4 A 93/16
Kläger J. war ohne Rechtsbeistand vor Ort. Man kann durchaus sagen, dass der Richter hierauf erkennbar Rücksicht genommen hat.
Klagegründe waren die hier im Forum häufig Gelesenen:
Verstoss gegen Grundrechte(1), fehlerhafter Bescheid durch Erlass durch ein nicht rechtsfähiges Gebilde (2), Säumniszuschlag ohne vorhergehendes Leistungsgebot(3). In der Klageschrift standen noch einige weitere Gründe, die 3 vorstehenden wurden aber im wesentlichen verhandelt.
zu 1
Das Gericht hatte vorab seine Auffassung mitgeteilt (keine Bedenken durch das BVerwG) und sich dazu im Grossteil des Tenors des BVerwG bedient.
Das Urteil sei nach Einschätzung des Klägers rechtsfehlerhaft. Da er jedoch kein Jurist sei, verwies er auf NJW 35/2016, Dr. Pagenkopf, der ausführlich die verfassungsrechtlichen Probleme aufgezeigt habe. Der Richter hielt dem entgegen, dass die gesamte Kammer am VG Schleswig alle derartigen Klagen abweisen werden, weil sich alle Kollegen einig sind, dass keine Bedenken gegen die Vereinibarkeit mit den Grundrechten bestehen.
Der Kläger brachte an dieser Stelle an, dass es nicht "angeblich ein Verfahren" beim BVerfG gebe (s. vorherige Verhandlung) sondern 37. Auf die Verlesung der Aktenzeichen wurde vom Richter verzichtet, allerdings war dessen Gesichtsausdruck m.E. zu entnehmen, das er damit nicht gerechnet hatte. Der Kläger beantragte Verfahrensruhe. Dies wurde abgelehnt. Auf die Frage, wieviele anhängige Verfahren nötig seien, um eine Ruhendstellung zu erreichen, wurde erwidert, dass die Anzahl unerheblich sei, selbst wenn diese 4Stellig sei.
Daraufhin bot der Kläger an, das Verfahren für Erledigt zu betrachten, wenn der Festsetzungsbescheid um eine Vorläufigkeit hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit erweitert würde. Hierzu antwortete der Richter (die Beklagtenvertretung sagte im ersten Teil nichts, später recht wenig), dass dies nur in der AO aber nicht im Geltungsbereich des RStV möglich sei. Hierzu liess sich der Kläger dazu hinreissen anzumerken, dass offenkundig die AO für den ÖRR nur dann gelte, wenn es von Vorteil sei.
Vom Kläger wurde dann die im Einzelfall gegebene Grundrechtsverletzung geltend gemacht: Er sei Single und müsse den gleichen Beitrag zahlen, wie ein Mehrgenerationenhaushalt oder eine Großfamilie. Die sei nicht mit dem Gleicheitsgrundsatz vereinbar. Der Richter erläuterte hierzu, dass in einem Massenverfahren Vereinfachungen bei der Erhebung nötig seien um die Beitreibung praktikabel zu gestalten (Verteterin des NDR immernoch ruhig) und deshalb gelegentlich Sachverhalte entstünden, die im Einzelfall ungerecht wären und bezog sich u.a. auf Strassenreinigungs- und Abfallbeseitigungsgebühren. Er verwies erneut auf Urteil BVerwG. Der Kläger hielt entgegen, dass laut stat. Bundesamt 30% der Haushalte hierzulange Singlehaushalte seien und deshalb nicht von einer zu vernachlässigenden Grösse ausgegangen werden könne. Dies sei vom BVerwG nicht thematisiert worden und deshalb nicht geeignet, die Verfassungsverletzung zu widerlegen. Hier kam der grosse Auftritt der Beklagtenvertretung: Bei einer so grossen Zahl von ungerecht Behandelten, wäre zu überlegen ob dies nicht schon wieder eine Gleichheit bedeute. Ich vermute, dass diese Eingebung spontan entstand. Offenbar wurde dies auch vom Richter als nicht nachvollziehbare Argumentation aufgefasst und nicht thematisiert.
Die Bedenken konnten vom Gericht nicht ausgeräumt werden. Hierzu soll nachgelesen und im Urteil detailiert erläutert werden.