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Autor Thema: Müssten alle Rundf.-untern. & dipl. Vertretungen zur ÖRR-Finanzierung beitragen?  (Gelesen 831 mal)

  • Beiträge: 7.388
Die Frage im Titel resultiert aus nachstehender Aussage; siehe untenstehende Hervorhebung in Rot.

EuGH C-87/19 - Ausstrahlung von Fernsehendung = Dienstleistung nach Art. 56 AEUV
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33545.msg222285.html#msg222285

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER
vom 28. Juni 2001 (1)
Rechtssache C-17/00

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=46475&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=475270

Zitat
136.
        Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes kann der freie Dienstleistungsverkehr als Grundprinzip des Vertrages nur durch Regelungen beschränkt werden, die

    1.    durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und die für alle in dem betreffenden Staat tätigen Personen oder Unternehmen gelten
, und zwar nur insoweit, als dem Allgemeininteresse nicht bereits durch die Vorschriften Rechnung getragen ist, denen der Gemeinschaftsbürger in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er ansässig ist,

    2.    notwendig sind, um die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und

    3.    nicht über das zur Erreichung dieses Zieles Notwendige hinausgehen(168).

Ist es unionsrechtlich überhaupt zulässig, daß nachstehende Bereiche nicht zur Finanzierung des ÖRR herangezogen werden?

Rundfunkbeitragsstaatsvertrag
https://bravors.brandenburg.de/vertraege/rbstv

Zitat
§ 2
Rundfunkbeitrag im privaten Bereich


(4) Ein Rundfunkbeitrag ist nicht zu entrichten von Beitragsschuldnern, die aufgrund Artikel 2 des Gesetzes vom 6. August 1964 zu dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (BGBl. 1964 II S. 957) oder entsprechender Rechtsvorschriften Vorrechte genießen.

Zitat
§ 5
Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich


(5) Ein Rundfunkbeitrag nach Absatz 1 ist nicht zu entrichten für Betriebsstätten

    die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind,
    in denen kein Arbeitsplatz eingerichtet ist oder
    die sich innerhalb einer beitragspflichtigen Wohnung befinden, für die bereits ein Rundfunkbeitrag entrichtet wird.

(6) Ein Rundfunkbeitrag nach Absatz 1 und 2 ist nicht zu entrichten von

    den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, den Landesmedienanstalten oder den nach Landesrecht zugelassenen privaten Rundfunkveranstaltern oder -anbietern oder
    diplomatischen Vertretungen (Botschaft, Konsulat) eines ausländischen Staates.

Aus dem eingangs verlinkten Thema geht ja hervor, daß die Austrahlung von Fernsehsendungen, als auch deren Übertragung, Dienstleistungen im Sinne der Unionsverträge darstellen, und da muß für alle das gleiche Recht gelten.

Was rechtfertigt, bspw., die Befreiung für diplomatische Vertretungen, wenn es doch angeblich auf die Nutzung der zugrundeliegenden Dienstleistungen gar nicht ankommt?

Der Abgabeordnung des Bundes ist, bspw., nicht zu entnehmen, daß diplomatische Vertretungen, etc.,  Steuerbefreiung genießen, wennschon auf den Vorrang völkerrechtlicher Verträge hingewiesen wird, aber diese sind bekanntermaßen auch in Belangen des Rundfunks einzuhalten.


Dem "Artikel 2 des Gesetzes vom 6. August 1964 zu dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (BGBl. 1964 II S. 957)"

Gesetz zu dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*%5B@attr_id=%27bgbl264s0957.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl264s0957.pdf%27%5D__1682549438210

ist einerseits zu entnehmen, daß der Bund ermächtigt wird, (nicht die Länder), und zweitens ist von Steuer- bzw. Abgabenbefreiung weder in diesem Zustimmungsgesetz, noch im Vertrag selber etwas davon zu lesen.

Wo ist die konkrete Rechtsgrundlage dafür, daß die Länder durch den Bund befugt worden sind, bspw., diplomatische Vertretungen von staatlichen Abgaben wie den Rundfunkbeitrag zu befreien?

Die Aspekte des Sozialrechts werden mit diesem Thema ausdrücklich nicht berührt.


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P
  • Beiträge: 4.011
Siehe u.a. unter
Kommune zahlt ihre Rundfunkbeiträge aus Steuergeldern?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23205.msg148002.html#msg148002
Diplomatenstatus bringt Vorrechte im Empfangsstaat
z.B.
  • Schutz vor hoheitlichen Maßnahmen des Empfangsstaates
  • Befreiung von seiner Gerichtsbarkeit
  • Befreiung von allen direkten und teilweise auch indirekten Steuern
[...]

Siehe auch
Warum müssen Botschaften/ Diplomaten keinen Rundfunkbeitrag entrichten
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=20153.0


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  • Beiträge: 7.388
@PersonX
In dem anderen Thema fehlen die konkreten Quellen, die Deine Aussagen belegen.

