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Aktuelles => Aktuelles => Thema gestartet von: Viktor7 am 03. Oktober 2017, 00:16

Titel: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Viktor7 am 03. Oktober 2017, 00:16
(http://online-boykott.de/ablage2/public/Bildaktionen/Bundesverwaltungsgericht-03-2016.jpg)


Das Bundesverwaltungsgericht verstrickt sich weiter in Widersprüche


Was ist nur mit dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) los?

Mit dem neuesten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts  „BVerwG 6 C 32.16“ vom 27. September 2017 verstrickt sich das Bundesgericht weiter in gewaltige Widersprüche.

Zitat
http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2017&nr=66
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Erhebung des zusätzlichen Rundfunkbeitrags für Hotel- und Gästezimmer sowie Ferienwohnungen (Beherbergungsbeitrag) nur in denjenigen Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar ist, in denen der Betriebsstätteninhaber durch die Bereitstellung von Empfangsgeräten oder eines Internetzugangs die Möglichkeit eröffnet, das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot in den genannten Räumlichkeiten zu nutzen.

Dagegen sieht das BVerwG die Anknüpfung der Beitragspflicht an das Innehaben von Raumeinheiten als gerechtfertigt:

Zitat
http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2017&nr=66
Die Anknüpfung der Beitragspflicht an das Innehaben von Raumeinheiten führt grundsätzlich dazu, dass auch diejenigen Inhaber, die auf jegliche Empfangsmöglichkeit verzichten, der Beitragspflicht unterfallen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht im Bereich des Wohnungs- und des Betriebsstättenbeitrags (s. Urteile vom 18. März 2016 - BVerwG 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 und vom 7. Dezember 2016 - BVerwG 6 C 49.15 -) als gerechtfertigt erachtet.

Die Behauptungen des BVerwG sind extrem widersprüchlich. In einem Fall soll das Vorhandensein von Geräten entscheidend für die Abgabe sein, im anderen Fall nicht.

Wegen der geringen Anschaffungskosten für moderne Multifunktionsgeräte stellen diese keine wirkliche Hinderung für die Nutzung diverser Quellen und Anbieter dar. Auch für die Hotel-, Gästezimmer Anbieter und Hostel Betreiber stellt die Anschaffung der Geräte keine Hinderung zur Nutzung von Medienoptionen dar. Warum wird hier der Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs.1 GG missachtet? Die einen Zahlen, die anderen nicht, obwohl alle es nutzen könnten.

Der ö.-r. Rundfunkbeitrag wird zudem seit dem 1.1.2013 unabhängig von den Geräten für das Innehaben einer Wohnung oder Betriebstätte zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Die Geräte spiegeln heute im Multimediazeitalter keine Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wider. Die heutigen Multifunktionsdisplays (MFDs) sind kein relevantes Indiz für die tatsächliche Nutzung oder für den Willen zur Nutzung eines bestimmten Anbieters. Deswegen ist eine Anknüpfung an die Geräte längst überholt, zumal der ö.-r. Rundfunk bei Millionen Menschen in Deutschland keine Akzeptanz mehr findet.

Die theoretische Nutzungs-Möglichkeit ist eine Fiktion, genau wie die Möglichkeit ins Fußballstadion zu gehen oder einen Flug nach Mallorca zu buchen.

Die theoretische Nutzungs-Möglichkeit hat die ganze Allgemeinheit. Somit existiert der für einen Beitrag erforderliche Sondervorteil gar nicht. Er hat sich in Luft aufgelöst. Es wird eine Eventualität bebeitragt, welche die Allgemeinheit ohnehin durch tausend andere Quellen/Internet schon hat. Es soll eine vermeintliche Leistung bezahlt werden, die der Bürger weder bestellt hat, noch im Einzelfall auch will. Für die Nichtnutzer des ö.-r. Rundfunks und die Millionen Bürger, die aus Sorge vor Repressalien aktuell noch die Zwangs-Zahlungen leisten, wandelt sich der vorgegaukelte Vorteil in eine finanzielle Nötigung und psychische Belästigung.

Die finanzielle Gleichbehandlung der Nichtnutzer sowie der aus Sorge vor Repressalien zahlenden Nichtnutzer und der Nutzer des ö.-r. Rundfunks verstößt gegen den Artikel 3 Abs.1 GG.


Lt. der Entscheidung des BVerfG vom 27.7.1971 und des EuGH vom 13.12.2007 liegt bei der Rundfunkabgabe keine Gegenleistung vor. Die Rundfunkabgabe ist auch kein Entgelt für eine Leistung. Das Bundesverwaltungsgericht behauptet jedoch das Gegenteil:

Zitat
Mehrere beinah identische Urteile des BVerwG vom 18.03.2016:
Rz. 52
Ebenso wie die Rundfunkgebühr wird der Rundfunkbeitrag als Gegenleistung für das Rundfunkprogrammangebot erhoben

Wenn die Abgabe eine "Finanzierungsfunktion" hat, kann sie nicht "Entgelt für eine Gegenleistung" sein!

Warum missachtet das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts?

Was ist nur mit dem Bundesverwaltungsgericht los?



Vertiefende Betrachtungen findet Ihr in diesem Beitrag:

Die Zwangsehe und der Zwangsrundfunkbeitrag der ARD, des ZDF & Co.
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20936.0.html



Bitte hier nur Widersprüche behandeln.

Inhaltliche Diskussion zum BVerwG-Urteil bitte unter
BVerwG - Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für Hotel- u. Gästezimmer
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24385.msg154851.html#msg154851

Zum Fragenkatalog des BVerfG siehe und diskutiere bitte unter
Schreiben des Bundesverfassungsgerichts - Erster Senat - vom 30. August 2017
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24625.msg156207.html#msg156207

Zur Vorlage des LG Tübingen an den EuGH siehe bitte unter
Neuer Beschluss Dr. Sprißler, 5. Zivilkammer LG Tübingen: Vorlage beim EuGH
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24203.msg153607.html#msg153607

Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Viktor7 am 03. Oktober 2017, 10:50
Weitere Widersprüche:

Zitat
Das Bundesverwaltungsgericht kann nicht aufgrund statistischer Daten verlässlich feststellen, dass Hotelzimmer etc. nahezu lückenlos mit Empfangsgeräten oder einem geeigneten Internetzugang ausgestattet sind. Darüber hinaus bereitet es keine unüberwindbaren Schwierigkeiten, das Vorhandensein eines Empfangsgerätes oder eines Internetzugangs festzustellen.
Quelle: Pressemitteilung BVerwG, 27.09.2017
http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2017&nr=66


Ab einem bestimmten Punkt wird die Argumentation schlichtweg willkürlich. Es bereitete schließlich jahrzehntelang keine unüberwindbaren Schwierigkeiten, das Vorhandensein eines Empfangsgerätes -gleichgültig wo- festzustellen. Was für Beherbergungsbetriebe gilt, nämlich die Tatsache, dass die Feststellung keine unüberwindbare Schwierigkeit darstellt, gilt also für Privatwohnungen nicht...?!?

Zitat
Zwar hat das BVerwG bereits entschieden, dass die Anknüpfung der Beitragspflicht an das Innehaben von Raumeinheiten grundsätzlich dazu führt, dass auch diejenigen Inhaber, die auf jegliche Empfangsmöglichkeit verzichten, der Beitragspflicht unterfallen. (s. Urteile vom 18.03.2016 - BVerwG 6 C 6.15 und vom 07.12.2016 - BVerwG 6 C 49.15).

Denn diese Raumeinheiten sind nahezu lückenlos mit Empfangsgeräten oder einem Internetzugang ausgestattet und in diesen Bereichen war eine "Flucht aus der Rundfunkgebühr" festzustellen.
Quelle: Pressemitteilung BVerwG, 27.09.2017
http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2017&nr=66


Wie wurde diese "Flucht aus der Rundfunkgebühr" denn festgestellt...?!? Gibt es dazu eventuell belastbare Statistiken oder ist diese Feststellung nichts weiter als ein mantraartig wiederholtes Hirngespinst der öffentlichen Rundfunker? Ist die bloße Existenz von Smartphones eine "Flucht aus der Rundfunkgebühr"? Wenn ja, wie steht es dann mit dem bereits seit Jahrzehnten existierenden tragbaren Weltempfänger?

Und, nur mal angenommen, es habe tatsächlich eine "Flucht aus der Rundfunkgebühr" gegeben: War diese "Flucht" für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bestandsgefährend? Oder sagt diese Flucht möglicherweise noch etwas ganz anderes aus, nämlich etwas über die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beim Zuschauer und Zuhörer...?!? Nichts von beidem, denn es ging bei dem so dramatisch klingenden Szenario der "Flucht aus der Rundfunkgebühr" ausschließlich um die Besitzstandswahrung einer kleinen Clique, die sich ihren Ruhestand auf Kosten der Allgemeinheit finanzieren lassen möchte. Immer diese Neider, nicht wahr, Herr Buhrow...?!?

Edit "DumbTV" @alle:
Zum Thema
Die Mär von der "Flucht aus der Rundfunkgebühr" i.V.m. "Erhebungsdefizit"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24715.msg156603.html
wurde aufgrund der Eigenständigkeit ein eigenständiger Thread erstellt.
Vertiefende Diskussionen dazu bitte dort fortführen.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: cook am 03. Oktober 2017, 10:53
Zitat
Was ist nur mit dem Bundesverwaltungsgericht los?

Es gibt mehrere Erklärungen für dieses unlogische Hin und Her.

(1) Es könnte sein, dass die Richter wirklich intellektuell nicht in der Lage sind, zwischen einer
- abstrakten (theoretischen/naturwissenschaftlichen) Möglichkeit und einer
- konkreten (faktischen) Möglichkeit
zu Unterscheiden.
Sie mischen beide Formen und kommen dadurch in einen Strudel der Widersprüche. Jeder hat abstrakt, also naturwissenschaftlich die Möglichkeit, sich ein Gerät zu beschaffen und damit ÖRR zu empfangen. Das hat im Privatbereich genügt. Im gewerblichen Bereich gehen die Richter davon aus, dass es einen zusätzlichen (!) Vorteil dadurch gäbe, dass der Hotelbetreiber z.B. mit dem Empfang werben könne (jetzt geht es um die konkrete  Möglichkeit, dass Rundfunk empfangen werden kann, dadurch dass man faktisch ein Gerät vorhält). Wenn ich immer nur von "der Möglichkeit" spreche, wird der Unterschied nicht deutlich. Und dann komme ich ins Rutschen. (Es wäre etwa so, wenn jeder IHK-Beiträge zahlen müsste, weil er ja theoretisch ein Unternehmen gründen könnte, und dann noch einen, wenn er es gegründet hat). Man müsste sich mal entscheiden, was genau der Vorteil sein soll. Davon hängt es dann auch ab, ob es eine Steuer sein muss oder ein Beitrag sein kann.

(2) Es könnte sein, dass den Richtern in diesem Fall die Ausmaße des Rundfunkbeitrags für die Hostelbetreiberin klar geworden sind und sich ihre Herzen für sie geöffnet haben. Bei den Bettenpreisen eines Hostels wirkt sich ein Drittelbeitrag so stark aus, dass der Hostelbetreiber dichtmachen kann. Diese These halte ich für (abstrakt) möglich, aber (konkret) unwahrscheinlich, da dem BVerwG bislang wirtschaftliche Betrachtungen egal waren.

(3) Mittlerweile hat sich der Berichterstatter des BVerfG (gemeinsam mit seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern) intensiv mit der Rundfunkabgabe befasst. Es würde mich nicht verwundern, wenn die Richterschaft der Bundesgerichte ab und zu miteinander in Kontakt treten und sich auch über inhaltliche Fragen mal ganz unverbindlich austauschen. Möglicherweise hat es von Seiten des BVerfG Signale gegeben, dass die Rundfunkabgabe nicht ganz durchgehen wird. Jetzt versucht das BVerwG Schadensbegrenzung. Logik hin oder her.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Cali am 03. Oktober 2017, 11:17
(4) Den Gerichten wird jetzt langsam klar, dass seit der Vorlage am EuGH das ganze eh aufgerollt werden wird...

Einer mir bekannten Person, dessen auf reinem EU Recht basierten Klage gegen den RBB vom Januar 2016, liegt seit über einem Jahr auf Eis, ohne dass da irgendwas ausgesetzt oder Ruhend gestellt wurde.

Man könnte meinen, dass die Richter doch genau wissen, was sie tun und was das für sie bedeutet, wenn sie aktiv gegen EU-Recht verstoßen.

Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: azdb-opfer am 04. Oktober 2017, 22:49
Es würde mich nicht verwundern, wenn die Richterschaft der Bundesgerichte ab und zu miteinander in Kontakt treten und sich auch über inhaltliche Fragen mal ganz unverbindlich austauschen. Möglicherweise hat es von Seiten des BVerfG Signale gegeben, dass die Rundfunkabgabe nicht ganz durchgehen wird.

Meine Vermutung:
Das BVerwG hat den Fragenkatalog des BVerfG vom 30.08.2017 zur Kenntnisnahme erhalten. Danach hatten sie 4 Wochen Zeit um das Urteil zu schreiben. Die Signale waren die 9 Fragen aus dem BVerfG-Schreiben.
Die BVerwG-Richter haben danach erkannt, dass mindestens eine Gruppe (noch vor dem BVerfG-Urteil) unbedingt befreit werden muss, um die Einstufung als "Beitrag" zu "retten". Dabei haben sich die Richter wie ein Elefant im Porzellanladen verhalten.
Andere Gruppen konnten sie aber nicht mehr befreien, die Nichtnutzer und Zweitwohnungsinhaber haben längst Verfassungsbeschwerden gegen ihre BVerwG-Urteile eingelegt.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: drboe am 05. Oktober 2017, 09:01
Es ist ganz einfach: beim BVerwG arbeiten gute Juristen. Solchen muss man einfach jeden Murks nachsehen, sie können nicht anders.

Zitat
"Der königliche Landgerichtsrat Alois Eschenberger war ein guter Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand." (Ludwig Thoma)

M. Boettcher

der selbst Juristen in der Familie hat. 8)
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: maxkraft24 am 07. Oktober 2017, 17:17
Es ist ganz einfach: beim BVerwG arbeiten gute Juristen. Solchen muss man einfach jeden Murks nachsehen, sie können nicht anders.

 </Ironie aus>


Wie wir hier gleich deutlich sehen werden, erkennen die BVerwG Juristen schlicht die Rechtsprechung des BVerfG/EuGH nicht an. Wenn das kein Vorsatz ist!

Persönlich würde ich diese mit Absicht wesentliche Aspekte und höchste Rechtsprechung ignorierenden Juristen des BVerwG wegen Rechtsbeugung auf der Anklagebank gerne sitzen sehen.
In "meiner" Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht vom 16.03.2016 hat Herr RA Bölck auf die Entscheidung des BVerfG vom 27.7.1971 und auf die des EuGH vom 13.12.2007 verwiesen, wonach die Rundfunkabgabe keine Gegenleistung darstellt und sie auch kein Entgelt für eine Leistung ist.
Die erneute Wiederholung der BVerfG/EuGH Entscheidungen bei der dann eingereichten Gehörsrüge zum Urteil vom 18.03.2017 wurde von diesen BVerwG Juristen erneut ignoriert.

