Rechtsanwalt Thorsten Bölck – Bildquelle: fernsehkritik.tvUrteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 19.12.2018: Keine Vollstreckung von Mahngebühren des NDR in Schleswig- Holstein
Die Mahnschreiben des „Beitragsservice“ sind kein Verwaltungsakt, mit dem Mahngebühren festgesetzt werden und deshalb nicht vollstreckbarDie nichtrechtsfähige Verwaltungsgemeinschaft „Beitragsservice“ hatte ein Mahnschreiben versandt, in dem neben dem „Rundfunkbeitrag“ auch Mahngebühren in Höhe von 5 € genannt sind. Die Bescheide für den „Rundfunkbeitrag“ mit den dazu gehörenden Beträgen und die Mahngebühren sind in einer Tabelle genannt, die sich unterhalb der Grußformel „Mit freundlichen Grüßen Ihr Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio“ befindet. Eine ausdrückliche Aufforderung zur Zahlung ist in dem Mahnschreiben nicht enthalten. Dort heißt es lediglich:
„Um Ihnen weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen, geben wir heute nochmals die Gelegenheit, bis zum .... den Mahnbetrag von .... EUR auszugleichen. Der Mahnbetrag errechnet sich aus den festgesetzten Beträgen der aufgeführten Gebühren-/Beitragsbescheide.“
§ 25 (2) S. 1 Halbsatz 2 der Landesverordnung über die Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren (Vollzugs- und Vollstreckungskostenverordnung - VVKVO) lautet: „Die Mahngebühr ist im Mahnschreiben festzusetzen.“ Weil die Mahngebühr festgesetzt werden muss, muss das Mahnschreiben ein Verwaltungsakt sein. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat entschieden, dass das Mahnschreiben kein Verwaltungsakt ist.
Das Mahnschreiben weist nicht die äußeren Merkmale eines Bescheides auf. Dieses ergibt sich aus Folgendem: Im Gegensatz zu Festsetzungsbescheiden schließt das Mahnschreiben mit der Schlussformel
„Mit freundlichen Grüßen Ihr Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio“
Weil der nichtrechtsfähige „Beitragsservice“ der Absender dieses Schreibens ist, handelt es sich nicht um die Maßnahme einer Behörde.
Dass es sich bei dem Mahnschreiben nicht um einen Verwaltungsakt handelt, ergibt sich auch daraus, dass es
weder als Bescheid bezeichnet noch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist. Deshalb handelt es sich nicht um eine Regelung, mit der Mahngebühren festgesetzt werden. Auch die am Ende des Mahnschreibens eingefügte Tabelle mit den Beträgen trifft keine Regelung, sondern klärt lediglich über die Zusammensetzung des im Text als Mahnbetrag genannten Betrages auf.
Dass es sich bei dem Mahnschreiben nicht um einen Verwaltungsakt handelt, ergibt sich ferner daraus, dass es zwar heißt, „(...) geben wir Ihnen heute nochmals die Gelegenheit (...) den Mahnbetrag (...) auszugleichen.“, der Mahnbetrag sich jedoch nur „aus den festgesetzten Beträgen der aufgeführten Gebühren-/Beitragsbescheide“ errechne ¬– also gerade nicht aus den in dem Mahnschreiben genannten Mahngebühren, die zusätzlich zu den Beträgen der Bescheide genannt sind.
In dem Mahnschreiben wird
keine Leistungspflicht für Mahngebühren rechtsverbindlich geregelt, weil
keine deutliche Trennung zwischen den bereits festgesetzten „Rundfunkbeiträgen“ und den erstmals geltend gemachten Mahngebühren vorgenommen wird. Denn Voraussetzung für einen Verwaltungsakt ist es, dass es sich um eine Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls handelt. Gerade an einer solchen Regelung fehlt es hier, weil
keine rechtlich verbindliche Pflicht ausgesprochen ist, dass Mahngebühren gezahlt werden müssen.
Nur dann, wenn eine rechtlich verbindliche Pflicht zur Zahlung von Mahngebühren ausdrücklich ausgesprochen wird, handelt es sich um die gesetzlich erforderliche Festsetzung der Mahngebühr.Der Anlass für dieses Urteil war eine Klage gegen eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung der Stadt Norderstedt, mit der u. a. Mahngebühren für den NDR vollstreckt wurden. Der Kläger wurde von Rechtsanwalt Thorsten Bölck aus Quickborn vertreten, der dieses positive Urteil herbeigeführt hat.
Das
Aktenzeichen des Urteils des
Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 19.12.2018 lautet
4 A 194/18Das Urteil und das Mahnschreiben sind hier als PDF-Datei zu finden.
Mahnschreiben:https://online-boykott.de/images/schlagzeilen/20190210-boelck-urteil-gegen-mahngebuehren/mahnung.pdfUrteil:https://online-boykott.de/images/schlagzeilen/20190210-boelck-urteil-gegen-mahngebuehren/uretil.pdfArtikel auf Online-Boykott:https://online-boykott.de/nachrichten/187-urteil-des-schleswig-holsteinischen-verwaltungsgerichts-vom-19-12-2018-keine-vollstreckung-von-mahngebuehren-des-ndr-in-schleswig-holsteinSiehe ergänzend u.a. auch unter
Mahngebühren des Rundfunks sind nicht vollstreckbar (10/2018)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,29014.0.htmlMahngebühren des Rundfunks sind nicht vollstreckbar
Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts: Die Mahnschreiben des Rundfunks mit den darin genannten Mahngebühren sind kein Verwaltungsakt, weshalb es an einem Verwaltungsakt fehlt, mit dem Mahngebühren gefordert werden bzw. der zur Zahlung von Mahngebühren verpflichtet.
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