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Autor Thema: "Höherrangige Rechtsgrenzen", die für die Länder bindend sind  (Gelesen 532 mal)

  • Beiträge: 7.386
Hier in diesem Thema bitte keine Diskussionen; es dient lediglich dem Sammeln von Beispielen für "höherrangige Rechtsgrenzen". Daran wiederum darf sich jeder beteiligen.

Basis für dieses Thema ist nachstehendes Thema

BVerwG 6 A 2.12 - Einhaltepflicht höherrangiger Rechtsgrenzen durch Landesrecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33743.0

1) Datenschutz

1.1) Datenschutz - Unionsrecht

Als Beispiel für eine allgemeine "höherrangige Rechtsgrenze" der nachstehend in Rot hervorgehobene Wortlaut aus der DSGVO, der in sämtlichen Verordnungen der Union in einem ihrer Artikel, wie auch in den Unionsverträgen selbst, zu lesen ist.

Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Vertrag über die Europäische Union (konsolidierte Fassung) Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (konsolidierte Fassung) Protokolle Anhänge des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Erklärungen zur Schlussakte der Regierungskonferenz, die den am 13. Dezember 2007 unterzeichneten Vertrag von Lissabon angenommen hat Übereinstimmungstabellen
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.202.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2016:202:TOC

Zitat
KAPITEL 2
RECHTSAKTE DER UNION, ANNAHMEVERFAHREN UND SONSTIGE VORSCHRIFTEN
ABSCHNITT 1
DIE RECHTSAKTE DER UNION

Artikel 288
(ex-Artikel 249 EGV)


[...]
Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. [...]

Konsolidierter Text: Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (Text von Bedeutung für den EWR)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02016R0679-20160504

Zitat
Artikel 99
Inkrafttreten und Anwendung

(1)   Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
(2)   Sie gilt ab dem 25. Mai 2018.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Die DSGVO ist also unmittelbar in all ihren Teilen verbindlich; sie kann damit nicht von den Ländern, (oder dem Bund, was in Belangen ÖRR aber kaum relevant ist), in ihrer Tragweite begrenzt werden.

Nachstehend, ebenfalls aus der DSGVO, ein Beispiel für eine spezielle "höherrangige Rechtsgrenze"

Zitat
Artikel 6
Rechtmäßigkeit der Verarbeitung

(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;
b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;
c) die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;
d) die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen;
e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde;
f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Unterabsatz 1 Buchstabe f gilt nicht für die von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitung. [...]

Und hierzu wiederum hat es präzisierende Aussagen des EuGH

EuGH C-817/19 - DSGVO - Nur der EuGH darf Tragweite des Unionsrechts begrenzen
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36452.0

Zu Art 6 Abs 1 Buchst. e und f
EuGH C-180/21 - DSGVO - Art 6 DSGVO regelt d. Zulässigkeit der DV abschließend
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36940.0
Zitat
84
[...] Nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 DGSVO gilt Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f nicht für die von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitung.

85
[...] Daraus folgt, dass, wenn die Verarbeitung durch eine Behörde für die Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich ist und daher zu den in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 dieser Verordnung genannten Aufgaben gehört, die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO und die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO einander ausschließen.

Zu Art 6 Abs 1 Buchst. e
EuGH C-439/19 - DSGVO - Datenübertragung an Wirtschaftsteilnehmer unzulässig
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35594.0
Zitat
Leitsatz 3
Die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679, insbesondere ihr Art. 5 Abs. 1, ihr Art. 6 Abs. 1 Buchst. e und ihr Art. 10, sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die es [...] erlaubt, diese Daten Wirtschaftsteilnehmern zur Weiterverwendung zu übermitteln.