Hier die Belege:

Punkt 1 der Gehörsrüge:
Zitat
1. Vortrag dazu, dass die Wohnungs- und Betriebsstättenabgabe (WBA) keine Gegenleistung für etwas ist

Im Schriftsatz vom 31.05.2015 unter Nr. 1.2 und im Schriftsatz vom 13.03.2016 unter Nr. 2 wurde vorgetragen, dass die WBA keine Gegenleistung und kein Entgelt für etwas ist.

Diese Rechtsfrage ist entscheidungserheblich.

In seiner Entscheidung vom 27.07.1971, 2 BvF 1/86 2 BvF 1/68* u. a., Juris Rz. 39 und 41, hat das BVfG entschieden, dass die an die jeweilige Landesrundfunkanstalt zu zahlende Vorzugslast (damals: die Gebühr; jetzt: „Beitrag“) keine Gegenleistung für eine Leistung ist und auch kein Entgelt für die „durch den Rundfunk gebotenen Leistungen i. S. eines Leistungsaustausches“ ist. Im Schriftsatz vom 13.03.2016 wurde zudem vorgetragen, dass kein Gegenleistungsverhältnis vorliegt, was sich aus dem Urteil des EuGH vom 13.12.2007 in der Rechtssache C-337/06 (Rz. 44 und 45) ergibt.

Denn wenn bereits das BVfG und das EuGH entschieden haben, dass die an die jeweilige Landesrundfunkanstalt zu zahlende Abgabe keine Gegenleistung ist, darf das BVwG diese Abgabe nicht als Gegenleistung für die Programmangebote bewerten.

Der Vortrag des Klägers wurde nicht zur Kenntnis genommen und nicht in Erwägung gezogen.

Dieses ergibt sich aus der Tatsache, dass das BVwG sich inhaltlich nicht damit befasst und sich nicht argumentativ damit auseinandersetzt, dass die WBA nach der Rechtsprechung des BVfG und EuGH keine Gegenleistung ist.

Wenn das BVwG zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hätte, dass die WBA keine Gegenleistung ist, hätte es diese nicht als eine Gegenleistung bewertet.

Wenn es sich bei der WBA nicht um eine Gegenleistung handelt, fehlt es an der Voraussetzung für einen Beitrag.

Dann ist die verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Erhebung eines Beitrages nicht gegeben. Sodann hätte das BVwG die Rechtssache nach Art. 100 Abs. 1 GG dem BVfG vorgelegt. Das BVfG würde der Gerichtsvorlage entsprechen.“


Die BVerwG Juristen schreiben in der Entscheidung zur Gehörsrüge vom 9. Juni 2016:

Zitat
„Die Anhörungsrüge des Klägers gegen das Urteil des Senats vom 18. März 2016 – BVerwG 6 C 7.15“ wird zurückgewiesen.

Der Senat hat die erneut angesprochenen Gesichtspunkte in den Gründen des Revisionsurteils vom 18. März 2016 -
BVerwG 6 C 7.15 – allesamt abgehandelt;“

Hat er nicht, denn in dem Revisionsurteil vom 18.03.2016 schreiben die Richter des BVerwG unter der Rz. 52:

Zitat
„Ebenso wie die Rundfunkgebühr wird der Rundfunkbeitrag als Gegenleistung für das Rundfunkprogrammangebot erhoben“

Wie wir hier deutlich sehen können, erkennen die BVerwG Juristen schlicht die Rechtsprechung des BVerfG/EuGH nicht an. Wenn das kein Vorsatz ist!


Könnt Ihr das an die Presse herantragen?


Edit DumbTV:
*Bei 2 BvF 1/86 handelt es sich um einen Zahlendreher und wurde auf 2 BvF 1/68 korrigiert
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: marga am 07. Oktober 2017, 17:41
(...) Wie wir hier deutlich sehen können, erkennen die BVerwG Juristen schlicht die Rechtsprechung des BVerfG/EuGH nicht an. Wenn das kein Vorsatz ist! (...)

Dieser Vorsatz wurde bereits in diesem Thema aufgedeckt:

So unabhängig sind unsere Richter

Zitat
Es gibt keine unabhängige 3. Staatsgewalt.

Zitat vom Vorsitzenden des deutschen Richterbunds Thüringen:

(…) und ich bin wirklich, das ist meine feste ÜBERZEUGUNG, die hab ich auch schon zum Festakt des Richterbundes gesagt, dass ist der einzig grundgesetzlichen Auftrag der bis heute nicht erfüllt ist, dass die „UNABHÄNGIGE JUSTIZ TATSÄCHLICH DA IST, DIE 3. STAATSGEWALT“ Wir gelten als „FOLGEBEREICH DES JUSTIZMINISTERIUMS“ (…)

Guggst du hier:
So unabhängig sind unsere Richter
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16470.msg129905.html#msg129905
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Besucher am 07. Oktober 2017, 20:10
Könnte oder würde denn das nicht den Tatbestand...

...
Die erneute Wiederholung der BVerfG/EuGH Entscheidungen bei der dann eingereichten Gehörsrüge zum Urteil vom 18.03.2017 wurde von diesen BVerwG Juristen erneut ignoriert.
...
Punkt 1 der Gehörsrüge:
...
Zitat
Im Schriftsatz vom 31.05.2015 unter Nr. 1.2 und im Schriftsatz vom 13.03.2016 unter Nr. 2 wurde vorgetragen, dass die WBA keine Gegenleistung und kein Entgelt für etwas ist.
...
In seiner Entscheidung vom 27.07.1971, 2 BvF 1/68 u. a., Juris Rz. 39 und 41, hat das BVfG entschieden, dass die an die jeweilige Landesrundfunkanstalt zu zahlende Vorzugslast (damals: die Gebühr; jetzt: „Beitrag“) keine Gegenleistung für eine Leistung ist und auch kein Entgelt für die „durch den Rundfunk gebotenen Leistungen i. S. eines Leistungsaustausches“ ist. Im Schriftsatz vom 13.03.2016 wurde zudem vorgetragen, dass kein Gegenleistungsverhältnis vorliegt, was sich aus dem Urteil des EuGH vom 13.12.2007 in der Rechtssache C-337/06 (Rz. 44 und 45) ergibt.
...
Der Vortrag des Klägers wurde nicht zur Kenntnis genommen und nicht in Erwägung gezogen.

Dieses ergibt sich aus der Tatsache, dass das BVwG sich inhaltlich nicht damit befasst und sich nicht argumentativ damit auseinandersetzt, dass die WBA nach der Rechtsprechung des BVfG und EuGH keine Gegenleistung ist.
...
Dann ist die verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Erhebung eines Beitrages nicht gegeben. Sodann hätte das BVwG die Rechtssache nach Art. 100 Abs. 1 GG dem BVfG vorgelegt. Das BVfG würde der Gerichtsvorlage entsprechen.“


Die BVerwG Juristen schreiben in der Entscheidung zur Gehörsrüge vom 9. Juni 2016:

Zitat
„Die Anhörungsrüge des Klägers gegen das Urteil des Senats vom 18. März 2016 – BVerwG 6 C 7.15“ wird zurückgewiesen.

Der Senat hat die erneut angesprochenen Gesichtspunkte in den Gründen des Revisionsurteils vom 18. März 2016 -
BVerwG 6 C 7.15 – allesamt abgehandelt;“

Hat er nicht, denn in dem Revisionsurteil vom 18.03.2016 schreiben die Richter des BVerwG unter der Rz. 52:

Zitat
„Ebenso wie die Rundfunkgebühr wird der Rundfunkbeitrag als Gegenleistung für das Rundfunkprogrammangebot erhoben“

Wie wir hier deutlich sehen können, erkennen die BVerwG Juristen schlicht die Rechtsprechung des BVerfG/EuGH nicht an. Wenn das kein Vorsatz ist!
...

...von Willkür, oder aber ggf. je nachdem auch des "Entzuges des gesetzlichen Richters" erfüllen, wie es sowohl im GG als auch im europäischen Gesetzeskanon untersagt ist? Sollte es da also nicht entsprechend rechtliche Ansatzmöglichkeiten evtl. sogar mehrfacher Art geben? Natürlich fällt den verantwortlichen Herrschaften im Zweifel gewiss irgendeine faule Ausrede ein, um nicht offiziell drangekriegt werden zu können - aber der Sachverhalt selber sollte doch angegangen werden können, so schön aktenkundig, wie er ja zu sein scheint.?

Doch per Presse? Welcher? Allgemein? Da wäre ein fiktiver Besucher höchst skeptisch, setzte das doch erstmal voraus, dass da überhaupt Leute mit Ahnung vom Thema Recht sitzen, sich also kompetent äußern könnten. Weitere Voraussetzung - diese müssten wollen bzw. dürfen (im Sinne dessen, dass deren Traktat nicht später in der Red.sitzung abgeschossen wird, da diese (oder auch der Chefredakteur) "nicht unangenehm in der Öffentlichkeit auffallen" möchte. Was die Frage bzgl. der Kompetenz anlangt, gab es bspw. mal einen bei der Süddeutschen Zeitung, den Prantl (ehemaliger Richter), aber der ist wohl auch nicht mehr das, was er mal war. Und die Süddeutsche Zeitung möchte es sich ferner garantiert auch nicht mit dem ÖRR bzw. einzelnen "Anstalten" verscherzen (denn wer weiss, was diese evtl. im Rahmen des berüchtigten "Rechercheverbundes" an Zwangsgeldern vom ÖRR erhält, damit sie nicht womgl. irgendwann Pleite macht (u. a. wegen ihrer aussenpolitischen Hetze der Vergangenheit & sicher auch heute noch)).

Abseits dessen - die unerschrockene Presse hatte sich doch seinerzeit nicht mal das Einsperren besagter Mutter mit Säugling (und auch die spätere öffentliche Lüge der ÖRR-Anstalt, sie habe mit der Festsetzung der Erzwingungshaft ja üüüüüüberhaupt nichts zu tun) auch nur das allermüdeste A....-Runzeln kosten lassen? Oder hatte der Besucher das verpasst?

Fachpresse? Schon eher. So etwas wie NJW, das wäre schon etwas, da müsste aber ein renommierter Anwalt / Rechtswissenschaftler dran, sofern die sich überhaupt auf *dem* unterirdischen Niveau bewegen möchten.  Was hatte denn im übrigen überhaupt Herr Boelck selbst zu diesem skandalösen Ablauf gesagt, bzw. gemacht?
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Peli am 07. Oktober 2017, 21:11
Das Bundesverwaltungsgericht ist staatsnah bis staatshörig. Es traut sich nicht, seinem (Dienst-) Herrn zu widersprechen, obwohl es ganz genau erkennt, dass die Anbindung des Rundfunkbeitrages an die Wohnung in einer Fülle von Teilaspekten an sich rechtswidrig ist. Man windet sich, springt hin und her, aber der große Wurf kann einfach nicht gelingen. Zu nah ist man dem Dienstherrn verbunden. Statt ganz offen zu erklären, dass hier eine Fülle von Rechten der Bürger verletzt werden, kommt ein großes "der Dienstherr liegt richtig" + ein ein kleines bißchen Mischsoße "aber im diesem speziellen Einzelfall sieht es anders aus .." heraus.

Für den großen Wurf ist man schlicht zu nah am Brötchengeber dran.., für den Kindesausspruch "der Kaiser ist ja nackt!" ist man schlicht zu feige.

LG Peli
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: maxkraft24 am 08. Oktober 2017, 10:03
Könnte oder würde denn das nicht den Tatbestand...
...von Willkür, oder aber ggf. je nachdem auch des "Entzuges des gesetzlichen Richters" erfüllen,

...
Was hatte denn im übrigen überhaupt Herr Boelck selbst zu diesem skandalösen Ablauf gesagt, bzw. gemacht?

Kann mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern.

Damit die Sache jedoch ins Rollen kommt, ist es wichtig, die Sache öffentlich zu machen. Hier sind wir selbst in der Pflicht, falls uns etwas an unserem sog. Rechtsstaat und unabhängiger Justiz liegt.


Bezug:

Zitat
Wie wir hier gleich deutlich sehen werden, erkennen die BVerwG Juristen schlicht die Rechtsprechung des BVerfG/EuGH nicht an. Wenn das kein Vorsatz ist!
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24709.msg156915.html#msg156915

Anm.: Beitrag inkl. Belege
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Markus KA am 26. Oktober 2017, 22:33
Als möglichen Anknüpfungspunkt zu diesem Thema, möchte ich gerne auf einen weiteren möglichen Widerspruch in den uns bekannten Urteilen des BVerwG zu sprechen kommen.

Der Titel dieses Widerspruches könnte heissen:

Vorhandene Geräte und ihre tatsächliche Nutzung

Das BVerwG behauptet in seinem Urteil BVerwG 6 C 6.15 vom 18. März 2016, Rz 30:

Zitat
"Es war bereits für die Rundfunkgebühr allgemein anerkannt, dass das Bereithalten eines empfangsbereiten Geräts darauf schließen lässt, dass es auch für den Programmempfang genutzt wird."

Das Gericht setzt in seiner Begründung lapidar fest und behauptet, dass das Bereithalten eines Empfangsgerätes gleich dem Nutzen des öffentlich-rechtlichen Programmes entspricht!

Das Gericht geht nicht weiter auf das Thema Nutzung ein. Warum wohl?

Vielmehr stürzt sich das Gericht in seiner Begründung auf das Thema der vorhandenen Empfangsgeräte Rz 29:

Zitat
"Diese Annahme ist aufgrund des tatsächlichen Befunds berechtigt, dass Wohnungen weitestgehend mit Empfangsgeräten ausgestattet sind. Nach dem Jahrbuch des Statistischen Bundesamts für 2012 liegt der Anteil der privaten Haushalte mit Fernsehgeräten bei 96,2 %. Darüber hinaus verfügen 81 % der privaten Haushalte über einen stationären oder mobilen Personalcomputer, 77 % über Internetzugang und 72 % über einen Zugang zu einer Breitband-Internetverbindung (S. 174 und 204). Nach den Angaben in Media Perspektiven 1/2011 liegt die Ausstattung der privaten Haushalte mit Fernsehgeräten bei 97 %, mit einem Personalcomputer bei 77 % (S. 2 f.). "

Nun hat das Gericht festgestellt, aus mehr oder weniger unabhängigen Zahlen,  dass 96 bis 97 % der privaten Haushalte ein Empfangsgerät besitzt und behauptet somit in seinem Urteil gleichzeitig 96 bis 97 % der privaten Haushalte würden das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nutzen.

Das Gericht liefert, möglicherweise wohlwissend, dass es dieser Behauptung nicht standhalten wird, keine Zahlen unabhängiger Gutachten oder Statistiken.

Stattdessen behauptet das Gericht zurecht und widerspricht sich dadurch selbst RZ 30:

Zitat
Die statistischen Daten belegen die Behauptungen nicht, in Millionen privater Haushalte werde bewusst auf die Möglichkeit des Rundfunkempfangs verzichtet.

Die statistischen Daten belegen nämlich auch nicht, dass in privaten Haushalten die Möglichkeit des Rundfunkempfangs genutzt wird.

Das BVerwG setzt in seinem Urteil die Nutzung der Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Grundlage für den Rundfunkbeitrag voraus, lässt aber den Kläger diesbezüglich mit der Präsentation entsprechender aussagekräftiger Zahlen, die den Sachverhalt belegen, im Dunkeln.

Wer kann aussagekräftige Zahlen über die tatsächlich Nutzung des ÖRR liefern?
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: drone am 27. Oktober 2017, 01:01
Wer kann aussagekräftige Zahlen über die tatsächlich Nutzung des ÖRR liefern?
Ich bin mittlerweile ziemlich sicher, dass diese überhaupt nicht existieren, und niemals existiert haben. Da wurde m.E. Statistik "passend interpretiert".

