Vorbemerkung:
Dieser Thread ist im Aufbau befindlich und bleibt mind. bis zu einem vorzeigbaren Zwischenstand geschlossen.
Weitere Quellen (insbesondere gern auch WEB-Links zu den offiziellen Beschlüssen)
bitte per PM am besten an mich = "Bürger" Weiterer wichtiger Hinweis vorab:
Das Forum rät ausdrücklich davon ab, tatsächlich zugegangene Bescheide zu ignorieren.
Aufgrund der hinlänglich bekannten Problematik, dass selbst ein Bestreiten des Zugangs tatsächlich nicht zugegangener Bescheider derzeit (noch) von so ziemlich allen Gerichten abgebügelt wird, kann und wird das Forum allein schon aus Kapazitätsgründen keinerlei Diskussion zu absichtlich ignorierten Bescheiden bieten. Jeder hat es selbst in der Hand...
Siehe hierzu bitte die ausführlichen Hinweise im
"Schnelleinstieg"
Zu allererst bitte hier lesen! Schnelleinstieg, "Erste Hilfe", Hinweise...
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=12292.0hochinstanzliche Urteile bzgl.
Bestreiten/Nachweis der Zustellung/Bekanntgabe (Zugangsfiktion)In Ergänzung zu den bestehenden Threads...
Beschlüsse/ Urteile GEGEN ARD-ZDF-GEZ wg. Vollstreckungen [Sammel-Thread]https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=13703.0mangelhafte Aufklärung über Rechtsmittel i.Z. der Zwangsvollstreckunghttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=13099.0...soll hier eine Sammlung der wichtigsten Entscheidungen entstehen bzgl.
Bestreiten/Nachweis der Zustellung/Bekanntgabe (Zugangsfiktion) von Beitrags-/ FestsetzungsBESCHEIDen entstehen - insbesondere in Hinblick auf
bereits erfolgte Einstellungen/ Aussetzungen von Zwangsvollstreckungsverfahren bei
nicht erfolgter bzw. bestrittener Zustellung der Vollstreckungsgrundlage/ Titel/ Verwaltungsakt/ Bescheid.
Beachte hierbei auch bereits andernorts erwähnte, mitunter bereits höher- bis höchstinstanzliche Urteile insbesondere bzgl.
Nachweis der Bekanntgabe/ Bestreiten des Zugangs etc. u.a. unter
Erfahrungen mit Vollstreckungenhttps://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,7094.msg88692.html#msg88692Ankündigung der Zwangsvollstreckunghttps://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13577.msg92228.html#msg92228Fristwahrung nach Bekanntgabe/ Zustellung - Unzulässigkeit von Anscheinsbeweisenhttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=8721.0Siehe auch aktuell tangierende und immer wiederkehrende Themen unter
Bescheide angeblich "korrekt adressiert & nicht als unzustellbar zurückgesandt"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20955.0
Substantiierte Darlegungen bei Nichtzustellung von Bescheiden
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=18542.0
"ordnungsgemäße Absendevermerke" der Bescheide bei Bestreiten des Zugangs
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20320.0
VERWALTUNGSGERICHTE (VG)
VG HannoverAz. 6 A 844/02
Urteil vom 29.03.2004
Die Vollstreckungsbehörde trägt die materielle Beweislast für die wirksame Bekanntgabe des Leistungsbescheides. Die Bescheinigung der Vollstreckbarkeit durch die um die Vollstreckung ersuchende Stelle ersetzt den Beweis der wirksamen Bekanntgabe des Leistungsbescheides nicht … Wendet sich der Vollstreckungsschuldner im gerichtlichen Verfahren gegenüber der Vollstreckungsbehörde gegen die von ihr getroffene Vollstreckungsmaßnahme, kann er sich ihr gegenüber darauf berufen, ihm sei der Leistungsbescheid nicht bekannt gegeben worden. Kann das Gericht die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Leistungsbescheides tatsächlich nicht feststellen, geht dies zulasten der Vollstreckungsbehörde, die insoweit im Zweifel die materielle Beweislast trägt (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG), auch wenn sie die Vollstreckung lediglich auf Ersuchen durchführt und die ersuchende Stelle ihr gegenüber die Vollstreckbarkeit des Leistungsbescheides bescheinigt hat. Denn mit der Bescheinigung der ersuchenden Stelle übernimmt diese lediglich im Innenverhältnis zur ersuchten Vollstreckungsbehörde die Verantwortung für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen. Im Verhältnis zwischen Vollstreckungsbehörde und Vollstreckungsschuldner kann sich dieser jedoch weiterhin auf das Fehlen der Vollstreckungsvoraussetzungen berufen, zumal diese als die Behörde, die den angegriffenen Verwaltungsakt erlassen hat, die einzig richtige Beklagte … und von daher prozessual verantwortlich für das vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen ist (BFH, Beschluss vom 04.07.1986 – VII B 151/85 – NvWZ 1987, S. 535).
