Es wird wohl langsam Zeit auch mal ernsthaft über eine Klage beim EGMR in Strasbourg nachzudenken und nicht nur über den Klageweg zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, wo man wegen Verstöße gegen EU-Wettbewerb und EU-Charta klagen kann. Der EGMR bietet vielleicht eine Alternative zum häufig doch sehr unübersichtlichen EU-Recht, auch wenn beide sich nicht darin unterscheiden, dass ein abgeschlossener Rechtsweg vor inländischen Gerichten vorliegen muss, d. h.
!!! Erfolglose Klage vor der letzten Instanz, dem Bundesverfassungsgericht, ist Voraussetzung !!!Vor dem EGMR klagt man dann beispielsweise nicht nach Art. 21 EU-Charta gegen Diskriminierung, sondern nach Art. 14 EMK (Europäische Menschenrechtskonventionen). Durch das Zusatzprotokoll Nr. 12 ist hier seit April 2005 ein allgemeines Diskriminierungsverbot in Kraft getreten.
In diesem Zusammenhang muss man sich vielleicht ersteinmal darüber Gedanken machen, zu welchen der vom Bundesverwaltungsgericht als Übel beschimpften Gruppen man gehört. In den CopyAndPast-Urteilen des letzten Jahres wurde hier offensichtlich zwischen einem großen Übel und einem kleinen Übel unterschieden. Zum großen Übel wurden alle Menschen gezählt, die wegen ihrer Flucht aus der Gebühr ein so genanntes Vollzugsdefizit verursacht haben sollen, weil sie über in der Tasche versteckte Multifunktionalgeräte nicht anderes zu tun hat, als den öffentliche-rechtlichen Rundfunk zu sehen, auch wenn sie ansonsten eigentlich keinen Rundfunk und kein Fernsehen in ihrem Haushalt nutzen. Das Bundesverwaltungsgericht fand dies sogar so übel, dass es billigend in Kauf nimmt, dass auch Menschen ohne Multifunktionalgeräte, gewissermaßen als Kollateralschaden, diskriminiert werden dürfen, weil diese Verfolgung von Minderheit letztendlich nur ein "kleineres Übel" ist, um die zunehmende "Flucht aus der Rundfunkgebühr" zu beenden.
Bei solch einer beleidigenden und diffamierenden Rechtsprechung haben beide Gruppen, Nicht-Rundfunkteilnehmer mit Multifunktionalgerät oder Nicht-Rundfunkteilnehmer ohne Multifunktionalgerät, Grund zu klagen. Es ist ja nicht nur so, dass die Nicht-Nutzer jetzt zur Strafe zahlen sollen, sondern auch so, dass vorherige Nutzer nicht mehr zahlen müssen, weil es keine Mehrfachbelastung pro Wohnung mehr geben soll. Dadurch müssen andere TV-Glotzer eines Haushaltes, die ein eigenes Einkommen und ein eigenes Gerät haben, keine Abgabe mehr zahlen, wie es die vorherige Reglung vorsah.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Klage wegen Diskriminierung gegen die Bundesrepublik Deutschland in einer scheinbar hoffnungslosen Individualbeschwerde vor dem EGMR habe ich hier gefunden (Individualbeschwerde Nr. 22028/04):
http://www.bmjv.de/SharedDocs/EGMR/DE/20091203_22028-04.html;jsessionid=FE1147429FFFA559724A2F89297CD03D.2_cid324?nn=6966392Interessant ist der Verfahrensweg, da die Ausschöpfung des Rechtsweg auch mit einer Nicht-Annahme Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes erreicht wurde. So wie ich das verstanden habe, sind vor dem EGMR auch Gruppenklage zugelassen (dies wie alles andere bitte selber auch prüfen). Man sollte dann aber auch nur auf Rückerstattung der Verfahrenskosten klagen, da wir die Bundesrepublik Deutschland ja nicht ruinieren wollen. Zum Einstieg in die Thematik fand ich folgende Webseite sehr hilfreich:
http://anwalt-gericht-menschenrechte.de/index.php/egmr/122-wie-wende-ich-mich-an-den-europaeischen-gerichtshof-fuer-menschenrechte Es wäre vielleicht zu überlegen, ob eine solche Diskriminierungsklage nicht auch mit der Rechtsprechung zum negativen Vereinsrecht verknüpfbar ist. Ein Beispiel hierfür ist die erfolgreiche Klage einer Jagdgegnerin gegen die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft. Siehe Bericht hierzu in:
https://www.bundestag.de/blob/423580/db611b3f6047363be617ce8ad756ed46/wd-3-078-08-pdf-data.pdf