Braguglia und R. Adam sowie Frau E. Spatafora und Coagents, MM. V. Esposito und F. Crisafulli sowie sein Co-Agent, M.N. Lettieri.


A. Les circonstances de l'espèce (Die Umstände des Falls)

Les faits de la cause, tels qu'ils ont été exposés par les parties, peuvent se résumer comme suit.
Le 20 décembre 1999, le requérant introduisit devant le bureau du registre des abonnements de la R.A.I. (Radiotelevisione italiana) une demande de résiliation de son abonnement au service de télévision publique.

Der von den Parteien vorgebrachte Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen.
Am 20. Dezember 1999 erhob der Kläger beim Amt des R.A.I. (Radiotelevisione italiana) einen Antrag auf Kündigung seines Abonnements für den öffentlich-rechtlichen Fernsehdienst.


Le 29 août 2003, la police fiscale de Valdagno (Vicence) mit sous scellés le poste de télévision du requérant, l'emballant dans un sac de nylon afin de le rendre inutilisable, conformément à l'article 10 du décret-loi royal n o 246 de 1938.
Am 29. August 2003 versiegelte die Steuerpolizei von Valdagno (Vicenza) den Fernseher des Klägers und wickelte ihn gemäß Artikel 10 des Gesetzesdekrets Nr. 246 von 1938 in eine Nylontasche, um ihn unbrauchbar zu machen.

B. Le droit interne pertinent (Relevantes nationales Recht)
Le décret-loi royal no 246 du 21 février 1938, réglant les abonnements au service de télévision publique, dispose ainsi dans ses articles pertinents:
Das königliche Gesetzesdekret Nr. 246 vom 21. Februar 1938, das Abonnements für den öffentlichen Fernsehdienst regelt, sieht in seinen einschlägigen Artikeln 1 und 10 vor:

Art. 1
“Tutte le persone che dispongono di uno o di più apparecchi atti o adattabili alla ricezione delle trasmissioni radiofoniche (radioaudizioni) sono sottoposte all'obbligo di pagamento del canone di abbonamento, conformemente alle regole previste nel presente regio decreto...”

“Alle Personen, die über ein oder mehrere Geräte verfügen, die für den Empfang von Radiosendungen (radioaudizioni) geeignet oder anpassbar sind, müssen die Abonnementgebühr gemäß den Bestimmungen dieses Königlichen Dekrets entrichten.“

Art.10
“L'abbonato che non ha intenzione o che  non è nella possibilità di beneficiare della radioaudizioni circolari e continua comunque a conservare l'apparecchio presso il suo domicilio, deve presentare all'ufficio del registro competente, prima della fine del mese di novembre, una domanda di risoluzione dell'abbonamento (...). L'apparecchio sarà chiuso in un imballaggio al fine di impedirne l'utilizzo”.
„Der Teilnehmer, der keine Absicht hat oder nicht in der Lage ist, von Rundfunk-Auditions zu profitieren und das Gerät weiterhin bei sich zu Hause behält, muss vor Ende November einen Antrag an das Büro des zuständigen Register stellen, um sein Abo zu kündigen (...). Das Gerät wird in einer Verpackung verschlossen, um seine Verwendung zu verhindern.“

GRIEFS  (Gründe)

Invoquant les articles 10 et 8 de la Convention, le requérant se plaint respectivement de la violation de son droit de recevoir des informations et de celui au respect de sa vie privée et familiale en raison de ce que la mise sous scellés de son poste de télévision comporte non seulement le blocage
des programmes R.A.I. mais aussi de tous les autres programmes télévisés, y compris ceux qui sont transmis par des chaînes privées.

Der Kläger rügt unter Berufung auf die Artikel 10 und 8 der Konvention zum einen die Verletzung seines Rechtes auf Empfang von Information und zum anderen die Verletzung seines Privat- und Familienlebens, da das Anbringen der Siegel an seinem Fernsehgerät nicht nur eine Sperrung der RAI-Programme beinhaltet, sondern auch aller anderen Fernsehprogramme, einschließlich solcher, die von privaten Kanälen gesendet werden.