Hinweis:
Zu klären wäre die Tragweite des Art 6 Abs 1 Buchst. c


Zu Art 6 Abs 1 Buchst. c
EuGH C-184/20 - DSGVO - Mangelfinanz. e. Beh. legitimiert k. Eingriff in GrCH
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36634.0

In obiger Rechtssache, die im Forum nur mit der Aussage des Titels aufbereitet wurde, geht es um die personen-bezogenen Daten des Behördenmitarbeiters, die aus unionsweit anerkannten Gründen des Allgemeininteresses auf gesetzlicher Grundlage im unionszulässigen Umfang, also minimalst möglich, veröffentlicht werden dürfen, bspw., um Korruption zu verhindern. Denn auch Behördenmitarbeiter*innen können sich in eigener Sache auf die DSGVO stützen; ihr Arbeitgeber als juristische Person jedoch nicht, wie vom EuGH ebenfalls bereits entschieden wurde. Siehe

EuGH C-620/19 - Jur. Pers. können sich nicht auf die DSGVO stützen
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=34888.0

Im rundfunkspezifischen Fall folgt daraus, daß die Verbraucher*innen gegenüber den LRA und den Behörden alle Rechte aus der DSGVO haben und geltend machen können, die LRA und die Behörden in je eigener Sache nicht eines davon.

EuGH C-132/21 - DSGVO - Rechtsmittel Art 77, 78 und 79 nebeneinander anwendbar
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37036.0


Zu Art 6 Abs 1 Buchst. f
EuGH C-468/10 - Datenbereitstellung aus nicht allg. zugängl. Quellen tlw. unzul.
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,37147.msg222056.html#msg222056

Zitat
38      Dieser Art. 7 Buchst. f sieht zwei kumulative Voraussetzungen vor, damit eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist, nämlich zum einen, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich ist, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, und zum anderen, dass nicht die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen.

39      Demnach steht Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten jeder nationalen Regelung entgegen, die bei Fehlen der Einwilligung der betroffenen Person neben den beiden in der vorstehenden Randnummer genannten kumulativen Voraussetzungen zusätzliche Erfordernisse aufstellt.

Diese Aussagen zur Datenschutz-Richtlinie sind auch für die DSGVO bindend, weil

EuGH C-597/19 - Rechtsprechung zur Datenschutzrichtlinie gilt auch für die DSGVO
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36576.0


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 05. April 2023, 19:39 von Bürger«
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)

Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

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1.2) Datenschutz - Bundesrecht

Mit Datenschutzrecht wurde begonnen, und mit der Datenschutzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes soll es weitergehen. Und da hat es ja eine klare Aussage, die auch die Länder und ihre Gemeinden bindet; siehe untenstehende Hervorhebung in Rot.

BVerfG -1 BvR 276/17 - Vorrang des Unionsrechts auch beim Unionsgrundrecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=32844.0

Zitat
2. Bei der Anwendung unionsrechtlich vollständig vereinheitlichter Regelungen sind nach dem Grundsatz des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts in aller Regel nicht die Grundrechte des Grundgesetzes, sondern allein die Unionsgrundrechte maßgeblich. Der Anwendungsvorrang steht unter anderem unter dem Vorbehalt, dass der Schutz des jeweiligen Grundrechts durch die stattdessen zur Anwendung kommenden Grundrechte der Union hinreichend wirksam ist.

Aus der Entscheidung selber soll nachstehend nur das Wesentlichste zitiert werden, denn das BVerfG bestätigte die unmittelbare Bindung der DSGVO, die auch, bspw., die Behörden und Gerichte, incl. der höheren Landesgerichte, einzuhalten haben.

