Ich bin immer mehr der Meinung, dass zu unseren Fragen Aufklärendes in den
Kommentaren zum Verwaltungsverfahrensgesetz zu finden sein müsste
(auch zum "Behördenstatus" des Beitragsservice).
Obige Argumentation des Sozialgerichts zur Behördeneigenschaft von Jobcenter - siehe Beitrag in hiesigem Thread unter
Ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt eine Behörde?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17453.msg132936.html#msg132936könnte z.B. direkt aus
Kopp/Ramsauer, Kommentar zum § 1 Abs. 4 VwVfG, 2010 (11. Aufl.) entnommen sein. Hier aber zunächst der Gesetzestext:
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
§ 1 Anwendungsbereich
... (4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
Ich werde euch jetzt einige
erhellende Ausschnitte aus dem Kommentar zum § 1 Abs. 4 VwVfG zumuten bzw.
als Stoffsammlung zur Verfügung stellen:
Im Kommentar heißt es zum
Behördenbegriff unter anderem
(Rn 51) 1. Verfahrensrechtlicher Begriff. ...Das VwVfG geht dabei von einem weiten Behördenbegriff aus, wie er vor allem in der Rspr zur VwGO.. entwickelt wurde (…). Danach sind Behörden ohne Rücksicht auf die konkrete Bezeichnung als Behörde, Amt oder nach dem Behördenleiter (…) usw. alle vom Wechsel der in ihnen tätigen Personen unabhängigen, mit hinreichender organisatorischer Selbständigkeit ausgestatteten Einrichtungen, denen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung … zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung dh zum Handeln mit Außenwirkung in eigener Zuständigkeit und im eigenen Namen übertragen sind. Behörden haben keine eigene Rechtspersönlichkeit sondern handeln stets für einen öffentlich-rechtlichen Träger, eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öR. Der verfahrenstechnische Behördenbegriff des Abs. 4 geht deshalb weit über den beamtenrechtlichen Behördenbegriff (vgl. …) hinaus. Auf die organisationsrechltiche Beziehung kommt es ebenso wenig an … allerdings ist eine gewisse organisatorische Selbständigkeit erforderlich.
(Rn 52) 2. Außenwirksames Handeln. Behörde idS sind außer den Verwaltungsbehörden im organisatorischen Sinn auch alle sonstigen Einrichtungen, Organe undStellen, die aufgrund von Vorschriftendes öff. Rechts mit der Befugnis zu außenwirksamen Handeln, insbes zum Erlass von VAen, zum Abschluss öff-rechtl. Verträge im eigenen Namen (..), dh nicht nur als Vertreter und mit Wirkung für und gegen eine andere Stelle, oder auch zu sonstigem, nach öffentlichem Recht zu beurteilenden Handeln (.. zB schlichthoheitlichem..) ausgestattet sind...
Umstritten ist, ob auch solche Stellen, die über keinerlei öff.-rechtl. Befugnisse verfügen, als Behörde iSd Abs 4 angesehen werden können. Dies ist im Grundsatz zu verneinen....
(Rn 53) 3. Organisatorische Selbständigkeit. ... ist für den Behördenbegriff iS des VwVfG außer der allgemeinen Zuordnung zur öffentl. Verwaltung immer ein gewissen Maß an organisatorischer Selbständkeit bei der Erfüllung der Aufgaben wesentlich. Äußeres Zeichen dieser Selbständigkeit ist insb die Befugnis zu eigenverantwortlichem Handeln im eigenen Namen nach außen, dh. gegebenüber anderen Behörden und idR auch .. dem Bürger. ....
(Rn 55) Behördeneigenschaften in Bezug auf einzelne Angelegenheiten. Unselbständigen Teilen einer Behörde oder einer anderen Einrichtung (…) kann im Hinblick auf bestimmte Angelegenheiten, die ihnen zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung übertragen sind, insoweit Behördeneigenschaft zukommen.