Es ist sicherlich richtig, daß Diplomatenstatus Vorrechte bringt, beruflich auf jeden Fall, nur ist es fraglich, ob das auch privat gilt; bspw. zahlt auch der Diplomat ganz sicher Mehrwertsteuer, wenn er sich, bspw., im Weingeschäft eine Flasche Sekt kauft.

Und, noch einmal, aus dem verlinkten internationalen Dokument geht nicht hervor, daß Diplomaten automatisch immer vollständig steuerbefreit sind; eine derartige Aussage finde ich jedenfalls nicht.

Das Bundesministerium des Innern schreibt beispielsweise, daß eine direkte Umsatzsteuerbefreiung für Botschaftsmitarbeiter etc. nicht möglich ist, sie sich diese aber u. U. erstatten lassen können.

Als Botschaft, Konsulat oder deren Mitglied eine Erstattung der Umsatzsteuer beantragen
https://verwaltung.bund.de/leistungsverzeichnis/de/leistung/99102021039001

Zitat
Beschreibung
[...] Eine direkte Umsatzsteuerbefreiung ist nicht möglich. [...]

Beim Bundeszentralamt für Steuern findet sich die gleiche Aussage; nachstehend nur Link.

Umsatzsteuervergütung an diplomatische Missionen und berufskonsularische Vertretungen
https://www.bzst.de/DE/Unternehmen/Umsatzsteuer/Vorsteuerverguetung/Botschaften/botschaften_node.html

Das im Eröffnungsbeitrag verlinkte WÜD enthält zwar tatsächlich Passagen hinsichtlich der Abgabenbefreiung, Art 23, 34, und 37?, aber keinesfalles mit absoluter Geltung.

Art 34 WÜD bestimmt bspw., daß Steuern, Gebühren und sonstige Abgaben, die als Vergütung für bestimmte Dienstleistungen erhoben werden, zu leisten sind; zu leisten sind auch Abgaben auf private Einnahmen.

Interessierte mögen diese genannten Artikel 23, 34 und 37 bitte ganz lesen; die darin genannten Befreiung von Abgaben bezieht sich primär auf dienstlich veranlasste Aktivitäten.

Der nachstehenden Entscheidung des Bundesfinanzhofes ist zu entnehmen:

Urteil vom 19. September 2013, V R 9/12
https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE201310311/

Zitat
20
Dafür, dass die Klägerin in der DO unbeschränkt steuerpflichtig war, spricht auch der Umstand, dass nach der völkerrechtlich bindenden Regelung des WÜD die Steuerbefreiung nach Art. 34 und 37 WÜD für die Mitglieder des verwaltungs- und technischen Personals einer Mission und der zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder nicht gilt, wenn der Botschaftsangehörige Angehöriger des Empfangsstaates oder in demselben ständig ansässig ist.

21
Der völkerrechtliche Ansässigkeitsbegriff stellt hierbei auf den Aufenthaltsgrund ab, nämlich darauf, ob der Wohnsitz ausschließlich wegen der (vielfach mehrjährigen) Entsendung begründet worden ist (Lehner/Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 1 Rz C 106). Daran fehlt es bei Ortskräften, die bereits längere Zeit vor der Entsendung im Ausland ihren Wohnsitz hatten und ihn nicht wegen einer Entsendung begründet haben (BFH-Urteil vom 25. Juli 2007 III R 56/00, Rz 19, juris). Dementsprechend geht auch Art. 39 WÜD regelmäßig davon aus, dass den Botschaftsangehörigen ihre Vorrechte von dem Zeitpunkt an zustehen, in dem sie in das Hoheitsgebiet des Empfangsstaates einreisen, um ihren Posten anzutreten, und auslaufen, wenn sie wieder ausreisen. "Ständig ansässig" ??und damit grundsätzlich der ausländischen Einkommensteuer unterliegend?? sind daher Botschaftsangehörige, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Anstellung bereits längere Zeit im Empfangsstaat ihren Wohnsitz hatten (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 2007 III R 56/00, juris).

Es ist mit der Abgabenfreiheit also keinesfalls so klar, wie man dem RbStV entnehmen könnte.


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Zu erinnern wäre bspw. auch daran; daß das Primärrecht der Union, zu denen die Unionsverträge und das Unionsgrundrecht gehören, dem übrigen Völkerrecht vorgehen, wie seitens des EuGH bereits entschieden wurde; und das Primärrecht der Union verpflichtet in Auslegung durch den EuGH zur Gleichbehandlung aller Unternehmen und Personen, wo immer der Dienstleistungsverkehr im Sinne des Art 56 AEUV betroffen ist. Insofern dürfte es auch keine Abgabebefreiung für Diplomaten geben, außer, dass die Unionsverträge incl. Unionsgrundrecht dieses in Auslegung durch den EuGH ermöglichen.