Auch das Statistische Bundesamt liefert nur die Zahlen zur "Ausstattung privater Haushalte mit Unterhaltungselektronik" (1998-2017, nach unten scrollen),
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Unterhaltungselektronik_D.html (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Unterhaltungselektronik_D.html)
die in etwa mit den von Dir oben aus dem BVerwG-Urteil zitierten korrelieren, aber keine Aussagekraft hinsichtlich einer tatsächlichen "ÖRR-Nutzung" haben (können).

Außerdem dürfte das
Zitat
"Es war bereits für die Rundfunkgebühr allgemein anerkannt, dass das Bereithalten eines empfangsbereiten Geräts darauf schließen lässt, dass es auch für den Programmempfang genutzt wird."
m.E. völlig irrelevant sein, da es darauf seit Einführung des "Rundfunkbeitrages" überhaupt nicht mehr ankommt.
Ein zu einem späteren Zeitpunkt anderslautend gesprochenes Urteil durfte wohl als "Ausnahme" nur die Regel bestätigen ;-)
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: ChrisLPZ am 27. Oktober 2017, 05:48
Auch das Statistische Bundesamt liefert nur die Zahlen zur "Ausstattung privater Haushalte mit Unterhaltungselektronik" (1998-2017, nach unten scrollen),
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Unterhaltungselektronik_D.html (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Unterhaltungselektronik_D.html)
die in etwa mit den von Dir oben aus dem BVerwG-Urteil zitierten korrelieren, aber keine Aussagekraft hinsichtlich einer tatsächlichen "ÖRR-Nutzung" haben (können).

Siehe auch Diskussion unter:
BVerwG: Protokoll der Urteilsverkündung vom 18. März 2016
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17946.msg117995.html#msg117995 ff.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: volkuhl am 27. Oktober 2017, 06:22
...
Auch das Statistische Bundesamt liefert nur die Zahlen zur "Ausstattung privater Haushalte mit Unterhaltungselektronik" (1998-2017, nach unten scrollen),
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Unterhaltungselektronik_D.html (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Unterhaltungselektronik_D.html)
die in etwa mit den von Dir oben aus dem BVerwG-Urteil zitierten korrelieren, aber keine Aussagekraft hinsichtlich einer tatsächlichen "ÖRR-Nutzung" haben (können).
...

Zahlen vom statistischen Bundesamt sind in diesem Zusammenhang irrelevant. Es müssten für jedes Bundesland belastbare Daten vorliegen, was offenbar nicht der Fall ist (worauf RA Bölck auch auf den Demos in KA und B schon hingewiesen hat).

Wenn ich mich recht erinnere, enthält der Fragenkatalog des BVerfG eine entsprechende Frage, die genau diese Thematik erfasst.
 
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Markus KA am 27. Oktober 2017, 11:24
Richtig, alle Welt stürzt sich auf die eine Aussage des Gerichtes bezüglich der Anzahl der Empfangsgeräte ungeachtet der zweiten Aussage des Gerichtes, der tatsächlichen Nutzung.

Das Gericht begründet gerade die Verfassungsmäßigkeit der Einführung des Rundfunkbeitrages mit den Argumenten, es lägen ausreichend Wohnungen mit Empfangsgeräten vor und deswegen läge auch eine ausreichende tatsächlichen Nutzung des Programmangebotes des öffentlich-rechtichen Rundfunks vor.

Aber die Frage hierzu lautet nun, ist die tatsächliche Nutzung 96-97% oder ist dieses Argument haltlos, liegt hier ein Widerspruch zwischen Urteilsbegründung und Wirklichkeit vor und ist dadurch der Rundfunkbeitrag doch verfassungswidrig?

Nutzen wirklich alle, die ein Empfangsgerät besitzen, auch die Programme des ÖRR?

"Quod esset demonstrandum."
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: volkuhl am 27. Oktober 2017, 11:34
...
Aber die Frage hierzu lautet nun, ist die tatsächliche Nutzung 96-97% oder ist dieses Argument haltlos, liegt hier ein Widerspruch zwischen Urteilsbegründung und Wirklichkeit vor und ist dadurch der Rundfunkbeitrag doch verfassungswidrig?

Nutzen wirklich alle, die ein Empfangsgerät besitzen auch die Programme des ÖRR?

"Quod esset demonstrandum."

und die Frage der tatsächlichen Nutzung müsste noch für jedes Bundesland separiert betrachtet werden. Wenn z.B. die tatsächliche Nutzung in Meck-Pomm oder Niedersachen bei 96% aller Haushalte läge, muss dass noch lange nicht auf Berlin, Hamburg oder Bremen zutreffen.

Demzufolge kann die Typisierung in einem Bundesland zutreffend sein, in einem anderen, wo z.B. max. 90% der Haushalte überhaupt Geräte vorhalten aber Verfassungswidrig sein.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Markus KA am 27. Oktober 2017, 11:54
Richtig und betrachtet man die Aussage "Bericht der ARD - Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter SEPTEMBER 2017 Fußnote Seite 8:

Zitat
In der Gesamtbetrachtung der Mediennutzung in Deutschland bleiben lineare Angebote weiterhin populär: Immer noch schauen 80 % der Deutschen täglich lineares Fernsehen – die durchschnittliche Sehdauer beträgt 223 Minuten am Tag (Marktanteil der öffentlich-rechtlichen Sender: 46 %). Ein Wert, der seit über sieben Jahren unverändert ist, wie die Ergebnisse der AGF/GfK-Fernsehforschung zeigen.
http://www.ard.de/download/4365050/Bericht_der_ARD_an_die_Laender.pdf (http://www.ard.de/download/4365050/Bericht_der_ARD_an_die_Laender.pdf)

*ups*... wo sind die 96 - 97 % Nutzung am öffentlich-rechtlichen Sender nur geblieben, wovon das BVerwG ausgeht?

Wenn man nun ins Detail geht, dank AGF/GfK-Fernsehforschung und bezugnehmend auf die einzelnen Bundesländer, zeigen und belegen die Nutzungsdaten zum Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein einziges Trauerspiel.

"Quod esset demonstrandum."
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: noGez99 am 27. Oktober 2017, 12:58
Und Achtung, die AGF/GfK-Fernsehforschung erfassen nur die Vielfernseher.
Die anderen bekommen erst gar keine Box.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: volkuhl am 27. Oktober 2017, 13:20
Quelle: https://www.agf.de/forschung/methode/stichprobeanwerbung/

Zitat
Regionale Verteilung

Die Haushalte im Fernsehpanel sind über ganz Deutschland verteilt, wobei gewährleistet ist, dass in jedem Bundesland mindestens 200 repräsentative Haushalte zur Verfügung stehen.

Durch diese Disproportionalität wird sichergestellt, dass auch für kleinere Bundesländer ausreichend Haushalte vorhanden sind. Damit ist die Ausweisung lokaler Fernsehanbieter möglich.

Durch die Gewichtung wird die disproportionale Verteilung der Haushalte aufgehoben, sodass jedes Bundesland in die Datenanalyse mit so vielen Haushalten eingeht, wie es seinem Anteil an der Gesamtbevölkerung entspricht.

(https://www.agf.de/showfile.phtml/forschung/methode/stichprobeanwerbung/170101%20Sollfallzahlen%20Bundesl%C3%A4nder%202017%20-%20XL.png?foid=90967)

Statistik... Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt... (frei nach der Püppie mit den roten Zöpfen)
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Viktor7 am 27. Oktober 2017, 13:20
Wenn die tatsächliche Nutzung mit dem Indiz "Gerät" für die fiktive Unterstellung der Nutzung des ö.-r. Rundfunks für die Verwaltungsrichter nicht ausreicht, ziehen sie sich wiederum auf die Empfangsmöglichkeit zurück.

Dummerweise behaupten jedoch die Richter wahrheitsgemäß, dass fehlende "Geräte" auf Grund des niedrigen Anschaffungspreises keine Hinderung für den Empfang darstellen. Mit dieser Logik ist jedoch der Sondervorteil futsch und damit der Rundfunkbeitrag kein Beitrag im rechtlichen Sinne mehr.  >:D

Soll die Nutzungs-Möglichkeit einen Sondervorteil (erforderlich für eine Beitragsabgabe) ergeben, dann muss es eine zahlende Gruppe geben, die den Sondervorteil hat und es muss eine nicht beitragspflichtige Gruppe geben, die den Sondervorteil nicht hat. Das ergibt sich aus der folgenden BVerfG Rechtsprechung:

Zitat
„Werden Beiträge erhoben, verlangt der Art. 3 Abs. 1 GG, dass eine Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll.“ Quelle: 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10, Beschluss vom 25. Juni 2014 , RZ 51
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2014/06/rs20140625_1bvr066810.html

Beim Rundfunkbeitrag wird jedoch überhaupt nicht nach den Beitragspflichtigen mit Vorteil und nicht Beitragspflichtigen ohne Vorteil differenziert. Es wird auch nicht berücksichtigt, ob die Möglichkeit erwünscht oder unerwünscht ist. Damit ist die Typisierung nach Wohnungsinhabern vollkommen ungeeignet. Die finanzielle Gleichbehandlung der Nichtnutzer sowie der aus Sorge vor Repressalien zahlenden Nichtnutzer und der Nutzer des ö.-r. Rundfunks verstößt gegen den Artikel 3 Abs.1 GG.

Die Härtefälle, Befreiung der Konsulate, ... werden nicht nach dieser BVerfG Regel bestimmt und sind damit für die Differenzierung nach Art. 3 Abs. 1 GG zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils nicht relevant.

Die theoretische Nutzungs-Möglichkeit ist eine Fiktion, genau wie die Möglichkeit ins Fußballstadion zu gehen oder einen Flug nach Mallorca zu buchen. Die Möglichkeit kann erwünscht oder unerwünscht sein. Die theoretische Nutzungs-Möglichkeit hat die ganze Allgemeinheit. Somit existiert der Sondervorteil gar nicht. Er hat sich in Luft aufgelöst. Es wird eine Eventualität bebeitragt, welche die Allgemeinheit ohnehin durch tausend andere Quellen/Internet schon hat. Es soll eine vermeintliche Leistung bezahlt werden, die der Bürger weder bestellt hat, noch im Einzelfall auch will. Für die Nichtnutzer des ö.-r. Rundfunks und die Millionen Bürger, die aus Sorge vor Repressalien aktuell noch die Zwangs-Zahlungen leisten, wandelt sich der vorgegaukelte Vorteil in eine finanzielle Nötigung und psychische Belästigung.

Die Logik der Zahlungspflicht ist fehlerhaft, denn damit wird den Nichtnutzern und den aus Sorge vor Repressalien zahlenden Mio. Nichtnutzern der öffentlich-rechtlichen Programme die nicht gewollte Nutzungsmöglichkeit (Eventualität) fiktiv zugerechnet. Die Zurechnung ist vollkommen abwegig. Das darf der Gesetzgeber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 31, 314 nicht:

Zitat
„Es darf indessen nicht außer acht gelassen werden, daß sich der Gesetzgeber nicht beliebig der Fiktion bedienen kann. Ihm sind unter anderem bestimmte Grenzen auch dadurch gesetzt, daß der Verfassungsgesetzgeber, wenn er direkt oder indirekt auf Begriffe Bezug nimmt, die er der allgemeinen Rechtsordnung entlehnt, diese nicht mit einem beliebigen Inhalt füllen kann.“
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: art18GG am 27. Oktober 2017, 15:19
Dummerweise behaupten jedoch die Richter wahrheitsgemäß, dass fehlende "Geräte" auf Grund des niedrigen Anschaffungspreises keine Hinderung für den Empfang darstellen.
Kannst du hierzu bitte mal eine Quelle nennen?

Ich kenne jemanden, der in seinen Klagen genau das Gegenteil behauptet hat; nämlich dass man wegen der hohen Anschaffungskosten nicht erwarten kann, dass jeder über Geräte verfügt. Belegt wird dieser fehlende Gerätebesitz aller Bürger damit, dass es für die Sozialbehörden keine Pflicht zur Finanzierung von Rundfunk- und Fernsehgeräten für Bedürftige gibt.
Das Verwaltungsgericht ist in dem Urteil meines Bekannten auf diese Argumentation gar nicht eingegangen. Daher würde mich interessieren, aus welchem Urteil du diese Feststellung entnommen hast.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Viktor7 am 27. Oktober 2017, 16:03
Dummerweise behaupten jedoch die Richter wahrheitsgemäß, dass fehlende "Geräte" auf Grund des niedrigen Anschaffungspreises keine Hinderung für den Empfang darstellen.
Kannst du hierzu bitte mal eine Quelle nennen?
...

Bitteschön:
Zitat
Quelle: Urteil des 2. Senats des OVG Münster vom 12.03.2015, 2 A 2423/14
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/2_A_2423_14_Urteil_20150312.html
Rz. 118:
Die Verbreitung der herkömmlichen wie modernen Empfangsgeräte ist nahezu flächendeckend. Empfangsgeräte sind, wie ihre weite Verbreitung in allen Bevölkerungskreisen zeigt, auch für Personen mit geringem Einkommen erschwinglich, weshalb ihre Anschaffung kein beachtliches Hindernis für eine Programmnutzung darstellt.

Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 112.

Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -
https://openjur.de/u/691887.html bei Rz. 224
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: drboe am 27. Oktober 2017, 18:10
Das BVerwG behauptet in seinem Urteil BVerwG 6 C 6.15 vom 18. März 2016, Rz 30:
Zitat
"Es war bereits für die Rundfunkgebühr allgemein anerkannt, dass das Bereithalten eines empfangsbereiten Geräts darauf schließen lässt, dass es auch für den Programmempfang genutzt wird."
Das Gericht setzt in seiner Begründung lapidar fest und behauptet, dass das Bereithalten eines Empfangsgerätes gleich dem Nutzen des öffentlich-rechtlichen Programmes entspricht!

Das entstammt der "Rundfunkgebühren" Argumentation.  Schon zur Zeit der  Rundfunkgebühr kam es bekanntlich auf die Nutzung des ÖR-Rundfunks nicht an. Es genügte die technische Möglichkeit, die mit einem Gerät allerdings in der Tat gegeben war und ist. Da die Wohnung gemäß §13 GG besonders geschützt ist, konnte und kann niemand feststellen, ob man den ÖR-Rundfunk nutzte oder nicht, ohne gegen elementare Grundrechte zu verstoßen. Ich würde den Schutzbereich der Wohnung nicht noch weiter  aufweichen wollen, als es z. B. mit dem Lauschangriff usw. eh schon der Fall ist.

Aber die statistischen Aussagen sind sicher angreifbar. Das BVerwG stützt sich ja auf Aussagen, wie die, dass

- 96 bis 97 % der privaten Haushalte ein Empfangsgerät
- 81 % der privaten Haushalte über einen stationären oder mobilen Personalcomputer

- 77 % über Internetzugang und 72 % über einen Zugang zu einer Breitband-Internetverbindung

verfügen.

1. Haushalt != Wohnung
Die Anzahl der Haushalte ist nicht identisch mit den Wohnungen. In einer Wohnung können mehrere Haushalte existieren. So kann z. B. jeder Bewohner einer WG einen eigenen Haushalt bilden. Das war früher ein Argument dafür, dass jedes WG-Mitglied, so jeweils ein Gerät vorhanden war, die Rundfunkgebühr zahlen musste.

