Die Doktrin der staatlichen Pressefreiheit steht durchaus in einem kontradiktorischen Verhältnis zur Idee der Informationsfreiheit. Da der Begriff „Information“, vor allem wegen seine Vieldeutigkeit, immer noch als ungeklärter Terminus gilt, kann und sollte man die fehlende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema der Informationsfreiheit bemängeln.
Auch wenn ich einige Konklusionen aus dem Artikel nicht teile, kann ich die folgende Arbeit zum Thema empfehlen: Heesen, Jessica: Individuelle Freiheitsrechte als Grundlage einer Ethik des Internet. In (Hausmanninger, Th.; Capurro, R. Hrsg.): Netzethik – Grundlegungsfragen der Internetethik. München, Fink, 2002; S. 163-177.
Im abstract des Artikels findet man folgende durchaus nützliche Feststellung (hervorgehoben von mir), die als Ansatz für weitere Arbeiten verwendet werden kann:
Die Informations- und Medienethik ist ein Forschungszweig mit emanzipatorischem Anspruch. Normative Grundlage ihrer Praxis ist das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und freie Informationsbeschaffung. Die Interpretation und Umsetzung dieser Grundrechte ist geleitet durch eine allgemeine Idee von Freiheit, die gemäß der unterschiedlichen Weltanschauungen variiert und auch in verschiedenen Medientechniken und ihren Nutzungsweisen zum Ausdruck kommt.
Der Rundfunk einerseits und das Internet andererseits spiegeln ideologische Brüche im Kontext des Freiheitsverständnisses besonders deutlich wider.
Der folgende Beitrag soll zeigen, welche Differenzen Rundfunk und Internet in Bezug auf den zugrundeliegenden Freiheitsbegriff und den daraus hervorgehenden Kommunikationszielen aufweisen. Es wird der These nachgegangen, dass die Informations- und Kommunikationstechnik einem Verständnis entspricht, das Freiheit als Unabhängigkeit von allen Beschränkungen in normativer und materieller Perspektive interpretiert, wogegen die Rundfunktechnik auf einen normgeprägten und kontextuell relativierten Autonomiebegriff zurückgeht. Es wird gezeigt, dass der negative Freiheitsbegriff vieler Netzaktivisten jedoch nur die Funktion einer regulativen Idee hat. Die Verfolgung dieser Idee hat das Ziel, das praktische Interesse der Internetnutzer an einer Selbststeuerung durch die individualisierte Massenkommunikation voranzubringen. Aus diesem Umstand ergeben sich neue Anforderungen an einen demokratisch verantworteten Begriff von Medienfreiheit, der in den interaktiven Medien individuell - statt wie bislang institutionell - verwirklicht werden soll. Eine Kritik der Gleichsetzung von Individualisierung und Freiheit in Bezug auf die Internetkommunikation verdeutlicht, dass Pluralität und Unabhängigkeit der Medien insgesamt nur dann gewahrt werden, wenn diese Werte nicht nur individuell, sondern auch durch allgemeine rechtliche Normen etabliert werden.
Die Einschränkung der Informationsfreiheit durch die Auferlegung einer Rundfunkgebühr auf die Nutzung des Internets ist dabei nur einer der Schritte gewesen, um die Nutzung von Information aus dem Netz zu steuern. Eine Steuerung, von der wir mittlerweile wissen, dass sie mehr Schaden anrichtet, als dass sie Missstände beseitigt. Diese beabsichtigte Steuerung der Informationsfreiheit durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wird häufig als Argument für die Forderung nach einer Stärkung dieser Rundfunkanstalten ins Feld geführt, ohne dass dies tatsächlich einen sachlichen Hintergrund hätte. Es wird hier lediglich sehr allgemein darauf hingewiesen, dass es sehr viel Hetze im Netz gäben würde und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dem entgegenwirken würden, ohne dass dabei aufgezeigt wird, wie dies eigentlich geschieht.
Im Artikel „Böhmermanns Schmähkritik im Wortlaut“ zeigt die Rheinische Post in ihrer Ausgabe vom 16. April 2016 vielmehr auf, dass Hetze gegen Personen nicht etwas eigentümliches ist, was man nur im Internet findet, sondern durchaus etwas ist, was man auch bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten findet. Die Sendung, um die es dabei geht, werden wahrscheinlich nicht viele Menschen im Fernsehen gesehen haben, so dass man davon ausgehen muss, dass der hohe Bekanntheitsgrad besagter Schmähkritik erst dadurch zustande gekommen ist, dass die Sendung auf den Webseiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten veröffentlicht wurde. Das Internet wurde also dazu missbraucht, um dieses Machwerk überhaupt erst bekannt zu machen.
Dieses Beispiel zeigt einen nicht unerheblichen Unterschied zwischen Rundfunk und Internet auf, der in der wiederholbaren Abrufbarkeit von Information durch das Internet besteht. Eine solche Abrufbarkeit im positiven und im negativen Sinne führt dazu, dass Informationen länger und damit sachlicher überprüft werden können, als wie dies in Rahmen einer flüchtigen Fernsehsendung möglich ist.
Rundfunk und Internet sind unterschiedliche Medien, die ihren eigenen Regel unterliegen, wie der Artikel von Jessica Heesen sehr schön darlegt. Die Unterordnung des Internet unter dem Diktamen der Rundfunkanstalten führt in diesem Zusammenhang jedoch zu einer Einschränkung der Informationsfreiheit, da diese beiden Medien eben nicht miteinander kompatibel sind, auch wenn die Inhalte des einen Mediums im anderen Medium technisch übertragen werden können. Ein nicht unwichtiger Unterschied besteht auch darin, dass der Rundfunk über eine traditionell gewachsene Lobby verfügt, die dem neuen Medium natürlich kritisch, wenn nicht sogar feindselig, gegenüber steht. Eine Schwäche des Internets ist daher der Umstand, dass es selbst über keine Institution verfügt, die sich für die Emanzipation dieses Mediums einsetzt.