Wesentliche Erkenntnisse finden sich im Kommentar auch zum Thema
"Beliehene", "Verwaltungshelfer", "Private Unternehmer" - relevant für die Frage des Status des Beitragsservice - hier nur skizziert:
(Rn. 58) Beliehene. a) Begriff der Beleihung. Nach O. Mayer bezeichnet die Be- bzw Verleihung „einen VA, durch welchen dem, über welchen er ergeht, dem Beliehenen, rechtliche Macht gegeben wird über ein Stück öffentlicher Verwaltung zur Ausübung eigenen Namens.“ …. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob eine natürliche Person oder eine juristische Person des öffentlichen oder des privaten Rechts beliehen wird...
(Rn 60) Die Beleihung erfordert eine Beleihungsakt. … Rechtsnorm … Rechtsverordnung auf gesetzlicher Grundlage... - Satzung als Grundlage... wird überwiegend abgelehnt. … auch durch VA oder öffentlich-rechtlichen Vertrag …, wenn und soweit diesen eine Rechtsnorm als Ermächtigungsgrundlage zugrunde liegt. … lassen sich Art und Umfang der Beleihung sowie die Art der Aufgabenerledigung … regeln.
(Rn 64) 2. Der Verwaltungshelfer a) Begriff… wird eine (natürliche oder juristische) Person verstanden, die ohne selbst dienstrechtlich in die Organisation eines Hoheitsträgers eingebunden zu sein, unselbständig und nach Weisung und im Namen eines Hoheitsträgers einzelne Aufgaben verrichtet, ohne eigene Entscheidungsbefugnisse oder Gestaltungsmacht zu besitzen.... als verlängerten Arm der Verwaltung, … untergeordnete Handlungsbeiträge.. (Werkzeugtheorie)
(Rn 65 b) Rechtliche Grundlagen. da der Verwaltungshelfer über keinerlei eigene Entscheidungsmacht verfügt, wenn er im Rahmen der Erfüllung öff. Aufgaben eingesetzt wird, geht die hM davon aus, dass sein Einsatz keiner gesetzlichen Grundlage bedarf.... Das Fehlen einer dienstrechtlichen Eingliederung .. bedeutet nicht, dass … keinerlei Rechtsbeziehungen bestünden.
(Rn 66) c) Handeln des Verwaltungshelfers. … treten nach außen nicht als selbständig bzw eigenverantwortlich handelnde Personen in Erscheinung, sondern als Teil der Behörde des Hoheitsträgers … sind … keine selbständigen Behörden, sondern werden .. von der Behörde eingesetzt.... Unzulässig ist es, Verwaltungshelfer mit selbständigen Entscheidungen zu betrauen oder ihnen bestimmt Aufgabenbereiche zur eigenständigen Erledigung zu überlassen
(Rn 67) 3. Privatwirtschaftliche Unternehmen. Nicht Behörde iS des Abs. 4 sind die Leitungsorgane staatlicher oder kommunaler Wirtschaftsunternehmen und anderer Einrichtungen, die ausschließlich im Bereich des allg. Rechtsverkehrs tätig werden und über keinerlei öff.-rechtl. Befugnissse verfügen oder sonst besonderen öff.-rechtl. Regelungen unterliegen, dies auch dann, wenn ihr Zweck primär auf die Erfüllung öff. Aufgaben mit Mitteln des Privatrechts gerichtet ist. Entsprechendes gilt für private Rechtsträger. deren sich ein öff Rechtsträger zur Erbringung von Leistungen zur Erfüllung öff Aufgaben bedient, ohne dass insoweit eine Beleihung (s.o. Rn 58) vorliegt ...
Ergänzen möchte ich unbedingt, das hier...Beitragsservice erklärt, Verwaltungsakte erlassen zu dürfen
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,14455.msg128522.html#msg128522... ein
Verwaltungsgericht ein Urteil (im Juli 2016) gesprochen und auf Seite 5 (3. Absatz) der
Urteilsbegründung den
Beitragsservice als "unselbständigen Verwaltungshelfer" bezeichnet hatte ... und (S. 6, Ende 1. Absatz) seine Bediensteten
als "in gleicher Weise verantwortlich wie andere Bedienstete der Rundfunkanstalten".
So was sollte uns doch Ansatzpunkte liefern...?