Hinweis:
Die Zitate wurden entsprechend den Erfordernissen farblich anders gekennzeichnet, als sie im Eröffnungsbeitrag dargestellt sind.Rn. 246
Somit hat der Gerichtshof im Urteil vom 15. Juli 1964, Costa (6/64, EU:C:1964:66, S. 1269 bis 1271), den Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts entwickelt, der den Vorrang dieses Rechts vor dem Recht der Mitgliedstaaten begründet. Hierzu hat er festgestellt, dass die Schaffung einer eigenen Rechtsordnung durch den EWG-Vertrag, die von den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit angenommen wurde, zur Folge hat, dass die Mitgliedstaaten weder gegen diese Rechtsordnung nachträgliche einseitige Maßnahmen geltend machen können noch dem aus dem EWG-Vertrag hervorgegangenen Recht Vorschriften des nationalen Rechts gleich welcher Art entgegensetzen können. Andernfalls würde diesem Recht sein Gemeinschaftscharakter aberkannt und die Rechtsgrundlage der Gemeinschaft selbst in Frage gestellt. Außerdem würde es eine Gefahr für die Verwirklichung der Ziele des EWG-Vertrags bedeuten und hätte es eine nach diesem Vertrag verbotene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zur Folge, wenn das Gemeinschaftsrecht je nach der nachträglichen innerstaatlichen Gesetzgebung von einem Staat zum anderen verschiedene Geltung haben könnte.
Die mit Rot hervorgehobene Entscheidung wurde zwischenzeitlich separat thematisiert:
EuGH Rechtssache 6/64 - Auf die Union wurden nachhaltig Hoheitsrechte übertragenhttps://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35842.msg216610.html#msg216610Rn. 247
In Rn. 21 seines Gutachtens 1/91 (EWR-Abkommen – I) vom 14. Dezember 1991 (EU:C:1991:490) hat der Gerichtshof daher festgestellt, dass der EWG-Vertrag, obwohl er in der Form einer völkerrechtlichen Übereinkunft geschlossen wurde, die Verfassungsurkunde einer Rechtsgemeinschaft darstellt und dass die wesentlichen Merkmale der so verfassten Rechtsordnung der Gemeinschaft insbesondere ihr Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten und die unmittelbare Wirkung zahlreicher für ihre Staatsangehörigen und für sie selbst geltender Bestimmungen sind.
Das im Zitat in Rot hervorgehobene Gutachten ist nachstehend verlinkt wie zitiert:
Gutachten des Gerichtshofes vom 14. Dezember 1991.
Gutachten, erstattet auf der Grundlage von Artikel 228 Absatz 1 Unterabsatz 2 EWG-Vertrag - Entwurf eines Abkommens zwischen der Gemeinschaft einerseits und den Ländern der Europäischen Freihandelsassoziation andererseits über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums.
Gutachten 1/91https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A61991CV0001&qid=164027279868821 Dagegen stellt der EWG-Vertrag, obwohl er in der Form einer völkerrechtlichen Übereinkunft geschlossen wurde, nichtsdestoweniger die Verfassungsurkunde einer Rechtsgemeinschaft dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes haben die Gemeinschaftsverträge eine neue Rechtsordnung geschaffen, zu deren Gunsten die Staaten in immer weiteren Bereichen ihre Souveränitätsrechte eingeschränkt haben und deren Rechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch deren Bürger sind (siehe insbesondere Urteil vom 5. Februar 1963 in der Rechtssache 26/62, Van Gend en Loos, Slg. 1963, S. 1). Die wesentlichen Merkmale der so verfaßten Rechtsordnung der Gemeinschaft sind ihr Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten und die unmittelbare Wirkung zahlreicher für ihre Staatsangehörigen und für sie selbst geltender Bestimmungen.
Hinweis: In der Rechtssache 26/62 geht es um Zölle und Abgaben und die Ziele des EWG-Vertrages
EuGH Rechtssache 26/62 - Ziele des EWG-Vertrageshttps://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35843.msg216613.html#msg216613Weitere interessante Aussagen des Gutachtens 1/91.
39 Sieht aber ein internationales Abkommen ein eigenes Gerichtssystem mit einem Gerichtshof vor, der für die Regelung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien dieses Abkommens und damit für die Auslegung seiner Bestimmungen zuständig ist, so sind die Entscheidungen dieses Gerichtshofes für die Organe der Gemeinschaft, einschließlich des Gerichtshofes, verbindlich. Diese Entscheidungen sind auch dann verbindlich, wenn der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung oder im Rahmen einer Klage über die Auslegung des internationalen Abkommens als Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft zu entscheiden hat.
40 Ein internationales Abkommen, das ein solches Gerichtssystem vorsieht, ist grundsätzlich mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Die Zuständigkeit der Gemeinschaft im Bereich der internationalen Beziehungen und ihre Fähigkeit zum Abschluß internationaler Abkommen umfaßt nämlich notwendig die Fähigkeit, sich den Entscheidungen eines durch solche Abkommen geschaffenen oder bestimmten Gerichts zu unterwerfen, was die Auslegung und Anwendung ihrer Bestimmungen angeht.
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