Die Vorzugslast ist ein “potenziell-individueller Vorteil”.
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Ergo: Der “potenzielle-individuelle Vorteil” ist die Möglichkeit Rundfunk empfangen zu können.
Dazu einmal ein Zitat eines der vom Bundesverfassungsgericht im Rundfunkbeitragsurteil vom 18.07.2018 publizierten Leitsatzes:
Auch eine unbestimmte Vielzahl oder gar alle Bürgerinnen und Bürger können zu Beiträgen herangezogen werden, sofern ihnen jeweils ein Vorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann und soweit dessen Nutzung realistischerweise möglich erscheint.
Im Urteil ist also gar nicht von einem
potenziell-individuellen Vorteil die Rede, sondern von einem
individuell-konkreten Vorteil. Lediglich die Möglichkeit den Rundfunk nutzen zu können, eine potentielle Nutzung, wird diskutiert. Das ist weder neu noch originell. Das Wesen von Beiträgen ist ja, dass man nicht gezwungen ist von den gebotenen Möglichkeiten Gebrauch zu machen.
In RN 102 stellt das BVerfG dann fest, dass dieser Vorteil nur abstrakt bestimmt werden kann, weil
der Wert der Empfangsmöglichkeit bei allen Wohnungsinhabern abstrakt gleich sein soll. Obwohl also nach Ansicht des BVerfG die Voraussetzung für die Berechtigung der Beitragserhebung von einer
individuell-konkreten Zurechenbarkeit des Vorteils entscheidend abhängt, soll dennoch die Abstraktion das Konkrete ersetzen. Schon an dieser Stelle ist K. Winkler recht zu geben, der das aufspießt. Zugleich sprengt das BVerfG die Grenzen der bisherigen Rechtsprechung, in dem als bevorteilte Gruppierung auch die Allgemeinheit gelten soll.
Dass
individuell-konkrete Zurechenbarkeit für Beiträge Voraussetzung ist, hat das BVerfG zuvor bereits bekräftigt. In Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 (1) z. B. ging es um Straßenausbaubeiträge. Die Kläger sind weitgehend gescheitert, dennoch stellte das BVerfG eine Verletzung deren Grundrechte aus Artikel 3 Absatz 1 GG fest:
Dem sind die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts nicht in jeder Hinsicht gerecht geworden. Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Anwendung von § 10a KAG RP nicht geprüft, ob die Beitragsatzungen der beklagten Städte die verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllen, insbesondere, ob ein individuell-konkret zurechenbarer, grundstücksbezogener Vorteil der beitragspflichtigen Grundstücke vom Anschluss an die jeweilige Beitragseinheit vorhanden ist.
In den Leitsätzen aber auch im Text werden die Begriffe
konkret-individuell und
konkret-zurechenbar vielfach verwendet. Es scheint so, als wäre das dem Bundesverfassungsgericht 2014 noch sehr wichtig gewesen. Zudem unterschied man noch die Gruppe derjenigen, die den Vorteil genießen, von denen, für die das nicht gilt.
1. Werden Beiträge erhoben, verlangt der Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des konkret-zurechenbaren Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll.
2. Die Bildung einer einheitlichen Abrechnungseinheit für Straßenausbaubeiträge ist zulässig, wenn mit den Verkehrsanlagen ein konkret-individuell zurechenbarer Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist.
Also: mit dem Rundfunkbeitragsurteil vom 18.07.2018 verlässt das BVerfG die Linie einer
konkret-individuellen Zuordnung zu Gunsten einer
abstrakt-generellen. Es widerspricht damit der bisherigen Rechtsprechung, wohl einzig um dem ÖR-Rundfunk zu Diensten zu sein. Angesichts der potentiellen Folgen, das nächste Abgaben regelnde Gesetz kommt so sicher wie das Amen in der Kirche, ist es doch sehr unwahrscheinlich, dass man diese neue Linie, die noch dazu die freie, abgehobene Wahl von Maßstäben ermöglicht, durchhalten kann.
M. Boettcher
Nachtrag: eigentlich müsste der "Rundfunkbeitrag" einen individuell-konkret zurechenbaren, wohnungsbezogenen Vorteil der beitragspflichtigen Wohnungen abgelten.
(1) BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Juni 2014
- 1 BvR 668/10 -, Rn. (1-69),
http://www.bverfg.de/e/rs20140625_1bvr066810.html
Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.