EuGH C-357/19 - EWG-Vertrag ist Verfassungsurkunde der Rechtsgemeinschaft EWG/EU
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35841.0

EuGH C-505/19 - Unionsgrundrecht steht auch im Strafrecht über Völkerrecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35173.0
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35173.msg222290.html#msg222290

Zitat
81
[...] dass dieser Vorrang des Völkerrechts vor Bestimmungen des Unionsrechts sich nicht auf das Primärrecht der Union und insbesondere die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, zu denen die Grundrechte gehören, erstreckt (36). [...]


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  • Beiträge: 4.011
In dem anderen Thema fehlen die konkreten Quellen, die Deine Aussagen belegen.
Vermutlich ist die Quelle dieses:
06.08.1964 Gesetz zu dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen
aus Nr. 38 vom 13.08.1964, Seite 957
http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl264s0957.pdf
PDF Seite 17  Artikel 23 (Nr. 38 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 13. August 1964)
Zitat
(1) Der Entsendestaat und der Missionschef sind hinsichtlich der in ihrem Eigentum stehenden ...
(2) Die in diesem Artikel vorgesehene Steuerbefreiung gilt nicht für ...
PDF Seite 15 und 17
Zitat
Artikel 22
[...]
(3) Die Räumlichkeiten der Mission, ihre Einrichtungen und die sonstigen darin befindlichen Gegenstände sowie die Beförderungsmittel der Mission genießen Immunität von jeder Durchsuchung, Beschlagnahme, Pfändung oder Vollstreckung.
PDF Seite 20
Zitat
Artikel 29
Die Person des Diplomaten ist unverletzlich. Er unterliegt keiner Festnahme oder Haft irgendwelcher Art.
PDF Seite 21
Zitat
Artikel 30(1) Die Privatwohnung des Diplomaten genießt dieselbe Unverletzlichkeit und denselben Schutz wie die Räumlichkeiten der Mission.(2) Seine Papiere, seine Korrespondenz und - vorbehaltlich des Artikels 31 Abs. 3 - sein Vermögen sind ebenfalls unverletztlich.
PDF Seite 23
Zitat
Artikel 31(1)
Der Diplomat genießt Immunität von der Strafgerichtsbarkeit des Empfangsstaats. Ferner steht ihm Immunität von dessen Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeiten zu ausgenommen hiervon sind folgende Fälle:[...]


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 27. April 2023, 22:43 von Bürger«

  • Beiträge: 7.388
@PersonX
Vermutlich werden Diplomaten per RbStV also deswegen abgabefrei gestellt, weil die Nichtleistung des Rb eh nicht ahndbar wäre?

Wäre das mit den Unionsvorgaben zur Gleichbehandlung bei den von Art 56 AEUV erfassten Dienstleistungen vereinbar?

Braucht es nicht eines Bundesgesetzes, daß die Länder bei ihren Abgaben so verfahren dürfen, da Diplomaten ja lt. diesem WÜD privat nicht grundsätzlich abgabefrei gestellt sind?


Edit "Bürger": Bitte hier nicht weiter in Neben-Themen und Rand-Aspekte verzetteln, sondern auf das Kern-Thema des Forums konzentrieren, welches nicht den absoluten (und keinerlei wirkliche Hebelwirkung auslösenden) Sonderfall der "Nicht-Abgabepflicht von Diplomaten" zum Gegenstand hat, sondern die derzeitige unausweichliche Abgabepflicht sämtlicher bundesdeutscher volljähriger Wohnungsbewohner. Bitte nicht über zwanzig Ecken am Oberflächenlack des "Rundfunkbeitags" kratzen. Es gibt wahrlich -zig wesentlich direktere Angriffspunkte. Danke.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 28. April 2023, 23:39 von Bürger«
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  • Beiträge: 7.388
Zitat
Edit "Bürger": Bitte hier nicht weiter in Neben-Themen und Rand-Aspekte verzetteln, sondern auf das Kern-Thema des Forums konzentrieren, welches nicht den absoluten (und keinerlei wirkliche Hebelwirkung auslösenden) Sonderfall der "Nicht-Abgabepflicht von Diplomaten" zum Gegenstand hat, sondern die derzeitige unausweichliche Abgabepflicht sämtlicher bundesdeutscher volljähriger Wohnungsbewohner. Bitte nicht über zwanzig Ecken am Oberflächenlack des "Rundfunkbeitags" kratzen. Es gibt wahrlich -zig wesentlich direktere Angriffspunkte. Danke.

@Bürger
Wäre das mit den Unionsvorgaben zur Gleichbehandlung bei den von Art 56 AEUV erfassten Dienstleistungen vereinbar?
Daran führt aber trotzdem kein Weg vorbei; immerhin berührt dieses Thema auch die Befreiung der privaten Rundfunkunternehmen.

Rundfunkbeitragsstaatsvertrag
https://bravors.brandenburg.de/vertraege/rbstv

Zitat
§ 5
Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich

[...]
(6) Ein Rundfunkbeitrag nach Absatz 1 und 2 ist nicht zu entrichten von

 den nach Landesrecht zugelassenen privaten Rundfunkveranstaltern oder -anbietern [...]


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