Ich glaube, ich sehe den (im Eröffnungsbeitrag angeführten) Beschluss vielleicht nicht so positiv.
Es bleibt immer noch, so verstehe ich das, die Entscheidung des einzelnen Gerichtes (hier VG), wie es
selbst zur aufgeworfenen Rechtsfrage steht. Es ist das alte Problem mit der "Vorlagepflicht". Das VG kann selbst entscheiden, ob eine "entscheidungserhebliche unionsrechtliche Frage" eine Vorlage erforderlich macht. Nur wenn es bei dieser seiner Einschätzung mindestens einen von drei möglichen Fehlern macht, die vom BVerfG aufgelistet wurden, wäre das fehlerhaft.
Letztlich stellt sich auch die Frage, wie das BVerfG selbst seine eigene Vorlagepflicht einschätzt. Oder?
Im einzelnen:
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 4/2018 v. 12.01.2018
Die Beschwerdeführerin hat Verstöße gegen Art. 19 Abs. 4 GG nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Zwar gebietet dieser die Berücksichtigung einer sich im Eilverfahren stellenden unionsrechtliche Frage, die im Hauptsacheverfahren voraussichtlich eine Vorlage des dann letztinstanzlich entscheidenden Gerichts an den EuGH erfordern würde, bei der Prüfung der Erfolgsaussichten grundsätzlich auch dann, wenn sich die Beschwerdeführer auf eine bereits in einem anderen Verfahren erfolgte Vorlage an den EuGH berufen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Vorlagefrage auch im eigenen Verfahren entscheidungserheblich und eine Vorlage im Hauptsacheverfahren – vorbehaltlich der Möglichkeit der Aussetzung im Hinblick auf die in dem bereits vorgelegten anderen Verfahren zu erwartende Klärung – erforderlich ist.
Quelle:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2018/bvg18-004.htmlDas Problem dürfte sein, dass im Beschluss selbst in Rn. 20 auf -> Rn. 18 verwiesen wird, wo es heißt:
Stellt sich bei dieser Rechtsprüfung eine entscheidungserhebliche unionsrechtliche Frage, die im Hauptsacheverfahren voraussichtlich eine Vorlage des dann letztinstanzlich entscheidenden Gerichts an den EuGH erfordert (zu den Anforderungen an die Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Februar 2017 - 2 BvR 63/15 -, juris Rn. 8), so gebietet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, dies im Eilverfahren bei der Prüfung der Erfolgsaussichten zu berücksichtigen.
Quelle: http://www.bverfg.de/e/rk20171214_2bvr187217.htmlDort wiederum, also im genannten Beschluss des BVerfG (20. Februar 2017 - 2 BvR 63/15 -, juris) Rn. 8, werden vom BVerfG drei Möglichkeiten aufgestellt, wie ein Gericht gegen seine Vorlagepflicht verstoßen könnte:
[8] [¹]Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird offensichtlich unhaltbar gehandhabt, wenn ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der – seiner Auffassung nach bestehenden – Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt und das Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht). [²] Gleiches gilt in den Fällen, in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). [³] Liegt schließlich zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit (Unvollständigkeit der Rechtsprechung), wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschreitet. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Fachgerichte das Vorliegen eines "acte clair" oder eines "acte éclairé" willkürlich bejahen (zu den drei Fallgruppen vgl. BVerfGE 82, 159 [195 f.]; 126, 286 [316 f.]; 128, 157 [187 f.]; 129, 78 [106 f.]).
Quelle: (
http://lexetius.com/2017,319)
Wenn ich mich nicht täusche, bleibt die Einschätzung, ob Unionsrecht berührt ist oder fortgeschrieben werden wird, den Richter/innen, zumal unterer Instanzen, weitgehend selbst überlassen?
Eher stellt sich mir die Frage, wie das BVerfG selbst
seine Vorlagepflicht einschätzen wird... Wird es nicht prüfen (müssen), ob EU-Grundrechtcharta und Notifizierungspflicht berührt sind...?
Möglich ist dann immerhin auch, dass es selbst eine Aussetzung des Verfahrens erwägt..., oder täusche ich mich?
Bejaht es dies, heißt es für uns, zu warten...?