Aber: Diese Frage stellt sich ja erst gar nicht, weil die Rechtsprechung die tatsächlichen Verhältnisse komplett ignoriert. Zwar handelt der Beitragsservice, das wissen alle, und das sind die tatsächlichen Verhältnisse. Aber solange er das Logo einer Rundfunkanstalt auf seine Schreiben druckt, sagt die Rechtsprechung: "Das war nicht der Beitragsservice, das war die Rundfunkanstalt." Und verkennt damit sehenden Auges die tatsächlichen Verhältnisse.
Aber das tut er doch gerade nicht. Oder hat schon irgendjemand einen Festsetzungs- oder Widerspruchsbescheid mit dem Logo der für ihn zuständigen LRA bekommen oder auch nur gesehen? Da steht jeweils nur der Name, Anstalt des öffentlichen Rechts und evtl. auch noch eine Postanschrift da. Ein Logo ist weit und breit nicht zu sehen.
Dazu kommt: Soweit die LRA als Anstalten des öffentlichen Rechts gelten (also quasi als Behörden), gilt für sie die Pflicht zur Selbstverwaltung (Verwaltungsautonomie). Nicht eine einzige LRA verwaltet sich bzgl. des Beitragseinzuges auch nur ansatzweise selbständig. Im Gegenteil: Sämtliche Aufgaben werden eigenmächtig vom nicht-rechtsfähigen (und damit laut BGH-Beschluss vom 11. Juni 2015, Az. I ZB 64/14 nicht partei- und prozessfähigen) BS ausgeführt.
Rn. 34: Der Beitragsservice ist nicht rechtsfähig und damit auch nicht partei- und prozessfähig, sondern dient den Landesrundfunkanstalten, dem ZDF und dem Deutschlandradio aus Praktikabilitätsgründen lediglich als eine örtlich ausgelagerte gemeinsame Inkassostelle (vgl. Lent in BeckOK.Informations- und MedienR, § 10 RBStV Rn. 9; Tucholke in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 10 RBStV Rn. 59, mwN). Sie ist daher nur zur Beitreibung von Rundfunkbeiträgen im Namen der Landesrundfunkanstalten befugt (vgl. Tucholke in Hahn/Vesting aaO § 10 RBStV Rn. 57).
BGH-Beschluss vom 11. Juni 2015, Az. I ZB 64/14; Quelle: https://openjur.de/u/792411.html
Soweit man nun annehmen könnte, der Gesetzgeber hätte den LRA (als Ausnahme von Art. 33 GG) hoheitliche Rechte zugestanden, so würden die nur für die LRA gelten. Es kann nicht angenommen werden, daß die LRA diese hoheitlichen Rechte (so sie diese überhaupt haben) an den nicht-rechtsfähigen BS übertragen dürfen. Dazu müßte es ein absolut eindeutiges Gesetz geben, das die Grundlagen und auch die genaue Institution mit Name und Adresse nennt. Dies ist de facto nicht der Fall.
Laut BVerwG dürfen aber Verwaltungshelfer nicht eigenmächtig Verwaltungsakte erlassen. Ein Verwaltungsakt, der nur im Namen einer Behörde erlassen wurde, ist rechtswidrig:
Rn. 6: Selbst wenn man aber annimmt, die aufgeworfene Frage betreffe die den Verwaltungsakt definierende Bestimmung des § 106 Abs. 1 LVwG, so rechtfertigt das nicht die Zulassung der Revision. Denn aus dieser Vorschrift lässt sich ohne Weiteres entnehmen, dass nur eine solche Maßnahme Verwaltungsaktqualität haben kann, die von einer Behörde und nicht bloß in ihrem Namen von einem Verwaltungshelfer in dem von der Vorinstanz zugrunde gelegten Sinne erlassen wird. Auch dann, wenn ein Verwaltungshelfer - wie es die Beschwerde hier zugrunde legt - lediglich die Weisung der Behörde umsetzt, unter bestimmten von ihm noch zu ermittelnden tatsächlichen Voraussetzungen einen Gebührenbescheid zu erlassen, handelt doch er und nicht die Behörde nach außen als Entscheidungsträger.
BVerwG, Beschluss vom 30.08.2006, Az. 10 B 38.06 (http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=300806B10B38.06.0&PageSpeed=noscript)
Damit sind wir wieder mal am Ausgangspunkt. Selbst wenn der BS die gesetzlich beschriebene Stelle wäre, so wäre er nur Verwaltungshelfer und damit sind die Festsetzungsbescheide keine Verwaltungsakte. Es wäre schön, wenn die Richter endlich mal die Rechtslage konsequent nach Art. 3 Abs. 1 GG anwenden würden und nicht wegschauen, wenn es um Rundfunkbeiträge geht.
BayernWiderspruchsverfahren: §§ 69-73 VwGO (Bundesrecht)
BVerfG zu Sonderbeiträgen: "Weinabgabe" - B. v. 4.2.1958 (2 BvL 31, 33/56); "Berufsausbildungsabgabe" - BVerfGE 55,274, U. v. 10.12.1980; "Kohlepfennig" - BVerfGE 91, 186, B. v. 11.10.1994; "Straßenbaubeiträge" - B. v. 25.6.2014, 1 BvR 668/10.
BVerwG zu VA: B. v. 30.8.2006, 10 B 38.06; U. v. 23.8.2011, 9 C 2.11.