In der Tat stellt sich hier die Frage, was denn dem sog. "Rundfunkbeitrag" in seiner aktuellen vollkommen geräte- und nutzungsunabhängigen, unausweichlichen Ausprägung angeblich fehlen soll, um sich als (unzulässige) "Sonderabgabe" zu qualifizieren...
Hier ein Auszug aus dem Artikel "§ 3 Abs. 1 AO – Steuerbegriff, Tatbestandsmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung" von Dr. Detlef Roland (in: Steuer & Studium, Beilage 1/2009):
Nach h. M. sind Sonderabgaben keine Steuern, da ihnen keine Gegenleistung der öffentlichen Hand gegenübersteht und sie auch nicht dazu dienen, Einnahmen i. S. des § 3 Abs. 1 AO zu erzielen. Die Vielfalt der unterschiedlichen Sonderabgaben lassen eine eindeutige Definition nicht erkennen. In Abgrenzung zu Steuern dürfen Sonderabgaben nicht Allgemeininteressen dienen und nicht allgemeine Staatsaufgaben finanzieren.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk dient Allgemeininteressen, siehe § 2 Absatz 1 Satz 1 RStV:
[Rundfunk] ist die
für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung.
Darüber hinaus wird mit dem Rundfunkbeitrag eine "allgemeine" Staatsaufgabe finanziert, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur "öffentlichen Daseinsvorsorge" gehört, siehe:
Rundfunkbeitrag: BR-Intendant für Inflationsausgleichhttp://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18840.msg122792.html#msg122792Das BVerfG fordert als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe die Belastung einer besonderen Gruppe (Gruppenhomogenität), die eine besondere Gruppenverantwortung mit einer spezifischen Sachnähe zum Abgabenzweck hat.
Eine besondere Gruppe wird nicht belastet, sondern sowohl Wohnungsinhaber als auch Betriebsstätteninhaber, also die Allgemeinheit der Steuerzahler.
Die finanzverfassungsrechtlich gebotene Formenstrenge und das Erfordernis der Normenklarheit verlangen vom Gesetzgeber daher, den Regelfall der Steuer und den Ausnahmefall der Sonderabgaben deutlich voneinander zu unterscheiden, d.h. im Tatbestand als solche sichtbar und nachvollziehbar zu normieren.
Der sog. Rundfunkbeitrag unterscheidet sich seiner Art nach gerade
nicht deutlich von der Abgabenart der Steuer, denn:
1. Die Nähe des Rundfunkbeitrages zur Abgabenart der Steuer
a) Steuern als Instrument zur Finanzierung einer öffentlichen Infrastruktur
Steuern dienen zur Finanzierung einer öffentlichen Infrastruktur. Die Gesamtheit staatlicher Aufgaben bildet ebendiese öffentliche Infrastruktur. Sei es die innere Sicherheit, sei es die äußere Sicherheit, sei es das öffentliche Bildungswesen, sei es das Justizwesen, sei es das Sozialwesen – all dies sind nur einzelne Beispiele für staatliche Aufgaben, die die öffentliche Infrastruktur bilden.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ungeachtet des Grundsatzes der Staatsferne Teil dieser öffentlichen Infrastruktur, denn er dient der „Integration und Teilhabe an demokratischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozessen“ (Bayerischer Verfassungsgerichtshof v. 15.05.2014). Der Rundfunkbeitrag entgilt nicht eine bestimmte Fernseh- oder Radiosendung bzw. das Programm eines bestimmten Fernseh- oder Radiokanals, d.h. er ist nicht die Gegenleistung für eine besondere Leistung (§ 3 Absatz 1 AO), sondern er dient der Finanzierung der „Gesamtveranstaltung Rundfunk“, d.h. der „funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ gemäß § 1 RBStV und damit der Finanzierung einer öffentlichen Infrastruktur, die sich aus den Runkfunkanstalten als Medienveranstalter, den Landesmedienanstalten als Medienaufsicht und dem Beitragsservice als Abgabenverwaltung zusammensetzt.
b) Steuern als Mittel der geordneten Haushaltsführung
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert sich gemäß § 13 RStV vorrangig aus Rundfunkbeiträgen. Dies bedeutet, dass er auf dieses Finanzierungsmittel zur effektiven Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe gem. § 2 Absatz 1 RStV im Sinne einer geordneten Haushaltsführung angewiesen ist.