VG Hannover vom 29.03.2004 (6 A 844/02) - oder die Briefe sind nie angekommenhttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=10210.0
OBERVERWALTUNGSGERICHTE (OVG)
OVG Nordrhein-Westfalen (Münster)
Az. 19 A 1863/06
Urteil vom 29.04.2008
https://dejure.org/2008,8703Volltext
https://openjur.de/u/130378.htmlRd. Nr. 44
Der zwischen den Beteiligten umstrittene Zugang des Bescheides des Beklagten vom 2. Juni 1998 gibt dem Senat Veranlassung zu folgenden ergänzenden Hinweisen: Jedenfalls dann, wenn der Zugang eines Bescheides als solcher streitig ist, es also nicht lediglich um die Frage des Zeitpunktes des Zugangs geht, sind an die Substantiierung des (schlichten) Bestreitens im Rahmen der Bekanntgabevermutung des § 41 Abs. 2 VwVfG NRW keine weiteren Anforderungen zu stellen. Abgesehen davon kommt der Beweis des ersten Anscheins in diesem Zusammenhang nur dann in Betracht, wenn der nach der Lebenserfahrung bestimmte Folgen auslösende typische Sachverhalt, zu dem die Absendung des jeweiligen Bescheides gehört, feststeht. Davon ist in der Regel nicht allein im Hinblick darauf auszugehen, dass der in Rede stehende Bescheid mit einem "Ab-Vermerk" versehen und/oder sein Erlass im entsprechenden Teilnehmerkonto dokumentiert ist.
Zudem lässt allein das Fehlen eines postalischen Rücklaufs und/oder die Tatsache, dass den Adressaten andere Postsendungen der Behörde erreicht haben, nicht mit hinreichender Sicherheit darauf schließen, dass ihn ein mit einfachem Brief versandter Bescheid tatsächlich erreicht hat; es kann vielmehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung, nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Briefsendungen auf dem Postweg verloren gehen.
BUNDESFINANZHOF (BFH)
...seit knapp 60 Jahren die ständige Rechtsprechung des BFH (Auszüge)
BFHAz. X R 35/08
Urteil vom 29.04.2009
https://dejure.org/2009,5697Volltext
https://openjur.de/u/159201.html>>> wird u.a. zitiert von
BVerwG Az. 9 C 19.15 vom 15.06.2016
siehe weiter unten in diesem Thread!
BFHAz. X B 11/08
Beschluss vom 14.02.2008
https://dejure.org/2008,11862Volltext
http://www.jusmeum.de/urteil/bfh/43f022aa73099d504cd67c28d39a9f37a08d81e5d9ca2852df1be85830856015>>> wird u.a. zitiert von
BVerwG Az. 9 C 19.15 vom 15.06.2016
siehe weiter unten in diesem Thread!Rd.Nr. 4 ff.