Invoquant l'article 1 du Protocole no 1 à la Convention, le requérant se plaint aussi d'une atteinte à son droit au respect des biens en raison de ce que personne ne saurait être privé de sa propriété si ce n'est que pour des raisons d'utilité publique.
Unter Berufung auf Artikel. 1 des Protokolls Nr. 1 der Konvention rügt der Kläger auch eine Verletzung seines Rechts auf Achtung des Eigentums, da niemand seines Eigentums vorenthalten werden darf, es sei denn, dies ist aus Gründen des öffentlichen Nutzens.

EN DROIT (IM GESETZ):

Invoquant les articles 10 et 8 de la Convention, le requérant se plaint respectivement de la violation de son droit de recevoir des informations et de son droit au respect de sa vie privée et familiale.
Invoquant l'article 1 du Protocole no 1 à la Convention, il se plaint aussi d'une atteinte à son droit au respect des biens.

Der Kläger rügt unter Berufung auf die Artikel 10 und 8 der Konvention die Verletzung seines Informationsrechts und die fehlende Achtung seines Privat- und Familienlebens.
Unter Berufung auf Artikel 1 des Protokolls Nr. 1 der Konvention rügt er auch eine Verletzung seines Rechts auf Achtung des Eigentums.


Anm.: Das EGMR wiederholt zunächst zur Sicherstellung der Zuständigkeit noch einmal die angerufenen Artikel aus den Konventionen und Protokollen, um sich dann mit der Stellungnahme der italienischen Regierung zu beschäftigen.

Le Gouvernement soutient d'emblée que cette requête devrait être rejetée pour non-épuisement des voies de recours internes, le requérant n'ayant pas soumis ses griefs devant un tribunal civil.
A titre d'exemple, le Gouvernement fait valoir qu'à plusieurs reprises les juridictions ordinaires se sont penchées sur le thème du payement de la redevance audiovisuelle et que la question de la légitimité constitutionnelle de l'article 10 du décret-loi royal no 246 du 21 février 1938 a maintes fois fait l'objet de la jurisprudence de la Cour constitutionnelle.

Die Regierung beantragt zunächst, diesen Antrag abzulehnen, da nicht alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe ausgeschöpft sind, da der Kläger seine Motive nicht vor ein Zivilgericht gebracht hat. Die Regierung hebt beispielsweise hervor, dass die ordentliche Rechtsprechung mehrfach zum Thema der Zahlung der audiovisuellen Gebühr Stellung genommen hat und die Frage der verfassungsmäßigen Rechtsgültigkeit des Artikel 10 des königlichen Gesetzesdekrets n. 246 vom 21. Februar 1938 mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts war.

Anm.: Es ist schon sehr interessant, dass es die Beschwerde in den Kammerbereich geschafft hat, obwohl der Rechtsweg nicht erschöpft war. Normalerweise beschäftigt sich der EGMR mit solchen Beschwerden nicht, sofern hier nicht ein besonderes Interesse vorliegt.

Le Gouvernement considère ensuite que, s'il est vrai que la mise sous scellés de la télévision du requérant constitue une ingérence dans le droit de celui-ci de recevoir des informations, dans son droit au respect de sa vie privée et de sa propriété, cette ingérence est proportionnée à l'objectif légitime poursuivi par l'Etat, à savoir le financement partiel du service public de radio-télédiffusion. Le Gouvernement tient à souligner la nature fiscale de cette redevance : « il s'agit d'un impôt dû en raison de la possession d'un appareil apte à recevoir n'importe quel programme télévisée ». Dans ce contexte, suite à la résiliation de l'abonnement à la télévision publique, le fait de rendre l'appareil récepteur inutilisable constituerait une mesure proportionnée à l'objectif poursuivi par l'Etat.
Die Regierung ist auch der Auffassung, dass das Anbringen der Siegel am Fernsehen des Klägers ein gerechtfertigter Eingriff sowohl in das Recht auf Empfang von Information als auch in das Recht auf Achtung des Privatlebens und des Eigentums sei, da dieser in einem angemessenen Verhältnis zu dem vom Staat verfolgten legitimen Ziel läge, nämlich der teilweisen Finanzierung der öffentlichen Radio- und Fernsehübertragung. Die Regierung unterstreicht den steuerlichen Charakter dieser Gebühr:  "Es handelt sich um eine Steuer, die auf den Besitz eines Geräts zurückzuführen ist, das in der Lage ist, Fernsehprogramme zu empfangen." In diesem Zusammenhang wäre nach Beendigung des öffentlichen Fernsehabonnements die Unbrauchbarmachung des Empfangsgeräts eine angemessene Maßnahme für das vom Staat verfolgte Ziel.