Die gleiche Eigenschaft erfüllen jedoch Steuern im Haushalt einer Gebietskörperschaft. Steuern sind das Finanzierungsmittel, auf das eine Gebietskörperschaft zur effektiven Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne einer geordneten Haushaltsführung angewiesen ist. Dass sich die Haushalte des Staates vorrangig aus Steuern finanzieren, ist nichts anderes als die Umsetzung des verfassungsrechtlich verankerten Steuerstaatsprinzips.
c) Die Verteilung des Abgabenaufkommens
Das Steueraufkommen wird auf die einzelnen Haushalte der Gebietskörperschaften, und damit auf die einzelnen Teile der öffentlichen Infrastruktur, verteilt. Die Verteilung des Steueraufkommens ist im Finanzverfassungsrecht des Grundgesetzes geregelt.
Ebenfalls wird das Rundfunkbeitragsaufkommen auf die einzelnen Teile der Infrastruktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, also auf die Rundfunkanstalten, die Landesmedienanstalten und den Beitragsservice, verteilt. Die Verteilung des Rundfunkbeitragsaufkommens wird durch den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) geregelt.
d) Das Vorhandensein eines strukturellen Vorteils
Aus dem Vorhandensein einer durch Steuern finanzierten, öffentlichen Infrastruktur zieht grundsätzlich jede Person einen strukturellen Vorteil, den die Bürger als Mitglieder eines öffentlichen Gemeinwesens aus deren Vorhandensein haben, da sie die Möglichkeit haben, diese vorhandene Infrastruktur zu nutzen.
Aus dem Vorhandensein des durch den Rundfunk“beitrag“ finanzierten, öffentlich-rechtlicher Rundfunk hat grundsätzlich jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen strukturellen Vorteil (Bayerischer Verfassungsgerichtshof v. 15.05.2014), weil sie die Möglichkeit hat, diesen zu nutzen.
e) Träger der Finanzierungsverantwortung
Der Träger der Finanzierungsverantwortung einer öffentlichen Infrastruktur ist die Allgemeinheit – ansonsten würde es sich nicht um eine „öffentliche“ Infrastruktur handeln.
Wenn gesagt wird, dass jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an dessen Finanzierungsverantwortung zu beteiligen sei, dann gibt es keine besondere Gruppenverantwortung, die aus der Erfüllung der zu finanzierenden Aufgabe entspringt. Dies bedeutet, dass der „Kreis der Beitragspflichtigen“ der zu finanzierenden Aufgabe in sachlicher Hinsicht nicht näher steht als die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen, selbst wenn man annimmt, der dieser nicht bereits der Allgemeinheit der Steuerzahler entspricht.
Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach § 2 Absatz 1 RStV für die Allgemeinheit bestimmt ist, trägt grundsätzlich jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, mithin die Allgemeinheit, die Finanzierungsverantwortung für diesen.
Finanzierungsverantwortung für die Infrastruktur eines öffentlichen Gemeinwesens trägt ebenfalls die Allgemeinheit. Aus ebendiesem Grund bestimmt § 3 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 AO, dass Steuern allen, und damit dem unbestimmten Normadressatenkreis der Allgemeinheit, auferlegt werden, die den Tatbestand erfüllen, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft. Mithin unterscheidet sich die nichtsteuerliche (parafiskalische) Abgabe „Rundfunkbeitrag“ hinsichtlich der Finanzierungsverantwortung und des Normadressatenkreises nicht deutlich genug von einer Steuer.
f) Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Haushalt eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens
Die Haushalte des öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens sind in erster Linie die Haushalte der Gebietskörperschaften. Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk allerdings Bestandteil der öffentlichen Infrastruktur und damit Teil des öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens ist, können die Haushalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Haushalte eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens (§ 3 Absatz 1 AO) betrachtet werden.
g) Finanzierung von Beamtenpensionen im Vergleich zur Finanzierung von „Betriebsrenten“ ehemaliger Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunkstaatsvertrag
Beamtenpensionen, also Ruhegehälter ehemaliger Staatsbediensteter, werden aus dem Steueraufkommen der allgemeinen Staatshaushalte gezahlt. Unstreitig ist, dass die Ruhegehälter ehemaliger Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus dem Rundfunkbeitragsaufkommens gezahlt werden. Die Funktion, die Steuern eines allgemeinen Staatshaushaltes in dieser Hinsicht erfüllen, erfüllt der Rundfunkbeitrag im besonderen Staatshaushalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ungeachtet seiner Besonderheit ist der Haushalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Haushalt eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen (vgl. schon Buchstabe d).
2. Der Vergleich des Rundfunkbeitrags mit einzelnen Steuerarten
a) Vergleich des Rundfunkbeitrages mit der Einkommensteuer
Die Rundfunkbeitragspflicht für den privaten Bereich knüpft gemäß § 2 Absatz 1 RBStV an das Innehaben einer Wohnung an. In der gleichen Weise knüpft die persönliche Einkommenssteuerpflicht gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG an einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland an. Da das EStG keine Legaldefinition des Begriffes „Wohnsitz“ enthält, ist auf die Legaldefinition in der AO zurückzugreifen (Blümich/Rauch, § 1 EStG [124. Auflage, 2014] Rz. 145). Gemäß § 8 AO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Mit der Anknüpfung des § 2 Absatz 1 RBStV ist der Kreis der Rundfunkbeitragspflichtigen somit nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der (Einkommen-) Steuerpflichtigen auf.
b) Vergleich des Rundfunkbeitrags mit der Grundsteuer
Armin Herb, Rundfunkbeauftragter für den Datenschutz des Südwestfunks, spricht von einer „Tatsache, dass der Rundfunkbeitrag vergleichbar der Grundsteuer auf der Immobilie lastet.“ Auch er als Repräsentant des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sieht also, dass sich der Rundfunkbeitrag nicht deutlich genug von einer Steuer unterscheidet, wenn er ihn für mit der Grundsteuer vergleichbar betrachtet.
3. Beitragsveranlagung und Steuerveranlagung
Die Veranlagung zu einer bestimmten Steuer erfolgt, indem ein bestimmter „Tarif“ bzw. „Steuersatz“ auf eine Bemessungsgrundlage angewandt wird. Beispiel: Die Veranlagung zur Körperschaftsteuer erfolgt, indem der Körperschaftsteuersatz auf das zu versteuernde Einkommen der Körperschaft angewandt wird.
Die Veranlagung zum Rundfunkbeitrag im privaten Bereich erfolgt, indem ein bestimmter „Tarif“ bzw. „Beitragssatz“ auf eine Bemessungsgrundlage (hier: Wohnung) angewandt wird.
Wesentliches Abgrenzungskriterium ist, dass Steuern "nicht Gegenleistung für eine besondere Leistung" sind, während Sonderabgaben als Sonderlast im Gegensatz zur Gemeinlast eine besondere Verantwortung des Abgabepflichtigen für die Erfüllung einer speziellen Aufgabe und ihre Finanzierung voraussetzen.
Die Allgemeinheit trifft jedoch keine besondere Verantwortung. Die Verantwortung der Allgemeinheit für diese öffentliche Infrastruktur ist weder größer noch kleiner als die Verantwortung der Allgemeinheit für andere Infrastruktureinrichtungen, die der "öffentlichen Daseinsfürsorge" dienen.