Um einmal einen Punkt herauszugreifen, der m. E. für Willkür des BVerfG spricht. Diese liegt m. E. vor allem darin, den Charakter der Abgabe "Rundfunkbeitrag" eher zu unterstellen und dann relativ streng das Ziel zu verfolgen diese Abgabe zu rechtfertigen, weil mit ihr "ein guter Zweck verfolgt wird". Dieser liegt im ÖR-Rundfunk an sich, dessen behaupteter Notwendigkeit und den sogn. "Fake News". - Ich kann diesen Begriff kaum noch hören! Zur Sache:
Das BVerfG behauptet, dass der sogn. Rundfunkbeitrag eine nicht-steuerliche Abgabe, und zwar ein Beitrag sein soll. Begründet wird dies damit, dass die Abgabe nicht im finanzverfassungsrechtlichen Sinne "voraussetzungslos" geschuldet wird, sondern als Gegenleistung für einen individuell zurechenbaren Vorteil, der darin bestünde, dass man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfangen könnte (Rn. 52 ff. Nun hat das BVerfG in einem früheren Rundfunkurteil festgestellt, dass die gleiche Leistung mit der Gebühr gerade nicht für eine Gegenleistung erfolgte*. Ein offensichtlicher Widerspruch. Zudem trifft das gar nicht zu, weil es nicht genügt den Finger in die Luft zu halten um Rundfunk empfangen zu können.
Auch wird seitens des BVerfG gesagt, dass die Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag nicht in die allgemeinen Staatshaushalte der Länder fließen (Rn. 59). Das trifft zu, ist jedoch kein notwendiges bzw. typisches Merkmal von Vorzugslasten, für die Beiträge verlangt werden können, sondern spräche eher für eine Sonderabgabe. Für einen Beitrag charakteristisch war bislang die Stellung der Abgabepflichtigen im Verhältnis zur Allgemeinheit. Künftig soll ein Beitrag auch die Allgemeinheit belasten können, sofern dies die Abgrenzung der zu finanzierenden Aufgabe von den Gemeinlasten als allgemeinen staatlichen Aufgaben (Rn. 67) erfordere. Da darf man sich sicher fragen, warum man diese relativ gravierende Änderung vollzieht und welche Konsequenzen bezüglich Belastungsmöglichkeiten dies nach sich zieht. Offenbar ist es künftig kein Mangel einer Abgabe, wenn für den belasteten Personenkreis keine unbelasteten Vergleichspersonen vorhanden sind. Wo ist da der Unterschied zu einer Steuer? Der liegt künftig offenbar lediglich im (willkürlich) vom Gesetzgeber vergebenen Etikett. Im Prinzip gilt nun: der "Zweck heiligt die Mittel!" Auch angesichts des Trends Gesetze nicht nach ihrer Funktion sondern nach ihren (angeblichen) Zielen zu benennen, - Beispiel: "Gute-Kita-Gesetz" - finde ich das sehr bedenklich.
Bisher musste der Anknüpfungspunkt für eine Beitragsforderung leidlich sachgerecht sein. Wer sich Gutachten zum sogn. Rundfunkbeitrag durchgelesen hat, dürfte über Diskussionen dieses Punktes und der Natur der früheren Abgabe "Rundfunkgebühr" gestolpert sein. Danach ergibt sich, dass die frühere Rundfunkgebühr eine ähnliche Falschbezeichnung wie der "Rundfunkbeitrag" aufwies und nur deshalb vor der Einstufung als Steuer "gerettet" wurde, weil der Anknüpfungspunkt, nämlich "Besitz eines Empfangsgerätes", ziemlich sachgerecht war. Diesen Grundsatz lässt das BVerfG völlig fallen und wartet statt dessen mit diversen "Maßstäben" auf. So muss sich der Gesetzgeber nicht mehr an einen "Wirklichkeitsmaßstab" halten, also die Realität abbilden, sondern kann sich auch an einem Ersatz- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientieren. Was sollen diese Maßstäbe anders bedeuten, als dass völlig willkürliche Festlegungen ausreichend sind, mit denen wahlfrei ein Vorteilsausgleich, eine Kostendeckung, soziale Ziele oder Verhaltenslenkung angestrebt werden können? Wer solche "Kriterien" anlegt, kann eigentlich alles beschließen, losgelöst von der Realität Beiträge für alles, jedes und sogar das reine Nichts.
In RN 102 heisst es, der personenbezogene Vorteil könne "nur abstrakt bestimmt" werden. K. Winkler hat diesen Punkt spitz aber zutreffend so beschrieben: "Die bebeitragte Möglichkeit des Rundfunkempfangs ist generell bei jedem Einwohner vorhanden und ihr Nutzen nur abstrakt bestimmbar. Bislang war abstrakt das Gegenteil von konkret und individuell das Gegenteil von generell. Nun nicht mehr."
Just my 2 Eurocent!
M. Boettcher
* Welches der Rundfunkurteile das ist, müsste ich erst 'raussuchen.
Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.