Das Thema ist sehr komplex und in der Piratenpartei gibt es viele unterschiedliche Stimmen dazu von Befürwortern bis Gegnern. Ich persönlich plädiere immer dafür, Themen sachlich und differenziert zu erörtern und nicht pauschale Schwarz-Weiß-Vereinfacherei zu betreiben. Da Rundfunk in Bereich Landespolitik verortet ist, zitiere ich mal das wohl detaillierteste Programm zum Thema - von den innerhalb der Piratenbewegung als recht progressiven geltenden Hamburger Piraten:
Öffentlich-rechtlicher RundfunkDie Piratenpartei Hamburg möchte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten und stärken. Eine funktionierende Demokratie braucht einen lebendigen Diskurs über Politik und Gesellschaft. Dieser findet nicht zuletzt über die Medien statt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bildet hier eine wichtige unabhängige Ergänzung und oft auch ein notwendiges Gegengewicht zu den privaten Medien.
Reform der Rundfunkfinanzierung Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten benötigen eine solide finanzielle Basis, um ihren Grundversorgungsauftrag erfüllen zu können. Dafür gibt es ab 2013 eine Haushaltspauschale und Betriebsstättenabgabe, die über die GEZ eingetrieben wird. Die Piratenpartei Hamburg lehnt diese Pauschale pro Haushalt ab, weil zur Bestimmung der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Haushalt die persönlichen Verhältnisse aller beteiligten Personen offenbart werden müssen. Da unabhängiger Journalismus und ungehinderter Zugang zu Kultur, Bildung und Wissen der gesamten Gesellschaft und nicht nur den direkten Nutznießern zugute kommen, möchten wir eine individuelle Pauschale für jede volljährige Person einführen. Betroffene der Befreiungs- und Ermäßigungsgründe im 15. RAEStV, wie BAföG-Empfänger, ALG-II-Empfänger, oder Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung, sollen auch von der personenabhängigen Abgabe befreit sein. Die Ermäßigung von Seh- und Hörbehinderten soll wieder, wie bis Ende 2012 üblich, durch eine vollständige Befreiung ersetzt werden. Wenn ohnehin jede natürliche Person durch ihre persönliche Abgabe an der Finanzierung teilnimmt, ist auch eine Betriebsstätten- oder KFZ-Abgabe nicht mehr zu rechtfertigen. Diese sollen ebenfalls entfallen. Den Einzug der allgemeinen Abgabe soll in Zukunft das Finanzamt übernehmen und damit die GEZ vollständig ersetzen. Eine Weitergabe von Einwohnermeldedaten an die GEZ, sowie Kontrollen von Wohnungen oder Betrieben entfallen dadurch ebenfalls. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bezieht seine Legitimität aus seiner Unabhängigkeit. Diese kann nur gewährleistet werden, wenn eine unabhängige Finanzierung sichergestellt ist.
Eine Finanzierung durch staatlich kontrollierte Steuern kommt also nicht in Frage, da die finanziellen Möglichkeiten sonst direkt der politischen Einflussnahme unterliegen. Die Unabhängigkeit muss allerdings auch vor wirtschaftlichen Interessen bewahrt werden. Auf eine Finanzierung über Werbeeinnahmen oder Sponsoring soll daher generell verzichtet werden.
Bereitstellung von öffentlich-rechtlichen InhaltenUm die Grundversorgung sicherzustellen, produzieren die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von ihren Gebühren eigene Inhalte. Die Piratenpartei Hamburg möchte diese Werke der Gesellschaft zur freien Benutzung, Veränderung und Weitergabe zur Verfügung stellen. Dafür sollen alle Eigenproduktionen und alle überwiegend durch Rundfunkgebühren finanzierten Inhalte unter freie Lizenzen gestellt werden, die auch eine kommerzielle Weiterverwertung ausdrücklich erlauben. Um die Weiterverwertung zu erleichtern, setzen wir uns dafür ein, dass auch die Rohdaten von öffentlich finanzierten Werken frei zur Verfügung gestellt werden. Die Piratenpartei Hamburg spricht sich gegen das sogenannte “Depublizieren” von Internetinhalten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus. Unter Verwendung von Gebührengeldern produzierte Inhalte müssen den Gebührenzahlern zeitlich unbegrenzt im Internet zur Verfügung gestellt werden können. Die Piratenpartei Hamburg setzt sich daher dafür ein, dass der entsprechende Passus aus dem Rundfunkstaatsvertrag wieder gestrichen wird und wird keinem Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen, in dem dieser Passus immer noch enthalten ist. Die Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollen der gesamten Gesellschaft zugute kommen, auch Menschen mit eingeschränkter Seh- oder Hörfähigkeit. Um das zu erreichen soll die Untertitelung des Fernsehprogramms stark ausgebaut werden. Wo immer möglich soll eine 1:1 Untertitelung zur Verfügung gestellt werden, ansonsten mindestens sinngemäße Untertitel. Das Angebot an Gebärdensprachendolmetschern und Audiodiskreption soll stark ausgebaut werden. Die Webseiten der Sendeanstalten müssen ebenfalls barrierefrei nutzbar sein und z.B. mit technischen Hilfsmitteln für Blinde lesbar sein. Die Hilfsmittel wie Untertitel und Audiodiskreptionen müssen auch in den Mediatheken und sonstigen Publikationskanälen durchgängig zur Verfügung stehen.
