Vielen Dank für den Hinweis, daß das Urteil endlich veröffentlicht ist!
Auch hier wirkt es wieder, als hätte da jemand klar und deutlich in die Feder des verantwortlichen Richters diktiert, der offenbar selbst nicht die Quellen gelesen hat, auf die er seine Begründung bezieht.
So behauptet er in Rn. 10:
Rn. 10: Der bewusste Verzicht auf ein Rundfunkempfangsgerät kann keinen besonderen Härtefall begründen. Eine derartige Auslegung dieses Begriffs widerspräche dem Normzweck der §§ 2 ff. RBStV, weil die Rundfunkbeitragspflicht für private Haushalte nach dem Regelungskonzept dieser Bestimmungen in Abkehr von der früheren Rundfunkgebührenpflicht gerade unabhängig von dem Bereithalten eines Empfangsgeräts bestehen soll (LT-Drs. NW 15/1303 S. 34 f.; Kirchhof, Gutachten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Heidelberg, April 2010, S. 10 f. und 56 ff.).
Dass Kirchhof aber gerade diese Widerlegbarkeit im Gesetz umgesetzt wissen wollte, wurde im Forum nun mehr als genug diskutiert:
Stellungnahme Prof. Kirchhof zur vom Gutachten abweichenden Gesetzgebunghttp://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,10673.msg72732.html#msg72732Außerdem widerspricht sich das Urteil ein paar Randnummern später selbst:
Rn. 26: Schuldner einer Vorzugslast können nur Personen sein, denen die Leistung der
öffentlichen Hand zugutekommt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 43; BVerwG, Urteil vom 29. April 2009 - 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 Rn. 15). Auf die Größe des Personenkreises kommt es nicht an; er kann auch eine unbestimmte Vielzahl von
Personen umfassen, sofern nur jeder einzelnen ein individueller Vorteil zugeordnet werden kann (BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 2104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 52 unter Hinweis auf die zum Rundfunkbeitrag ergangene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 13.
Mai 2014 - VGH B 35/12 - NVwZ 2015, 64 <71>).
Das heißt, diejenigen sollen zahlen, die es nutzen, nicht diejenigen, die ihr Grundrecht auf das Wohnen in einer Wohnung wahrnehmen. Wer keine Rundfunkgeräte hat, dem kann auch keine Leistung zugute kommen. Stattdessen müssen Personen, die den Rundfunk nutzen, nicht zahlen, wenn für ihre Wohnung schon von einem anderen gezahlt wird.
Die Urteil des BVerfG, aus denen bzgl. des Steuercharakters zitiert wird, wurden offenkundig auch entweder nicht gelesen oder nicht verstanden.
Kritisiert wird auch nicht, daß die LMA durch die Zwangsbeiträge mitfinanziert werden, obwohl sie staatliche Behörden mit Aufsichtspflicht sind und darum logischerweise nicht durch die Finanzierung der örR mitfinanziert werden dürfen. (Rn. 42)
Ich finde es auch interessant, daß die LMA anscheinend nur die Aufsicht über die privaten Rundfunkanstalten haben. Wer beaufsichtigt denn bitte die örR? Und warum ist es keine Ungleichbehandlung, wenn die einen beaufsichtigt werden und die anderen nicht?
Daß die "Bescheide" nicht von den zuständigen und befugten LRA erlassen wurden, scheint im Übrigen auch kein Problem zu sein.
Erst wird argumentiert, der "Rundfunkbeitrag" sei keine Steuer, dann aber ist er anscheinend doch wieder eine? -> Rn. 32.
Ich weiß auch nicht, warum beharrlich ignoriert wird, daß man die Nutzungsgewohnheiten sehr wohl und in verwaltungsvereinfachender Weise feststellen könnte, indem man die ör-Programme verschlüsselt. Zu behaupten, das ginge nicht, ist einfach falsch.
Unfassbar. Warum drucken sie nicht gleich ein neues Grundgesetz und schwärzen pauschal mal die ersten 20 Artikel und die meisten der nachfolgenden?
Noch ein kleiner Nachtrag:
http://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/180316U6C6.15.0.pdf
Rd.-Nr. 50
10. Die Rundfunkbeitragspflicht für Wohnungsinhaber nach §§ 2 ff. RBStV verstößt nicht gegen das Grundrecht, sich aus allgemein zugänglichen Informationsquellen ungehindert zu unterrichten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Da nahezu jeder Beitragspflichtige über eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verfügt, zielt die Rundfunkbeitragspflicht weder darauf ab noch ist sie wegen der Höhe des Beitrags objektiv geeignet, Interessenten von Informationen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fernzuhalten. Soweit sie sich als Beschränkung des Zugangs zu anderen Informationsquellen auswirkt, ist dies hinzunehmen, um den unmittelbar durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Bestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dessen Entwicklung zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 6 C 12.09 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 58 Rn. 39 ff.). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fordert die Finanzierung des Rundfunkauftrags; dem dient die Rundfunkbeitragspflicht (vgl. unter 4.).
Soweit das BVerwG in diesem Absatz das bestätigt, was wir schon längst wissen, nämlich, daß ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 GG vorliegt, wäre es doch dann auch ganz nett zu erfahren, inwiefern dieser Verstoß noch mit Art. 1 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 2 GG und dem Zitiergebot nach Art. 19 Abs. 1 GG vereinbar ist.
BayernWiderspruchsverfahren: §§ 69-73 VwGO (Bundesrecht)
BVerfG zu Sonderbeiträgen: "Weinabgabe" - B. v. 4.2.1958 (2 BvL 31, 33/56); "Berufsausbildungsabgabe" - BVerfGE 55,274, U. v. 10.12.1980; "Kohlepfennig" - BVerfGE 91, 186, B. v. 11.10.1994; "Straßenbaubeiträge" - B. v. 25.6.2014, 1 BvR 668/10.
BVerwG zu VA: B. v. 30.8.2006, 10 B 38.06; U. v. 23.8.2011, 9 C 2.11.