23) Der Versuch, die Gesamtschuldnerschaft auszuhebeln um Beitragsbefreiungen unwirksam zu machen - Darstellung anhand der Formulare "Antrag auf Befreiung" und "Abmeldung der Wohnung"
Vorab: Die Gesamtschuldnerschaft einer Wohnung (alle volljährigen Inhaber) wirft rechtliche Probleme auf, wenn sie sich teils aus Personen zusammensetzt, die nach RBStV zahlungspflichtig sind und welchen, die Befreiungstatbestände aufweisen. Es handelt sich dabei dann um eine gestörte Gesamtschuldnerschaft, bei der nicht geregelt ist, ob der volle Rundfunkbeitrag eingefordert werden kann oder nur der rechnerische Bruchteil der zahlungspflichtigen Personen. (Für Weiteres siehe unten "Beispiel" oder bitte selber googeln "gestörte Gesamtschuld")
Bei dem
Antrag auf Befreiung bleibt ein Gesamtschuldner Teil der Gesamtschuldnerschaft bzw. wird es sogar erst, wenn es ein Erstkontakt mit dem Beitragsservice ist.
Zitat Infoblatt zum Antrag auf Befreiung:
"Sind Sie bisher noch nicht bei dem Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio angemeldet, gilt Ihr Antrag gleichzeitig als Anmeldung der Wohnung"
Bei der
Abmeldung einer Wohnung tritt ein Gesamtschuldner aus einer Gesamtschuldnerschaft aus, da er dann nicht mehr Inhaber der Wohnung ist.
(Anm.Mod. seppl.: Das Formular ist nicht mehr im Umlauf! 16.01.2018)Nun ist es aber so, dass gerade in
diesem Abmeldeformular der Punkt
"Ein Familienangehöriger/Mitbewohner zahlt bereits Rundfunkbeiträge für die Wohnung" aufgeführt wird, der auch oder gerade dann gilt, wenn der Gesamtschuldner Inhaber der Wohnung bleibt. Er bleibt mit der Inhaberschaft der Wohnung Teil der Gesamtschuldnerschaft. Es handelt sich rechtlich also um eine Befreiung, die im "Antrag auf Befreiung" aufgeführt sein müsste. Warum also trotzdem in einem
Abmeldeformular?
Antwort: Die gestörte Gesamtschuld ist als unlösbares und damit unerwünschtes Problem erkannt worden. Mit dieser Vorgehensweise wird versucht, die Gesamtschuldnerschaft zu umgehen und mit unlauteren Mitteln einen Einzelschuldner zu erzeugen,
der dann alleine für den vollen Rundfunkbeitrag haftet, indem man die anderen Mitbewohner auffordert, sich formell abzumelden (nicht zu befreien)! Mit dem zu Unrecht erzeugten Einzelschuldner wird es dann naturgemäß keine Probleme mit einer "gestörten Gesamtschuld" im Innenverhältnis der Zusammenwohnenden geben können.
Dass Mitbewohner sich aus einer Wohnung abmelden können, obwohl sie Inhaber der Wohnung bleiben, ist widersinnig und nicht im RBStV geregelt.
Praktisches Beispiel zur Problematik der gestörten Gesamtschuld:Situation1:Die Personen A und B wohnen unverheiratet zusammen. A und B sind beide voll zahlungspflichtig.
B zahlt den Rundfunkbeitrag für die Gesamtschuldnerschaft (für A und B) nach aussen an die Landesrundfunkanstalt.
B kann nun im Innenverhältnis der Gesamtschuldnerschaft (zwischen A und B) hälftig den Rundfunkbeitrag von A zurückfordern. A und B haben also jeweils eine Belastung von 8,50 monatlich. Das wird nach BGB so gehandhabt und ist so auf unteilbare Abgaben übertragbar.
Situation 2 (gestörte Gesamtschuld):Die Personen A1 und B1 wohnen unverheiratet zusammen. A1 ist aus gesundheitlichen Gründen freigestellt vom Rundfunkbeitrag.
B1 zahlt den Rundfunkbeitrag für die Gesamtschuldnerschaft (für A1 und B1) nach aussen an die Landesrundfunkanstalt.
Müsste B1 nun den vollen Rundfunkbeitrag zahlen, könnte er im Innenverhältnis aufgrund der Freistellung von A1 den Anteil
nicht zurückfordern.
Die Frage ist nun, wer trägt die Schuld von A1? A1 kann sie nicht tragen, da freigestellt. B1 könnte sie tragen, das wäre aber ungerecht, da er ja gar keinen Einfluss auf die Situation von A1 hat und ausserdem eine Ungleichbehandlung mit Person B aus Situation1 stattfinden würde.
Da sowohl die Zahlungspflicht als auch die Freistellung gesetzlich geregelt wurde, bleibt als Belastungsträger nur die Landesrundfunkanstalt übrig. Im BGB wird es wirklich so gehandhabt, dass bei ähnlich gelagerten Fällen der Gläubiger auf einen Anteil der Zahlung verzichten muss.
Person A muss also garnicht zahlen und Person B 8,50 Euro.
In Anbetracht dessen, dass es zuhauf Fälle gibt, in denen "gemischte" Wohngemeinschaften existieren ( Man stelle sich vor, 4 Bafög Studenten wohnen mit einem Zahlungspflichtigen zusammen - Unterschied 17,50 Euro oder 3,50 für den Zahlenden) ist diese Situation natürlich unerwünscht bei der Geldeintreibung.
Vorteilhaft für die ungestörte Geldeintreibung - bis hin zu Vollstreckungsmaßnahmen - ist also eine Fokussierung in der Gestalt, dass eine Gesamtschuldnergemeinschaft durch einen zahlungspflichtigen Einzelschuldner ersetzt wird. Das ist natürlich völlig rechtswidrig, aber es ist schwer zu erkennen.
Weitere Beiträge zum Thema "Gesamtschuld" siehe Link-Sammlung unter
[Übersicht] Gesamtschuldnerschaft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,29680.0.html