1989 war ich mit Schulfreunden (8. Klasse) in der proppevollen Nikolaikirche in Leipzig. Wir hatten keine Vorstellung darüber, was geschehen sollte, das nur annähernd realistisch gewesen wäre. Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal gelbe Westen mit der Aufschrift "Grundrechtsträger" in den Händen halten würde.
Ich bin abstammend von Hugenotten, die der preußische König nach dem Edikt von Potsdam (1685) aufnahm.
Nach dem Widerruf des Toleranzediktes von Nantes durch das Edikt von Fontainebleau, welches der französische König Ludwig XIV. am 18. Oktober 1685 erlassen hatte, folgte die Ausweitung der sogenannten von
Intendant René de Marillac in Poitou initierten
Dragonaden. Die Hugenotten sollten gezwungen werden, zum katholischen Glauben zu konvertieren.
Dragoner (daher die Bezeichnung „Dragonade“) wurden auf Befehl des Königs in den Dörfern, die als unbotmäßig oder gar als potentiell aufrührerisch galten, einquartiert, allerdings nur in den Häusern von Protestanten. Die betroffenen Familien mussten die Soldaten in ihren Häusern dulden und für deren Verpflegung aufkommen. Sehr oft plünderten die Dragoner die Häuser, erpressten Geld und bedrängten die Frauen bis zur Vergewaltigung. Außerdem überwachten sie die Bewohner des Hauses, um das Lesen und das Studium der Bibel sowie das Singen von Psalmen zu verhindern.
Insgesamt verließen von 1685 bis 1730 etwa 150.000 bis 200.000 der ca. 730.000 bekennenden Hugenotten das Land.
Erst das Toleranzedikt von Versailles 1787 und kurz danach die
Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 und die Verfassung von 1791 während der Französischen Revolution beendeten die religiöse Verfolgung und stellten die volle Religionsfreiheit für Protestanten und andere religiöse Minderheiten in Frankreich her.
Nun jährt sich 2019 die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte zum 230. Mal. Das deutsche Grundgesetz wird 70.
Neben dem Weg der gelben Westen sehe ich zwei Möglichkeiten, das von der Intendanz verantwortete Verbrechen individuell ab zu wehren.
1. MöglichkeitJeder Europäer hat das Grundrecht, gemäß Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, keine Einflussnahme im Verhalten bezüglich Medien dulden zu müssen.Jede Person, welche dieses Grundrecht aktiv in Anspruch nimmt, wird durch die EMRK geschützt.
Nimmt ein Europäer sein Recht in Anspruch, gibt es für den Staat keine rechtlich saubere Möglichkeit, ein zu greifen. Tut jener dies über seine Behörden doch, macht er sich schadenersatzpflichtig.
Die aktive, praktische Umsetzung sieht so aus:
- Die Zahlung an die Landesrundfunkanstalt wird eingestellt.
- Der Intendanz wird mitgeteilt, dass Recht gemäß Art. 10 EMRK ausgeübt wird.
2. MöglichkeitDie aktuelle Rechtsprechung legt den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag so aus, dass genau dann ein Ausnahmetatbestand, welcher von der Beitragspflicht befreit, vorliegt, wenn objektiv keine Möglichkeit zum Empfang von Rundfunk besteht.
Die Beschaffenheit des Rundfunks ist zum einen im Rundfunkstaatsvertrag selbst definiert. Zum anderen formuliert das Bundesverfassungsgericht im
Bruderurteil vom 18.7.18 weitere Anforderungen.
§ 11 (2)
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.
Rn 80
Der einzelne Nutzer muss die Verarbeitung und die massenmediale Bewertung übernehmen, die herkömmlich durch den Filter professioneller Selektionen und durch verantwortliches journalistisches Handeln erfolgt. Angesichts dieser Entwicklung wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltssicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden (vgl. dazu Brinkmann, ZUM 2013, S. 193 <195, 198>; Dörr/Holznagel/Picot, ZUM 2016, S. 920 <936 f., 940 f.>; Drexl, ZUM 2017, S. 529 <530 ff.>; Langbauer/Ripel, MMR 2015, S. 572 <573>; Milker, ZUM 2017, S. 216 <221>).
Da der Rundfunk in seiner Beschaffenheit von diesen Vorgaben abweicht, besteht objektiv keine Möglichkeit den formell vorgeschriebenen Rundfunk zu empfangen. Es handelt sich um einen individuellen Härtefall, da gesetzestreues Verhalten vom Rundfunk offenbar nur von wenigen erwartet bzw. verlangt wird.
Die aktive, praktische Umsetzung sieht so aus:
- Die Zahlung an die Landesrundfunkanstalt wird eingestellt.
- Der Intendanz wird mitgeteilt, dass objektiv keine Möglichkeit besteht, den vom Gesetz spezifizierten und vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebenen Rundfunk zu empfangen, da dieser in der Praxis nicht existiert. Aufgrund der objektiv fehlenden Möglichkeit, Rundfunk zu empfangen, wird der Antrag auf Befreiung gemäß §4 (6) RBStV gestellt.