Anm.: Dieses Argument könnte die Bundesregierung nicht so vortragen, da die deutschen Gerichte,  einschließlich des Bundesverfassungsgerichtes, in ihrer Rechtsprechung gerade hervorheben, dass der Rundfunkbeitrag keine Steuer sei.

Le requérant réitère ses griefs et estime que, même à vouloir considérer l'objectif de financement du service public de radio-télédiffusion comme étant légitime, le fait de rendre l'appareil télévisé inutilisable est une mesure disproportionnée, compte tenu notamment de l'impossibilité d'accéder aux chaînes télévisées privées qu'il en suit.
Der Kläger wiederholt seine Rügen und ist der Auffassung, dass die Unbrauchbarmachung des Fernsehgeräts eine unverhältnismäßige Maßnahme darstellt, auch wenn er das Ziel der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als legitim betrachtet, ist zu berücksichtigen, dass diese Maßnahmen auch den Zugriff auf die privaten Fernsehkanäle unmöglich macht.

Anm.: Damit war das Verfahren für Bruno Antonio Faccio wohl beendet, da es bei dem Verstoß gegen den Art. 10 EMRK vor allem um die Frage geht, ob man die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks tatsächlich mit der Pressfreiheit oder irgendeinen Allgemeinnutzen rechtfertigen kann. Der EGMR beginnt danach auch direkt mit der Urteilsbegründung.

Quant à l'exception de non-épuisement des voies de recours internes soulevé par le Gouvernement, la Cour considère tout d'abord que ce dernier n'a pas démontré l'existence d'une voie de recours ordinaire apte à redresser les griefs soulevés par le requérant devant la Cour. Par ailleurs, il convient de rappeler que la saisie de la Cour constitutionnelle ne constitue pas une voie de recours dont la Convention exige l'épuisement, un individu ne jouissant pas d'un accès direct à cette instance (voir, mutatis mutandis et parmi beaucoup d'autres, Brozicek c. Italie, 19 décembre 1989, § 34, série A no 67). Dès lors, la Cour estime qu'il y a lieu de rejeter cette exception.
Mit Bezug auf den von der Regierung vorgebrachte Antrag der Nichterschöpfung innerstaatlicher Rechtsbehelfe ist der Gerichtshof der Auffassung, dass diese nicht das Vorliegen eines ordentlichen Rechtsbehelfs nachgewiesen hat, der geeignet ist, die von dem Kläger vor dem Gerichtshof vorgebrachte Beschwerde zurückzuweisen. Andererseits ist daran zu erinnern, dass die Entscheidung des Verfassungsgerichts kein Mittel darstellt, für das die Konvention das Experiment verlangt, da ein Individuum das direkte Experiment auf diese Weise nicht in Anspruch nehmen kann (siehe mutatis mutandis unter andere, Brozicek gegen Italien, 19. Dezember 1989, Randnr. 34, Serie A, Nr. 67). Daher ist der Gerichtshof der Auffassung, dass es einen Grund gibt, diesen Antrag abzulehnen.

Anm.: Den letzten Teil habe ich so verstanden, dass die Entscheidung eines Verfassungsgerichts nicht die Prüfung der Einhaltung der Menschenrechtskonventionen ersetzt. Dies erinnert irgendwie an die Grundhaltung des Beitragsservice erst einmal Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten und darauf zu hoffen, dass der Betroffene dann keinen Rechtsweg suchen wird.