In diesem Zusammenhang weist der angerufene Senat darauf hin, dass es --soweit ersichtlich-- einmütiger Auffassung entspricht, dass
- der Adressat eines schriftlichen Verwaltungsakts, der den Zugang des Schriftstücks überhaupt bestreitet, nicht substantiiert vortragen muss, warum ihn die Sendung nicht erreicht hat. Er ist hierzu objektiv nicht in der Lage (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. Dezember 1974 V R 111/74, BFHE 114, 176, BStBl II 1975, 286);
- der Finanzbehörde der volle Beweis für den Zugang des schriftlichen Verwaltungsakts auch dann obliegt, wenn der Nichtzugang erst nach Jahren geltend gemacht wird (BFH-Urteil vom 14. März 1989 VII R 75/85, BFHE 156, 66, BStBl II 1989, 534);
- dieser Beweis auf Indizien gestützt und im Wege der freien Beweiswürdigung geführt werden kann. Bestimmte Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums nach Absendung des Steuerbescheids können im Zusammenhang mit dem Nachweis der Absendung des Bescheids vom FG dahingehend gewürdigt werden, dass --entgegen der Behauptung des Steuerpflichtigen-- von einem Zugang des Bescheids ausgegangen wird (BFH-Urteil in BFHE 156, 66, BStBl II 1989, 534);
- auf den sog. Anscheinsbeweis, der auf einen typischen, nicht aber auf den tatsächlichen Geschehensablauf abstellt, der Zugangsbeweis nach § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung hingegen nicht gestützt werden kann (BFH-Urteil vom 15. September 1994 XI R 31/94, BFHE 175, 327, BStBl II 1995, 41).
BFHAz. VII B 101/98
Beschluss vom 27.10.1998
https://dejure.org/1998,2445Volltext
https://research.wolterskluwer-online.de/document/546f8c19-7fa7-4dd1-a8c0-a5049715926b
BFHAz. X R 27/92
Urteil vom 23.02.1994
https://dejure.org/1994,28990Volltext
https://research.wolterskluwer-online.de/document/1e38845b-00a7-49f3-861d-2c3f68947434Rn. 8
Zur Begründung führte es aus, für den Nachweis des Zugangs gälten, wenn der Steuerpflichtige den Zugang überhaupt bestreite, die allgemeinen Beweisregeln. Nach § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) trage die Behörde, auch wenn es um den Zugang mehrerer Bescheide gehe, für den Zugang jedes einzelnen Bescheides die Beweislast. Auch wenn, wie im Streitfall, an vier verschiedenen Zeitpunkten sechs zutreffend adressierte Bescheide abgesandt worden seien und deshalb eher unwahrscheinlich sei, daß von diesen Bescheiden keiner den Empfänger erreicht habe, verbiete sich die Anwendung des Anscheinsbeweises für den Nachweis des Zugangs bestimmter Schriftstücke.
Rn. 11f.
Zutreffend geht das FG davon aus, daß die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 AO 1977 bei Zweifeln über den Zugang der Steuerbescheide nicht gilt, und deshalb das FA den Zugang der Schriftstücke nachweisen muß.
[...]
Das FG hat sich für die Annahme, das FA habe den Zugang der streitigen Einkommensteuerbescheide nicht nachweisen können, auf die Aussage der Kläger sowie darauf gestützt, daß weder die Absendevermerke des Sachbearbeiters noch die Niederschriften über die beiden Pfändungsversuche am 13. März 1985 und am 8. Januar 1986 geeignet waren, Zweifel über den tatsächlichen Zugang der Steuerbescheide zu beseitigen. Insoweit zutreffend geht das FG davon aus, daß weder der Absendevermerk noch die Niederschrift über die Vollstreckungsversuche geeignet waren, Zweifel am Zugang der Einkommensteuerbescheide auszuräumen.