Zitat
41
bb) Von einer vollständigen Vereinheitlichung ist erst recht für die aktuelle Rechtslage unter Geltung der Datenschutz-Grundverordnung auszugehen, die im Falle einer Aufhebung und Zurückverweisung der angegriffenen Entscheidung auch vom Oberlandesgericht zu beachten wäre. Mit ihr hat die Europäische Union in der Rechtsform der Verordnung in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbares Recht geschaffen, [...]
Zitat
42
b) Bei der Anwendung unionsrechtlich vollständig vereinheitlichter Regelungen sind grundsätzlich nicht die deutschen Grundrechte, sondern allein die Unionsgrundrechte maßgeblich; das Unionsrecht hat hier gegenüber den Grundrechten des Grundgesetzes Anwendungsvorrang (aa). Hiervon unberührt bleiben Reservevorbehalte für den Fall eines grundsätzlichen Wegbrechens dieses Schutzes (bb).
Zitat
43
aa) Dass in vollvereinheitlichten Materien des Unionsrechts die deutschen Grundrechte nicht anwendbar sind, entspricht für die Gültigkeitsprüfung dieser Normen ständiger Rechtsprechung (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 ff.>; 118, 79 <95 ff.>; 121, 1 <15>; 123, 267 <335>; 125, 260 <306 f.>; 129, 78 <103>; 129, 186 <199>). Nichts anderes gilt aber für deren konkretisierende Anwendung
Zitat
46
Bezogen auf die Rechtsordnung des Grundgesetzes ist damit – unabhängig davon, wie das in anderen Mitgliedstaaten zu beurteilen ist – von einem jeweiligen Eigenstand der unionsrechtlichen und der nationalen Grundrechte auszugehen. Maßstab für die konkretisierende Anwendung von vollvereinheitlichtem Unionsrecht durch innerstaatliche Behörden und Gerichte ist die Grundrechtecharta.

Insbesondere in Rn. 46 definiert das Bundesverfassungsgericht damit gemäß, bzw., im Sinne der im Eröffnungsbeitrag genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes eine klare Rechtsgrenze für alle innerstaatlichen Behörden und Gerichte, also auch jene der Länder und deren Gemeinden, die zur unmittelbaren Einhaltung des Unionsgrundrechts verpflichtet sind, wo immer sie, bspw., in ihren Dokumenten personen-bezogene Daten verarbeiten.

Und, freilich, gilt das auch für die Belange des öffentlichen Rundfunks, wie das BVerfG in Rn. 143 seiner aktuellen Rundfunkentscheidung damit klar zum Ausdruck brachte, daß sich das mit einem Rechtsstreit befasste Gericht in materielles Unionsrecht einarbeiten muß und seine Entscheidung daran und an den Entscheidungen des EuGH zu orientieren hat; siehe hierzu auch

Das Gericht muß materiellem Unionsrecht entsprechen -> 1 BvR 1675/16
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30058.0

Da der Bund mit dem Unionsrecht völkerrechtliche Pflichten begründet hat, siehe im Volltext nachstehend thematisierter EuGH-Entscheidung

EuGH C-357/19 - EWG-Vertrag ist Verfassungsurkunde der Rechtsgemeinschaft EWG/EU
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35841.0

ist es den Gerichten untersagt, eigenmächtig Entscheidungen zu treffen, die mit den Vorgaben des Unionsrechts incl. Unionsgrundrechts nicht vereinbar wären. Hierzu siehe auch

BVerfG 2 BvR 793/07 - Vorlagepflicht, wenn kein zweifelfreies Ergebnis möglich
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36841.0

Wie im Eröffnungsbeitrag dargelegt, muß die Verarbeitung rechtmäßig erfolgen, um überhaupt rechtmäßig zu sein; entzieht der EuGH die Rechtgrundlage, wie für den Fall des Zuverfügungstellens von personen-bezogenen Daten durch Behörden an Wirtschaftsteilnehmer bereits geschehen, ist eine dann doch diesbezüglich erfolgende Datenverarbeitung nicht mehr rechtmäßig und strafrechtlich ahndbar, denn eine Verarbeitung personen-bezogener Daten ohne Rechtsgrundlage ist eine Straftat, wie der Bundesgerichtshof bereits entschied.

BGH 1 StR 32/13 - Verarbeitung pers.bez. Daten ohne Rechtsgrundlage ist Straftat
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35765.0


Unterschriftenaktion: https://online-boykott.de/unterschriftenaktion
Rechtlicher Hinweis: Beiträge stellen keine Rechtsberatung in irgendeiner Form dar. Sie spiegeln ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wider. Weitere Infos: Regeln

  • IP logged  »Letzte Änderung: 26. Februar 2023, 00:16 von Bürger«
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)

Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

 
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