La Cour relève ensuite que le requérant a omis d'étayer le grief portant sur son droit au respect de sa vie familiale et rejette donc ceci pour défaut manifeste de fondement selon l'article 35 §§ 3 et 4 de la Convention.
Das Gericht stellt sodann fest, dass der Kläger den Klagegrund, der sich auf das Recht auf Achtung seines Familienlebens bezieht, nicht begründet hat, und weist letzteres daher aufgrund einer offensichtlichen Unbegründetheit gemäß Artikel 35 Absätze 3 und 4 der Konvention zurück.

Anm.: Es wird hier zwischen Recht auf Achtung des Familienlebens einerseits und dem Rechts auf Achtung des Privatlebens andererseits aus Art. 8 der Konventionen unterschieden.

En ce qui concerne le restant de la requête, la Cour considère d'emblée qu'il n'est pas contesté que la mise sous scellés de l'appareil télévisé du requérant constitue une ingérence dans son droit de recevoir des informations, dans celui au respect de sa propriété ainsi que de sa vie privée, compte tenu, quant à ce dernier droit, de la notion large de « vie privée » reconnue maintes fois par la jurisprudence de la Cour (voir, mutatis mutandis, parmi beaucoup d'autres, Pretty c. Royaume-Uni, no 2346/02, § 61, CEDH 2002-III).
Mit Bezug auf die anderen Aspekte der Beschwerde ist der Gerichtshof zunächst der Auffassung, dass es unstreitig ist, dass das Anbringen der Siegel am Fernsehgerät des Klägers einen Eingriff in sein Recht auf Informationsempfang und das Recht, sein Privatleben zu respektieren, darstellt, wenn man die Rechtsprechung des Gerichtshofs zum mehrfach anerkannten umfassenden Begriff "Privatleben" (vgl. Pretty gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 2346/02, Randnr 61, EMRK, 2002 – III) berücksichtigt.

Anm.: Ein Verletzung von Art. 8 und 10 der Konventionen liegt hier also erst einmal vor. Damit können wir auch davon ausgehen, dass der Art. 10 EMRK sich nicht nur auf die Meinungsfreiheit, sondern auch auf die Informationsfreiheit bezieht.

La Cour estime que cette mesure, prévue par l'article 10 du décret-loi royal no 246 du 21 février 1938, poursuit un but légitime : dissuader les individus du non paiement d'un impôt ou, autrement dit, les dissuader de la résiliation de l'abonnement au service de télévision publique.
Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass diese Maßnahme durch Artikel 10 des königlichen Gesetzesdekrets n. 246 vom 21. Februar 1938 ein legitimes Ziel verfolgt: Personen davon abzubringen, keine Steuer zu zahlen, oder sie, anders gesagt, davon abzubringen, das Abonnement für den öffentlichen Fernsehdienst zu lösen.

Anm.: Der EGMR folgt hier also der Auffassung der italienischen Regierung, dass die italienische Rundfunkgebühr eine Steuer sei.

S'agissant de sa proportionnalité, la Cour, à l'instar du Gouvernement, estime que c'est à la lumière de la nature fiscale de la redevance audiovisuelle que celle-ci doit être analysée. La redevance constitue en effet un impôt destiné au financement du service public de radio-télédiffusion.
In Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist der Gerichtshof auf Ersuchen der Regierung der Auffassung, dass diese im Lichte der steuerlichen Natur der Rundfunk- und Fernsehgebühren zu prüfen ist. Die Gebühr ist in der Tat eine Steuer für die Finanzierung des öffentlichen Rundfunk- und Fernsehdienstes.

Anm.: Da der Kläger der Notwendigkeit der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht widersprochen hat, ist dies hier ohne Probleme möglich. Genau diesen Punkt der Notwendigkeit halte ich jedoch für sehr fragwürdig.

Aux yeux de la Cour, et tel qu'il ressort du libellé de l'article 1 du décretloi royal no 246 du 21 février 1938, indépendamment de la volonté du requérant de visionner les programmes transmis par les chaînes publiques, la simple possession de l'appareil télévisé entraîne son obligation de s'acquitter du payement de l'impôt en question.
In den Augen des Gerichtshofs und aus dem, was aus dem Text des Artikel 1 des königlichen Gesetzesdekrets Nr. 246 vom 21. Februar 1938 hervorgeht, beinhaltet der bloße Besitz des Fernsehgeräts, unabhängig von der Absicht des Klägers, die von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgestrahlten Programme zu sehen, die Verpflichtung zur Zahlung der fraglichen Steuer.

