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Pfändung Privat-PKW

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Nichtgucker:
Die Frage der Verhältnismäßigkeit ist interessant.

Angesichts der Tatsache, dass statt der Sachpfändung des PKW's ansonsten zwecks Pfändung in das Vermögen eine entsprechende Auskunft einzuholen gewesen wäre und bei Verweigerung der Angaben die Erzwingungshaft gestanden hätte, erscheint mir die Pfändung des PKW's das mildere Mittel. Die Durchführung der Beugehaft wie z.B. im Falle der Sieglinde Baumann (MDR) oder des Peter Meyer (Radio Bremen) stieß auf große Resonaz in den Medien und auf das Unverständnis vieler Menschen.

Zur Erinnerung zwei Artikel aus 2016 und 2017 hierzu:

Rundfunkbeitrag nicht gezahlt: Frau seit Februar im Gefängnis
https://www.noz.de/deutschland-welt/gut-zu-wissen/artikel/693554/rundfunkbeitrag-nicht-gezahlt-frau-seit-februar-im-gefangnis 


GEZ-Verweigerer: Künftig keine Beugehaft mehr?
https://www.contra-magazin.com/2017/07/gez-verweigerer-kuenftig-keine-beugehaft-mehr/

Bürger:
Aus meiner Sicht dürfte weder PKW-Pfändung noch Erzwingungshaft "verhältnismäßig" sein, wenn ARD-ZDF-GEZ es schließlich nur und ausschließlich ums Geld geht und aufgrund der stetig steigenden Zwangs-Schulden Beträge erreicht werden, bei denen ARD-ZDF-GEZ i.d.R. die gewünschten Vermögensauskünfte - unter Umgehung des Unwilligen - via "Drittauskünfte" einholen und dort (z.B. via Bank-)Pfändung verhältnismäßig "schonend" an das Geld kommen könnten, von dem sie meinen, dass es ihnen zustünde.
Aber was ist bei einer vielfachen, asozialen und grundrechtswidrigen Geldforderung schon "verhältnismäßig"... ???
PS: Wer prüft eigentlich bei PKW-Pfändung, ob der Betroffene nicht ggf. unterhalb der Pfändungsfreigrenze zu existieren versucht?!?

pinguin:

--- Zitat von: Bürger am 03. Januar 2019, 04:24 ---PS: Wer prüft eigentlich bei PKW-Pfändung, ob der Betroffene nicht ggf. unterhalb der Pfändungsfreigrenze zu existieren versucht?!?
--- Ende Zitat ---
Was zur Pfändung ansteht, sollte eigentlich keine Rolle spielen? Die ersuchte Behörde hat dem Vollstreckungsschuldner gegenüber jedenfalls in jedem Stadium der Vollstreckung von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Vollstreckung eingehalten sind. Sagt der BFH in einer hier im Forum schon benannten Entscheidung; welche das genau ist, müsste neu herausgesucht werden.

-> BFH VII B 151/85

siehe auch:

Urteil gesucht- Vollstreckbarkeit gegenüber dem Vollstreckungsorgan
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28772.msg184382.html#msg184382

Dr. Oggelbecher:

--- Zitat von: pinguin am 03. Januar 2019, 16:04 ---
--- Zitat von: Bürger am 03. Januar 2019, 04:24 ---[...]PKW-Pfändung[...]
--- Ende Zitat ---
Was zur Pfändung ansteht, sollte eigentlich keine Rolle spielen? [...]

--- Ende Zitat ---
Natürlich doch. Wer einen Kleinwagen für die tägliche Fahrr zur Arbeit benötigt, dem darf man ihn nicht wegnehmen.


--- Zitat von: Hömig/Wolff, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 11. Auflage 2016: Artikel 20 Abs. 3, Rn. 13 ---Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck kommt eine „die individuelle
Rechts- und Freiheitssphäre verteidigende Funktion zu“ (BVerfGE 81, 338). Er ergibt sich aus
dem Wesen der Grundrechte, die als Ausdruck des allg. Freiheitsanspruchs des Bürgers vom
Staat nur so weit beschränkt werden dürfen, wie es zum Schutze öffentl. Interessen
unerlässlich ist (BVerfGE 19, 348 f.; 77, 334; 113, 162). Daher bildet der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit bei Abwehrrechten eine Grenze für die Beschränkung von Grundrechten
auf Grund von Gesetzesvorbehalten oder kollidierendem Verfassungsrecht (s. ? vor Art. 1 Rn
15). Drei Teilgebote prägen den Grundsatz (BVerfGE 65, 54; 70, 286; 104, 347 ff.; BVerwGE
109, 191): das Gebot der Geeignetheit, das der Erforderlichkeit und das der Angemessenheit.
[...]
Das Gebot der
Angemessenheit, auch als Verhältnismäßigkeit ieS, Übermaßverbot (BVerfGE 67, 178; 90,
173; 105, 36; 113, 260) oder Zumutbarkeit bezeichnet, verlangt, dass der Eingriff in
angemessenem Verhältnis zu Gewicht und Bedeutung des Grundrechts (BVerfGE 67, 173)
und zu den der Allgemeinheit daraus erwachsenden Vorteilen (BVerfGE 76, 51) steht (s.
BVerfGE 65, 54; 83, 19; 102, 20). Notwendig ist danach eine Güterabwägung (BVerfGE 92,
327; 120, 241), bei der den gesetzgeberischen Wertentscheidungen erhebliches Gewicht
zukommt (BVerfGE 92, 350 ff./Sondervotum).
[...]

--- Ende Zitat ---

Obiges bezieht sich aber, so glaube ich, im wesentlichen auf Urteile über den Gesetzgeber. Ob es auch Entscheidungen zu Handlungen der Verwaltung gibt, müsste man durch Analyse der - recht vielen - o.g. BVerfG Entscheidungen studieren. Meiner Vermutung nach haben die in einem Gremium geheim gewählten Richter am BVerfG heimlich versprochen, Beschwerden gegen verfassungswidriges Verwaltungshandeln unbegründet abzuweisen. Es wird daher wohl wenig bis keine Urteile zur Verhältnismäßigkeit von Verwaltungshandeln geben. Ansonsten könnte ein Urteil nur lauten, dass jede Zwangsvollstreckung von Rundfunkbeiträgen immer unverhältnismäßig ist. Egal ob sich das Opfer freiwillig angemeldet hat (was seit 01.01.2013 nicht mehr der Fall sein kann), egal ob das Opfer es sich leisten kann oder nicht.

pinguin:

--- Zitat von: Dr. Oggelbecher am 04. Januar 2019, 16:33 ---Natürlich doch. Wer einen Kleinwagen für die tägliche Fahr zur Arbeit benötigt, dem darf man ihn nicht wegnehmen.
--- Ende Zitat ---
Weiß ich doch; aber letztlich gilt die Unpfändbarkeit für alle Sachen, die zur Erzielung des Einkommens nötig sind. Und insofern ist es egal, ob PKW, Schaf, Pferd oder Fischerboot; werden damit Einkünfte erzielt, unterfallen sie nicht der Pfändung.

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