Das BVerwG behauptet in seinem Urteil BVerwG 6 C 6.15 vom 18. März 2016, Rz 30:
"Es war bereits für die Rundfunkgebühr allgemein anerkannt, dass das Bereithalten eines empfangsbereiten Geräts darauf schließen lässt, dass es auch für den Programmempfang genutzt wird."
Das Gericht setzt in seiner Begründung lapidar fest und behauptet, dass das Bereithalten eines Empfangsgerätes gleich dem Nutzen des öffentlich-rechtlichen Programmes entspricht!
Das entstammt der "Rundfunkgebühren" Argumentation. Schon zur Zeit der Rundfunkgebühr kam es bekanntlich auf die Nutzung des ÖR-Rundfunks nicht an. Es genügte die technische Möglichkeit, die mit einem Gerät allerdings in der Tat gegeben war und ist. Da die Wohnung gemäß §13 GG besonders geschützt ist, konnte und kann niemand feststellen, ob man den ÖR-Rundfunk nutzte oder nicht, ohne gegen elementare Grundrechte zu verstoßen. Ich würde den Schutzbereich der Wohnung nicht noch weiter aufweichen wollen, als es z. B. mit dem Lauschangriff usw. eh schon der Fall ist.
Aber die statistischen Aussagen sind sicher angreifbar. Das BVerwG stützt sich ja auf Aussagen, wie die, dass
- 96 bis 97 % der privaten Haushalte ein Empfangsgerät
- 81 % der privaten Haushalte über einen stationären oder mobilen Personalcomputer
- 77 % über Internetzugang und 72 % über einen Zugang zu einer Breitband-Internetverbindung
verfügen.
1. Haushalt != WohnungDie Anzahl der Haushalte ist nicht identisch mit den Wohnungen. In einer Wohnung können mehrere Haushalte existieren. So kann z. B. jeder Bewohner einer WG einen eigenen Haushalt bilden. Das war früher ein Argument dafür, dass jedes WG-Mitglied, so jeweils ein Gerät vorhanden war, die Rundfunkgebühr zahlen musste.
Wer sich über != wundert: mit dem Ausrufezeichen vor dem Gleichheitszeichen signalisiert man, dass die beiden verknüpften Begriffe ungleich sind.2. PersonalcomputerEin Personalcomputer kann nicht automatisch Rundfunk- und/oder Fernsehprogramme empfangen. Er muss dazu erst entsprechend ausgerüstet werden, z. B. durch eine entsprechende Empfangskarte und eine Antenne, eine DVB-T2 fähigen Stick etc. Bejaht man, dass die Verbreitung von Tönen und Bewegtbildern über das Internet "Rundfunk" ist, - das zu beweifeln wäre durchaus zulässig, das Gericht nimmt es offenbar als gegeben hin, - so wäre das Mindeste ein Breitbandanschluss an das Internet. Über dieses sollen angeblich 72% der Bürger verfügen, was zwar die Majorität ist, jedoch weit außerhalb dessen, was zur Typisierung berechtigen könnte. Ohne eine dieser zusätzlichen Bedingung sagt die Ausrüstungsquote mit PC nicht mehr zurm Radio/TV-Konsum aus als die Ausstattung von Wohnungen mit Kühlschränken, Waschmaschinen, Bügelautomaten oder separater Toilettenräumen.
Grundsätzlich ist die Bezeichnung "neuartiges Empfangsgerät" für PC eine Erfindung der ÖR-Sender und Politiker, mit der man die Zahl der Nutzer des ÖRR nach oben schreiben wollte.
Auch hier gilt, dass die Ausrüstung je "Haushalt" nichts aussagt über die Verbreitung je Wohnung. Ich komme nach kurzer Zählung auf derzeit 6 funktionsfähige mobile Personalcomputer, 4 stationäre PC, ein Mini-Computer (Raspberry-Pi) und 1 sogn. Tablett für zwei Personen in einem gemeinsamen Haushalt. Dazu kommen noch Computer-Teile samt Motherboards, Gehäuse, Speicher und Festplatten, aus denen sich sicher 2-3 weitere PC zusammensetzen ließen. Damit decken wir mindestens 10 Haushalte ab.
3. BreitbandanschlussEs bleibt unklar, ob 72%
aller Haushalte über einen Breitbandanschluss verfügen oder 72% der Haushalte, die einen Internetanschluss besitzen, einen der Qualitätsstufe "Breitband" haben. Zudem stellt sich die Frage, was "Breitband" überhaupt ist. Der erste "Breitbandanschluss" war für viele vermutlich nichts anderes als ISDN, ggf. mit mehreren Kanälen gebündelt. Mein erster DSL-Anschluss kam auf 786 KBit/s Downstream und fühlte sich seinerzeit rasend schnell an. Heute könnte man damit schon kaum noch eine normale, typisch werbeverseuchte Webseite öffnen. Über DSL1000, 2000 und dann 3000 - bezahlt habe ich DSL6000 - verfüge ich heute über einen VDSL-Anschluss mit ca. 48 MBit/s Downstream, mein Upload übersteigt meine höchste frühere DSL-Bandbreite um ca. das 3-fache. Was also ist Breitband? DSL-3000, soviel ist sicher, reichte nicht um einen Film aus der Mediathek der ÖR-Sender ruckelfrei und mit gutem Sound anzusehen. Das aber wäre das Mindeste, was für mich "Breitband" ausmachen würde.
Zudem dürften viele "Haushalte" - ich spare mir die Wiederholung von oben, - mit Breitband mit denen identisch sein, die über Fernseher, Radio und PC verfügen. Durch die Aufzählung weiterer Gruppen werden es folglich weder mehr "Haushalte" noch mehr Nutzer. NB: In Mietwohnungen mit Breitbandkabel muss man das häufig auch dann bezahlen, ohne dass man über geeignete Geräte verfügt. Da wäre man in der Statistik einer mit Breitbandanschluss.
Die Zahlenspiele des BVerwG sind allerdings mit denen der Vorinstanzen identisch und entsprechen 1:1 den "Argumenten" der ÖR-Anstalten. Denen halte man eine Zahl entgegen: zu Zeiten der Rundfunkgebühr waren
100 Prozent aller Empfangsgerätebesitzer* zahlungspflichtig.
M. Boettcher
* Es musste bekanntlich nicht für 100% der Geräte bezahlt werden, sondern nur für das erste Gerät, was leider nichts mit dem Kaufdatum zu tun hatte. Deppenfang wurde seitens der Sender damit betrieben, dass volljährige Personen mit eigenem Einkommen laut entsprechender Werbespots angeblich zahlungspflichtig waren, wenn sich in ihren Räumen ein Empfangsgerät befand. Bei den 'Böttchers' gehörten daher alle Geräte dem, der sie bezahlt hatte, was merkwürdiger Weise nur eine Person traf, nämlich mich. Die Schlafräume wurden natürlich jeden Tag verlost. Ehrenwort!
Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.