Anm.: Damit geht es hier um eine Abgabe auf Geräte und nicht auf Wohnungen, so wie dies beim Rundfunkbeitrag der Fall ist. Diese Frage dürfte sich dann auf die umstrittene Festlegung zuspitzen, auch Computer mit Internet und Smartphones als Empfangsgeräte zu betrachten, von der wir wissen, dass die Rechtsprechung in Schweden und Österreich diese Gleichsetzung bereits zurückgewiesen hat.   

D'ailleurs, a contrario, un système qui permettrait de ne visionner que les chaînes privées sans payer la redevance, même en admettant qu'il soit techniquement réalisable, équivaudrait à dénuer l'impôt de sa nature même, à savoir, la contribution à un service de la communauté et non pas le prix payé par un individu en contrepartie de la réception d'une chaîne donnée.
Andererseits würde ein System, das es nur privaten Rundfunkanstalten erlaubt, ohne Entrichtung der Gebühr gesehen zu werden, selbst wenn die technische Durchführbarkeit bestehen würde, bedeuten, der Steuer ihrer Natur berauben, d.h. zu einem Dienst der Gemeinschaft beizutragen und nicht zu einem Preis, den eine Einzelperson als Gegenleistung für den Erhalt der Programme eines bestimmten Senders zahlt.

Anm.: Diese Diskussion kennen wir bereits aus dem Verfahren der Steuerrechtler, wobei das Bundesverfassungsgericht mit der Festlegung auf den Beitragscharakter der Abgabe es vermieden hat, die Frage beantworten zu müssen, welchen genauen Dienst der Rundfunkbeitrag an der Gemeinschaft leisten soll.

Dans ce contexte, il est utile de rappeler que « la matière fiscale ressortit encore au noyau dur des prérogatives de la puissance publique, le caractère public du rapport entre le contribuable et la collectivité restant prédominant (voir, mutatis mutandis, Ferrazzini c. Italie [GC], no 44759/98, § 29, CEDH 2001-VII).
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass "die Steuerfrage immer noch den harten Kern der Befugnisse der öffentlichen Gewalt hervorhebt, während der öffentliche Charakter der Beziehung zwischen Steuerzahler und Gemeinschaft weiterhin im Vordergrund steht (vgl. Mutatis mutandis, Ferrazzini gegen Italien, [GC ], Nr. 44759/98, Randnr. 29, EMRK 2001 – VII).

Anm.: Mit diesem Thema der Steuerfrage müssen wir uns eigentlich nicht beschäftigen. Dennoch wäre es sicherlich interessant zu klären, wie der EGMR die Frage beurteilt, ob es tatsächlich erlaubt ist, die Zweckbestimmung einer Abgabe derart weit vom Gegenstand der Belastung zu entfernen, wie es beim Rundfunkbeitrag der Fall ist, wo der Zweck (Rundfunk und Fernsehen) mit den abwegigen Mitteln (Wohnung und Arbeitsplatz) finanziert werden sollen. Die Bundesregierung müsste vor allem darlegen, wie sie den generellen Zwang der Abgabe für alle Haushalte und Betriebe in Deutschland begründet.

Compte tenu des considérations qui précèdent, ainsi que du montant raisonnable de l'impôt en question (qui s'élevait, à titre d'exemple, à 107,50 euros pour l'année 2009), la Cour estime que la mise sous scellés de l'appareil télévisé du requérant est une mesure proportionnée à l'objectif poursuivi par l'Etat.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen sowie der angemessenen Höhe der fraglichen Steuer (die sich beispielsweise auf 107,50 Euro für das Jahr 2009 beläuft) ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Anbringung der Siegel an das  Fernsehgerät des Klägers eine Maßnahme ist, die dem vom Staat verfolgten Ziel angemessen ist.

