Der Einzelrichter schreibt hierzu auf S. 6:
[...] Die sich daraus ergebenden Ungleichbehandlungen zu Lasten von allein lebenden erwachsenen Personen und Inhabern mehrerer Wohnungen sind noch vom Gestaltungsspielraum der Landesgesetzgeber gedeckt, weil dem Interesse an einem einfach und praktikabel zu handhabenden Maßstab für die Beitragserhebung erhebliches Gewicht zukommt. Es handelt sich um ein Massengeschäft mit Millionen gleich gelagerter, regelmäßig wiederkehrender Erhebungsvorgänge bei verhältnismäßig geringer Beitragshöhe. [...]
Das darf ja wohl nicht wahr sein. Da hat sich der Richter offenbar mit den Typisierungs-Zulässigkeits-Bedingungen überhaupt nicht vertraut gemacht und nur vom BVerwG-Rundfunkurteil z.B. vom 27.01.2017 abgeschrieben.
Der Gesetzgeber darf zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung nur typisieren, wenn eine nur hinreichend kleine Gruppe (in ständiger Rechtsprechung des BVerwG (!!!) < 10%) benachteiligt wird.
Dieser Prozentsatz ist mit Alleinlebenden und Alleinerziehenden (insgesamt ca 46%) bei weitem überschritten. Man müsste eigentlich schon Strafanzeige gegen die BVerwG-Richter (und jeden einzelnen VG-Richter, der sich diese Argumentation zu eigen macht) wegen Rechtsbeugung erheben, denn als es um die Typisierung Nutzer vs. Nichtnutzer ging, wurde von den gleichen Richtern ja umgekehrt zugunsten der LRA argumentiert, dass nur eine kleine Anzahl von Nichtnutzern benachteiligt sei.
Da ist ihnen also diese elementare Typisierungs-Zulässigkeitsbedingung doch wieder im selben Urteil eingefallen.
Im übrigen ist über die Frage, ob ein wohnungsbezogener vs. personenbezogener Beitrag wirklich zu einer Verwaltungsvereinfachung führt, nie Beweis erhoben worden. In der verhandelten VB 1 BvR 981/17 wurde auf die eklatanten verwaltungstechnischen Nachteile eines Wohnungsbeitrages im Vgl. zum personenbezogenen Beitrag genauer eingegangen - vgl. u.a.
Verhandlungen BVerfG 16./17.05.2018 > Berichte/ Protokollehttps://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27411.msg175437.html#msg175437https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27411.msg175440.html#msg175440[...]
Paulus: Wieland habe argumentiert, es sei eine Freiheitsleistung, wenn man den Schutz der Wohnung achten würde. Dies sei nachvollziehbar. Die Gegenseite hätte aber dargelegt, dass dies so nicht stimmen würde. Der Meldedatenabgleich gebe Auskunft darüber, wie viele Personen an einem Wohnort gemeldet seien, aber nicht, wer dort in welcher Wohnung lebe und wer der Inhaber sei. Es gebe die Schreiben des BS: „Wir bitten Sie zu prüfen, zahlen Sie oder ein Mitbewohner bereits den Rundfunkbeitrag für diese Wohnung oder ist eine Anmeldung erforderlich.“ Das zeige, dass mit dem jetzigen System die Frage, wer wohnt mit wem, nicht vermieden würde. Über Meldedatenabgleich könnten sich diejenigen, die die Beiträge, so sie nicht befreit wären, zahlen würden, leichter erfasst werden. Es stelle sich darum die Frage, worin die Verwaltungsvereinfachung beim Wohnungsmodell liegen würde. Natürlich wolle aber auch keiner das alte System zurück, aber die Frage des Zusammenlebens würde weiterhin gestellt werden.
[...]
Büttner: Es stelle sich grundsätzlich die Frage, ob auch die „Altwelt“ verfassungsgemäß gewesen sei.
Bezüglich des Problems der erhöhten Zahl an Datensätzen lasse sich sagen, dass inzwischen laut Geschäftsbericht des Beitragsservice ca. 60 % der Verwaltungsarbeit automatisiert ablaufen würde. Ein verwaltungstechnisches Problem bezüglich eines Pro-Kopf-Beitrags könne er nicht erkennen. Der Wohnungsbezug führe nachweislich nicht zu einer Verwaltungsvereinfachung.
Massive Probleme sehe er auch beim neuen Meldedatenabgleich. Man habe die Ermittlungsprobleme nicht vorausgesehen, sonst hätte man nicht nachträglich einen weiteren Meldedatenabgleich beschlossen. 57 Man habe die Problemfälle nicht bedacht, in denen ein Beitragspflichtiger aus der Wohnung ziehe und der Mitbewohner nicht mehr erfasst sei. Deswegen müsse man zukünftig noch mit vielen weiteren Meldedatenabgleichen rechnen.
Die versprochene Verwaltungsvereinfachung lasse sich nicht sehen. Dass die Umstellung erst noch zu einem Mehraufwand geführt habe, sei nachvollziehbar, aber inzwischen müsse man sehen, dass die Ziele nicht erreicht worden seien.
[...]
Nicht umsonst hat sich daher das BVerfG am 18.07.18 zum Thema der Verwaltungsvereinfachung gar nicht geäußert.
Stattdessen wurde der Sachgrund erfunden, dass die wohnungsbezogene Beitragserhebung dem Schutz von Ehe und Familie diene. Dass damit die viel schutzwürdigeren Alleinerziehenden noch zusätzlich belastet werden, war den BVerfG-Richtern offenbar egal - siehe u.a. auch unter
https://wohnungsabgabe.de/aktuelles20180725.html bzw.
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018
- 1 BvR 1675/16 - Rn. (1-157),http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html