Nochmal zur Haushaltsfinanzierung:Das Kef-Steuerfinanzierungs-Modell wird von Dörr augenscheinlich im Rahmen der Zwecksteuer-Diskussion deshalb abgelehnt, weil das Parlament immer über das Budget frei entscheiden können muss. Die parlamentarische Kontrolle dürfe nicht von der Kef eingeschränkt werden. Das ist nun etwas merkwürdig, weil das Budgetrecht ja auch der BVerfG-Rechtsprechung entstammt. Daher kann das BVerfG natürlich eines der beiden Rechte auf finanzielle Unabhängigkeit in einer Gesamtabwägung einschränken. Auch kann man die Kef-Vorgabe als Empfehlung begreifen, von der nach unten oder oben abgewichen werden kann, solange die Finanzierung des ÖRR in seinen Kernaufgaben weiter sichergestellt ist (Frage: was passiert, wenn sich heute die Kef "verrechnet" und zuwenig festlegt? Kann der ÖRR dann klagen? Oder steht er ohne Rechte da?).
Irgendeiner muss eben über die Höhe entscheiden. Und diese Personen sind dann diejenigen, die die ultimative Macht über den Rundfunk haben. Ein durch allgemeine Wahlen kontrolliertes Parlament mit mehreren hundert Volksvertretern erscheint mir dafür die beste Option (noch besser wäre eine direkte Gebühren-Finanzierung durch die Bürger mittels Verschlüsselung des Dualen Rundfunks, s.o.)
Herr Dörr verweist hier auf ein
Geheimgutachten: vom Finanzrechtler Prof. Christian Waldhoff (Humboldt-Uni), das die Thüringische Staatsregierung im Jahr 2010 in Auftrag gegeben hatte und seitdem unter Verschluss hält, weil das Ergebnis (Haushaltsfinanzierung ist rechtens) nicht passt. Waldhoff hat jedoch diese Gedanken publiziert, auf diese Fundstellen hätte Dörr ja mal hinweisen können (z.B. AfP 2011, S. 1 - 10; ). Das BVerfG wird sich jedenfalls nach diesem Hinweis der Diskussion stellen müssen.
Siehe bereits:
Thema: Gutachten zum Rundfunkbeitrag/ Rundfunkbeitragsstaatsvertrag [gesammelte Werke] https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=5817.0Verifizierbarkeit der Wohnung als AnknüpfungspunktDörr behauptet, die Vermutung der Inhaberschaft der Wohnung könne nur durch eine korrigierte Meldebescheinigung widerlegt werden.
Damit macht er die Wohnungsabgabe zu einer Meldeabgabe. Der einzige, wirkliche Abgabengrund ist die Meldeadresse. Nicht mehr, nicht weniger.
Das ist widersprüchlich, denn der sachgerechte Abgabenbezug sollte ja die Wohnung darstellen. Diese wird jedoch gar nicht identifiziert. Es gibt keinen Bescheid für eine Wohnung, sondern immer für eine Person.
Man kann einfach durch die Behauptung, man würde zusammenwohnen, durch Angabe einer bereits bestehenden Beitragsnummer an der Adresse der Abgabenpflicht entrinnen. Das lässt sich nicht überprüfen. (Nach dem BMG erforderliche Vermieterbestätigungen sehen teilweise -- je nach Gemeinde -- eine Beschreibung der Wohnung vor. Allerdings wird das wohl nicht im Datensatz erfasst und auch nicht weitergegeben.)
Umgekehrt werden an einer Adresse gemeldete Personen, die denselben Nachnamen haben, nicht alle von der Beitragspflicht erfasst. Es werden eben nicht alle Eheleute und erwachsene Kinder angeschrieben und gebeten mitzuteilen, ob schon eine Beitragsnummer für ihre Wohnung besteht. Auch nicht nach den Meldedatenabgleichen. Das müsste aber passieren, wenn es eine echte Wohnungsabgabe wäre. Wieviele Millionen Müllers, Meyers und Schmidts bekommen keine Bescheide, weil sie in einem Hochhausblock leben?
Wenn man es richtig machen wollte, müsste man mit einem erheblichen Ermittlungsaufwand und extremem Eingriff in die Privatsphäre (Hausbesuch -- alle mal antreten!) rechnen.
Dörr gibt dies unter Punkt V. auch ganz offen zu:
"Im Übrigen wäre eine an der Anzahl der Bewohner orientierte Beitragshöhe auch deshalb unpraktikabel, weil sich die Anzahl der Wohnungsbewohner ständig ändern kann und sich dies kaum verifizieren ließe."
Reichte die Meldeadresse zur Identifizierung der Wohnung aus, wäre es ja kein Problem, die Anzahl der Personen zu berechnen.
Auch in Bezug zur Zweitwohnung läuft die Argumentation komplett aus dem Ruder: nun soll man durch falsche Angabe einer Zweitwohnung der Abgabenpflicht entkommen können. Das ist unstimmig, weil ja jeder zumindest einen Hauptwohnsitz haben muss.