Anm.: Auf die Frage der Informationsfreiheit ist der EGMR leider nicht eingegangen, obwohl der Gerichtshof eine Einschränkung des Informationsempfanges einräumt. Die Einschränkung der Informationsfreiheit müsste also im Vorfeld noch mit den deutschen Gerichten geklärt werden.

Cette requête est donc manifestement mal fondée et doit être rejetée au sens de l'article 35 §§ 3 et 4 de la Convention. Par ces motifs, la Cour, à la majorité, Déclare la requête irrecevable.
Diese Beschwerde ist daher offensichtlich unbegründet und muss auf der Grundlage des Artikel 35, parr. 3 und 4 der Konvention abgelehnt werden.  Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof, mit der Mehrheit, die Beschwerde für unzulässig erklärt.


Zitat
ARTIKEL 35
Zulässigkeitsvoraussetzungen
[...]
3. Der Gerichtshof erklärt eine nach Artikel 34 erhobene Individualbeschwerde für unzulässig,
(a) wenn er sie für unvereinbar mit dieser Konvention oder den Protokollen dazu, für offensichtlich unbegründet oder für missbräuchlich hält oder
(b) wenn er der Ansicht ist, dass dem Beschwerdeführer kein erheblicher Nachteil entstanden ist, es sei denn, die Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention und den Protokollen dazu anerkannt sind, erfordert eine Prüfung der Begründetheit der Beschwerde, und vorausgesetzt, es wird aus diesem Grund nicht eine Rechtssache zurückgewiesen, die noch von keinem innerstaatlichen Gericht gebührend geprüft worden ist.
4. Der Gerichtshof weist eine Beschwerde zurück, die er nach diesem Artikel für unzulässig hält. Er kann dies in jedem Stadium des Verfahrens tun.


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L
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Vielen Dank für die Arbeit! Eine minimale Anmerkung zur Übersetzung:
Art. 1
“Tutte le persone che dispongono di uno o di più apparecchi atti o adattabili alla ricezione delle trasmissioni radiofoniche (radioaudizioni) sono sottoposte all'obbligo di pagamento del canone di abbonamento, conformemente alle regole previste nel presente regio decreto...”

“Alle Personen, die über ein oder mehrere Geräte verfügen, die für den Empfang von Radiosendungen (radioaudizioni) geeignet oder anpassbar sind, müssen die Abonnementgebühr gemäß den Bestimmungen dieses Königlichen Dekrets entrichten.“

Art.10
“L'abbonato che non ha intenzione o che  non è nella possibilità di beneficiare della radioaudizioni circolari e continua comunque a conservare l'apparecchio presso il suo domicilio, deve presentare all'ufficio del registro competente, prima della fine del mese di novembre, una domanda di risoluzione dell'abbonamento (...). L'apparecchio sarà chiuso in un imballaggio al fine di impedirne l'utilizzo”.
„Der Teilnehmer, der keine Absicht hat oder nicht in der Lage ist, von Rundfunk-Auditions zu profitieren und das Gerät weiterhin bei sich zu Hause behält, muss vor Ende November einen Antrag an das Büro des zuständigen Register stellen, um sein Abo zu kündigen (...). Das Gerät wird in einer Verpackung verschlossen, um seine Verwendung zu verhindern.“

trasmissioni radiofoniche (radioaudizioni) sollte wohl am besten mit Rundfunksendungen wiedergegeben werden, denn auch im Italienischen ist sowohl Radio wie TV gemeint - wie mit "Rundfunk" in den deutschen Gesetzesztexten.
Dementsprechend wäre auch im zweiten Passus radioaudizioni circolari einfach mit Rundfunksendungen zu übersetzen.


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Aber hallo! Bestesten Dank an art18GG für die Wahnsinnsarbeit der Übersetzung!  :) :) :) ;D

Auch die eigenen Kommentare finde ich sehr erhellend.  :)

Im Moment staune ich erstmal noch über die Konstellation, dass einerseits nicht alle nationalen Rechtsbehelfe ausgeschöpft waren und andererseits die Angelegenheit in den Kammerbereich gekommen ist.