Wer sich über != wundert: mit dem Ausrufezeichen vor dem Gleichheitszeichen signalisiert man, dass die beiden verknüpften Begriffe ungleich sind.

2. Personalcomputer
Ein Personalcomputer kann nicht automatisch Rundfunk- und/oder Fernsehprogramme empfangen. Er muss dazu erst entsprechend ausgerüstet werden, z. B. durch eine entsprechende Empfangskarte und eine Antenne, eine DVB-T2 fähigen Stick etc. Bejaht man, dass die Verbreitung von Tönen und Bewegtbildern über das Internet "Rundfunk" ist, - das zu beweifeln wäre durchaus zulässig, das Gericht nimmt es offenbar als gegeben hin, - so wäre das Mindeste ein Breitbandanschluss an das Internet. Über dieses sollen angeblich 72% der Bürger verfügen, was zwar die Majorität ist, jedoch weit außerhalb dessen, was zur Typisierung berechtigen könnte. Ohne eine dieser zusätzlichen Bedingung sagt die Ausrüstungsquote mit PC nicht mehr zurm Radio/TV-Konsum aus als die Ausstattung von Wohnungen mit Kühlschränken, Waschmaschinen, Bügelautomaten oder separater Toilettenräumen.

Grundsätzlich ist die Bezeichnung "neuartiges Empfangsgerät" für PC eine Erfindung der ÖR-Sender und Politiker, mit der man die Zahl der Nutzer des ÖRR nach oben schreiben wollte.

Auch hier gilt, dass die Ausrüstung je "Haushalt" nichts aussagt über die Verbreitung je Wohnung. Ich komme nach kurzer Zählung auf derzeit 6 funktionsfähige mobile Personalcomputer, 4 stationäre PC, ein Mini-Computer (Raspberry-Pi) und 1 sogn. Tablett für zwei Personen in einem gemeinsamen Haushalt. Dazu kommen noch Computer-Teile samt Motherboards, Gehäuse, Speicher und Festplatten, aus denen sich sicher 2-3 weitere PC zusammensetzen ließen. Damit decken wir mindestens 10 Haushalte ab.

3. Breitbandanschluss
Es bleibt unklar, ob 72% aller Haushalte über einen Breitbandanschluss verfügen oder 72% der Haushalte, die einen Internetanschluss besitzen, einen der Qualitätsstufe "Breitband" haben. Zudem stellt sich die Frage, was "Breitband" überhaupt ist. Der erste "Breitbandanschluss" war für viele vermutlich nichts anderes als ISDN, ggf. mit mehreren Kanälen gebündelt. Mein erster DSL-Anschluss kam auf 786 KBit/s Downstream und fühlte sich seinerzeit rasend schnell an. Heute könnte man damit schon kaum noch eine normale, typisch werbeverseuchte Webseite öffnen. Über DSL1000, 2000 und dann 3000 - bezahlt habe ich DSL6000 - verfüge ich heute über einen VDSL-Anschluss mit ca. 48 MBit/s Downstream, mein Upload übersteigt meine höchste frühere DSL-Bandbreite um ca. das 3-fache. Was also ist Breitband? DSL-3000, soviel ist sicher, reichte nicht um einen Film aus der Mediathek der ÖR-Sender ruckelfrei und mit gutem Sound anzusehen. Das aber wäre das Mindeste, was für mich "Breitband" ausmachen würde.

Zudem dürften viele "Haushalte" - ich spare mir die Wiederholung von oben, - mit Breitband mit denen identisch sein, die über Fernseher, Radio und PC verfügen. Durch die Aufzählung weiterer Gruppen werden es folglich weder mehr "Haushalte" noch mehr Nutzer. NB: In Mietwohnungen mit Breitbandkabel muss man das häufig auch dann bezahlen, ohne dass man über geeignete Geräte verfügt. Da wäre man in der Statistik einer mit Breitbandanschluss.

Die Zahlenspiele des BVerwG sind allerdings mit denen der Vorinstanzen identisch und entsprechen 1:1 den "Argumenten" der ÖR-Anstalten. Denen halte man eine Zahl entgegen: zu Zeiten der Rundfunkgebühr waren 100 Prozent aller Empfangsgerätebesitzer* zahlungspflichtig.

M. Boettcher

* Es musste bekanntlich nicht für 100% der Geräte bezahlt werden, sondern nur für das erste Gerät, was leider nichts mit dem Kaufdatum zu tun hatte. Deppenfang wurde seitens der Sender damit betrieben, dass volljährige Personen mit eigenem Einkommen laut entsprechender Werbespots angeblich zahlungspflichtig waren, wenn sich in ihren Räumen ein Empfangsgerät befand. Bei den 'Böttchers' gehörten daher alle Geräte dem, der sie bezahlt hatte, was merkwürdiger Weise nur eine Person traf, nämlich mich. Die Schlafräume wurden natürlich jeden Tag verlost. Ehrenwort!
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: mb1 am 27. Oktober 2017, 18:44
1. Haushalt != Wohnung
Die Anzahl der Haushalte ist nicht identisch mit den Wohnungen. In einer Wohnung können mehrere Haushalte existieren. So kann z. B. jeder Bewohner einer WG einen eigenen Haushalt bilden. Das war früher ein Argument dafür, dass jedes WG-Mitglied, so jeweils ein Gerät vorhanden war, die Rundfunkgebühr zahlen musste.

Das heißt, wenn in 96% der Haushalte Empfangsgeräte stehen, dann stehen in noch mehr Wohnungen Empfangsgeräte.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: pinguin am 27. Oktober 2017, 18:58
Schon zur Zeit der  Rundfunkgebühr kam es bekanntlich auf die Nutzung des ÖR-Rundfunks nicht an. Es genügte die technische Möglichkeit, die mit einem Gerät allerdings in der Tat gegeben war und ist.
Dito der EGMR; siehe

Für EGMR wie EuGH ist eine Rundfunkgebühr eine Steuer
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22224.msg142008.html#msg142008

Zitat
Die Rundfunkgebühr stellt eine Steuer dar, die zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verwendet wird. Nach Ansicht des EGMR verpflichtet der bloße Besitz eines Fernsehgeräts zur  Zahlung der fraglichen Steuer, ob Faccio nun Sendungen auf öffentlich-rechtlichen Kanälen sehen wolle oder nicht.

Nun sind aber EMRK und EGMR kein Teil des EU-Rechts; im EU-Recht ist die freie Entscheidung des Verbrauchers bindend.

Insofern kommt es im Rechtskreis der EU nicht darauf an, ob man etwas nutzen will oder kann, sondern alleine darauf, ob man etwas tatsächlich nutzt.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Markus KA am 27. Oktober 2017, 19:20
BVerwG Pressemitteilung Nr. 66/2017 vom 27.09.2017:
Zitat
Das Bundesverwaltungsgericht kann nicht aufgrund statistischer Daten verlässlich feststellen, dass Hotelzimmer etc. nahezu lückenlos mit Empfangsgeräten oder einem geeigneten Internetzugang ausgestattet sind.
http://www.bverwg.de/pm/2017/66 (http://www.bverwg.de/pm/2017/66)

Das BVerwG stützt sich in seinen Urteilen bzw. seiner Argumentation folgerichtig auf statistische Daten, aber wenn diese nicht vorliegen fehlt der Argumentation die Grundlage und ist somit nicht mehr haltbar, wie am Beispiel "Hotel-Urteil" sichtbar.

Wenn das BVerwG in seiner Argumentation die Behauptung aufstellt, "das Bereithalten eines empfangsbereiten Geräts lässt darauf schließen, dass es auch für den Programmempfang genutzt wird", dann wäre die folgerichtige Aufgabe des BVerwG dies auch mit statistische Daten zu belegen. Dieser Aufgabe kommt das BVerwG aber in diesem Punkt sonderbarerweise, entgegen seiner üblichen Arbeitsweise, absichtlich oder unabsichtlich, nicht nach. Dies ist eigentlich ein Widerspruch und Mangel in der Arbeitsweise des BVerwG.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Philosoph am 27. Oktober 2017, 19:35
Es müsste nicht nur nach dem Vorhandensein etwaiger Rundfunkempfangsgeräte gefragt werden, sondern danach, ob die Typisierung von Handys oder internetfähigen PC als Rundfunkgeräte überhaupt zulässig ist.
Ein Rundfunkgerät kann nur etwas sein, das auch tatsächlich (ohne Nachrüstung, wie oben ausführlich dargestellt) Rundfunk empfangen kann bzw. dazu angeschafft wurde, um Rundfunk zu empfangen.
Bsp.: Ein Fernsehgerät (+ Receiver, denn ohne geht es ja nicht mehr) schaffe ich mir nur dann an, wenn ich auch Fernsehen will. Ebenso das Radio. Diese Geräte gebraucht man typischerweise für den Rundfunkempfang.
Handys oder PC schaffe ich mir aber üblicherweise für andere Verwendungen an: Telefonie, SMS, Kommunikation allgemein, Information ect. aber gerade nicht für den Rundfunkempfang.
Es wird also hier schon falsch typisiert, denn es werden "Multifunktionsgeräte" zu Rundfunkgeräten erklärt, obwohl man sie typischerweise dafür gar nicht verwendet.
Das ist genauso absurd, als würde man Gabeln als Mordwerkzeuge bezeichnen und unter das Waffengesetz fallen lassen, nur weil ich mit der Gabel jemanden erstechen könnte. (Wo kommen nur die Mordgedanken her?)
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Markus KA am 27. Oktober 2017, 23:02
Zusammenfassend kann man sagen, neben der

- sonderbaren Begründung im Hotel-Urteil, in dem das BVerwG nun doch an das Vorhandensein notwendiger Empfangsgeräte anknüpft, sowie neben der

- unbegründeten und fragwürdigen Behauptung, 97% vorhandener Geräte entspräche 97% tatsächliche Nutzung,

kommt natürlich noch der
- Widerspruch zur Wirklichkeit oder der eklatante Irrglaube des BVerwG Az. 6 C 6.15 vom 18. März 2016, Rz 32:
Zitat
"Der Wechsel von dem Anknüpfungsmerkmal "Gerätebesitz" zum Anknüpfungsmerkmal "Wohnung" war sachlich gerechtfertigt, weil die Anknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht an das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts eine zunehmende "Flucht aus der Rundfunkgebühr" ermöglichte."
Hierzu auch:
Die Mär von der "Flucht aus der Rundfunkgebühr" i.V.m. "Erhebungsdefizit"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24715.msg156603.html#msg156603 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24715.msg156603.html#msg156603)

Die Verwaltungsgerichte erwähnen gerne in der mündlichen Verhandlung, dass das BVerwG zur Recht- und Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkzwangsbeitrages bereits geurteilt hat und dass das Verwaltungsgericht dieser Entscheidung folgen wird.

Hierbei sollte jeder Kläger in der mündlichen Verhandlung die Möglickeit nutzen, die drei Widersprüche vorzutragen, mit dem Gericht darüber umfangreich zu diskutieren und um Erklärung bitten.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: drboe am 28. Oktober 2017, 10:51
Es müsste nicht nur nach dem Vorhandensein etwaiger Rundfunkempfangsgeräte gefragt werden, sondern danach, ob die Typisierung von Handys oder internetfähigen PC als Rundfunkgeräte überhaupt zulässig ist.

Das wäre nach derzeitiger, m. E. verfassungswidriger Rechtslage nur der Fall, wenn es auf den Gerätebesitz noch ankäme. Kommt es aber nicht. Der Eiertanz des BVerwG um Geräte in Hotelzimmern zeigt ja gerade, dass man indirekt noch an den Argumenten aus der Zeit der Rundfunkgebühren hängt, während die Politik längst den Anknüpfunkspunkt gewechselt hat. Wenn den Richtern am BVerwG nicht klar sein sollte, dass sie einerseits den eigenen Urteilen widersprechen, ungerechte Unterschiede schaffen, wo keine sind, dann wären sie blöder als man es sich vorstellen kann, müssten ihre Posten räumen und ihre Studienkosten an den Staat zurück zahlen. Ich vermute ja, dass die Richter im vollen Bewusstsein des Unsinns, den sie verzapfen unsägliche Urteile erstellt haben. Vermutlich sind sie sicher, dass es mindestens für sie persönlich folgenlos bleiben wird und sie weiter nach belieben Unsinn als Recht in die Welt setzen können.   

Wer sich die letzten Fassungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags durchliest, ist schier fassungslos, welches Geschwurbel um sogn. neuartige Rundfunkempfangsgeräte gemacht wurde. Dass diese Regeln zudem nicht umgesetzt wurden, für Firmen stets nur ein PC gebührenpflichtig war, wo ansonsten aber für jeden Lautsprecher (Hörstelle) gezahlt werden musste, zeigt welchen Eiertanz man seit Jahren veranstaltet um letztlich jeden zur Zahlung für ÖR-Rundfunk zu verpflichten. Das hat dann mit der Unterstützung namhafter Professoren und mit einem ordentlichen Schuß Dreistigkeit mit der Umstellung auf "Raumeinheiten" geklappt. Wobei auch hier wieder ein Systemfehler vorliegt. Mit der Beitragserhebung für geschäftlich genutzte Kfz hat man nämlich mittelbar am Gerätebezug festgehalten. Wer ein Kfz als "Raumeinheit" mit Firmengebäuden und Wohnungen gleichsetzt, müsste dies folgerichtig auch für Wohnwagen, Anhänger, Kleiderschränke, Seekisten, Container und diverse weitere Objekte tun. Vermutlich denken die Rundfunkbeitragsgurus eh schon über eine Erweiterung der Beitragsgrundlagen nach. Nur Mut Leute, mein Abfalleimer will sicher auch Beiträge zahlen.

M. Boettcher
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: cook am 28. Oktober 2017, 23:21
Wenn den Richtern am BVerwG nicht klar sein sollte, dass sie einerseits den eigenen Urteilen widersprechen, ungerechte Unterschiede schaffen, wo keine sind, dann wären sie blöder als man es sich vorstellen kann, müssten ihre Posten räumen und ihre Studienkosten an den Staat zurück zahlen.

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass
a) Juristen aufgrund ihrer Intelligenz zu Richtern ernannt werden, und
b) Richter wegen ihrer besonderen Leistungen und Fähigkeiten zu Bundesrichtern gewählt werden.

Es zählt das geschriebene Wort. Wenn daraus kein Sinn erkennbar wird, spricht dies gegen den Verfasser. Es gibt kein "in dubio pro scriptor".


Edit "Bürger" @alle:
Bitte hier nicht über Intelligenz und Leistungen von Richtern räsonieren, sondern hier bitte eng und zielgerichtet am eigentlichen Kern-Thema dieses Threads diskutieren, welches da lautet
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
und insbesondere inhaltlich auf die bisherigen (widersprüchlichen) Entscheidungsgründe eingehen soll.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Philosoph am 29. Oktober 2017, 14:32
Die Typisierung aller Wohnender/Wohnungsinhaber gesamtschuldnerisch zu "Beitragsschuldnern" begründet sich durch die fehlerhafte Typisierung, nach der jedes x-beliebige Multifunktionsgerät als Rundfunkempfangsgerät typisiert wurde, ohne überhaupt zu klären:
a) Ist es überhaupt Rundfunk, was damit empfangen werden kann, und
b) Wird ein solches Gerät typischerweise für den Rundfunkempfang genutzt?

Die bisher von den Gerichten zitierten Statistiken geben darüber keinerlei Aufschluss. Damit ist die diesen Irrsinn voraussetzende Typisierung schon totaler Quatsch.