BFHAz. VII R 75/85
Urteil vom 14.03.1989
https://dejure.org/1989,20Volltext
https://research.wolterskluwer-online.de/document/2611e549-54c1-4c6d-b5c7-a47bef37aadd>>> wird u.a. zitiert von
BVerwG Az. 9 C 19.15 vom 15.06.2016
siehe weiter unten in diesem Thread!Auch zu
Anscheinsbeweis/ Indizienbeweis/ typischer GeschehensablaufRN 16
Nach § 122 Abs. 2 AO 1977 trägt eindeutig die den Verwaltungsakt absendende Behörde die Beweislast für den Zugang des Verwaltungsakts. Sie hat im Zweifel den Zugang des Verwaltungsakts zu beweisen. Dieser klaren Regelung des Gesetzes widerspricht es, wenn der Nachweis der Posteinlieferung auf erste Sicht als ausreichend angesehen wird und anschließend vom Steuerpflichtigen als Empfänger des Verwaltungsakts verlangt wird, er solle "diesen Anschein" entkräften durch den in der Regel gar nicht zu führenden Beweis der negativen Möglichkeit (negativa non sunt probanda), daß ihm die Sendung nicht zugegangen ist. Auf diese Weise würde das von der Behörde als Absender zu beweisende gesetzliche Erfordernis des Zugangs (§ 122 Abs. 2 AO 1977) praktisch durch den bloßen Nachweis der Absendung ersetzt; denn der Empfänger kann in der Regel nicht substantiiert einen anderen, atypischen Geschehensablauf darlegen (so im Ergebnis auch BFH-Urteile vom 23. September 1966 III 226/63, BFHE 87, 203, BStBl III 1967, 99; vom 5. Dezember 1974 V R 111/74, BFHE 114, 176, BStBl II 1975, 286; und vom 8. Dezember 1976 I R 240/74, BFHE 121, 142, BStBl II 1977, 321, III 1 a bb der Gründe).
RN 17
Zu einer derartigen Lockerung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Nachweis des Zugangs besteht kein Anlaß. Will die Behörde Streit darüber vermeiden, ob ein abgesandter schriftlicher Verwaltungsakt auch angekommen ist, so kann sie den Verwaltungsakt förmlich zustellen oder die Form des Einschreibens mit Rückschein wählen (vgl. auch BFHE 87, 203, BStBl III 1967, 99). Selbst die Verwendung eines einfachen Einschreibens läßt einen im Regelfall ausreichenden Beweis des Zugangs zu, weil die vom Empfänger quittierte Ablieferung der Postsendung bei der Post drei Jahre aufbewahrt wird. Somit stehen der Behörde ausreichende Mittel zur Verfügung, den ihr obliegenden Beweis des Zugangs von vornherein sicherzustellen. Macht sie von diesen Mitteln keinen Gebrauch, so trägt sie nach der gesetzlichen Regelung die Gefahr dafür, daß der Verwaltungsakt nicht ankommt oder sie den Zugang nicht beweisen kann. Für den Steuerpflichtigen als Empfänger wäre es, selbst wenn er einen atypischen Geschehensablauf nicht beweisen, sondern nur glaubhaft machen müßte, eine unbillige Zumutung, über den Verbleib der nicht angekommenen Postsendung Nachforschungen anzustellen. Solche Nachforschungen sind Sache der Behörde.
BFHAz. VII B 151/85
Beschluss vom 04.07.1986
https://dejure.org/1986,1830Volltext
https://research.wolterskluwer-online.de/document/91aa0112-a3c5-40db-ae83-49fc3af815a6http://www.bfh.simons-moll.de/bfh_1986/XX860731.HTMRn. 8ff.
Voraussetzung für Einleitung einer Vollstreckung nach dem VwVG ist, daß ein Leistungsbescheid ergangen ist, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist (§ 3 Abs. 2 Buchst. a VwVG). Daraus ergibt sich, daß die Rechtmäßigkeit einer Vollstreckung und damit auch einer in deren Rahmen getroffenen Vollstreckungsmaßnahme vom Erlaß eines Leistungsbescheids im vorgenannten Sinne abhängig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muß, da sie Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Vollstreckung ist, in jedem Stadium der Vollstreckung von Amts wegen geprüft werden. Eine Vollstreckungsmaßnahme ist aufzuheben, wenn es an einem wirksamen Leistungsbescheid fehlt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 30. März 1976 VII R 94/75, BFHE 118, 533, BStBl II 1976, 581).
