Es fehlt aber auch an gesetzlichen Regelungen, welchen Voraussetzungen die Programmierer der entsprechenden Software genügen müssen. Denn es könnte durchaus erforderlich sein, daß diese Beamte sind – und eben nicht angestellte Softwareentwickler in einem Privatunternehmen, möglicherweise sogar im Ausland. Ebenso fehlt es an gesetzlichen Regelungen, die die öffentliche Kontrolle des Verfahrens gewährleisten und z. B. Vorschreiben,
- daß das Rechenzentrum, in dem der Computer steht, ein behörden- oder landeseigenes sein muß,
- daß die Logik des Entscheidungsalgorithmus offengelegt und vom Gesetzgeber, also dem Parlament, vor Inbetriebnahme geprüft und genehmigt werden muß
- daß der Quellcode des Computerprogramms vor Inbetriebnahme offengelegt und vom Parlament überprüft und genehmigt werden muß
- wie im Fall von durch Programmfehler verursachten fehlerhaften Entscheidungen vorzugehen ist
Bei einigem Nachdenken dürften sich noch sehr viel mehr Dinge finden, die in diesem Zusammenhang einer über den § 10 a RBStV / § 35a VwVfG weit hinausgehenden gesetzlichen Regelung bedürfen.
Der Kioskbesitzer in meiner Straße wundert sich auch schon lange und lässt höflich fragen, wo außerhalb des Rundfunks der vollautomatisierte Paragraph 35a überhaupt zur Anwendung kommt? Also, mir ist nichts dazu eingefallen, bei welchen (echten) Behörden mit Stand Oktober 2020 es solche vollautomatisiert erlassenen Verwaltungsakte überhaupt gibt.
Im Straßenverkehr? Okay, wenn eine Lichtsignalanlage Verwaltungsakte im Sinne des §35a erlässt, dann waren alle Rot- und Grün-Lichter bis vor kurzem rechtswidrig.
(Danke @Profät für diesen Denkanstoß)
Im Straßenverkehr - wo Vollautomatisierung allein wegen der Massen an Kraftverkehr denkbar wäre - also nicht. Selbst Bußgeldbescheide werden nicht automatisch erlassen.
Wo gibt es nun vollautomatisch erlassene VA? Weiß jemand hier etwas?
Ich argwöhne, dass der §35a keinerlei praktische Relevanz hat, weil es keinen realen Sachverhalt gibt, zu welchem eine behördliche Entscheidung ergeht, die ohne jedes Ermessen gefällt werden kann und auch so gefällt werden muss. Eine solche Entscheidung müsste sozusagen im Moment des Bekanntwerdens bei der Behörde unverzüglich mit 0 Sekunden Wartezeit erfolgen
(btw: im Kirchenrecht ist das sogar so). Ein mindestens pflichtgemäßes Ermessen gibt es immer, und damit kein "kein Ermessen" wie im §35a formuliert.
Also, gibt es ein Sachgebiet außerhalb des heiligen deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wo derart vollautomatisierte Verwaltungsakte gängig sind? Eine dingliche Information wäre für ein Klageverfahren von starkem Interesse.
Es kann sehr realistisch davon ausgegangen werden, dass die EDV des Beitragsservices in keiner Weise dafür zertifiziert ist, rechtsfähige Verwaltungsakte vollautomatisiert auszudrucken.
Zum §35a müsste es sinnvollerweise auch eine Ausführungsverordnung oder dgl geben, die diesen knorrigen Paragrafen herunterbricht auf konkrete Anforderungen an die dingliche Ausgestaltung zur Herstellung von vollautomatisiert erlassenen Verwaltungsakten. Davon ist hierzuforum auch nie die Rede gewesen.