Selbst wenn sich die Statistiken als anwendbar erweisen würden, nach denen in manchen Gebieten ca. 96 % der Bevölkerung Rundfunkempfangsgeräte haben sollen (über andere Gebiete sagt dies nichts aus), dann sagt das noch lange nichts über die Zulässigkeit dieser Typisierung als solcher aus.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Bürger am 29. Oktober 2017, 16:33
fehlerhafte Typisierung, nach der jedes x-beliebige Multifunktionsgerät als Rundfunkempfangsgerät typisiert
Ja, die mehrstufige Typisierung oder auch "Typisierung der Typisierung"...
...ansatzweise auch thematisierung u.a. unter
Klagepunkte Typisierung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12227.msg82247.html#msg82247
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Besucher am 29. Oktober 2017, 20:37
Auch wenn man Dir inhaltlich zustimmt...

...
Die bisher von den Gerichten zitierten Statistiken geben darüber keinerlei Aufschluss. Damit ist die diesen Irrsinn voraussetzende Typisierung schon totaler Quatsch.
...
Selbst wenn sich die Statistiken als anwendbar erweisen würden, nach denen in manchen Gebieten ca. 96 % der Bevölkerung Rundfunkempfangsgeräte haben sollen (über andere Gebiete sagt dies nichts aus), dann sagt das noch lange nichts über die Zulässigkeit dieser Typisierung als solcher aus.

...und man diese netten notorischen Typisierungen® - & das Recht des Gesetzgebers zur Typisierung®, Typisierung® und nochmals Typisierung® zwecks maximaler Vervielfachung der von ÖRR & Konsorten zu verbratenden Zwangsgelder wird von diesen ja mantraartig beschworen - alltagssprachlich als Quatsch bezeichnet (so richtig das alltagssprachlich ist), ist der Begriff letztlich doch etwas unglücklich - jedenfalls bei eventueller Beschränkung auf nur diese Sicht- und damit Bezeichnungsweise.

Denn denkt man über den momentanen Rahmen hinaus, wäre doch zu schauen, ob sich speziell auf oben bezogen (aber ggf. analog auch i. F. Geringverdiener am Existenzminimum, jedoch ohne "Hartz IV-Stern") dafür nicht auch ein im Juristenvokabular vorhandener, adäquater Begriff fände, damit das Ganze auch vor Gericht thematisierbar wird - und man nicht nur wieder dumme Gesichter von Richter und GEZ- / Anstalts-Heini erntet bzw. wieder irgendeinen Sermon, der mit der Sache nichts zu tun hat?

Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Gerichte im obigen Zusammenhang i. S. Zwangsbeitrag bislang keinerlei belegendes statistisches - & überdies auch auf jeweiliger Landesebene gültiges - Material für ihre Aussagen bzgl. angeblich gerechtfertigter Typisierungen® vorlegen können, dies also nicht einmal korrekt zu legitimieren imstande sind (und das auch dem jew. Gesetzgeber überhaupt nicht vorgelegen hat), dann stellen sich doch Fragen.

Nämlich, ob dann nicht bereits auf Gesetzgeber-Ebene (bzw. besser: der Ebene der den RBStV vermutlich verzapfenden Schreiberlinge u. a. in Gestalt der ÖRR-Justiziare oder deren Gewährsleuten) von einer ggf. rechtlich überhaupt nicht zulässigen Fiktion (vgl. BVerfG zum Thema Willkür und "Fiktion" im Gesetzgebungsablauf) zu sprechen wäre? Und auf Seiten der einschlägig bekannten Verwaltungs- oder Oberverwaltungsgerichte von einer demgemäß rechtlich überhaupt nicht zulässigen Fortschreibung bzw. Legitimation dieser überhaupt nicht zulässigen Fiktion - auch da gespeist aus deren ja schon seit längerem offenbar gewordenen Wahn bzw. der Obsession, über ihre schrägen "Rechtsfortbildungen" (ähnlich wie  auch schon im Sommer i. F.  Bargeldausschluss aufgrund der HR-Satzung [mit letztlich deren "Salbung" zum Gesetz durch ein örtliches Gericht] contra bspw. Bundesbankgesetz/BBankG) quasi selbst ein bißchen "Gesetzgeber" zugunsten des ÖRR spielen zu wollen?
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: volkuhl am 29. Oktober 2017, 21:05
...
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Gerichte im obigen Zusammenhang i. S. Zwangsbeitrag bislang keinerlei belegendes statistisches - & überdies auch auf jeweiliger Landesebene gültiges - Material für ihre Aussagen bzgl. angeblich gerechtfertigter Typisierungen vorlegen können, dies also nicht einmal korrekt zu legitimieren imstande sind (und das auch dem jew. Gesetzgeber überhaupt nicht vorgelegen hat), dann stellen sich doch Fragen.
...

...z.B. nach der Art und Weise "unserer" Gesetzgebung: einige wenige (Lobbyisten) denken sich irgendwelchen Humbug aus, und die Landesparlamente können zustimmen oder ablehnen, werden inhaltlich aber in keiner Weise beteiligt.

Manch einer nennt das noch Demokratie... Parteiendiktatur mit und durch "Fraktionszwang" klingt viel näher an der Realität.
Da hat der öffrech seinen Bildungsauftrag wohl weit verfehlt...

...z.B. wie es sein kann, dass sich ein Bundesgericht auf dubiose Statistiken beruft ohne diese zu hinterfragen oder wenigstens auf ihre Relevanz prüft.
Ach ja, die stammen ja von der Beklagtenseite, die bekanntlich weder Fake-News produziert, noch verbreitet...
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Besucher am 29. Oktober 2017, 21:20
Dass der ÖRR bezogen auf den genannten Punkt...

...
...z.B. nach der Art und Weise "unserer" Gesetzgebung: einige wenige (Lobbyisten) denken sich irgendwelchen Humbug aus, und die Landesparlamente können zustimmen oder ablehnen, werden inhaltlich aber in keiner Weise beteiligt.

Manch einer nennt das noch Demokratie... Parteiendiktatur mit und durch "Fraktionszwang" klingt viel näher an der Realität.
Da hat der öffrech seinen Bildungsauftrag wohl weit verfehlt...
...

...seinen Bildungsauftrag weit verfehlt hätte, wäre gewiss eine denkbare Sichtweise. Möglich wäre aber auch eine ganz andere - nämlich, dass er ihn *in vollem Umfang* erfüllt hat. Der Öffentlichkeit  die Rechtmäßigkeit der Vorschriften (und deren Durchsetzung durch Zwang) zu suggerieren, mittels derer sein schönes Füllhorn voll bleiben bzw. bald sogar noch voller werden soll, ist schliesslich vorderstes Anliegen der ÖRR-Sonnenkönige (wie der Damen & Herren Ministerpräsidenten der Länder und der insbesondere ersteren bislang willigst dienstbaren (Verwaltungs-) Gerichte).

Entsprechend würde dann zu gegebener Zeit gewiss auch von Seiten des ÖRR der Hinweis nicht ausbleiben, dass unsere Gesetze doch selbstredend auf 1000%ig demokratische Weise zustande kommen. Für einen Erfolg wäre da natürlich Voraussetzung, dass so viele Mitmenschen wie möglich glauben, hier - mit bzw. in Gestalt der Parteienoligarchie und tausenden Lobbyisten kommerzieller Akteure - herrsche Demokratie.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Philosoph am 31. Oktober 2017, 14:41
...und man diese netten notorischen Typisierungen® - & das Recht des Gesetzgebers zur Typisierung®, Typisierung® und nochmals Typisierung® zwecks maximaler Vervielfachung der von ÖRR & Konsorten zu verbratenden Zwangsgelder wird von diesen ja mantraartig beschworen - alltagssprachlich als Quatsch bezeichnet (so richtig das alltagssprachlich ist), ist der Begriff letztlich doch etwas unglücklich - jedenfalls bei eventueller Beschränkung auf nur diese Sicht- und damit Bezeichnungsweise.

Denn denkt man über den momentanen Rahmen hinaus, wäre doch zu schauen, ob sich speziell auf oben bezogen (aber ggf. analog auch i. F. Geringverdiener am Existenzminimum, jedoch ohne "Hartz IV-Stern") dafür nicht auch ein im Juristenvokabular vorhandener, adäquater Begriff fände, damit das Ganze auch vor Gericht thematisierbar wird - und man nicht nur wieder dumme Gesichter von Richter und GEZ- / Anstalts-Heini erntet bzw. wieder irgendeinen Sermon, der mit der Sache nichts zu tun hat? [...]
Du hast Recht, ich bekenne mich schuldig.
"Quatsch" ist zwar inhaltlich treffend und für Laien vollumfänglich verständlich, für den Politiker/Juristen hingegen nicht genügend euphemisiert.

Von "Fiktion" jedoch bin ich ebenfalls nicht ganz überzeugt. Ich tendiere mehr zu "Willkür", denn dies trifft die fehlerhafte, um nicht zu sagen fiktionale Typisierung, doch im Kerne. Die Typisierung scheitert an der fehlenden Sachnähe der typisierten Sachverhalte, wodurch Ungleiches gleich und Gleiches ungleich behandelt wird. Das ist Willkür und verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Ein "Multifunktionsgerät" ist von seinem Wesen her kein (typisches) Rundfunkempfangsgerät und darf darum auch nicht wie ein solches behandelt werden.
Ein internetfähiger (!) PC ist kein Rundfunkempfangsgerät, weil er keinen Rundfunk- sondern nur einen Internetempfang ermöglicht. Er darf darum auch nicht wie ein solches behandelt werden.
Ein Nicht-Rundfunkteilnehmer ist kein Rundfunkteilnehmer und darf darum nicht als ein solcher behandelt werden.
Ein Geringverdiener/Rentner/Student ohne Bafög etc., dessen Einkommen sich auch schon ohne Zwangsabgabe unterhalb des Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG) befindet oder dieses um weniger als die Zwangsabgabe übersteigt, ist in finanzieller Hinsicht ebensowenig finanziell leistungsfähig wie der nach § 4 Abs. 6 RBStV "Befreiungswürdige", sie sind mit diesen also wesentlich vergleichbar und darum auch ebenso zu behandeln.
Alles andere ist Willkür.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Besucher am 31. Oktober 2017, 15:22
Lieber @Philosoph...

...
Denn denkt man über den momentanen Rahmen hinaus, wäre doch zu schauen, ob sich speziell auf oben bezogen (aber ggf. analog auch i. F. Geringverdiener am Existenzminimum, jedoch ohne "Hartz IV-Stern") dafür nicht auch ein im Juristenvokabular vorhandener, adäquater Begriff fände, damit das Ganze auch vor Gericht thematisierbar wird - und man nicht nur wieder dumme Gesichter von Richter und GEZ- / Anstalts-Heini erntet bzw. wieder irgendeinen Sermon, der mit der Sache nichts zu tun hat? [...]

Du hast Recht, ich bekenne mich schuldig.
"Quatsch" ist zwar inhaltlich treffend und für Laien vollumfänglich verständlich, für den Politiker/Juristen hingegen nicht genügend euphemisiert.

Von "Fiktion" jedoch bin ich ebenfalls nicht ganz überzeugt. Ich tendiere mehr zu "Willkür", denn dies trifft die fehlerhafte, um nicht zu sagen fiktionale Typisierung, doch im Kerne. Die Typisierung scheitert an der fehlenden Sachnähe der typisierten Sachverhalte, wodurch Ungleiches gleich und Gleiches ungleich behandelt wird. Das ist Willkür und verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
...
'

...vielen Dank für die sehr  kompetente und insbesondere weiterführende Replik auf des fiktiven Besucher's Statement. Genau darum war's ihm auch gegangen - & entgegen dem evtl. tatsächl. etwas mißleitenden Wortlaut keineswegs als "Vorwurf" gemeint.

Was die meinerseits bemühte Anschauung des Sachverhaltes als  - mangels deren Anbindung an empirisch vorfindbare Tatbestände - potentiell rechtswidriger "Fiktion" ggü. der benannten Willkür betrifft, schliessen sich beide aus meiner Sicht nicht wechselseitig aus. Ganz im Gegenteil, zumal "Fiktion" - wie oben bzw. in mn. Posting als Begriff benutzt - nicht etwa im Sinne irrationaler geistiger Abläufe gemeint war, sondern als explizit dem Gesetzgeber ja durchaus an die Hand gegebenes Instrument oder Grundlage zur Fassung gesetzlicher Tatbestände (analog etwa der berühmten Zugangsfiktion für (amtliche) Briefpost von 3 Tagen in anderen Zusammenhängen).

Auf genau dem Hintergrund sprach ich auch oben von weiterführend. Denn mit Deiner im übrigen an Beispielen ergebnismäßig korrekten, abschließenden Einordnung als "Willkür" (die natürlich stets vor Gericht mit ihrem Inhalt und auch dem Wege ihres Zustandekommens [hier nämlich Anwendung einer rechtswidrigen "Fiktion"] genau zu belegen wäre), wäre aus Sicht des Besuchers insgesamt und für den Zusammenhang etwas doch recht Brauchbares formuliert. Etwas, worauf ein Richter - jedenfalls einer, der weiter ernstgenommen werden möchte -  in einem entsprechenden Verfahren weit weniger gut noch mit irgendwelchem blödsinnigen Gewäsch oder Ausflüchten wird reagieren können (analog: Anstalts-Heini), als würde man ihm bezogen auf besagte Typisierung einfach kurz & knapp ein "Quatsch" vor die Birne klatschen.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Markus KA am 02. November 2017, 22:42
Ergänzend zur Sammlung der Widersprüche beim BVerw.
Da jetzt aber klar ist, dass die Finanzierungsquelle auch die Finanzierungsweise einschließt, ist jede Änderung an der Art der Finanzierung auch eine Änderung der Beihilfe. Also nicht nur der Kreis der Schuldner, sondern vor allem auch der Anknüpfungspunkt für die Abgabe. Früher Gerät, heute Wohnung. Das ist was vollkommen anderes.
Dieser Hinweis ist durchaus interessant. In der Tat versucht das BVerwG normalerweise seine Aussagen zu begründen oder mit Statistik zu belegen. Ist dies nicht möglich, fällt das Urteil entsprechend zurückhaltend aus (siehe auch "Hotel-Urteil"). Allerdings gibt es für die ein oder anderen Behauptung, wie hier die angeblich selbe "Finanzierungsquelle", tatsächlich keine  Begründung oder Nachweis, dies wird in den Urteilen März 2016 einfach übersprungen. Hier könnte man von einem Widerspruch in der Argumentationsmethode des BVerwG sprechen. (z.B. waren doch Behinderte vor 2013 keine Finanzierungsquelle etc.) Möglicherweise wurde darüber im Forum schon diskutiert...
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: mb1 am 02. November 2017, 23:07
Zitat
z.B. waren doch Behinderte vor 2013 keine Finanzierungsquelle etc.

Ich denke schon, dass man da unterscheiden muss.
Finanzierungsquelle waren alle Gerätebesitzer, also auch Behinderte. Sie waren damals allerdings aus sozialen Gründen befreit von ihrem Finanzierungsanteil.
2011/2012 hat dann das Bundessozialgericht entschieden, dass nicht alle Behinderten vollständig befreit werden dürfen, sondern nur diejenigen, die den Rundfunk praktisch auch gar nicht mehr vollständig erfassen können. Der beträchtliche Rest der Behinderten hat zumindest einen Anteil (also eine Drittelgebühr) zu tragen.
Dies wurde ab 2013 umgesetzt.