Die Entscheidung, ob ein Leistungsbescheid im vorgenannten Sinne ergangen ist, wird nicht dadurch entbehrlich, daß die um Vollstreckung ersuchende Behörde der ersuchten Behörde mitteilt, ein Leistungsbescheid mit Zahlungsaufforderung sei ergangen. Da der Leistungsbescheid Voraussetzung für die Einleitung einer Vollstreckung ist, hängt deren Rechtmäßigkeit und damit die Rechtmäßigkeit der einzelnen Vollstreckungsmaßnahme davon ab, daß ein Leistungsbescheid tatsächlich wirksam ergangen ist. Demnach reicht es nicht aus, daß der Erlaß des Bescheids lediglich zugesichert wird.
[...]
Da der Erlaß eines Leistungsbescheids Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung ist, kann die Berufung auf das Fehlen eines Leistungsbescheids auch nicht als Einwendung gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt i. S. des § 256 AO 1977 angesehen werden, der nach § 5 Abs. 1 VwVG anwendbar ist.
Zum Erlaß eines Leistungsbescheids ist erforderlich, daß er bekanntgegeben wird (vgl. § 3 Abs. 2 Buchst. c VwVG; BFHE 118, 533, BStBl II 1976, 581). Die Bekanntgabe erfordert den Zugang des Leistungsbescheids, den in Zweifelsfällen die Verwaltung nachzuweisen hat; zur Begründung dieser Nachweispflicht reicht es grundsätzlich aus, daß der Zugang schlechthin bestritten wird (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Dezember 1976 I R 240/74, BFHE 121, 142, 147, BStBl II 1977, 321, und vom 12. August 1981 I R 140/78, BFHE 134, 213, BStBl II 1982, 102).
[...]
BFHAz. I R 240/74
Urteil vom 08.12.1976
https://dejure.org/1976,232Volltext
https://research.wolterskluwer-online.de/document/73b502aa-a3d3-4d43-8b11-61ad4408c160Hier in Bezug auf (augenscheinlich eine ältere Version)
Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG)http://www.gesetze-im-internet.de/vwzg_2005/im Endeffekt aber aufgrund gleicher/ ähnlicher Formulierungen wohl prinzipiell auch übertragbar auf
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)http://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/§ 41 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes
http://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__41.html22
aa) Wird - wie hier - im Besteuerungsverfahren die Zustellung von schriftlichen Bescheiden dadurch ersetzt, daß die Bescheide dem Empfänger durch einfachen Brief verschlossen zugesandt werden, so gilt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, daß das zuzusendende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 17 Abs. 2 VwZG). Darin liegt - entgegen der Ansicht des Klägers - keine Fiktion, sondern - wie die Worte "es sei denn" deutlich machen - lediglich eine widerlegbare Vermutung. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Schriftstücks und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
Damit stehen den Erleichterungen dieses Übermittlungsverfahrens für die Finanzbehörde die Erschwernisse beim Nachweis des Zugangs und des Zeitpunkts des Zugangs gegenüber. Risiken, die naturgemäß mit dem vereinfachten Übermittlungsverfahren nach § 17 VwZG verbunden sind, trägt die Behörde.
23
bb) Dem Adressaten stehen alle Möglichkeiten offen, den Nichtzugang, den Zugang erst nach Ablauf der Dreitagesfrist oder die Unrichtigkeit des vom FA vermerkten Postaufgabedatums geltend zu machen. Bestreitet der Adressat den Zugang des Schriftstücks überhaupt, so bedarf dieses Bestreiten in der Regel keiner näheren Substantiierung. Behauptet der Adressat, der vom FA vermerkte und der tatsächliche Tag der Aufgabe zur Post wichen voneinander ab, oder macht er geltend, das Schriftstück sei erst nach Ablauf der Dreitagesfrist zugegangen, so muß er sein Vorbringen allerdings durch nähere Angaben (Poststempel, Briefumschlag, Eingangsvermerk) substantiieren (vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1966 III 226/63, BFHE 87, 203, BStBl III 1967, 99). Eine Mitwirkungspflicht des Adressaten in diesem engen Rahmen ist indessen sachlich gerechtfertigt, weil die Umstände, die der Adressat gegebenenfalls darlegen muß, in seinem Kenntnisbereich liegen. Eine Umkehrung der Beweislast liegt darin nicht.
