Drei grundlegende Prinzipien der Finanzverfassung begrenzen die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben (vgl. BVerfGE 93, 319 <342 f.>; 108, 1 <16 f.>; 108, 186 <215 f.>; 110, 370 <387 f.>):
- Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben - über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle - einer besonderen sachlichen Rechtfertigung.
Sie müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden.-
Die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe muss der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung tragen. Der Schuldner einer nichtsteuerlichen Abgabe ist regelmäßig zugleich Steuerpflichtiger und wird schon als solcher zur Finanzierung der Lasten herangezogen, die die Gemeinschaft treffen. Neben dieser steuerlichen Inanspruchnahme bedürfen nichtsteuerliche Abgaben, die den Einzelnen zu einer weiteren Finanzleistung heranziehen, einer besonderen Rechtfertigung aus Sachgründen.
- Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 1 GG) ist berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe außerhalb des Budgets organisiert. Der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts zielt darauf ab, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass das Parlament in regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält. Nur so können Einnahmen und Ausgaben vollständig den dafür vorgesehenen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren unterworfen werden.
Wer ist überhaupt steuerpflichtig?- Die Personen, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben, unterliegen den deutschen Einkommensteuer und sind unbeschränkt steuerpflichtig.
- Nach § 8 der Abgabeordnung (AO) hat jemand seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter solchen Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
StatistikEinkommensteuerpflichtige einschließlich nichtveranlagte Steuerpflichtige
* nach Größenklassen des Gesamtbetrags der Einkünfte
Insgesamt(Jahr 2010):
38 706 068*Zusammen veranlagte Steuerpflichtige werden als ein Steuerpflichtiger gezählt.
Quelle:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/Steuern/LohnEinkommensteuer/Tabellen/DreijLohnEinkommensteuerstatistik.htmlHaushalte nach Haushaltsgrößen
Insgesamt(Jahr 2014):
40 223 000Quelle:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/LangeReihen/Bevoelkerung/lrbev05.htmlEnde 2014 waren mehr als 2,53 Millionen Wohnungen in Deutschland von den Gebühren befreit.
Anzahl Beitragszahlerkonten(Jahr 2014):
44 500 000Quelle:
https://www.rundfunkbeitrag.de/e175/e1691/Geschaeftsbericht_2014.pdf
Wohnkosten: Jede fünfte Person fühlt sich belastetFast jede fünfte Person (18 %) in Deutschland fühlte sich 2013 nach eigener Einschätzung durch ihre monatlichen Wohnkosten
wirtschaftlich stark belastet. Unter der von Armut betroffenen Bevölkerung traf das mit 30 % sogar auf fast jede dritte Person zu. Gegenüber 2008 hat sich die Belastung nach Einschätzung der befragten Haushalte damit etwas verringert (2008 insgesamt: 24 %; armutsgefährdet: 36 %).
Quelle:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Wohnen/Aktuell_EU_SILC.html
Ist der neue Rundfunkbeitrag verfassungswidrig, weil er die Allgemeinheit der Steuerzahler belastet?1.Die Verfassungsmäßigkeit der Flugsicherheitsgebühren
Die gesetzliche Kostenregelung sei auch verfassungsmäßig. Sie sei in formeller Hinsicht von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Luftverkehr nach Art. 73 Nr. 6 GG gedeckt. Die Gebührenregelung genüge auch den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG und der Wesentlichkeitstheorie. Die Flugsicherheitsgebühr widerspreche nicht dem grundgesetzlichen Abgabensystem. Denn die Flugsicherheitsgebühr knüpfe an eine individuell zurechenbare Leistung des Staates, die Sicherheitskontrolle, an. Die Flugsicherheitsgebühr verstoße auch in materieller Hinsicht nicht gegen das Grundgesetz. Es sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, daß der Gesetzgeber die Kosten der Sicherheitskontrolle den Fluggästen und den Fluggesellschaften aufbürde. Denn diese hätten durch die Sicherheitsmaßnahmen einen besonderen Vorteil. Soweit auch die Allgemeinheit einen Vorteil aus der Sicherheitskontrolle im Flughafenbereich habe, werde dies dadurch berücksichtigt, daß keine gebührenmäßige Umlegung der übrigen Sicherheitskontrollen (Geländeüberwachung, Polizeieinsätze etc.) erfolge.Quelle:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1998/08/rk19980811_1bvr127094.html2."BVerfGE 91, 186 - Kohlepfennig"- Urteil (Der Kohlepfennig war ein Preisaufschlag auf die Strompreise der Energieversorgungsunternehmen in Deutschland zur Finanzierung des Steinkohleabbaus in Deutschland.)
Die Ausgleichsabgabe belastet private Haushalte ebenso wie gewerbliche Verbraucher, die private ebenso wie die öffentliche Hand. Gemeinsam ist den Abgabeträgern nur der Stromverbrauch. Die bloße Nachfrage nach dem gleichen Wirtschaftsgut aber formt die Verbraucher nicht zu einer Gruppe, die eine Finanzierungsverantwortlichkeit für eine bestimmte Aufgabe träfe. Die Nachfrage mag Anknüpfungspunkt für eine Verbrauchsteuer sein, taugt aber nicht als Grundlage für eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit, die den Nachfrager für eine bestimmte struktur-, arbeitsmarkt- und energiepolitische Sicherung in Pflicht nimmt.
Der Kreis der Stromverbraucher ist somit nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der Steuerzahler auf. Die mit einer BVerfGE 91, 186 (205)BVerfGE 91, 186 (206)Sonderabgabe eingeforderte Finanzverantwortung findet keine homogene Gruppe vor, deren gemeinsame Interessenlage eine besondere Sachnähe zur Kohleverstromung begründete. Die Art der Stromproduktion ist für die Stromverbraucher unerheblich; ihr paralleles Interesse zielt eher auf die Sicherheit der jeweils individuellen Versorgung als Reflex der allgemeinen Versorgungssicherheit. Die Sicherstellung der Strom- oder Energieversorgung aber ist ein Interesse der Allgemeinheit, das deshalb als Gemeinlast - durch Steuer - finanziert werden muß. http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv091186.html
Stromrechnung wird meistens pro "Wohnung" bezahlt = Der Rundfunkbeitrag wird pro "Wohnung" bezahlt.
Es sind jedoch nicht beliebig viele Anknüpfungspunkte denkbar. Deren Anzahl ist vielmehr bei Beachtung des Grundsatzes der Belastungsgleichheit begrenzt. An denselben Anknüpfungspunkt kann aber nicht mehrmals mit verschiedenen Abgaben, die sich nur in der Bestimmung über die Mittelverwendung unterscheiden, angeknüpft werden. Materiell wäre dies als eine Erhöhung der entsprechenden schon bestehenden Steuer anzusehen.
Der Spielraum wird auch durch die Annahme eines "Steuererfindungsrechts" des Bundes oder der Länder nicht größer, da auch eine "neu erfundene" Steuer einen bisher nicht verwendeten Anknüpfungspunkt benötigt.Quelle: Transfergerechtigkeit und Verfassung: Die Finanzierung der Rentenversicherung im Steuer- und Abgabensystem und im Gefüge der staatlichen Leistungen (Jus Publicum)
Wenn öffentlich-rechtliche Rundfunkdarbietungen bei bestehendem Grundversorgungsauftrag ein Kollektivgut darstellen, dann wäre der Weg frei für ÖRR-Steuer.