Inhaltliches Profil des öffentlich-rechtlichen RundfunksDer öffentlich-rechtliche Rundfunk hat die Aufgabe die Grundversorgung mit dem ganzen Spektrum von Fernseh- und Hörfunksendungen sicherzustellen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei lokalen Programmen und Spartensendungen oder -kanälen zu, die in kommerziellen Angeboten keinen Raum finden. Die Piratenpartei Hamburg möchte die Vielfalt des Programms durch den Erhalt digitaler Spartenkanäle und ähnlicher Angebote sicherstellen. Dort könne auch neue Programmideen erprobt werden. Die Sendungen des öffentlich-rechtlichen TV-Programms können inzwischen unabhängig vom Medium Fernsehen konsumiert werden. Die digitale Bereitstellung von Eigenproduktionen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ermöglicht ihre Verbreitung und ihren Konsum auch über das Internet und neuartige Empfangsgeräte. Die bisherige Messung der Fernseheinschaltquoten gibt daher weder die tatsächliche Reichweite noch den Erfolg der produzierten Sendungen zutreffend wieder. Bei der Selektion und Produktion von Sendungen müssen objektive Qualitätskriterien herangezogen werden, die dafür sorgen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Auftrag erfüllt. Die gemessene Einschaltquote der TV-Konsumenten als alleiniges Kriterium lehnen wir ab. Zum Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört auch das Sicherstellen von Meinungsvielfalt im politischen Diskurs in der Gesellschaft. Durch seine Programme soll es jedem ermöglicht werden sich unabhängig über alle relevanten Vorgänge in der Gesellschaft zu informieren. Da diese Vorgänge immer häufiger die gesamteuropäische Gesellschaft oder europäische Institutionen betrifft, möchte die Piratenpartei Hamburg die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verstärkt dazu nutzen eine gemeinsame europäische Öffentlichkeit herzustellen. Zu diesem Zweck sollen politische Vorgänge in den verschiedenen Institutionen der EU, europaweite politische Themen und überregional relevante Debatten innerhalb der verschiedenen europäischen Länder einen deutlich größeren Raum in Programmgestaltung bekommen.
Aufbau der öffentlich-rechtlichen RunfunkanstaltenDie Piratenpartei Hamburg setzt sich für eine Anpassung der Zusammensetzung des Rundfunkrats des Norddeutschen Rundfunks an die heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse ein. Über eine entsprechende Änderung des NDR-Staatsvertrag sollen, zusätzlich zu den bisherigen, mindestens folgende Organisationen zur Entsendung von Vertretern berechtigt werden: eine islamische Dachorganisationeine säkulare, weltanschauliche Vereinigungeine Organisation der Lesbisch/Schwul/Bi/Trans-Bewegungeine Interessensvertretung der Internetbenutzer, z.B. der Chaos Computer Club e.V. Im Rahmen dieser Änderung des Staatsvertrages werden wir uns ebenfalls dafür einsetzen, den Proporz der elf Parteienvertreter in diesem Gremium an die realen Zusammensetzungen der entsprechenden vier Landesparlamente anzupassen, der derzeit einseitig die zwei größten Parteien bevorzugt. Der Rundfunkrat des NDR ist pluralistisch besetzt und soll die verschiedenen Interessen der Gesellschaft in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hineintragen. Die Sitzungen des Rundfunkrats sind allerdings nicht öffentlich. Eine Bewertung der Interessensvertretung durch die Gesellschaft ist so nicht möglich. Wir möchten, dass die Sitzungen des Rundfunkrats des NDR grundsätzlich öffentlich sind und nur in begründeten Ausnahmefällen einen geschlossenen Teil haben dürfen. Damit die Öffentlichkeit sich ein Bild von den Vorgängen im Rundfunkrat machen kann, sollen die Sitzungen live im Internet gestreamt und in der entsprechenden Mediathek zur Verfügung gestellt werden. Der Intendant spielt als Leiter des NDR die wichtigste Rolle in der Exekutive der Rundfunkanstalt. Deswegen ist bei der Besetzung dieses Postens besonders auf Staatsferne achtzugeben. Zur Zeit wird der Intendant vom Verwaltungsrat vorgeschlagen, der diesen auch in seiner Amtsführung überwachen soll. Der Rundfunkrat ist als pluralistisches Gremium allerdings besser geeignet einen tauglichen und politisch neutralen Intendanten zu finden. Zu diesem Zweck soll der Rundfunkrat eine Findungskommission einrichten, die in einem ergebnisoffenen Verfahren geeignete Kandidaten findet und dann dem Rundfunkrat zur Wahl vorschlägt. Um die Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu fördern sollen diese in Zukunft eine größere Rolle beim Personal der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten spielen. Die Piratenpartei Hamburg möchte erreichen, dass Menschen mit Behinderungen in den Produktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch für die Zuschauer sichtbarer werden und so zu einem normalen und selbstverständlich akzeptierten Teil des öffentlichen Selbstverständnisses werden.
Reform des ZDFDer oberste Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist seine Unabhängigkeit und Staatsferne. Seine inhaltliche Ausgestaltung wird von Vertretern vieler verschiedener gesellschaftlicher Gruppen bestimmt, nicht jedoch direkt von der Politik. Beim ZDF kann davon in der Praxis aber leider keine Rede sein. Im 77-köpfigen Fernsehrat befinden sich allein 19 Vertreter verschiedener Regierungen, Die...
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