Lange Rede, kurzer Sinn:
Auch Befreite sind grundsätzlich Finanzierungsquelle!
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Philosoph am 03. November 2017, 12:18
Finanzierungsquelle waren alle Gerätebesitzer, also auch Behinderte. Sie waren damals allerdings aus sozialen Gründen befreit von ihrem Finanzierungsanteil.
Das ist doch genau der casus knacksus! Früher wurde zur Finanzierung derjenige herangezogen, der ein Empfangsgerät vorrätig gehalten hatte und dem entsprechend ein Interesse am Angebot unterstellt werden konnte (auch wenn viele Gerätebesitzer eher Privatsender bevorzugt haben könnten).
Jetzt wird ja die Abgabe unabhängig vom Gerätebesitz gefordert und damit haben wir eine andere Finanzierungsquelle und die hätte erst mal bei der EU-Kommission abgesegnet werden müssen (ungeachtet dessen, daß sie verfassungswidrig ist).

@Besucher: Keine Sorge, ich habe nichts in den falschen Hals bekommen.  ;)
Aus der Fiktion erwächst Willkür.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: drboe am 03. November 2017, 13:12
@Philosoph: womöglich stand das BVerwG unter dem Eindruck des Ex-Verfassungsrichters Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Kirchhof. Der hat nämlich in seinem Gutachten über die Finanzierung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks im April 2010 ab Seite 74 ausführlich dargelegt, dass
Ja, Prof. Kichhof behaupt gar

Zitat
Die Neuregelung begründet eine Vorzugslast für denselben Vorteil (Leistungsangebot der Rundfunkanstalten), beansprucht die gleiche Finanzierungsquelle (die Finanzkraft der Rundfunknutzer und Gebührenschuldner), behält das Ziel der Finanzierung (die auftragsgemäße, Distanz zu Staat und Markt wahrende Finanzausstattung der Rundfunkanstalten) bei, lässt den Kreis der Abgabengläubiger (die Rundfunkanstalten) und deren Tätigkeitsbereich (den Rundfunkauftrag) schlechthin unberührt.

Wer solches angesichts der tatsächlichen Änderungen der Finanzierung der ÖRR schreibt, ist ein entweder ein ziemlich ungeschickter Lügner, ein Auftragsschreiber oder völlig bar jeder Sachkenntnis. Und das BVerwG ist eifrig dabei solchen Unsinn zu bestätigen. Na toll!

M. Boettcher
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: boykott2015 am 09. November 2017, 17:35
Antwort des Präsidents des Schleswig-Holsteinischen Landtages
https://fragdenstaat.de/anfrage/auerungen-der-kommission-6/

Frage
Zitat
Art. 108 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union:

"(3) Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Artikel 107 mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat."
https://dejure.org/gesetze/AEUV/108.html

1.1.2013 wurde der Rundfunkbeitrag eingeführt. Somit wurde zuvor die im Art. 108 Abs. 3 beschriebene Prozedur korrekt durchgeführt.

Der Landtag hat allen Rundfunkänderungsstaatsvertragen zugestimmt und somit bestätigt, dass die Prozedur korrekt durchlief und Äußerung der Kommission jedes Mal geholt wurde.

1. Bitte schicken Sie mir Information darüber, wann die Kommission vor Einführung der Rundfunkbeiträge unterrichtet wurde und ihre Äußerung dazu.
2. Bitte schicken Sie mir Information darüber, wann die Kommission zu jedem Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der nach 2013 kam,  unterrichtet wurde und ihre entsprechenden Äußerungen.

Antwort
Zitat
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 7. November 2017, in welcher Sie um Übermittlung bestimmter Informationen im Zusammenhang mit der Einführung des Rundfunkbeitrags und den nach 2013 geschlossenen Rundfunkänderungsstaatsverträgen bitten. Hierzu kann ich Ihnen mitteilen, dass eine Notifizierung bei der Europäischen Kommission nach Art. 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) mangels einer entsprechenden Verpflichtung nicht erfolgt ist. Diesbezüglich weise ich auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. September 2017 (Aktenzeichen: 6 B 50/17, abrufbar unter: http://www.bverwg.de/200917B6B50.17.0) hin, in welchem unter Ziffer 12 näher ausgeführt wird, warum die Einführung des Rundfunkbeitrags für den privaten Bereich keine genehmigungsbedürftige Umgestaltung im Sinne von Art. 108 Absatz 3 AEUV darstellte. Mit Blick auf ein derzeit beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängiges Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Tübingen (Aktenzeichen EuGH C-492/17), das u. a. diese Frage betrifft, bekräftigt das Bundesverwaltungsgericht unter Ziffer 11, dass es die gegenteilige Rechtsauffassung nicht teilt.

Angenommen, das Bundesverwaltungsgericht beschlossen hätte, dass eine Verpflichtung existiert und nicht befolgt wurde? Außerdem wäre es natürlich die Frage in diesem Fall, warum das Bundesverwaltungsgericht als Beitragsschuldner selbst nicht früherer dagegen vorging? Also hätte das Bundesverwaltungsgericht nicht anders beschlossen, als "es ist alles in Ordnung". Sonst wäre das Bundesverwaltungsgericht als Beitragsschuldner den Fragen ausgeliefert. Staats- und Landesstellen zahlen Rundfunkbeiträge. Keiner dieser Rundfunkbeitragsschuldner ist gegen den Rundfunkbeitrag.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: PersonX am 09. November 2017, 18:35
Wichtig ist, dass mit der Aussage deutlich ist, dass eine solche Anfrage an die Kommission nicht erfolgt ist.
Warum das der Fall ist, spielt erst im nächsten Schritt eine Rolle.

Somit kann darauf aufgebaut werden, dass keine Anfrage erfolgte.
Hier müsste somit die Kommission um Auskunft ersucht werden, in welchen Fällen eine Anfrage notwendig ist.

Der Rest der Antwort:
http://www.bverwg.de/200917B6B50.17.0 (http://www.bverwg.de/200917B6B50.17.0)
relevant seien

RN 11 und 12
Zitat
[...] Weder das Landgericht Tübingen in seinem Beschluss vom 3. August 2017 noch der Kläger im hiesigen Verfahren setzen sich mit dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelnen auseinander. [...]

Das wichtige steht wohl in diesem Satz. In allem anderen wird nur auf die Urteile vom 18.03.2016, 
15.6.2016 und 25.01.2017 des gleichen Gerichts verwiesen.

Die Beschlüsse vom 18.03.2016 wurden hier im Forum soweit wahrscheinlich ausreichend behandelt.
Die anderen sollten wohl nochmals gesichtet werden.

Die Frage ist nicht ob eine Auseinandersetzung notwendig ist, sondern die Frage muss lauten wer darf darüber entscheiden ob es eine Änderung im Kern ist.

Das sollte an sich nur die Kommission selbst sein, denn diese hat die Regeln aufgestellt.

Sichtung der vlg. Angaben.

BVerwG 6 C 18.16 25.01.2017
BVerwG 6 C 35.15 15.06.2016
BVerwG 6 C 6.15 18.03.2016

http://www.bverwg.de/250117U6C18.16.0 (http://www.bverwg.de/250117U6C18.16.0)
http://www.bverwg.de/150616U6C35.15.0 (http://www.bverwg.de/150616U6C35.15.0)
http://www.bverwg.de/180316U6C6.15.0 (http://www.bverwg.de/180316U6C6.15.0)

RN 53 in BVerwG 6 C 18.16
Zitat
Die Einführung des Rundfunkbeitrags für den privaten Bereich nach §§ 2 ff. RBStV bedurfte nicht der Zustimmung der Kommission der Europäischen Union. Nach Art. 108 Abs. 3 Satz 1 und 3 AEUV darf ein Mitgliedstaat eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe nicht einführen oder umgestalten, bevor die Kommission einen das Feststellungsverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV abschließenden Beschluss erlassen hat. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Rundfunkgebühr hat Beihilfecharakter (Kommission, Entscheidung vom 24. April 2007 - K<2007> 1761). Eine genehmigungsbedürftige Umgestaltung im Sinne von Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV liegt vor, wenn die ursprüngliche Finanzierungsregelung durch spätere Änderungen in ihrem Kern, d.h. hinsichtlich der Art des Vorteils, der Finanzierungsquelle, des Ziels der Beihilfe, des Kreises oder der Tätigkeitsbereiche der Begünstigten betroffen ist (vgl. Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlichrechtlichen Rundfunk, ABl. 2009 C 257 S. 1 Rn. 31).

und 54 in BVerwG 6 C 18.16

Zitat
Der Übergang von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag hat diese maßgebenden Faktoren nicht verändert. Ebenso wie die Rundfunkgebühr wird der Rundfunkbeitrag als Gegenleistung für das Rundfunkprogrammangebot erhoben, um die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Begünstigte sind nach wie vor die Rundfunkanstalten (VerfGH München, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12,Vf. 24-VII-12 - NJW 2014, 3215 Rn. 89 f.; Kirchhof, Gutachten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Heidelberg, April 2010, S. 76). Zur Finanzierung werden auch weiterhin diejenigen herangezogen, die die Möglichkeit des Rundfunkempfangs haben. Insoweit hat sich lediglich die tatbestandliche Anknüpfung der Erfassung der Pflichtigen geändert. Bei der Einbeziehung der sehr kleinen Gruppe, die nicht im Besitz eines herkömmlichen oder neuartigen Empfangsgeräts, aber ebenfalls beitragspflichtig ist, handelt es sich nicht um eine Änderung der ursprünglichen Finanzierungsregelung in ihrem Kern (vgl. unter 5.).

Das rot hervorgehobene ist neu, die anderen Textteile sind seit 18.03.2016 gleich.
Somit wird immer noch nur Bezug genommen auf bekanntes also

Zitat
VerfGH München, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12,Vf. 24-VII-12 - NJW 2014, 3215 Rn. 89 f.; Kirchhof, Gutachten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Heidelberg, April 2010, S. 76

Insofern erübrigt sich wahrscheinlich eine Auseinandersetzung mit der Entscheidung des BVerwG, bzw. muss es wohl sehr deutlich vorgetragen werden.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Besucher am 09. November 2017, 18:54
Ja, wenn das so ist...

[...]
Zitat
[...] Mit Blick auf ein derzeit beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängiges Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Tübingen (Aktenzeichen EuGH C-492/17), das u. a. diese Frage betrifft, bekräftigt das Bundesverwaltungsgericht unter Ziffer 11, dass es die gegenteilige Rechtsauffassung nicht teilt.
[...]

...dann wird der EUGh in Luxemburg doch ganz gewisslich in Kürze das Bundesverwaltungsgericht untertänigst um Entschuldigung bitten für die nachgerade Unverschämtheit, sich in deutsche Angelegenheiten einzumischen, die doch vom höchsten (deutschen und damit in Europa höchsten :->>>>) Bundesverwaltungsgericht entschieden worden sind. Haben die *** in Luxemburg denn immer noch nicht den Satz begriffen "In Europa wird (wieder) Deutsch gesprochen!"  :->>>>> ?!?!

***edit Markus KA
abwertender Ausdruck wurde entschärft,
auch wenn es in Luxemburg bestimmt obdachlose Personen gibt.
Danke für Dein Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: cook am 09. November 2017, 20:38
Die Frage ist nicht ob eine Auseinandersetzung notwendig ist, sondern die Frage muss lauten wer darf darüber entscheiden ob es eine Änderung im Kern ist.

Das sollte an sich nur die Kommission selbst sein, denn diese hat die Regeln aufgestellt.

Strenggenommen ist es der EuGH. Die Kommission hat die "im Kern"-Regel des EuG interpretiert. Mittlerweile (25.10.2017) hat  der EuGH festgestellt, dass diese Regel auf einem Missverständnis beruht.

Siehe Paralleldiskussion unter Pressemeldungen November 2017
Tübingen - Sind Rundfunkgebühren bald Geschichte?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25083.msg158926.html#msg158926

Ganz eindeutig ist es bereits eine Umgestaltung einer bestehenden Beihilfe. Das reicht also schon. Auch ist es eine "neue Beihilfe", weil die Finanzierungsart geändert wurde. Es kommt eben nicht, wie das BVerwG meint, darauf an, wie sich die Finanzierung auswirkt, ob z.B. kaum mehr Bürger belastet werden. Die Änderung der Finanzierungsart durch einen eigenständigen Rechtsakt ist bereits eine neue Beihilfe (und erst recht eine Umgestaltung).

Dass diese Frage vom Tisch gefegt wird, ist ein grober Verstoß gegen das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter (hier: der EuGH). Die Frage war Anfang 2016 nicht ganz so eindeutig zu beantworten, also vorlagepflichtig. Heute ist klar, dass der Rf-Beitrag gegen die EU-Beihilfenregeln verstößt.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: pinguin am 10. November 2017, 07:35
Es kommt eben nicht, wie das BVerwG meint, darauf an, wie sich die Finanzierung auswirkt,
Das mag national so sein; für den EuGH zählt jedenfalls die Wirkung einer Regel, deswegen wurde in 2007 die Rundfunkgebühr auch als "aus staatlichen Mitteln geleistet" angesehen, weil das Konstrukt die Wirkung einer Steuer hatte.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Markus KA am 10. November 2017, 08:52
Danke für eure Hinweise und Meinungen zum Thema BVerwG Widerspruch - Finanzierungsquelle.
Eure Fundsachen sind super und waren mir so nicht bekannt bzw. sind mir nicht aufgefallen.
Ich denke daraus können wir etwas machen...Fortsetzung folgt  ;)

Weiterführende Diskussionen zum Thema Beihilfe und EU-Recht:
"Änderung im Kern" -> EU-Recht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25145.msg159146.html#msg159146 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25145.msg159146.html#msg159146)
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: cook am 10. November 2017, 10:31
@pinguin

Ich meine das EU-Recht. Der EuGH sagt, die Änderung der Finanzierungsweise (also hier: die Abgabenform, Abgabenregel bzw. Abgabentatbestände) reicht aus. Ob jetzt gleich viele, mehr oder weniger Bürger als zuvor zahlen müssen, spielt für den EuGH in Bezug auf dieses Element keine Rolle (das hat das BVerwG falsch gesehen). Nur rein formale, verwaltungstechnische Änderungen (also bspw. ob es nun GEZ oder BS heißt, oder welche Kontonummer gilt etc.) stellen keine Umgestaltung dar.

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, um das Fass mal voll zu machen: jede Änderung der Höhe der Beihilfe (Abgabenhöhe bzw. erwartetes Abgabengesamtaufkommen) müsste angezeigt werden. Auch hier spielt es keine Rolle, ob die Abgabe erhöht oder gesenkt wird. Immer wenn die Parlamente etwas zur Rundfunkfinanzierung entscheiden, muss es vorgelegt werden. Beispielsweise auch, wenn die Abgabe nun auch dafür genutzt werden soll, Internet-Jugend-Videokanäle zu finanzieren, etc pp.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Philosoph am 10. November 2017, 13:10
[...]

Der Rest der Antwort:
http://www.bverwg.de/200917B6B50.17.0 (http://www.bverwg.de/200917B6B50.17.0)
relevant seien

RN 11 und 12
Zitat
[...] Weder das Landgericht Tübingen in seinem Beschluss vom 3. August 2017 noch der Kläger im hiesigen Verfahren setzen sich mit dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelnen auseinander. [...]