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Die Behandlung der Beschwerde im Kammerbereich ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass es in der Frage der Ermöglichung eines Rechtsweges zwischen dem EGMR und dem italienischen Rechtssystem offensichtlich einen Konflikt gibt, da der Gerichtshof in diesem Zusammenhang auf eine andere Beschwerde gegen Italien verweist, was man vielleicht genauer untersuchen sollte. Ein solcher Konflikt besteht vielleicht hinsichtlich der Frage der Meinungsfreiheit zwischen dem EGMR und dem deutschen Rechtssystem mit seinen politischen Entscheidungen, wenn man sich anschaut, wie häufig die Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahrzehnten vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht wegen der Verletzung des Artikels 10 der Konventionen verurteilt wurde. Zur weiteren Information verweise ich mal auf die Entscheidungen, die in der obigen Entscheidung erwähnt werden, und auf die zahlreichen Verurteilungen Deutschlands wegen Verletzung der Meinungs- und Pressefreiheit:

Hinsichtlich der Frage der Ermöglichung eines Rechtsweges wird auf die folgende Entscheidung verwiesen:
Brozicek gegen Italien, 19. Dezember 1989, Randnr. 34, Serie A, Nr. 67:
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-57612
Deutsche Zusammenfassung durch N. P. Engel Verlag:
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-188628

Hinsichtlich des behandelten Themas der Frage des Privatlebens wird verwiesen auf:
Pretty gegen das Vereinigte Konigreich, Nr. 2346/02, Randnr 61, EMRK, 2002 – III
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-60448
Deutsche Zusammenfassung vom RIS Bundeskanzleramt Österreich:
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EGMR&Datum=29.04.2002&Aktenzeichen=2346/02

Hinsichtlich des behandelten Themas der Steuerfrage wird verwiesen auf:
Ferrazzini gegen Italien, [GC ], Nr. 44759/98, Randnr. 29, EMRK, 2001 – VII.
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-59589
Übersetzung der Leitsätze bei Wolters Kluwer:
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EGMR&Datum=12.07.2001&Aktenzeichen=44759/98

Hinsichtlich der Frage der Meinungsfreiheit verweise ich mal auf:
Axel Springer AG gegen DEUTSCHLAND, Beschwerde Nr. 48311/10, EMRK, 2014.
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-145700
Deutsche Übersetzung durch Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz:
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-155336


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Zur Auseinandersetzung mit der Frage der Meinungsfreiheit, die zugleich auch immer in der Freiheit besteht, seine Informationsquellen selbst zu bestimmen, gehört natürlich die Beschäftigung mit dem folgenden Zitat aus dem erwirkten Bruderurteil der Anhänger der Sekte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten:
Zitat
(...). Allein der Umstand eines verbreiterten Angebots privaten Rundfunks und einer Anbietervielfalt führt für sich noch nicht zu Qualität und Vielfalt im Rundfunk. Die Digitalisierung der Medien und insbesondere die Netz- und Plattformökonomie des Internet einschließlich der sozialen Netzwerke begünstigen - im Gegenteil - Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen bei Anbietern, Verbreitern und Vermittlern von Inhalten. Sind Angebote zum größten Teil werbefinanziert, fördern sie den publizistischen Wettbewerb nicht unbedingt; auch im Internet können die für die Werbewirtschaft interessanten größeren Reichweiten nur mit den massenattraktiven Programmen erreicht werden. Hinzu kommt die Gefahr, dass - auch mit Hilfe von Algorithmen - Inhalte gezielt auf Interessen und Neigungen der Nutzerinnen und Nutzer zugeschnitten werden, was wiederum zur Verstärkung gleichgerichteter Meinungen führt. Solche Angebote sind nicht auf Meinungsvielfalt gerichtet, sondern werden durch einseitige Interessen oder die wirtschaftliche Rationalität eines Geschäftsmodells bestimmt, nämlich die Verweildauer der Nutzer auf den Seiten möglichst zu maximieren und dadurch den Werbewert der Plattform für die Kunden zu erhöhen. Insoweit sind auch Ergebnisse in Suchmaschinen vorgefiltert und teils werbefinanziert, teils von „Klickzahlen“ abhängig. Zudem treten verstärkt nicht-publizistische Anbieter ohne journalistische Zwischenaufbereitung auf.

