Wie angedroht, hier der Text zur Staatsferne des WDR. Viel Spaß beim Lesen.
Das Bundesverfassungsgericht fordert vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk und damit auch vom Beklagten – u. a. im Urteil vom 12. März 2008, 2 BvF 4/03, dort vor allem Absatz 92 – Staatsfreiheit und Staatsferne. In diesem Urteil heißt es u. a.:
„Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fordert zudem die Staatsfreiheit des Rundfunks, die es ausschließt, dass der Staat unmittelbar oder mittelbar eine Anstalt oder Gesellschaft beherrscht, die Rundfunksendungen veranstaltet.“
Diese Staatsfreiheit und Staatsferne ist beim Beklagten nicht gegeben:
a) Der Rundfunkrat des Beklagten hat (siehe
http://www.wdr.de/unternehmen/gremien/rundfunkrat/mitglieder_11_rr.jsp) 48 stimmberechtigte Mitglieder, hiervon entsendet allein der Landtag NRW 14 Mitglieder. Rechnet man die von ganz oder großteils direkt oder indirekt staatlich finanzierten anderen „beauftragten Organisationen“ und die von Lobbyorganisationen Staatsbeschäftigter gestellten Mitglieder (Evangelische Kirche, Katholische Kirche, jüdische Verbände, Beamtenbund, Kommunalvertretungen, Wohlfahrtsverbände, Familienverbände, Landessportbund, Verbraucherzentrale, Landesjugendring, Vereine für Denkmalpflege, Sozialverbände, Landesmusikrat, Volkshochschulenverband, Landesrektorenkonferenzen) – insgesamt 15 – hinzu, haben staatliche und aufgrund ihres Finanzierungsmodells zwangsläufig staatsnahe Organisationen eine strukturelle Mehrheit von 29 Mitgliedern gegenüber 19 Mitgliedern ohne diesen staatsnahen Hintergrund.
Beweis:
Zeugnis eines instruierten Vertreters jeder im Rundfunkrat vertretenen Organisation, ladungsfähige Anschriften können bei Bedarf durch den Kläger recherchiert und nachgereicht werden.
b) Im Verwaltungsrat des Beklagten (siehe
http://www1.wdr.de/unternehmen/gremien/verwaltungsrat/verwaltungsrat102.html) ist das Bild nicht anders – von dessen 9 Mitgliedern werden 7 vom Rundfunkrat gewählt (wer dort vorrangig gewählt wird und wer nicht, kann man an den Mehrheitsverhältnissen im Rundfunkrat ablesen, siehe unter a) und 2 vom Personalrat des Beklagten entsandt.
c) Ergänzend wird angemerkt, dass der auf der Homepage des Beklagten veröffentlichte Anspruch des Rundfunkrats (dort heißt es: „Alle bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen sollen im Gesamtprogramm angemessen zu Wort kommen können. Deshalb findet man im Rundfunkrat Menschen jeden Alters, aus den verschiedensten Gruppen und Vereinen. Denn so vielfältig wie das Programm des WDR sind auch die Mitglieder im Rundfunkrat.“), Pluralismus und Vielfalt abzubilden, durch die Zusammensetzung des Rundfunkrats gerade nicht erfüllt wird:
– Zwar sind dort viele religiöse Organisationen vertreten, nicht aber dezidiert atheistische Positionen.
– Bei einer Organisation, die durch Zwangsleistungen (gleich welcher Art) der Bürger finanziert wird, sollte man eine angemessene Vertretung der Interessen der Steuer- und Abgabenzahler erwarten können, der Bund der Steuerzahler ist aber im Rundfunkrat nicht vertreten.
– Stellt man in Bezug auf die gesellschaftliche Relevanz einer Gruppe oder Organisation auf deren Mitgliederanzahl ab, fehlt im Rundfunkrat bspw. auch der ADAC, der mit über 18 Mio. Mitgliedern der größte Verein Deutschlands ist.
d) Ergänzend – auch wenn es nicht den Beklagten betraf – wird auf den Prozess der Findung und Ernennung des jetzigen ZDF-Intendanten, der von massiver Einflussnahme der Politik und der Parteien mehr als geprägt war – hingewiesen. Staatsferne sieht anders aus.
Daraus ergibt sich, dass die Gremien des Beklagten mehrheitlich staatsnah be-setzt sind und von staatlichen bzw. staatsnahen Organisationen beherrscht werden; deren Vertreter können schon aus (eigen-) wirtschaftlichen Erwägungen heraus keine „staatsunfreundlichen“ Entscheidungen treffen.
Der Beklagte erfüllt insoweit nicht die Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht für einen Träger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordert, er ist also formal kein Träger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und daher auch nicht befugt, einen wie auch immer gearteten Zwangsbeitrag zu seiner Finanzierung zu erheben.