Das wichtige steht wohl in diesem Satz. In allem anderen wird nur auf die Urteile vom 18.03.2016, 
15.6.2016 und 25.01.2017 des gleichen Gerichts verwiesen.
Mal so am Rande: Meines Wissens nach ist das LG Tübingen nicht an die Rechtsprechung des BVerwG gebunden, es muß sich also damit überhaupt nicht auseinandersetzen. (Im Gegensatz zu allen Gerichten, die an das GG gebunden sind und sich damit schon auseinander setzen müssen.)



Antwort des Präsidents des Schleswig-Holsteinischen Landtages
https://fragdenstaat.de/anfrage/auerungen-der-kommission-6/
[...]
Antwort
Zitat
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 7. November 2017, in welcher Sie um Übermittlung bestimmter Informationen im Zusammenhang mit der Einführung des Rundfunkbeitrags und den nach 2013 geschlossenen Rundfunkänderungsstaatsverträgen bitten. Hierzu kann ich Ihnen mitteilen, dass eine Notifizierung bei der Europäischen Kommission nach Art. 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) mangels einer entsprechenden Verpflichtung nicht erfolgt ist. Diesbezüglich weise ich auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. September 2017 (Aktenzeichen: 6 B 50/17, abrufbar unter: http://www.bverwg.de/200917B6B50.17.0) hin, in welchem unter Ziffer 12 näher ausgeführt wird, warum die Einführung des Rundfunkbeitrags für den privaten Bereich keine genehmigungsbedürftige Umgestaltung im Sinne von Art. 108 Absatz 3 AEUV darstellte. Mit Blick auf ein derzeit beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängiges Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Tübingen (Aktenzeichen EuGH C-492/17), das u. a. diese Frage betrifft, bekräftigt das Bundesverwaltungsgericht unter Ziffer 11, dass es die gegenteilige Rechtsauffassung nicht teilt.
Sorry, aber wie offenkundig hirnverbrannt ist es, die Frage nach der Vorlageverpflichtung eines seit 2013 geltenden Gesetzes damit zu begründen, daß das BVerwG 2017 behauptet, eine derartige Verpflichtung gäbe es nicht???

Die Frage nach der Vorlagepflicht wurde im Übrigen in den LT durchaus diskutiert und außerdem kann man im Zweifel immer sagen: Lieber vorher mal nachfragen. Man war sich auch klar darüber, daß der "Beitrag" Steuercharakter hat.
Man war sich durchaus darüber im Klaren, daß die Finanzierung einen Systemwechsel vollziehen würde. Systemwechsel = Änderung der Beihilfe => Vorlagepflicht!
Zitat
Staatsminister Siegfried Schneider (Staatskanzlei): Der Übergang zum neuen System wird in den nächsten Monaten und Jahren eine wichtige Herausforderung darstellen. Bei einer solchen Umstellung würde man in der Medizin von einer Operation am offenen Herzen sprechen. 40 Millionen Teilnehmerkonten müssen umgestellt werden. (Protokollauszug 66. Plenum, 02.02.2011 Bayerischer Landtag - 16. Wahlperiode, 1. Lesung des RBStV*, S. 3)
Zitat
Eberhard Sinner (CSU): (Vom Redner nicht autorisiert) [...] Man sollte noch einmal deutlich machen, dass das alte System große Mängel hatte und dass deswegen der Wechsel des Modells vom Gerätebezug zum Haushaltsbezug gewählt wurde. (ebd.*, S. 7)
Zitat
Prof. Dr. Michael Piazolo (FW): [...] Dahinter steckt, dass bisher derjenige zahlen musste, der ein Gerät besaß, also eine konkrete Möglichkeit des Empfangs hatte. Sie schlagen jetzt vor, dass jeder, der eine Wohnung besitzt, zahlt, egal ob er ein Gerät hat oder nicht. Das ist ein ganz deutlicher Umstieg, ein Einstieg in einen Beitrag oder - ich habe es vielleicht etwas zugespitzt gesagt - in eine Steuer. Ich kenne das Gutachten von Herrn Kirchhof, aber es ist nur ein Gutachten. Man wird sicherlich auch vor dem Hintergrund europarechtlicher Vorschriften prüfen müssen, ob das halten wird.
Zitat
Dr. Christoph Rabenstein (SPD): [...] Das zweite Problem betrifft die Verfassungswidrigkeit. Hier gibt es unterschiedliche Meinungen einiger Rechtsgelehrter. Professor Kirchhof beispielsweise hat gesagt, das Ganze sei nicht verfassungsgemäß. Auch hier werden wir genau beobachten, wie sich das entwickelt. Ich bin sicher, dass es hier noch etliche Dispute unter den Rechtsgelehrten geben wird und dass noch einige Gerichte mit der Thematik beschäftigt sein werden. (ebd.*, 2. Lesung, S. 3)
Zitat
Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): [...] Beim Rundfunkänderungsstaatsvertrag haben wir viele Kritikpunkte; deswegen werden wir dagegen stimmen. [...] Den zweiten Punkt hat der Kollege Rabenstein ebenfalls schon angesprochen. Wir entwickeln im Grunde eine Steuer. Die GEZGebühr ist das, was man unter einer Steuer versteht, und nicht das, was eine Gebühr ausmacht. Auch das sehen wir kritisch. (ebd.*, 2. Lesung, S. 4)
Zitat
Julika Sandt (FDP): [...] [Frau Gote,] Sie kritisieren, dass Menschen unabhängig von ihrem Mediennutzungsverhalten eine Gebühr zahlen müssen. Aber ich zahle doch auch Steuern unabhängig davon, wie viel Infrastruktur ich nutze. Professor Kirchhof hat in seinem Gutachten geschrieben, hier gehe es darum, dass eine mediale Grundversorgung bereitgestellt werde, und dafür sei die Rundfunkgebühr zu erheben. (ebd.*, 2. Lesung, S. 10)

* https://www1.bayern.landtag.de/webangebot1/dokumente.suche.maske.jsp?DOKUMENT_INTEGER_WAHLPERIODE=16&DOKUMENT_DOKUMENTNR=7001&DOKUMENT_INTEGER_DATE_FLAG=2&DOKUMENT_EINFACHE_SORTIERUNG=1&BUTTONSCHLAGWORT=Suche+starten


Abschließend möchte ich doch mal folgende Frage stellen: Wenn man sich so sicher war, daß das neue Finanzierungsmodel mittels "geräteunabhängigem Rundfunkbeitrag" bei der EU nicht auf Bedenken stößt, warum hat man dann nicht wenigstens pro forma nachgefragt? Warum frage ich nicht pro forma? Weil ich keine Ablehnung kassieren will.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: drboe am 10. November 2017, 14:15
Der Regierungssprecher Peter Zimmermann des Landes Thüringen fürchtete laut Presseberichten vom 18.10.2010 die "problematische Nähe des geplanten Wohnungs-/ Betriebsstättenbeitrags zu einer Steuer". Dass das Land Thüringen dennoch für den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag stimmte, ist wohl kein Beleg dafür, dass die zuvor geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zutreffen oder gar ausgeräumt sind, zumal die Bedenken sich ja auf den Charakter einer Wohnungs- und Betriebsstättenabgabe bezogen und zugleich eine Steuerfinanzierung vorgeschlagen wurde. Ahnungslose Politiker!

Siehe:
handelsblatt.com, 18.10.2010
Thüringen bremst ARD ZDF-Reform
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/rundfunksteuer-thueringen-bremst-ard-zdf-reform/3565376-all.html

M. Boettcher
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: pinguin am 10. November 2017, 17:46
Mal so am Rande: Meines Wissens nach ist das LG Tübingen nicht an die Rechtsprechung des BVerwG gebunden, es muß sich also damit überhaupt nicht auseinandersetzen. (Im Gegensatz zu allen Gerichten, die an das GG gebunden sind und sich damit schon auseinander setzen müssen.)

Den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes sind alle Behörden, Gerichte, etc. unterworfen.

Dem Bundesverwaltungsgericht ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit unterworfen;
dem Bundesgerichtshof die zivile Gerichtsbarkeit;
dem Bundesfinanzhof die Finanzgerichtsbarkeit.

Will ein Bundesgericht/Gericht von den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes abweichen, muß es dazu die Meinung des Bundesverfassungsgerichtes vor seiner eigenen Entscheidung einholen.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: drboe am 10. November 2017, 19:43
dem Bundesfinanzhof die Finanzgerichtsbarkeit.

Das Finanzministerium sieht das manchmal anders als der Bundesfinanzhof und verpflichtet die Finanzämter dazu, die positive Rechtsprechung zu ignorieren. In der Fachsprache nennt man dies "Nichtanwendungserlass". In der Folge eines solchen Erlasses müssen Steuerpflichtige erneut den Klageweg bestreiten, wenn sie zu ihrem Recht kommen möchten. Das ist seit Jahrzehnten Praxis in deutschen Finanzämtern. So gut wie sämtliche Finanzminister sch..... auf Gerichtsentscheidungen.

M. Boettcher


Edit "Bürger" @alle:
Bitte nicht von einer Nebenbemerkung zur nächsten Nebenbemerkung abdriften, sondern bitte eng und zielgerichtet am eigentlichen Kern-Thema dieses Threads bleiben, welches da lautet
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
und insbesondere die Thesen aus dem Einstiegsbeitrag zum Gegenstand hat.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: boykott2015 am 11. Dezember 2017, 11:39
BVerwG, Beschluss vom 20.09.2017 - 6 B 50.17
http://www.bverwg.de/200917B6B50.17.0

Rn. 12
Zitat
... noch bedurfte die Einführung des Rundfunkbeitrags für den privaten Bereich nach §§ 2 ff. RBStV der Zustimmung der Kommission der Europäischen Union. Eine genehmigungsbedürftige Umgestaltung im Sinne von Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV liegt vor, wenn ...

1. Wer ist zuständig für die Anmeldung einer Beihilfe bei der Kommission? Bundesrepublik Deutschland (Auswärtiges Amt).
2. Wer ist zuständig gegenüber der Kommission zur Feststellung, ob Beihilfe genehmigungsbedürftig ist oder nicht? Bundesrepublik Deutschland (Auswärtiges Amt).
3. Ist BVerwG zuständig gegenüber der Kommission zur Feststellung, ob Beihilfe genehmigungsbedürftig ist oder nicht? Nein.

Das hat Bundesrepublik Deutschland (Auswärtiges Amt) geantwortet:
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,15317.msg161458.html#msg161458
Zitat
... auf Ihre o.g. Anfrage auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG), mit der Sie um Dokumente und Informationen zu einer von Ihnen vermuteten Entscheidung der Bundesregierung bitten, ob die Einführung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages zum 01.01.2013 eine nach Art. 108 Abs. 3 AEUV zu notifizierende Umgestaltung einer Beihilfe darstellt oder nicht, teilt Ihnen das Auswärtige Amt Folgendes mit:

Es liegen keine amtlichen Informationen zu der angefragten Thematik im Auswärtigen Amt gem. § 2 Ziffer 1 IFG vor.

--> Gegenüber der Kommission zuständige Stelle (Bundesrepublik Deutschland) hat keine Entscheidung getroffen, dass 2013 stattfindende Umgestaltung der Beihilfe nicht genehmigungsbedürftig ist.
Fazit: Umgestaltung der Beihilfe 2013 war und ist somit genehmigungsbedürftig.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: pinguin am 11. Dezember 2017, 12:09
@boykott2015
Es wird bezweifelt, dass der Bund die Landesgesetze überwacht;
es wird bezweifelt, dass der Bund offizielle Kenntnis von der Umgestaltung der Rundfunkfinanzierung durch die Länder hat.

Ein kleines Schmankerl am Rande, weswegen der Bund bei der derzeitigen Rundfunkfinanzierung nicht nur nach europäischem Recht in der Verantwortung ist, sondern auch gemäß Grundgesetz.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
https://www.bundestag.de/gg

Zitat
Artikel 84
[...]
(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. [...]
Der Bund ist also dafür verantwortlich, daß die Länder bspw. die Bestimmungen des Bundesmeldegesetzes und des Telekommunikationsgesetzes einhalten.

Man könnte beim Bund ja nachfragen, mit welchen Gesetzen gemäß

Link zum Grundgesetz; - siehe Anfang des Beitrages
Zitat
Artikel 71

Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetze ausdrücklich ermächtigt werden.
die Länder ausdrücklich ermächtigt worden sind, eigene Meldedatenübermittlungsverordnungen zu erlassen, sofern sie nach 2006 neu in Kraft getreten sind und befugt worden sind, den Bereich Telemedien in ihre Rundfunkverträge aufzunehmen.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: drboe am 11. Dezember 2017, 12:10
Gegenüber der Kommission zuständige Stelle (Bundesrepublik Deutschland) hat keine Entscheidung getroffen, dass Beihilfe nicht genehmigungsbedürftig ist.
Fazit: Beihilfe war und ist genehmigungsbedürftig.

Die Logik hinter diesem Schluss ist falsch. Der Besitzer einer Monatskarte für den ÖPNV, der davon überzeugt ist, dass eine BusFahrt nicht zuschlagpflichtig ist, wird den Fahrer des Busses vermutlich nicht befragen. Daraus ergibt sich aber nicht zwingend eine Zuzahlungspflicht. Vielmehr ist die Frage weiterhin offen, die Antwort unbekannt.

In diesem Fall liegt das Ganze etwas anders. Es ist einerseits so, dass es bei solchen Änderungen quasi eine Fragepflicht gibt, zum anderen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Genehmigung erforderlich ist. Diese ergibt sich daraus, dass die Abgaben nicht lediglich umbenannt sondern der Kreis der Zahlungspflichtigen erheblich geändert wurde. Dies ergibt sich aus der Abkehr vom Gerätebesitz als Auslöser der Zahlungspflicht, was weitere Gruppen der Bevölkerung an der Finanzierung des ÖRR beteiligt. Dies Problem war den Entscheidern sicher bekannt. Sie haben es aber vorgezogen, einfach zu behaupten, dass es keiner Genehmigung bedarf. Diese Missachtung von etablierten Regeln wurde vom BVerwG übernommen und wird sowohl dem Gericht als auch Deutschland auf die Füße fallen. Für das Gericht leider folgenlos. M. E. müssen die beteiligten Richter wegen erwiesener Unfähigkeit oder Parteilichkeit mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt werden. Ggf. taugen sie noch dazu irgendwo den Staub von alten Papierakten zu wedeln; mehr ist m. E. nicht drin. Die Politiker wie die Konstrukteure des sogn. Beitrags werden vermutlich ebenso nicht zur Rechenschaft gezogen, was ich sehr bedaure.

M. Boettcher
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Besucher am 11. Dezember 2017, 13:19
Praktisch schlicht & einfach machen zu können, was man will...

Für das Gericht leider folgenlos. M. E. müssen die beteiligten Richter wegen erwiesener Unfähigkeit oder Parteilichkeit mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt werden. Ggf. taugen sie noch dazu irgendwo den Staub von alten Papierakten zu wedeln; mehr ist m. E. nicht drin. Die Politiker wie die Konstrukteure des sogn. Beitrags werden vermutlich ebenso nicht zur Rechenschaft gezogen, was ich sehr bedaure.