BFHAz. III 226/63
Urteil vom 23.09.1966
https://dejure.org/1966,265Volltext
https://research.wolterskluwer-online.de/document/738000e7-4fd1-4fec-883b-493ad8db5f3aRn14
[...] Auch hier, [...] stand nicht der Zugang überhaupt, sondern der Zeitpunkt des Zuganges zur Erörterung. In diesen Fällen ist es dem Steuerpflichtigen möglich, die Vermutung des Eingangs innerhalb dreier Tage substantiiert zu bestreiten und die Verspätung durch nähere Angaben (Poststempel des Briefumschlages, Eingangsvermerk, Zeugen) zu beweisen oder glaubhaft zu machen.
Wenn der in Frage stehende Brief aber überhaupt nicht zugegangen ist, bleibt dem Steuerpflichtigen nichts anderes übrig, als den Eingang zu bestreiten. Ein alter Rechtssatz lautet: "negativa non sunt probanda". Wenn das FA jeden Zweifel am Zugang ausschließen will, muß es die Entscheidung mit Postzustellungsurkunde zustellen. Die vereinfachte Zustellung im Besteuerungsverfahren nach § 17 VwZG steht als Kann-Vorschrift im Belieben der Behörde; diese muß daher grundsätzlich das Risiko der vereinfachten Zustellung, insbesondere bei Bestreiten des Zugangs, tragen. Wenn die Zustellung im Besteuerungsverfahren durch Zusendung eines einfachen Briefes gemäß § 17 VwZG erfolgt, besteht gegenüber dem den Empfang bestreitenden Steuerpflichtigen keine gesetzliche Vermutung über den Zugang des Briefes.
[...]
Edit "Bürger" 18.06.2020 aus
Vollstr.-Einstellg. wg. fehl. Voraussetz./ fehl. Zugangsnachw. von Briefpost
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33720.0
BFH, Urteil vom 31. Mai 2005 - I R 103/04
https://dejure.org/2005,1723
https://lexetius.com/2005,1599
https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/168503/
BFH, Beschluss vom 06. Juli 2011 - III S 4/11
https://dejure.org/2011,13501
https://openjur.de/u/614758.htmlEdit "Bürger": Gesammelte Link-Auswahl zum Thema
hochinst. Urteile > Bestreiten/Nachweis Zustellung/Bekanntgabe (Zugangsfiktion)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=13736.0
BVerwG > Bestreiten des Zugangs eines Verwaltungsaktes durch Nichtwissen
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=23163.0
Vollstr.-Einstellg. wg. fehl. Voraussetz./ fehl. Zugangsnachw. von Briefpost
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33720.0
OVG: bestrittene Mahnung nicht in Postabgang > vorl. Unterlassg. d. Vollstreckg.
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=18548.0
"ordnungsgemäße Absendevermerke" der Bescheide bei Bestreiten des Zugangs
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20320.0
Bescheide angeblich "korrekt adressiert & nicht als unzustellbar zurückgesandt"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20955.0
Substantiierte Darlegungen bei Nichtzustellung von Bescheiden
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=18542.0
Aushebelung der Zugangsfiktion durch die AGB der Deutschen Post
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28563.0
BGH I ZB 64/14 > "Bescheide sind für die zwangsweise Beitreibung erforderlich"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=21315.0
Anwendung des BGH-Beschlusses vom 11.6.15 bei Vollstreckung ohne Bescheid
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=15970.0
Nicht erhalt. Bescheide/ verjährte Gebühren/ Rechtsansicht VG Stgt, VGH Manh
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=25689.0
Verwaltungsvollstreckung - Rechtsschutz bei fehlendem Bescheid/ Verwaltungsakt?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=17623.0
AG Riesa/ AG Dresden > fehlender Bescheid > §766 ZPO oder §40 VwGO? AG oder VG?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=13609.0
LG Tübingen, Beschluss vom 29.08.2019 - 5 T 192/19 (Zustellungserfordernis)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=32514.0