Dies alles führt zu schwieriger werdender Trennbarkeit zwischen Fakten und Meinung, Inhalt und Werbung sowie zu neuen Unsicherheiten hinsichtlich Glaubwürdigkeit von Quellen und Wertungen. Der einzelne Nutzer muss die Verarbeitung und die massenmediale Bewertung übernehmen, die herkömmlich durch den Filter professioneller Selektionen und durch verantwortliches journalistisches Handeln erfolgt. Angesichts dieser Entwicklung wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltssicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden (vgl. Randnummer 79-80).

Aus: BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018  - 1 BvR 1675/16 -, Rn. (1-157),
http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html

Nachdem ich dies gelesen habe, habe ich selbstverständlich alle meine Zeitungsabonnements gekündigt, da mir nicht bewusst war, dass alle Journalisten von Tageszeitungen zu einer unseriösen und abhängigen Berichterstattung tendieren, weil alle Printmedien teilweise über Werbung finanziert werden. Denn nichts anderes stellt das Bundesverfassungsgericht in der obigen Textstelle fest, wenn es die Notwendigkeit des Staatsfunks mit der Notwendigkeit der Unabhängigkeit von Werbeeinnahmen oder irgendwelchen Klickzahlen im Internet erklärt. Auch wenn es mir bisher nicht gelungen ist, die Werbung in einer Tageszeitung in einem direkten Zusammenhang mit den journalistischen Inhalten der von mir konsultierten Tageszeitungen zu bringen, muss ich als dummer Bürger dem Gericht, das unsere Verfassung schützen soll, natürlich glauben. Oder etwa nicht?

Zur weiteren Vertiefung dieser Thematik verweise ich auf:
Die Doktrin der staatlichen Pressefreiheit in der deutschen Rechtsprechung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28411.0


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Zum vorherigen Zitat aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verweise ich auch auf die inhaltliche Auseinandersetzungen mit den zugrundegelegten Fachaufsätzen aus dem Bereich des Medienrechts in dem folgendem Thema:

Medienrecht im Rundfunkbeitragsurteil vom 18.07.2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. -
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35930.0


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 30. Mai 2022, 17:45 von Bürger«
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[...]
Aux yeux de la Cour, et tel qu'il ressort du libellé de l'article 1 du décretloi royal no 246 du 21 février 1938, indépendamment de la volonté du requérant de visionner les programmes transmis par les chaînes publiques, la simple possession de l'appareil télévisé entraîne son obligation de s'acquitter du payement de l'impôt en question.
In den Augen des Gerichtshofs und aus dem, was aus dem Text des Artikel 1 des königlichen Gesetzesdekrets Nr. 246 vom 21. Februar 1938 hervorgeht, beinhaltet der bloße Besitz des Fernsehgeräts, unabhängig von der Absicht des Klägers, die von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgestrahlten Programme zu sehen, die Verpflichtung zur Zahlung der fraglichen Steuer.

Anm.: Damit geht es hier um eine Abgabe auf Geräte und nicht auf Wohnungen, so wie dies beim Rundfunkbeitrag der Fall ist. Diese Frage dürfte sich dann auf die umstrittene Festlegung zuspitzen, auch Computer mit Internet und Smartphones als Empfangsgeräte zu betrachten, von der wir wissen, dass die Rechtsprechung in Schweden und Österreich diese Gleichsetzung bereits zurückgewiesen hat.   
[...]
Zur Auseinandersetzung mit diesem umstrittenen Thema verweise ich mal auf:

Rechtslage: PC-Gebühr und Informationsfreiheit
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36546.0


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@art18GG
Es war doch bereits geklärt, daß der EGMR nicht in Belangen einer Steuer entscheidet? Der Rundfunkbeitrag ist aber keine Steuer, weil er keine sein darf; der Sachverhalt ist also grundverschieden. Abgesehen davon, entwickelt sich auch der EGMR weiter.


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