... ohne dafür jemals belangt zu werden, ist bestimmt einer der besonders reizvollen Aspekte ihrer Tätigkeit für manchen Politiker (und sicher auch manchen Richter). Höchste Zeit für die Einführung der Amtshaftung, dann wären auch die Zeiten vorbei, dass die sich wie Adlige (unantastbar, bloß ohne Titel) gerieren können. Dann würde mancher Hallodri oder manche zwielichtige Gestalt beiderlei Geschlechts sich einen anderen Job suchen, als ausgerechnet Politiker oder was anderes zu werden, wo sie so viel Schaden anrichten können.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: boykott2015 am 11. Dezember 2017, 13:32
Der Besitzer einer Monatskarte für den ÖPNV, der davon überzeugt ist, dass eine BusFahrt nicht zuschlagpflichtig ist, wird den Fahrer des Busses vermutlich nicht befragen. Daraus ergibt sich aber nicht zwingend eine Zuzahlungspflicht. Vielmehr ist die Frage weiterhin offen, die Antwort unbekannt.
Nicht ganz. Erklärung am Beispiel: der Besitzer einer Monatskarte hat sich damit überhaupt nicht auseinandergesetzt. Deswegen kann er auch nicht überzeugt sein. Er hat überhaupt keine Meinung.

Was hätte BVerwG machen müssen? Man müsste Bundesrepublik Deutschland zur Situation befragen: was hat BRD der Kommission mitgeteilt, usw. Auch Kommission hätte man befragen müssen. Die Antwort käme dann: wir haben uns überhaupt mit kommenden Änderungen nicht beschäftigt. Und genau hier liegt ein Problem: BRD muss sich beschäftigen und sich im Kontakt mit Kommission befinden. Das alles muss vor Einführung des nächsten Änderungsstaatsvertrages stattfinden. Da jetzt fast jährlich Staatsverträge geändert werden, muss die Verbindung praktisch nie abreißen und BRD muss immer wieder  Änderungen ansehen und sich mit Kommission austauschen.

Es wird jährlich geändert, aber weder Kommission, noch BRD haben dazu ihre Pflichten erfüllt.
Person P sieht hier, dass die ganzen Staatsverträge gar nicht in Kraft sind, da "OK" der Kommission fehlt. Und BRD hat einfach die Entscheidung zu treffen "vergessen", dass 2013 stattfindende Umgestaltung der Beihilfe nicht genehmigungsbedürftig ist.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: azdb-opfer am 17. Dezember 2017, 21:12
Es gibt zwei neue Urteile (vom einem anderen BVerwG-Senat):

Zweitwohnungssteuer: Stufentarif der Gemeinden Schliersee und Bad Wiessee rechtswidrig
Pressemitteilung Nr. 87/2017 vom 14.12.2017


Zitat
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Zweitwohnungssteuersatzungen der Gemeinden Schliersee und Bad Wiessee im Hinblick auf den darin geregelten Steuersatz zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung führen.
[...]
Der in beiden Satzungen vorgesehene Stufentarif weicht vom Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ab. Bei der Zweitwohnungssteuer spiegelt der Mietaufwand die Leistungsfähigkeit der Wohnungsinhaber wider. An der Grenze zwischen den Mietaufwandsstufen werden Steuerpflichtige unterschiedlich behandelt, obwohl sie annähernd gleich leistungsfähig sind. Steuerpflichtige, deren Mietaufwand sich an der Untergrenze einer Stufe bewegt, schulden trotz annähernd gleicher Leistungsfähigkeit einen doppelt so hohen Steuersatz wie Steuerschuldner, deren Mietaufwand an der Obergrenze der vorhergehenden Aufwandsstufe liegt. Zudem werden innerhalb der Mietaufwandsstufen weniger leistungsfähige Steuerpflichtige mit einem bis zu doppelt so hohen Steuersatz belastet wie leistungsfähigere Steuerpflichtige. Die damit einhergehenden erheblichen Ungleichbehandlungen stehen außer Verhältnis zu der dadurch erzielten Verwaltungsvereinfachung.
Quelle: http://bverwg.de/pm/2017/87 (http://bverwg.de/pm/2017/87)

Aktenzeichen:
9 C 11.16
9 C 3.17
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Viktor7 am 17. Dezember 2017, 22:32
Danke für den Vorbeitrag.

Was ist mit der erheblichen Ungleichbehandlungen der Nichtnutzer und Nutzer des ö.-r. Rundfunks?

Wie blind kann das BVerwG denn sein?

Die Ungleichbehandlungen der Nichtnutzer steht vollkommen außer Verhältnis zu der dadurch erzielten Verwaltungsvereinfachung bei komplett fehlenden Differenzierung nach Kriterien des Bundesverfassungsgerichts.

Zitat
Werden Beiträge erhoben, verlangt der Art. 3 Abs. 1 GG, dass eine Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll.
Quelle: 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10, Beschluss vom 25. Juni 2014 , RZ 51

Das Ganze verstößt grob gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Möglichkeit haben alle Bürger, ein Vorteil gegenüber anderen ist nicht vorhanden. Radios gibt es schon ab 10 bis 20 €, damit stellen die fehlenden Geräte keine Hinderung dar. Die Möglichkeit ist immer vorhanden. Damit existiert kein Sondervorteil und die Abgabe kann kein Beitrag sein.

Wie lange noch müssen wir die Inkompetenz des BVerwG ertragen?
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Markus KA am 18. Dezember 2017, 00:49
Widerspruch: Verbreitungsgrad neuartiger Empfangsgeräte - Mobile Nutzung –

Behauptung des BVerwG  Az. 6 C 6.15 vom 18. März 2016, Rn 30:
Zitat
„Der Verbreitungsgrad neuartiger Empfangsgeräte lässt darauf schließen, dass die meisten der Bewohner der 3,8 % bzw. 3 % der Wohnungen ohne Fernsehgerät Zugang zu einem anderen für den Rundfunkempfang geeigneten Gerät haben.“

Behauptung des BVerwG  Az. 6 C 6.15 vom 18. März 2016 Rn 32:
Zitat
„Die nahezu lückenlose Ausstattung der Wohnungen mit Empfangs-, insbesondere Fernsehgeräten lässt den Schluss zu, dass die überwältigende Mehrheit der Wohnungsinhaber das Programmangebot typischerweise in ihrer Wohnung nutzt, dort jedenfalls Empfangsgeräte für eine auch mobile Nutzung außerhalb der Wohnung vorhält.“


Behauptung des BVerwG  vom 27. September 2017 Az. 6 C 32.16
Zitat
Rn 26:
...Der Nachweis eines Empfangsgeräts kann insbesondere auch mit Blick auf die mobilen Empfangsgeräte nicht zuverlässig erbracht werden...

Behauptung des BVerwG  vom 27. September 2017 Az. 6 C 32.16
Zitat
Rn 31:
Die im Wohnungs- und Betriebsstättenbereich aufgetretenen unüberwindbaren Schwierigkeiten, den Besitz multifunktionaler Empfangsgeräte (PC, Notebooks, Smartphones u.a.) nachzuweisen, bestehen im Bereich der Hotel- und Gästezimmer sowie Ferienwohnungen nicht...

Das Bundesverwaltungsgericht erklärt in seinem "Hotel"-Urteil, entgegen seiner Gründe aus den "März"-Urteilen, eindeutig und offiziell, dass keine Nachweise für stationäre und mobile Empfangsgeräte weder ermittelt werden können noch vorliegen.

Dies ist die Antwort auf Frage Nr. 3 aus dem Fragekatalog des BVerfG vom 30.08.2017 zu den Verfassungsbeschwerden gegen die Einführung des 15. RÄStV:

Zitat
„In welchem Umfang waren in den einzelnen Bundesländern zum Zeitpunkt der Ratifizierung des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags Wohnungen mit herkömmlichen Rundfunkempfangsgeräten (vor allem Fernsehgeräten) ausgestattet?

In welchem Umfang waren in den einzelnen Bundesländern zum Zeitpunkt der Ratifizierung des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags Wohnungen mit Internetfähigen Empfangsgeräten (PC, Laptop, Tablets, Smartphones et cetera) und Breitbandverbindungen ausgestattet, d.h. mit – mobilen oder stationären – Internetzugang, dessen Geschwindigkeit mindestens dem 3G-Standard entsprach?

In welchem Umfang sind dies Wohnungen, die nicht zugleich über herkömmliche Empfangsgeräte verfügen?“


Die Antwort auf diese Frage gibt bereits das BVerwG, es gibt KEINE zuverlässige Nachweise über den Umfang der Ausstattungen in den Haushalten.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: drboe am 18. Dezember 2017, 09:56
Die inneren Widersprüche der Argumentation des BVerwG sind eigentlich typisch für die Diskussion um die angebliche Notwendigkeit die Rundfunkfinanzierung zu ändern. So wurde in den Jahren vor der Änderung mit der Mobilität der Nutzer argumentiert, die eine Nutzung von Rundfunk "überall" möglich machen, wodurch eine Gerätezählung nicht mehr möglich sei. Als hätte es die aus Gründen der Finanzierung überhaupt gegeben! Ungeachtet der "Mobilität" werden immer größere TV-Geräte mit Diagonalen von über 1 m verkauft. Ich sehe förmlich, wie Millionen von Bürgern Fernsehgeräte mit 1,50 m Diagonale buckeln, um bloß nicht die immer gleichen Talkshowrituale zu verpassen.

Die Behauptung, die mobile Nutzung wäre geradezu über die Sender hereingebrochen, mache eine Kopplung der Abgaben an den Gerätebesitz unmöglich und zwänge die Sender zum Handeln, ist natürlich Stuss. In ähnlicher Form wird heute versucht die Politik und die Öffentlichkeit für eine Erhöhung der Abgabe ab 2020, möglichst eine Kopplung an die Preissteigerungen und eine Erweiterung des Internetangebots zu gewinnen. Die Behauptung, dass ein Gerätebezug auf Grund der Mobilität der Rundfunknutzer nicht mehr sinnvoll sei, ist ein durchsichtiger Versuch der Geschichtsklitterung und auch Teil des Gutachtens von Prof. Kirchhoff. Es trifft aber nicht zu, dass die Mobilität der Rezipienten eine neuere Erscheinung ist und/oder sich erst mit neueren Geräteentwicklungen ergab. Sie existierte vielmehr bereits vor dem ersten Rundfunkgebührenstaatsvertrag. Die Behauptung eines neuen Trends wurde und wird lediglich in manipulativer Absicht von denen vorgetragen, die an einer dauerhaften Ausweitung der Gruppe der Zahlungsverpflichteten und an einer Erhöhung der Einnahmen der Sender interessiert sind. Bereits in meiner Jugend gab es Transistorradios, welche nicht größer waren als ein durchschnittliches Buch. Etwa ab Mitte der 1960er Jahre gab es tragbare Tonbandgeräte für "Compact Cassetten" der Firma Philips. Tragbare Kombigeräte, die neben Radioempfang auch als Kassettenabspieler dienten und später auch "Compact Discs" (CD) wiedergeben konnten, gibt es seit Mitte der 1970er Jahre. Am 01. Juli 1979 brachte Sony mit dem Walkman eine weiter miniaturisierte Version von Kassettenspielern auf den Markt. Das erste Gerät ähnlicher Größe, das in gleicher Weise CD abspielen konnte, kam 1984 in den Handel. Die Halbleitertechnik, die diese batteriebetriebenen Geräte ermöglichte, wurde in den 30er- und 40-er Jahren des 20. Jahrhunderts erfunden und spätestens seit den 60er Jahren in Serie auch für Konsumartikel produziert. Bereits 1970 wurde das erste tragbare Fernsehgerät in Serie produziert. Seit Mitte der 80er Jahre gibt es mobile Fernseher mit LCD-Bildschirm. In meinen Kfz war stets ein Radio eingebaut oder wurde von mir nachgerüstet.

Andererseits sind alle Versuche Fernsehen auf mobilen Kleingeräten, wie sie moderne Mobil­telefone darstellen, populär zu machen, gescheitert. So sind auch die heutigen Angebote für Handy-TV kein Fernsehen im klassischen Sinn. Vielmehr handelt es sich dabei eher um "Video On Demand" und sehr häufig Filmschnipsel begrenzter Länge via mobilem Internet. "Echtes" Fernsehen als Handy-TV hat sich bislang nicht durchgesetzt. Der extra für Mobiltelefone optimierte Standard DVB-H findet keine Anwendung und auch Handy-TV mittels "Digital Multimedia Broadcasting" ist "gestorben." Statt dessen kaufen die Bürger Fernsehgeräte mit den erwähnten Bildschirmdiagonalen bis 150 cm und mehr, die natürlich stationär betrieben werden. Warum es heute problematischer als früher sein soll, deren Besitz und damit eine Abgabepflicht festzustellen, wird nirgendwo nachvollziehbar begründet. Zumal im überwiegend privat finanzierten ÖR-Rundfunk die Zahl der Geräte je Familie keine Rolle spielte und spielt. Bezeichnend ist aber auch, dass der Anknüpfungspunkt für den sogenannten Rundfunkbeitrag nun exakt der Bereich sein soll, in dem laut Prof. Kirchhoff und der Rundfunkmacher Fernsehen und Rundfunk angeblich immer weniger konsumiert werden, nämlich Wohnungen. Man könnte angesichts der Mobilität und des behaupteten Nutzungsortes wohl ebenso gut Strassen und Fußwege mit einer Rundfunkabgabe belegen.

M. Boettcher
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: GEiZ ist geil am 18. Dezember 2017, 10:13
Man könnte angesichts der Mobilität und des behaupteten Nutzungsortes wohl ebenso gut Strassen und Fußwege mit einer Rundfunkabgabe belegen.

Das haben die Zwangsbezahlsender bestimmt schon versucht, sind aber dabei gescheitert, die Straßen und Fußwege entsprechenden Beitragskonten mit Zwangsbeitragspflichtigen zuzuordnen.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Besucher am 18. Dezember 2017, 10:21
Der zentrale Begriff, lieber Doc, scheint eben auch hier der der Fiktion zu sein. Schon Pippi Langstrumpf wusste ja um die Annehmlichkeit, sich selbst die Welt zu machen, wie sie ihr gefällt. Aber mit ein bisschen Glück - gesunde Skepsis natürlich dennoch im Hinterkopf - sind wir ja auf dem besten Wege, dass unser Gesetzgeber und die Damen und Herren beim ÖRR mit ihren märchenhaften Bezügen alsbald wieder auf dem harten Boden der Tatsachen ankommen. Vorausgesetzt natürlich, dass die Bürger ggf. noch weitaus und vielfach mehr werden, die sich gegen den "Rundfunkbeitrag" zur Wehr setzen, sollte das BVerfG sich doch wieder einschüchtern lassen wie in der Vergangenheit schon gelegentlich.
Titel: Re: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verstrickt sich weiter in Widersprüche
Beitrag von: Besucher am 18. Dezember 2017, 10:29
Es würde überdies bestimmt auch handfesten Ärger mit dem Berufsverband der GV geben wenn man vom genannten Zuordnungsproblem Straße - "Beitrags"-Konto absieht. Denn die würden ja keinen Pfennig mehr verdienen, müssten sie ständig wildfremde Leute von irgendeinem Bürgersteig kaschen und abzukassieren versuchen, obwohl letztere gerade 10 Minuten und 300 m vorher geblecht hatten oder in der Nachbarstadt schon zur Kasse gebeten worden waren :->> Neben der nicht möglichen Zuordnung zu einem Beitragskonto wäre vmtl. obendrein auch noch der persönliche RFID-Chip kaputt, also auch die massenhafte persönliche Identifikation ohne Polizei nicht möglich.

Insofern würden zwar die "Verdienstchancen" für die Damen und Herren beim deutschen ÖRR ein Vielfaches der Beträge ausmachen, worauf diese sich beim gegenwärtigen Modus des "Kassemachens" belaufen - aber die praktischen Probleme wären wohl doch ein paar Nummern zu groß.